Indien – das bisher größte Abenteuer meines Lebens

Mein Abenteuer begann nicht erst mit der Landung am Dr. Babasaheb Ambedkar International Airport in Nagpur, im Bundesstaat Maharashtra. Nein, es startete bereits mit dem Betreten des Flugzeugs in Doha. Als einziger Europäer an Bord spürte ich sofort die neugierigen Blicke – eine Erfahrung, die ich so noch nie gemacht hatte. Dieses ungewohnte Interesse an meiner Person ließ mich zunächst unwohl fühlen, doch das Gefühl verflog schnell. Schon während des Flugs lernte ich die außergewöhnliche Herzlichkeit der indischen Gesellschaft kennen. Mein Sitznachbar, Shashank, stellte sich mir vor, und wir kamen rasch ins Gespräch. Er erzählte mir von seiner Arbeit als Softwareentwickler und dass er gerade auf dem Weg sei, seine Familie in der Nähe von Nagpur zu besuchen. Wir tauschten Kontaktdaten aus, und er bot mir seine Hilfe an, falls ich sie jemals benötigen würde. Diese unerwartete Freundlichkeit beeindruckte mich tief – ich war noch nicht einmal auf indischem Boden gelandet, und schon hatte ich eine wunderbare Bekanntschaft gemacht. Meine anfängliche Nervosität wich einem positiven Gefühl. Mein offizielles Willkommen in Indien erlebte ich am 15. August, dem Tag der indischen Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Großbritannien. Als Zeichen des Willkommens wurde mir ein traditioneller Schal, der sogenannte „Shawl“, umgehängt. Meine physische Ankunft war also vollzogen – doch psychisch sollte es noch eine Weile dauern, bis ich mich vollständig angekommen fühlte.

Mein offizielles Willkommenheißen in Indien

In den folgenden Tagen lernte ich die Menschen und die Arbeit meiner Organisation, dem India Peace Centre (IPC), sowie der Dachorganisation, dem National Council of Churches in India (NCCI), kennen. Zudem bot sich mir die Gelegenheit, bedeutende religiöse Stätten in Nagpur zu besuchen. Einer der Höhepunkte war der Besuch von Deeksha Bhoomi, einem historischen Ort, an dem Dr. B. R. Ambedkar am 14. Oktober 1956 zusammen mit Millionen von Dalits zum Buddhismus konvertierte. Dieser Akt markierte den Beginn der Dalit-Buddhismus-Bewegung und war ein Protest gegen das Kastensystem. Deeksha Bhoomi ist ein starkes Symbol für soziale Gerechtigkeit und Gleichheit in Indien. Dalits sind jene Menschen, die im indischen Kastensystem die niedrigste Stellung einnehmen und oft die größte Diskriminierung erfahren.

Deeksha Bhoomi

Ende August hatte ich die Möglichkeit, mit dem Church of North India Social Service Institute ein Projekt in einem Slum am Stadtrand von Nagpur zu besuchen. Das Projekt zielte darauf ab, Kindern durch Bildung, Unterstützung und einen sicheren Rückzugsort zu helfen. Die Kinder konnten nach der Schule zu einer Lehrerin nach Hause kommen, um dort ihre Nachmittage zu verbringen, anstatt ihre Zeit auf der Straße zu verbringen. Für mich war dieser Besuch eine zutiefst bewegende Erfahrung. Einerseits war es bedrückend, die schwierigen Lebensumstände der Menschen zu sehen, doch andererseits war es wunderschön, zu erleben, wie den Kindern geholfen wurde und sie einen sicheren Raum erhielten. Besonders faszinierte mich die unglaubliche Herzlichkeit und Menschlichkeit der Menschen im Slum, trotz ihrer materiellen Armut. Eine so ausgeprägte Form der Gastfreundschaft hatte ich selten zuvor erlebt.

Das Klassenzimmer im Slum

So verging der erste Monat in Nagpur wie im Flug, und meine erste berufliche Reise stand bevor – es ging in den Bundesstaat Odisha. Wir planten ein Programm namens „School of Peace“ an der KT Global School. Im Rahmen dieses Projekts wählten wir Schüler und junge Menschen aus der Umgebung aus, um mit ihnen über globale Themen wie die SDGs (Sustainable Development Goals), Umwelt, Klimawandel, Frieden, Feminismus sowie die Bekämpfung von Vorurteilen und Diskriminierung zu reden. Das „School of Peace“-Programm soll viermal in verschiedenen Teilen Indiens stattfinden und es dem IPC ermöglichen, lokale Vertreter zu gewinnen, die dieselben Ziele und Vorstellungen teilen. Am letzten Tag vor der Abreise hatten wir die Gelegenheit, die Hauptstadt des Bundesstaates Odisha, Bhubaneswar, auch bekannt als „Stadt der Tempel“, zu erkunden. Gemeinsam mit zwei anderen französischen Freiwilligen der KT Global School besuchte ich mehrere Tempel und genoss das köstliche Streetfood. Dieser Ausflug in einen anderen Bundesstaat war eines meiner bisherigen Highlights hier in Indien.

Odisha

Wenn ich mich jedoch auf ein Erlebnis festlegen müsste, wären es die Festivals, die mich am meisten beeindruckt haben. Während meiner Zeit hier konnte ich bereits zwei bedeutende Feste erleben. Mir wurde gesagt, dass der August die beste Zeit sei, um nach Indien zu kommen, da in diesem Monat viele Festivals stattfinden. Im September hatte ich das Vergnügen, das „Ganesh Chaturthi“-Festival mitzuerleben. Dieses Fest wird zu Ehren von Ganesha gefeiert, dem Gott, der Hindernisse beseitigt und Glück, Weisheit und Erfolg bringt. Das Fest markiert den Beginn neuer Unternehmungen und Gebete für Wohlstand.  Im Oktober feierte ich dann Navratri, ein Fest, das den Sieg der Göttin Durga über den Dämon Mahishasura symbolisiert. Es steht für den Triumph des Guten über das Böse und wird mit Tänzen, Gebeten und Ritualen begangen. Die Festivals sind für mich eine besonders schöne Zeit, da ich sie mit meinen neu gewonnenen Freunden genießen kann und dabei auch neue Bekanntschaften knüpfen kann.

„Ganesh Chaturthi“ und „Navratri Festival“

Am Anfang habe ich gesagt, dass ich mich nur physisch angekommen fühle, doch langsam fühle ich mich auch mental immer mehr in Indien zuhause. Mit dem Entstehen von Freundschaften und durch meine fortschreitende Anpassung an die indische Kultur fühle ich mich immer wohler. Ich bin gespannt, wohin mich dieses Abenteuer noch führen wird.

Uruguays kulinarische Top 5

Jedes Land hat besondere Gerichte, von denen man manche doch lieben lernt. Deswegen stelle ich euch hier die typischsten Gerichte Uruguays, die mir im Laufe des Jahres begegnet sind, inklusive Bewertung vor: 

1. Chivito — das Nationalgericht Uruguays. Wenn ihr mich am Anfang des Lerndienstes gefragt hättet, was das ist, hätte ich vermutlich gesagt, dass es ein Burger mit ganz viel Zeug drauf ist. Diese Formulierung habe ich mittlerweile ein bisschen verfeinert. Der Chivito besteht aus einem Brötchen, welches gefüllt ist mit Rindfleisch, Speck, Tomaten, Zwiebeln, Spiegelei und Mozzarella. Wenn ihr mich fragt, immer noch ein Sandwich oder Burger, aber sagt das bloß keinem Urguayo. 
⭐️⭐️⭐️⭐️

2. Tortas Fritas — Ein aus Mehl, Wasser, Backpulver und Fett bestehender Teig, der wie ein Donut geformt und anschließend frittiert wird. Sie werden meist von Mate begleitet zur Merienda (Nachmittagssnack), vor allem an regnerischen Tagen, gegessen und oft an Ständen auf der Straße verkauft.
⭐️⭐️⭐️

3. Dulce de lecheOder auch: das Nutella Uruguays, eine Karamellcreme, die aus Milch, Zucker und Vanille hergestellt wird. Sie kommt sowohl als Brotaufstrich zum Einsatz als auch z.B. als Füllung beim Backen.
⭐️⭐️⭐️⭐️ (mittlerweile gibt es das sogar auch bei mir zum Frühstück) 

4. Alfajores — Diese gibt es an jedem Kiosk und in jedem Supermarkt in verschiedensten Ausführungen zu kaufen. Es sind zwei Kekse, die mit Dulce de leche gefüllt sind. Oft sind sie auch mit Schokolade und manche auch noch mit Nüssen, Kokosflocken oder Krokant ummantelt.             ⭐️⭐️⭐️⭐️⭐️ (meine persönliche Lieblings-Merienda)

5. AsadoWie ich mittlerweile gelernt habe, lieben die Uruguayxs Fleisch. So kann man sich auch das Asado vorstellen: ganz viel gegrilltes Fleisch (meistens Rindfleisch) und als Beilage Salate und Brot. Für Vegetarier gibt es gegrilltes Gemüse. Besonders beliebt ist es natürlich im Sommer, wenn man auch draußen essen kann, aber im Vergleich zu dem Grillen in Deutschland, werden Asados das ganze Jahr über an Wochenenden und Feiertagen wie z.B. Weihnachten oder Ostern veranstaltet. Für uruguayische Häuser ist es sehr typisch, draußen eine sogenannte parilla zu haben, also einen eingebauten Grill. Beim Asado geht es neben dem Essen an sich vor allem aber auch um das Zusammensein und das gemeinsame Vorbereiten des Asados.
⭐️ ⭐️ (Ich bin einfach kein großer Fleisch-Fan, aber den sozialen Aspekt finde ich sehr schön)

Parilla im Garten von unserem Mentor

Insgesamt sind typisch uruguayische Gerichte meiner Meinung nach eher recht simpel gestaltet, was aber nicht gleich bedeutet, dass sie weniger lecker sind. Anhand meiner vergebenen Sterne sieht man, dass ich einige Gerichte mittlerweile sehr gerne mag und sowohl Alfajores als auch Dulce de leche werden mit ziemlich großer Wahrscheinlichkeit in meinem Koffer landen.  

Tomamos un mate?

Mittlerweile bin ich bereits seit neun Monaten in Uruguay und vor einiger Zeit habe ich mir endlich eine eigene Thermo und einen Matebecher gekauft. Da dachte ich mir, ich könnte ja mal ein bisschen über dieses typische Getränk berichten. Es ist nämlich viel mehr als nur ein Getränk. Es ist ein nicht wegzudenkender Teil der Kultur Uruguays und hat im Alltag einen festen Platz. Egal ob am Strand, im Bus, bei der Arbeit oder sogar im Gym, für die meisten Uruguayxs ist der Mate immer dabei. Am liebsten wird er mit der Familie oder Freunden geteilt. 

Jetzt aber zur eigentlichen Frage: Was genau ist Mate überhaupt? Mit Club Mate hat das Ganze nämlich eher wenig zu tun. Mate ist ein traditionelles Getränk, bei dem die Yerba, die getrockneten Blätter des Matebaumes, mit heißem Wasser aufgegossen werden. Kalt funktioniert das Ganze auch, heißt dann aber Tereré und wird vor allem in sehr warmen Regionen, wie dem Norden Argentiniens und Paraguay getrunken. In Uruguay dagegen wird selbst an den wärmsten Tagen bei 37 Grad Mate getrunken. Der Geschmack ist bitter und lässt sich am ehesten mit grünem Tee vergleichen. Da auch Mate Koffein enthält, wirkt es wachmachend, aber im Gegensatz zu Kaffee eher auf eine konzentrationfördernde und entspannende Weise.

Aber wo hat der Mate eigentlich seinen Ursprung? Die Antwort variiert nämlich je nachdem, ob man die Argentinxs oder die Uruguyxs fragt. In diesem Punkt muss ich aber tatsächlich den Argentinxs Recht geben, denn wenn man sich die Geschichte mal etwas genauer anschaut, gelten die Guarani als die ersten Nutzer des Mate. Diese lebten sowohl in Paraguay als auch im Norden Argentiniens sowie in Südbrasilien, aber nicht in Uruguay. Abgesehen davon gibt es hier auch gar keine Matebäume. Die Guarani tranken Mate vor allem der Wirkung wegen und verwendeten die Yerba auch in ihrer Medizin. 

Kommen wir nun zur Vorbereitung (auf uruguayische Art): Für euren Mate braucht ihr zunächst natürlich den Mate, also den Becher. Dieser bestand ursprünglich aus Kürbis, mittlerweile wird er aber aus ganz vielen verschiedenen Materialien hergestellt. Meiner ist innen zum Beispiel aus Keramik. Außerdem benötigt ihr auch eine Bombilla, den „Strohhalm”, aus dem der Mate getrunken wird. Diese gibt es in unterschiedlichen Varianten, besteht meist z.B. aus Stahl oder Silber und hat unten immer eine Art Sieb, damit man die Yerba nicht mittrinkt. Natürlich braucht man auch Yerba und nicht zu vergessen die Thermo, damit man seinen Mate überall trinken und teilen kann.  

Im ersten Schritt füllt man die Yerba in den Mate, verschließt mit der Hand den Matebecher und schüttelt ihn, sodass der Staub der Yerba an der Hand haften bleibt. Anschließend gibt man sowohl etwas kaltes als auch etwas warmes Wasser dazu. Das lässt man dann erstmal ein bisschen stehen, während man nebenbei Wasser erwärmt. Wichtig: Das Wasser darf nicht kochen, sonst wird der Mate zu bitter. In Uruguay baut man mit der feuchten Yerba dann erstmal eine Art Mauer, also bewegt mit Hilfe der Bombilla die ganze Yerba auf eine Seite, sodass man das warme Wasser auf die andere Seite füllen kann. Und schon ist euer Mate trinkbereit! Kleiner Tipp: Man kann zu der Yerba z.B. auch noch Zucker, Orange, Zitrone oder worauf man sonst gerade Lust hat, dazugeben. Mein aktueller persönlicher Favorit ist Zimt.

Mate ist ein Getränk, was man lieben lernt. Am Anfang verzieht man noch das Gesicht, aber irgendwann gehört es zum Tag dazu.