War ich nicht schonmal hier? Meine Ankunft in Südamerika

Ein leichtes schaukeln, das etwas lautere Summen der Klimaanlage. Ich erfriere! Das denke ich gerade, während ich schon zum vierten Mal innerhalb von 2 Wochen eine fünf stündige Busfahrt von der Hauptstadt zu meiner Heimatstadt antrete. Warum das ganze? Ich fang von vorne an. Also ich meine von ganz vorne.

Haupei! Ich bin Felix, 19 Jahre alt und wohne in Berlin. Nachdem ich 2022 mein Abi endlich in der Tasche hatte, war mir ziemlich klar das ich jetzt erstmal für eine Zeit nichts mehr mit Schule oder Uni zu tun haben will. In erster Linie war mein Ziel mal von zu Hause wegzukommen und neue Leute kennenzulernen. Einmal habe ich mich verguckt, schon stand ich Anfang Februar am Flughafen in Rio de Janeiro. Drei Monate alleine durch Südamerika reisen waren das Ziel. Aber darum soll es in diesem Blog nicht gehen, deswegen fasse ich die drei Monate alleine reisen in einem Satz zusammen: Südamerika hat mir so enorm gut gefallen, dass ich mich mit Mühe und Not noch auf einen Nachrückplatz beim ZMÖ beworben konnte. Wie durch ein Wunder, wurde spontan noch eine Stelle in meinem Länder- und Städtefavorit frei. Ciudad Del Este, Paraguay. Um ehrlich zu sein, wusste ich anfangs, so wie ihr wahrscheinlich auch, nichts über Paraguay. Ich meine warum auch? Das Land hat keine weltbekannten Touristenattraktionen wie zum Beispiel eine riesige Christstatue oder einen Eifelturm. Dieser scheinbar unauffällige und nicht besondere Charme, machte für mich das Land noch viel interessanter. Was mich erwartet wusste ich aber trotzdem nicht. Nach einigen Seminaren und Komplikationen mit meinem Endgegner „Deutsche Bürokratie“ bei der Visa Vorbereitung (dazu später mehr) ging es also am 14. August endlich los.

Kurz vor Abflug am Frankfurter Flughafen

Nervös war ich überraschender weise kaum, was wahrscheinlich daran lag, dass ich zum einen erst vor kurzem für drei Monate weg war aber vor allem zum anderen daran, dass ich schon einige Leute von den Seminaren kannte und mein Kumpel Andreu auch nach Paraguay ging. Gegen 21 Uhr abends hob unser Flugzeug, gefüllt mit 60 Freiwilligen) Richtung Buenos Aires ab. Angekommen, durchatmen und sich fragen, was sich seit dem letzten Mal im April, als ich in der argentinischen Hauptstadt war, geändert hat. Nicht viel. Das Sonnenlicht wirkte eher kalt. Naja, Winter halt. Temperaturen auch nicht mehr so schön warm wie im noch spätsommerlichen Deutschland. Jetzt also zwei Wochen Vorbereitungsseminar in Buenos Aires. Die 60 Freiwilligen wurden in 4 verschiedene Unterkünfte aufgeteilt, die in der 12 Millionen Einwohner Stadt verteilt waren. Meine Unterkunft war direkt am Wahrzeichen von Argentinien, dem „Obelisto“. Jeden Morgen ging es für uns vom Zentrum aus zum Seminarhaus der IERP. Das Seminar bestand aus Workshops, einem Sprachkurs für alle Sprachlevel und Ausflügen in und außerhalb von Buenos Aires. Mir hat das Seminar deshalb so gut gefallen, weil man viele neue Freiwillige kennengelernt hat. Wir waren feiern, essen oder haben gemeinsam gekocht. Ich habe einige Orte wieder besucht, an denen ich schon 4 Monate vorher war.

Die zwei Wochen vergingen schneller als ich gedacht hätte und schon saßen wir am Dienstag den 29. August am Busbahnhof „Retiro“. Der Abschied von den neuen Bekanntschaften fiel nicht leicht. Zwanzig Stunden Busfahrt, bis ich in Ciudad Del Este ankam. Der Grenzübergang verlief problemlos und um 13 Uhr mittags kamen wir endlich verschlafen in Ciudad Del Este an. Mein Chef Jose und zwei Leute von der Arbeitsstelle von meiner Mitfreiwilligen Malena holten uns vom Busbahnhof ab und bringen uns zu unserem zu Hause für das kommende Jahr. Mein Zimmer hatte ein Bett und einen Schrank, weshalb es ziemlich leer und trostlos wirkte. Auf den ersten Blick hatte unser Haus einige Mängel. Trotzdem gefiel mir mein neues zu Hause echt gut. Unsere Vermieterin Julie ist super nett und nachdem ich von der Busfahrt ein wenig erkältet war, begann vier Tage nach der Ankunft mein erster Arbeitstag.

Ich arbeite in der „Hogar de Niños“, was man ein bisschen mit einem Hort vergleichen kann. Es geht darum, dass Kinder nach oder vor der „richtigen“ Schule einen Ort haben, an dem sie Unterstützung bei Hausaufgaben bekommen oder Sport machen können. Das Gelände von meinem Projekt ist richtig groß. Es gibt einen Sportplatz, eine Turnhalle, einen Computerraum und einige Klassenräume für die fünf Gruppen, in denen die 6 bis 18 jährigen Kinder eingeteilt werden. Am Anfang habe ich mich sehr unnötig bei meiner Arbeit gefühlt und stand oft nur daneben rum. Auch wenn man schon von den Vorfreiwilligen gehört hat, dass das am Anfang normal sei, hat es sich komisch angefühlt. Mittlerweile liebe ich aber meine Arbeitsstelle. Die Leute sind alle super nett und entspannt und man kann selber schauen, in welcher Altersgruppe man sich am wohlsten fühlt. Ich arbeite jetzt mit Jugendlichen zusammen und bringe ihnen die Basics von Computerprogrammen wie „Word“ bei oder unterstütze sie, ihre Arbeitshefte von der Schule zu bearbeiten. Manchmal machen wir Ausflüge an einen See zum Baden oder arbeiten im Garten.

Ich wohne ja in Ciudad Del Este, ganz im Osten von dem Land. Direkt am Drei Länder Eck von Brasilien Argentinien und Paraguay. Die Stadt Ciudad Del Este ist glaube ich vom Stadtbild einzigartig. Das Zentrum besteht aus Einkaufszentren, die sich bis zur brasilianischen Grenze ziehen und einem riesigen Markt auf dem vor allem Elektrogeräte verkauft werden. Jeden Tag kommen tausende Menschen aus Brasilien und Argentinien um in Paraguay günstige Elektronikgeräte zu kaufen. Wenn man ein bisschen aus dem Zentrum rausgeht, gibt es einen großen Stadtsee mit einem noch größeren Park an dem sich die Clubs und Bars anreihen. Wir wohnen eher am Rand von der Stadt aber mit Uber oder Bolt, was im Gegensatz zu Deutschland hier extrem günstig ist, kommt man schnell in die Stadt.  Was ich am liebsten mache, ist mit einem Motortaxi (also ein Taxi nur mit einem Motorrad) zu fahren, da es nochmal günstiger und man bei dem teilweise schlimmen Verkehr deutlich schneller ist. Wenn ich ganz ehrlich bin, habe ich momentan, zweieinhalb Monate nach Ankunft, erst einen Bruchteil der Stadt gesehen. Trotzdem liebe ich es, jeden Tag neue Sachen zu entdecken und bin mittlerweile mit einem Fahrrad auch ein bisschen flexibler.

Eine Sache muss ich noch erzählen: Die Sache mit dem Visum. Paraguay macht es einem echt nicht leicht mit der Beantragung von einer „Residencia Temporal“ also einer vorübergehenden Aufenthaltsgenehmigung. Das wundert mich auch nicht wirklich, da schon seit Jahrzehnten und besonders seit 2020 viele Deutsche nach Paraguay auswandern. Nachdem wir nun die letzten zwei Wochen zwei mal in der Hauptstadt „Asunción“ waren, nochmal neue Dokumente beantragt und kopiert haben, konnten wir nach einem großen hin und her endlich unsere „Residencia Temporal“ beantragen. Das war ziemlich knapp, denn einen Monat später hätten wir schon mit unserem Touristenvisum das Land verlassen müssen.

Ob ich jetzt angekommen bin? Keine Ahnung. Ehrlich gesagt, dachte ich schon nach den ersten zwei Wochen, dass ich mich eingelebt hatte. Aber einen richtigen Alltag mit neuen Hobbys habe ich mir erst jetzt, nach zweieinhalb Monaten aufgebaut. Ich kann aber sagen, dass ich es hier liebe und ich viele Sachen, die ich schon auf meiner Backpacking Reise kennengelernt habe, wiederkenne.

Ich werde wahrscheinlich bald wieder was zum schreiben haben, da es auch hier langsam weihnachtlich wird. Ich sehr gespannt bin, ob ich bei 30 Grad in Weihnachtsstimmung kommen kann.

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