Am 20.06. war der Weltflüchtlingstag. Er soll jedes Jahr an die Millionen von Menschen erinnern, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen. Allein in diesem Jahr ist die Anzahl auf 120 Mio. Menschen gestiegen. Das ist ein trauriger Rekordwert, denn keine Person flieht freiwillig, sondern vor Krieg, Armut und Klimakrise. Das IPC hat aus diesem Anlass eine digitale Veranstaltung organisiert. Dafür wurde David Fraccaro aus den Vereinigten Staaten eingeladen über die amerikanische Migrationspolitik und seine Arbeit in diesem Thema zu berichten. Er arbeitet schon seit einiger Zeit für eineNGO, die sich für die Verbesserung von Geflüchteten einsetzt. Es war sehr aufschlussreich mehr über die schlechte Situation von Geflüchteten in Amerika zu erfahren, die der Situation von Geflüchteten in Europa leider sehr ähnelt.
Nach dem halbstündigen Vortrag von David, folgte eine kurze Vorstellungsrunde der Teilnehmenden und danach gab es die Zeit Fragen zu stellen. Besonders interessant fand ich den interkulturellen Austausch zwischen David Fraccaro und den indischen Teilnehmer*innen die über die Migrationspolitik Indiens berichtet haben. Indien hat eine andere Migrationspolitik als der globale Norden. Die Willkommenskultur in Indien, die ich auch selbst hier erleben durfte, ist überhaupt nicht vergleichbar mit der europäischen/deutschen „Willkommenskultur“. So werden die allermeisten Geflüchteten, zum Beispiel aus Afghanistan gut behandelt. Durch den Citizenship Amendment Act, der 2019 verabschiedet wurde, können nicht-muslimischen Migrant*innen aus Afghanistan, Pakistan und Bangladesch, einfacher die indische Staatsbürgerschaft erhalten. Dadurch wird die Situation von bestimmten Personengruppen verbessert, was zum Beispiel für Sikhs, Buddhist*innen und Jains positiv ist. Doch gleichzeitig hat die Verabschiedung dieses Gesetzes auch für massenhafte, sehr berechtigte Kritik gesorgt. Denn für Muslim*innen aus anderen Ländern gelten diese Verbesserungen nicht. Dies hängt zusammen mit der indischen Regierung, die von Modi (BJP) geführt wird, und dem allgemeinen schlechten gesellschaftlichen Klima gegenüber Muslim*innen. Die Islamfeindlichkeit wird schon lange von der BJP geschürt und so erleben indische Muslim*innen und muslimische Geflüchtete viel Diskriminierung und gewalttätige Übergriffe. Gerade daher wird auch noch mal die Wichtigkeit des India Peace Centers deutlich, dass sie für mehr interreligiösen Austausch und ein friedliches Zusammenleben der vielen Religionen bemüht.
Mir ist noch mal mehr durch die Veranstaltung bewusst geworden, wie wichtig die Arbeit von NGOS ist, die sich für eine Verbesserung der Situation von Migrant*innen. Denn auch in Indien ist das viele Engagement von Menschen unerlässlich, um auch hier für eine Verbesserung zu sorgen. Wie unerlässlich die Arbeit von europäischen und auch amerikanischen NGO´s ist, wird erkennbar, wenn man bedenkt, dass in Europa, so wie auch in den Vereinigten Staaten es Lager für Geflüchtete gibt oder bald geben wird. Das ist besonders bizarr, wenn man bedenkt, dass der globale Norden eine riesige Mitschuld an den Fluchtursachen trägt. Denn der globale Norden ist es, der von der Armut und der Ausbeutung im globalen Süden profitiert und nur so seinen Wohlstand aufbauen konnte. Der globale Norden ist es, der durch Waffenexporte profitiert, die wiederum für die Menschen vor Ort Gewalt, Leid und Krieg bedeuten. Und auch ist es der globale Norden ist es, der historischen Schuld an der Klimakrise ist, diese immer noch weitervorantreibt und somit der Verursacher von Überschwemmungen und Hitzewellen ist, die Menschen zur Flucht zwingen.
Gerade wegen dieser drei Fakten ist es besonders schlimm, dass sich Europa immer weiter abschottet und seine Verantwortung für seine Handlungen nicht übernimmt. Stattdessen werden immer weiter rassistische, migrantenfeindliche Ressentiments verbreitet und menschenunwürdige Politik betrieben. Ergebnis davon ist zum Beispiel die GEAS, die im Frühling dieses Jahres vom europäischen Parlament verabschiedet wurde und die Situation Geflüchteter extrem verschlechtern wird. Gerade auch durch meine Erfahrungen im globalen Süden und der Gastfreundschaft, Hilfsbereitschaft und Neugier, die ich erlebt habe, wünsche ich mir, dass wir Menschen aus dem globalen Süden genauso aufnehmen, wie ich hier in Indien aufgenommen wurde. Es darf nämlich nicht so sein, dass aufgrund der globalen postkolonialen Strukturen, ich als Europäerin so eine Herzlichkeit erlebe und wir gleichzeitig Menschen aus dem globalen Süden in Lager inhaftieren und täglich mit Rassismus konfrontieren. Die deutsche/europäische, weiße Mehrheitsgesellschaft muss dringend ihren internalisierten Rassismus reflektieren und sich an der indischen Willkommenskultur ein Vorbild nehmen!