Ein ganzer Monat ist schon rum, einer von fünf! Wie schnell die Zeit vergeht und wie viel dabei passieren kann. Im Krankenhaus war ich schon auf zwei Stationen: in der Apotheke und in der OPD, einer Art Rezeption. Aber auch außerhalb der Arbeit habe ich viel gelernt (eine vielleicht nicht ganz so kleine Ansammlung dessen folgt).
Wie man eine Wäscheleine quer durch’s Zimmer zieht und so aufhängt, dass möglichst viel Wäsche da rauf passt, zum Beispiel. Oder, wie lange die Wäsche während des Monsuns zum Trocknen braucht (im schlimmsten Fall etwa eine Woche). Dass sogar meine geliebte Kamera nicht vom Schimmel verschont geblieben ist (der hohen Luftfeuchtigkeit sei Dank). Aber auch, dass man Socken als Putzlappen umfunktionieren kann (und dass mit Musik aus Mamma Mia alles besser wird – sogar Putzen). Dass eine Nähnadel sogar an einem Mückennetz brechen kann – zum Glück habe ich noch eine zweite mit. Anna und ich haben gelernt, wie man am besten mit überraschenden Untermietern umgeht. Tatsächlich auch, wie man die Fenster hier aufmacht (das dauerte eine Weile). Dass es überall Geckos gibt, auch in Gardinenfalten, zwischen der Tür, auf dem Altar in der Kapelle. Wie schön es sein kann, drei Mal am Tag Tee zu trinken. Dass es ganz und gar nicht so einfach ist, einen Sari zu wickeln. Ich habe die ersten Worte auf Oriya gelernt, und damit schon erste etwas unbeholfene kurze Gespräche geführt, die allerdings nach kurzer Zeit in’s Englische gewechselt sind. Und ich habe gelernt, was eine Party in Indien ist.
Eine Party – was ist das in Deutschland? Musik, Tanzen, Spaß, Getränke, Essen… In Indien ist eine Party vor allem Letzteres: ein Zusammen-Essen-und-Zeit-Verbringen. (Oh ja, alleine schon der Part mit dem Essen gefällt mir!) Essen, da gab es dann bisher immer Reis, Dal (eine Art matschiger Brei), verschiedenes Gemüse, Chapati (indisches Brot) und Fleisch (meistens Hühnchen) und einige nicht unbedingt definierbare, mehr oder weniger zu genießende Essensbestandteile. Erstes Beispiel: „Anna, was ist das? Ist das … Darm?!“ – lieber nicht essen. Zweites Beispiel: „Also ich weiß ja nicht, was es ist, aber es ist echt lecker! Vielleicht so was wie ’ne Nuss?“ – oh, schon alle…
Die schönste Party bisher war ein gemeinsames Dinner, also Abendbrot, mit fast allen Krankenhausangestellten vor dem Gästehaus – nach einem Gottesdienst in der Kapelle. Kein gewöhnlicher Gottesdienst: es wurde der Geburtstag der Kapelle gefeiert. Mitsamt einer Preisverleihung sämtlicher Preise und einem Chor, der sich nur für diesen Gottesdienst zusammengefunden hat. Auch Anna und ich waren stolze Mitglieder des Chores und haben unser Bestes gegeben, auf Hindi zu singen (und Englisch, aber das war wie erwartet sehr viel einfacher). Und das, während wir wunderschöne Saris tragen durften/sollten. Wie der gesamte Gottesdienst wurden auch die beiden Lieder des Chores gefilmt. Mich hat überrascht, wie viel an dem Abend auf dem Handy verewigt wurde: nach dem Gottesdienst wurden nämlich alle möglichen Gruppierungen fotografiert und zusätzlich wurden viele Selfies gemacht.
Und was passiert, wenn man eines Abends rausgeht, um draußen Fotos zu machen? Man ist nach kurzer Zeit umringt von Kindern und Jugendlichen, die viele, viele Fragen haben. Das war ein weiteres schönes Erlebnis: „Abschiedsfotos“ von Anna mit ihren noch-langen Haaren zu machen. Denn kurz darauf haben wir irgendwie mit den Kindern kommuniziert (sei es auf Englisch oder ohne Worte). Den Moment habe ich eingefangen: das sieht man auf dem Bild oben. Zwar wurde es schnell dunkel und wir haben uns recht bald auf den Weg zum Gästehaus gemacht, aber trotzdem wurden uns die Offenheit und Direktheit wieder bewusst, die uns in Indien ständig begegnen.
Mir wird immer klarer, was für ein Geschenk diese Zeit ist. Es tut so gut, hier zu sein. Ich bin gespannt auf alles, was noch kommt!