Estnische Evangelisch-Lutherische Kirche

Tallinn

Die Estnische Evangelisch-Lutherische Kirche (EELK) (Eesti Evangeelne Luterlik Kirik) gliedert sich in zwölf Propsteien (Ida-Harju, Järva, Lääne, Lääne-Harju, Pärnu, Saarte, Tallinn, Tartu, Valga, Viljandi, Viru und Võru) mit 167 Gemeinden. Als Mitglied im engeren Sinne gilt nur, wer mindestens einmal im Jahr zum Abendmahl geht und einen Mitgliedsbeitrag zahlt. Am 16. November 1967 wurde Laine Villenthal (1922-2009) als erste Pfarrerin der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche ordiniert, allerdings gibt es deutlich weniger Pastorinnen als Pastoren. Die Deutsche Erlösergemeinde Estland ist Teil der EELK.

Die Partnerschaft historisch

Die Partnerschaft mit der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche – wie auch mit den lutherischen Kirchen in Lettland und Litauen – wurde bereits Ende der 70er Jahre vom Lutherischen Weltbund über die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) angeregt. Der Lutherische Weltbund schlug vor, die Zuständigkeiten für die regionalen evangelisch-lutherischen Kirchen auf dem Gebiet der damaligen Sowjetunion zwischen den Gliedkirchen der EKD aufzuteilen. 1989 reiste eine erste offizielle Delegation der Nordelbischen Kirche nach Rīga, Vilnius und Tallinn.

Baltikumsausschuss wird gegründet

Die Kirchenleitung bildete einen Baltikumsausschuss und übertrug ihm die Entscheidungsbefugnis in allen grundsätzlichen, kirchenpolitischen Angelegenheiten und bei finanziell umfangreichen Projekten. Die nordelbische Kirche unterstützte beispielsweise die Renovierung des Konsistoriums, sowie den Ausbau des Theologischen Instituts der Estnischen Kirche in Tallinn mit dem Pastoralseminar zur Ausbildung von Vikarinnen und Vikaren. Ebenfalls wurde die 1991 wieder eröffnete Theologische Fakultät in Tartu finanziell und personell unterstützt.
2002 wurde ein schriftlicher Partnerschaftsvertrag zwischen der Nordelbischen Kirche und der EELK unterschrieben. Es entstanden viele Kirchenkreis- und Gemeindepartnerschaften, die zum größten Teil bis heute bestehen.

Historisches zur EELK

1524 findet die Reformationsbewegung Zuspruch in den größeren estnischen Städten wie Tallinn (damals Reval). Im Laufe der nächsten Jahre bekennen sich mehrere Städte zum Luthertum, dennoch bleiben zunächst die Bistümer insgesamt mit Bischöfen und Domkapiteln erhalten. 1583 nach dem Livländischen Krieg unterliegt Reval dem lutherischen Schweden. Nord- und West-Estland werden nach und nach lutherisch. 1621 kommt auch Südestland, das bis dahin zum katholischen Polen-Litauen gehörte, unter schwedische Herrschaft und wird lutherisch. 1710 werden die Gebiete Estlands Teil des russischen Kaiserreiches. Die bereits von den Schweden bestätigten Privilegien des Landes wurden auch vom Zaren garantiert.
Im 2. Viertel des 18. Jahrhunderts verbreitet sich die Bewegung der Herrnhuter Brüdergemeinde, die dem Halleschen Pietismus den Weg bahnte. Die Bewegung prägt das religiöse Bewusstsein der Bauern und die lutherische Frömmigkeit. In den Jahren 1763 bis 1817 war die Brüdergemeinde in Russland offiziell verboten.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts beginnt die nationale Erweckungsbewegung. Neben den vor allem deutsch-baltischen Pfarrern treten erste estnisch-stämmige Geistliche in den Dienst der Kirche. Auf dem ersten und zweiten Kirchenkongress 1917 und 1919 wird die Estnische Evangelisch-Lutherische Kirche (EELK) als freie Volkskirche gegründet. Zusätzlich wird die ursprüngliche feudale Struktur aufgehoben, und es werden die Strukturen der Kirche demokratisiert. 1918 -1940, in der unabhängigen Estnischen Republik, ist die lutherische Kirche eine vom Staat unabhängige Mehrheitskirche. Die zweitgrößte Kirche zu dieser Zeit ist die Estnische Apostolisch-Orthodoxe Kirche.
1939 müssen die Deutschbalten aufgrund des Hitler-Stalin-Paktes ihre Heimat verlassen.
Viele halten unter schwierigen Bedingungen den Kontakt zu ihren Gemeinden im sowjetischen Estland.

Schwere Zeiten unter atheistischer Herrschaft

1940 -1991 leidet die Kirche unter den Repressionen der atheistischen Sowjetunion. Die religiöse Tätigkeit wird eingeschränkt und findet nur noch innerhalb der Kirchenwände statt. Öffentliche Glaubensverkündigungen und Religionslehre sind verboten, wie auch die christliche Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Wer sich zur Kirche bekennt, muss mit Verfolgung rechnen.
1944 müssen zehntausende Esten, darunter viele Pfarrer, wegen der sowjetischen Besatzung ihre Heimat verlassen. Außerhalb Estlands entsteht die „Estnische Evangelisch-Lutherische Kirche im Ausland“, eine Exilkirche. 1963 wird die im Heimatland funktionierende EELK Mitglied im Lutherischen Weltbund, zu dessen Gründungsmitgliedern auch die Exilkirche gehört.
Unter Gorbatschow wurden ab etwa 1986 kirchliche Reisen offiziell möglich und Kontakte konnten offiziell aufgebaut werden. 1988 bis 1991 finden die singende Revolution und die Freiheitsbewegung ihren Höhepunkt in der Wiedererlangung der Unabhängigkeit der Estnischen Republik. Die Kirche erlebt einen großen Aufschwung und nimmt ihre Tätigkeit in vormals verbotenen Bereichen wieder auf. Die Bedingungen, eine Partnerschaft zu gründen, sind einfacher geworden. Aufgrund der gemeinsamen Grenze durch die Ostsee, der deutschbaltischen Vergangenheit nach Estland und dem Bedürfnis, die Schwestern und Brüder im kirchlichen Leben zu unterstützen, entstehen neue Partnerschaften zwischen Gemeinden und Kirchenkreisen .