Moin aus Ciudad del Este!
Die Zeit rast, auf einmal ist schon Mitte März, und auch hier ist schon wieder viel passiert. Und ich möchte mal wieder ein bisschen erzählen von allem. Ich merke tatsächlich, dass ich mich an so vieles vom Leben hier in Paraguay schon gewöhnt habe, dass ich mit anderen Augen erzähle als ganz am Anfang, wo einem die Unterschiede ganz deutlich auffallen. Damit meine ich zum Beispiel den lauten und ungeregelten Verkehr, dass man oft mindestens eine Musik von irgendwo hört, dass die meisten Leute hier immer Flipflops tragen, die Offenheit von vielen fremden Leuten und natürlich noch viel mehr.
Ich möchte aber damit anfangen, über unser einwöchiges Zwischenseminar der IERP, der Evangelischen Kirche Argentinien, Uruguay und Paraguay, zu erzählen. Neben meiner Entsendeorganisation, dem Ökumenewerk der Nordkirche, gibt es hier vor Ort noch die IERP, meine Empfängerorganisation. Da sind wir insgesamt knapp über 50 Freiwillige, die alle an verschiedenen Orten in unterschiedlichen sozialen Projekten arbeiten. Zwar arbeiten die meisten mit Kindern, aber die Einrichtungen sind alle unterschiedlich. Es gibt Kindergärten, musikorientierte oder schulähnlichere Projekte und viele Tagesbetreuungen. Meine Mitfreiwillige Lene und ich arbeiten auch in einer Kindertagesbetreuung für 6 bis 17 Jährige, dem Hogar Santa Teresa.
Bevor unsere Arbeit im Projekt losging, hatten wir im August bereits ein Einführungsseminar in Buenos Aires, wo wir Freiwilligen uns kennengelernt haben. Und für mich ist ein großes Highlight meines Freiwilligendienstes die Mitfreiwilligen, die ich hier kennengelernt habe und die zu sehr engen Freunde geworden sind. Abgesehen davon ist auch die große Gemeinschaft von allen Freiwilligen total schön und wertvoll. Und deswegen habe ich mich enorm auf das Zwischenseminar gefreut. Viele hatte ich ja auch lange nicht gesehen, weil alle an verschiedenen Orten leben. Nur mal zur Vorstellung: Wir sind zwar alle in Nachbarländern in Südamerika, aber die meisten wohnen trotzdem über 1000 Kilometer weit weg von mir. Sehr schön ist es immer, die Freiwilligen in Asunción für ein Wochenende zu besuchen oder Besuch zu bekommen. Und auch in meinem Urlaub in Argentinien im Januar habe ich einige Mitfreiwillige wiedergesehen, aber alle zusammen beim Seminar zu sein hat nochmal eine andere Qualität. Das Seminar selbst fand in Baradero statt. Das ist eine kleine Stadt in der Provinz Buenos Aires, die von der riesigen argentinischen Hauptstadt ca. 2 ½ Stunden Busfahrt entfernt war. Dort in Baradero gibt es auch ein Projekt mit zwei Freiwilligen und auf dem wunderschönen Gelände ist auch ein Seminarhaus. Die 22 Stunden lange Busfahrt aus Paraguay nach Argentinien sorgte schon dafür, dass alles ein bisschen anders aussah. Während hier in Paraguay die Pflanzen ganz tropisch aussehen, die Erde rot ist und es oft 37 Grad heiß ist, sahen die Nadelbäume und Wiesen in Baradero bei für mich kühlen 28 Grad schon eher wieder wie Deutschland aus.
Das Seminar selbst bestand aus verschiedenen Inhalten. Neben einem Tangokurs, einer Einheit über mentale Gesundheit, verschiedenen künstlerischen Workshops, gemeinsamen Andachten, der Vorstellung mancher Projekte und politischen Inhalten ging es aber vor allem in Kleingruppen darum, die letzten 5 Monate ein bisschen zu reflektieren und sich darüber auszutauschen. In langen Gesprächen haben wir uns erzählt über die Erfahrungen und Herausforderungen, die wir bei der Arbeit in den Projekten oder auch im Leben generell so gemacht haben. Genau dieser Austausch hat mir sehr gut getan. Denn zu hören, dass andere teilweise ähnliche Herausforderungen wie ich haben, aber auch von unterschiedlichen Erfahrungen erzählt zu bekommen, war sehr interessant und hat mir geholfen.
Neben den Einheiten war aber auch viel Zeit für Freizeit eingeplant. Und am meisten genossen habe ich, mit so vielen Leuten den ganzen Tag irgendwelche Spiele zu spielen. Neben vielen Runden Volleyball, Ultimate Frisbee auf dem großen Fußballplatz, einem großen Geländespiel (Capture the Flag) mit allen und 20er Runden Werwolf gab es noch viel mehr, zum Beispiel einen Pool, in den wir einmal am Tag reinhüpfen konnten.
Also das Seminar, so schnell es dann wieder vorbei war, war ein voller Erfolg! Die Wochenenden davor und danach habe ich noch bei Mitfreiwilligen in Buenos Aires verbracht, wo ich noch einiges von der Stadt gesehen habe und wir ne sehr witzige Zeit hatten. Und dann gings wieder zurück nach Paraguay.
Und quer durch Südamerika zu fahren und dann an einem Busbahnhof und in einer Stadt anzukommen, die sich zuhause anfühlt, ist doch ein bisschen verrückt. Aber so ist es, mittlerweile fühle ich mich hier zuhause, soweit man das so sagen kann. Vieles, was am Anfang so fremd und neu war, fühlt sich jetzt ganz gewohnt an. Den 4-Minutenweg an einer Straße, wo viele laute Motorräder, auf denen 1 bis 5 Personen sitzen, vorbeifahren, in unser Projekt zu gehen, ist dann wieder der wirklich schöne Alltag. Alle ca. 90 Kinder täglich zu sehen und mit denen zu essen, zu spielen und zu quatschen, hat sich dann wieder total schön angefühlt. Obwohl die Zeit vom Zwischenseminar gefühlt noch bisschen länger hätte sein können, hat es mir ein bisschen gezeigt, dass die Zeit hier und der Alltag, aus dem ich dann einmal rausgekommen bin, irgendwann vorbei ist. So normal und gut das ist und so sehr ich mich auf Deutschland freue, weiß ich jetzt schon, dass das kein leichter Abschied von den Kindern, von der Stadt und von allem hier für mich wird.
Zum Schluss möchte ich noch kurz von einem Wochenendtrip von vor zwei Wochen erzählen. Wir vier Freiwilligen, die hier zusammen wohnen, sind zusammen mit zwei Freunden zwei Tage campen gegangen. Obwohl ich eigentlich nicht unbedingt ein großer Campingtyp bin, war das fantastisch! Nach einer halben Stunde Fahrt mit lauter, paraguayischer Musik sind wir an einem spektakulären Refugio angekommen. Auf einer Lichtung umgeben von Palmen, Guayaba-, Limetten- und Mangobäumen haben wir unsere Zelte aufgeschlagen. Dadurch dass es enorm heiß war (ich glaube locker 40 Grad), haben wir nicht lange gebraucht, mit kühlen Getränken in einem Bach im Wald und später noch im Rio Paraná, einem größeren Fluss, badend unsere Zeit zu verbringen. Gegen Abend, in Paraguay und Argentinien ist es übrigens üblich recht spät abends zu essen, haben wir dann noch ein typisch paraguayisches Asado gemacht. Das bedeutet, wir haben gegrillt.
Wenn man die Kinder im Projekt fragt, ist das Asado auch das Lieblingsessen von vielen. Gerne wird viel verschiedenes Fleisch gegrillt und Kartoffel-/ oder Reissalate und Sopa Paraguaya gegessen. Sopa Paraguaya ist ein warmes Maisgebäck, was im Ofen gebacken wird.
Der paradiesische Campingtrip hat uns Lust gemacht, das noch viel mehr zu machen und überhaupt noch mehr von Paraguay zu sehen und kennenzulernen. Generell freue ich mich sehr auf so alles, was ansteht. Die Arbeit mit den Kindern, Besuchen und Besuche von Mitfreiwilligen, Trips, wir wollen mal ins Stadion und noch viel mehr entdecken, was wir noch nicht kennen. Außerdem besuchen mich bald meine Schwester und meine Cousine und ich bin ganz gespannt, denen hier alles zu zeigen und zu hören, was deren Eindrücke dann sind. Auch haben wir im Juni noch ein Endseminar mit allen IERP-Freiwilligen, auf das ich mich natürlich auch schon sehr freue.
Aber soweit erstmal von mir hier.
Ganz liebe Grüße aus Ciudad del Este, Paraguay
Ben