Das PLCC – ein Zuhause für viele Menschen

Grandios, heiß, sonnig, lustig, erfahrungsreich, genussvoll. All diese Worte beschreiben meinen ersten Kenia-Urlaub. Gemeinsam mit meiner Schwester Paula ging es an die Küste, wo uns ein Meer aus Licht und eine Welle an Moskitos erwartete. Wir sprangen in die Wellen und tauchten zusammen mit den Fischen und Krabben zwischen Algen und Korallen.

Meine Schwester Paula und ich in einem Mangobaum-Kanu auf dem Kongoriver

Obwohl es eine tolle Zeit war und ich die dortigen Momente als besondere Erinnerungen in mein Herz einschließen werde, war es ein eigenartig schönes Gefühl, als meine Schwester und ich uns auf den Rückweg nach Rongai machten, ich die bekannten Straßen wiedersah und wir schließlich am Tor zum PLCC standen.

Es war das Gefühl, nach Hause zu kommen. Schon die ersten Schritte auf dem Gelände und erst recht das Wiedersehen mit den Menschen des PLCC, das Umarmen und gemeinsame Lachen erfüllte mich mit Glück. Das PLCC scheint an manchen Tagen überquellen von diesem Glück. So geht es nicht nur den hier lebenden Menschen. Was sagte meine Schwester doch gleich, als sie das Gelände zum ersten Mal mit eigenen Augen sah? „Das ist hier ja ein richtiges Paradies!“ Doch im Grunde steckt noch so viel mehr dahinter.

Blick auf das PLCC von unserem Balkon aus

Es begann in den 90er Jahren mit der Gabe von Brot und Milch an Straßenkinder. Nun bietet das PLCC einen Wohnort für vierzig bis fünfzig Mädchen in Ongata Rongai und ermöglicht ihnen den Schulbesuch. Das Pangani Lutheran Children Centre als Hilfsprojekt der Kenya Evangelical Church hat es sich zur Aufgabe gemacht, Mädchen aus den Slums und von den Straßen Nairobis einen Ort zu bieten, an dem sie sicher sind, Chance auf Bildung haben und sich zuhause fühlen können.

Auf dem Gelände selbst befindet sich eine Primary School, durch deren Sein und Wirken bereits das Ziel des PLCC erfüllt wird, die Mädchen in die Regelschullaufbahn zu integrieren und ihnen formelle Bildung zu ermöglichen. Direktor dieser Schule ist Teacher Bosiri. Zusammen mit Teacher Esther, Teacher Rose, Teacher Belinda und Teacher Jakob unterrichtet er an der Maalum Schule Kinder der Stufen eins bis sechs und im Kindergartenalter. Ebenso besuchen Kinder außerhalb des Geländes die Schule. Die Teacher lehren ein Basiswissen von Mathe über Agrarwirtschaft, Naturwissenschaften hinzu Englischunterricht und sind bemüht, eine Lesekultur aufzubauen, indem Kurzgeschichten und Bücher sowohl auf Englisch als auch auf Swahili in den Unterricht eingebaut werden. Bei den Kleinen stehen zwar die Grundlagen von Lesen, Schreiben und Rechnen im Fokus, wenn gleich ebenso priorisiert wird, dass die Kinder genug Freiraum erhalten, um zu spielen, mit Händen und Füßen zu bauen und zu kneten und neue wie alte Lieder zu lernen. Kennt ihr „Simama kaa “? Ich kannte diesen Song bereits aus Deutschland, kommen tut er doch aus Tanzania und wird auf Swahili gesungen.

An dieser Stelle ist schon erkennbar, dass es auch um informelle Bildung geht; um Lernen, Erfahren, Ausprobieren, im Team arbeiten. Es mangelt den Mädchen absolut nicht an sozialer Kommunikation und Interaktion. In den Pausen wird Fußball gespielt, geschaukelt und gerutscht. Ich persönlich bin auch großer Fan des Spiels „Extender“ geworden, bei dem alle Mitspieler eine Spanne – durch Stöcker am Boden festgelegt – springend überqueren müssen, wobei nur der „Extender“ in der Lage ist, die Spanne in jeder Runde zu erweitern.

Die Mädchen sind kreativ und genau das wird neben Fertigkeiten, die sie abseits der Schule sich aneignen, wie Kleidung waschen, Essen kochen und Putzen, gefördert. Gerade in der Ferienzeit gaben wir im PLCC alles, um den Kids Raum und Zeit zu bieten, sich zu entfalten und auszuprobieren. Da wurde gespielt, gebastelt und getanzt. Backrezepte, die wir probierten, lernten die Kinder auswendig, um sie daheim ihren Familien zeigen zu können.

Ein anderes unserer Projekte war das Kreieren einer Wimpelkette: Ein Gemeinschaftsprojekt, zu dem jede ihren individuellen und eigenen Teil beigetragen hat. Viele Einzelteile führten zusammen zu einem wunderschönen Ganzem, das die Kirche in ein neues Licht stellte.

Dort in der Hall, wo auch die Gottesdienste stattfinden, kommt es hin und wieder zu kleinen bis größeren Vorstellungen der Mädchen. Zu Anlässen wie Feiertagen, wenn Gäste zu Besuch sind oder beispielsweise die Christmas-Party am Ende letzten Jahres, bevor die Kinder nach Hause zu ihren Familien gefahren sind, präsentieren sie Tänze, Poems oder singen vorm Publikum. Zu solcherlei Festtagen beteiligen sich auch stets die Hausmütter, sowohl bei der Unterstützung der Kinder als auch bei… quasi allem.

Ohne Purity, Tabitha, Patience und Rose wäre das PLCC nicht das PLCC. Die 37 Mädchen leben hier auf dem Gelände eine lange Zeit ohne ihre Familie oder haben keine Familie mehr. Die Hausmütter kümmern sich nicht nur darum, ihnen nahrhafte Mahlzeiten, Medikamente, Hygieneartikel und Kleidung bereitzustellen, sie sind auch zu ihrem Schutz da, für ihre emotionale Stabilität.

Natürlich ist dahingehend die Arbeit der Sozialarbeiterinnen Beryl und Charity ebenso bedeutsam. Doch bezieht sich deren Arbeitsfeld eher auf das Büro, die Koordinierung von Besorgungen, die Zusammenarbeit mit Krankenhäusern und Gesundheitszentren für die Sicherstellung der Gesundheit der Mädchen und die generelle Verwaltung. Bei konkreten Anliegen oder Problemen sind sie ideale Ansprechpartnerinnen für die Kinder und können eine neue Perspektive bieten und aus einer anderen Position heraus agieren.

Geht es jedoch um den Alltag, um ein wenig Trost, die üblichen Streitigkeiten untereinander oder einfach nur darum, jemandem vom besten Erlebnis des Tages zu erzählen, dann sind es die Hausmütter, die zur Stelle sind. Eine kleine Wamboi, die am ersten Tag nach den Ferien erstmal unter einem umstürzenden Regal landet, braucht eine feste Umarmung gegen den Schock und ein Kühlpack gegen die Beule. Allein der Name erklärt ihre Rolle und Funktion im PLCC. Sie kochen, lesen vor und erzählen Geschichten, hören zu, kümmern sich, umarmen, sie lieben die Mädchen vom ganzen Herzen wie ihre eigenen Kinder. Dabei ist jede von ihnen für eines der vier Häuser zuständig, die in einem großen Gebäude auf dem Gelände koordiniert sind; Tabitha für das blaue Haus mit den kleinsten, Purity für das orangene und Patience für das grüne. Im gelben Haus wohnen die ältesten Mädchen, die vieles schon selbstständig organisieren. Mom Rose ist eine großartige, ältere Dame, die über viele Jahre diesen 24/7 Job ausgeführt hat, sich nun langsam zurückzieht und für die dieses Jahr auch das letzte im PLCC sein wird.

Nicht zu vergessen sind natürlich auch Stephen, der Hausmeister, unterstützt von Moses. Die beiden übernehmen Aufgaben, die ich aufgrund mangelnder Kenntnisse gar nicht so recht verstehe. Elektrizität, der Kampf gegen das immerzu wachsende Gras, die Pflege der Ziegen und des Gartens und so weiter und so weiter. Auch Joseline ist so eine Wächterin über das ganze Gelände. Hauptsächlich ist sie für das Putzen zuständig, aber niemand kann behaupten, dass ihre täglichen energiegeladenen Begrüßungen nicht gewaltig zur guten Laune der Menschen beitragen und sie nicht ebenso eine innige Beziehung zu den Kindern führt. So viele Persönlichkeiten bilden diesen besonderen Ort und diesen Geist.

Nichtsdestotrotz zieht es nicht wenige der Mädchen zu ihren Familien. Dementsprechend ist der Kontakt zu ihnen für sie wie für das PLCC von hoher Bedeutung. Solcherlei Angelegenheiten liegen auch im Verantwortungsbereich der Social worker und des Office. Zu den Zielen des Projekts zählt, die Gesamtsituation der Familien zu verändern und die Kinder mit ihren Familien zusammenzuführen. Was für ein unglaublicher Tag es war, als die Kinder von ihren Eltern abgeholt wurden, um mit ihnen, ihren Geschwistern, Tanten und Onkels, Großeltern, Cousinen und Cousins die Feiertage zu verbringen. So viele Tränen, Sorgen und Zweifel, ob alles glatt gehen wird und so viel Strahlen, als die Mutter zum Abholen erschien. Susan, eine weitere Sozialarbeiterin des PLCC, die jedoch nicht auf dem Gelände in Rongai arbeitet, legte sich an diesem Tag mächtig ins Zeug.

Das ist letztlich der Kern. Die Mädchen, ihr Glück und ihre Zukunft stehen im Zentrum des PLCC. Sie sind das Herz, die Idee, der Antrieb für all die Menschen hier. Bei der Christmas Party Ende letzten Jahres richteten ehemalige PLCC-Girls ein paar Worte an das Publikum. Da waren Lehrerinnen dabei, Sozialarbeiterinnen, Angestellte; mutige, selbstbewusste Frauen, die unabhängig auf zwei eigenen gesunden Beinen im Leben standen. Sie sind der lebendige Beweis für das, was das PLCC bewirken kann; dass es eine Chance auf ein besseres Leben bieten kann. Von wohl kaum einer anderen Person werden die Werte des Projekts mehr getragen als vom Kopf des PLCC: Mary Mshana. Sie strahlt die Überzeugung aus, dass jedes Mädchen ein einzigartiges Individuum mit grenzenlosem Potenzial ist, das es verdient hat, zu träumen, zu lernen, Talente zu entdecken und zu entwickeln. Genau dafür schafft sie eine Umgebung. Das PLCC verändert das Leben der Mädchen; die Mädchen verändern die Welt.

Lust auf einen Spaziergang?

Um zu verstehen, wie ein Mensch lebt, reicht es nicht, Momentaufnahmen zu betrachten. Es reicht nicht, die Orte, Plätze und Situationen unter die Lupe zu nehmen, die wie Zeitinseln den Alltag markieren. Das Dazwischen, die Wege, sind ebenso entscheidend. Wie komme ich von einer Insel zur nächsten, von einer Situation in die andere?

Ein Vorhaben in Nairobi ist allein schon deshalb ein Abenteuer, weil mir auf meiner Reise dorthin so vieles vor die Nase kommt. Das geht schon los, bevor ich überhaupt das Gelände des PLCC (Pangani Lutheran Childrens Centre) verlasse. Denn trete ich aus der Haustür und schlendere an den Häusern der Mädchen, der Schule und der Hall vorbei, ist es fast unmöglich, den Mädels nicht zu begegnen und sich wilde Umarmungen abzuholen.

Blick vom Balkon unserer Wohnung auf das PLCC- Gelände
Blick auf den Nationalpark und Nairobi

Kaum habe ich das Tor passiert, erwartet mich ein überragender Anblick; der Nationalpark erstreckt sich über die Weite und in der Ferne ist deutlich die Skyline Nairobis zu entdecken. Geht man hier, am Rande des Nationalparks, spazieren, geschieht es nicht selten, dass die Grenzen zwischen den Menschen und der Wildnis verschwimmen; Antilopen, Zebras und Giraffen kreuzen einem den Weg. Was einerseits einem Wunder gleichkommt, birgt andererseits ebenso Schattenseiten. Dass die Großstadt Nairobi und die Wildnis des Nationalparks lediglich durch einen Zaun getrennt werden, führt zuweilen zu Konflikten zwischen den Menschen und den Tieren. Besonders die Wanderrouten der Huftierherden sind gefährdet. Und nicht nur das bedroht die wilde Seite Kenias. Klimawandel, die Verschlechterung der Lebensräume, die Abholzung der Wälder, die Volatilität des Tourismusmarktes, veränderte Landnutzungen, Wildtierkriminalität und und und und und. So vieles gefährdet die Wildtiere und die Artenvielfalt in Kenia und auf der ganzen Welt. Umso mehr erscheint ein Ort wie der Nationalpark Nairobis hoffnungsspendend. Löwen, Leoparden, Geparden, Strauße, Flusspferde, Gazellen, Gnus, Büffel… Nur einige der rund 80 Säugetier- und ganzen 500 Vogelarten. Nicht erwähnt hier die Spitzmaulnashörner. Für diese ist der Nationalpark eines der erfolgreichsten Schutzgebiete in Kenia und einer der seltenen Orte, an denen sie in natürlicher Umgebung anzutreffen sind (Ich selbst hatte das Glück).

Nashörner
Aufnahmen vom 15.09.2024

Vor Jahrzehnten war die Art in Zentral-Kenia durch Wilderer ausgerottet und in ganz Kenia stark bedroht. Mitte der 80er Jahre waren von ursprünglich 20.000 nur noch 350 Nashörner übrig. Zum Zeichen gegen Wilderei ließ 1989 Präsident Daniel Aral Moi öffentlich im Nationalpark Elfenbein im Wert von 760.000 US-Dollar verbrennen. Seither haben sich die Bestände ein wenig durch intensive Schutzmaßnahmen erholt. Die Gefahr des Aussterbens ist jedoch noch nicht gebannt. Ziel ist es, die aktuelle Anzahl von 1.000 Spitzmaulnashörnern innerhalb des nächsten Jahrzehnts zu verdoppeln, was laut Wildhütern einer Populationsgröße entsprechen würde, die vor dem Aussterben bewahrt werden könnte.

Masai Lodge Road

Auf der fortführenden Strecke blühen Büsche und Blumen am Straßenrand. Ich kann mich darauf gefasst machen, entweder in Staubwolken zu geraten, wenn vorbeifahrende Autos oder Bodabodas den Dust des Weges aufwirbeln, oder nasse Füße zu bekommen, wenn in der zuvorigen Nacht mal wieder der Himmel aufgebrochen ist und Regenstürze auf die Erde fallengelassen hat.

Doch ab der Schranke der Masai Lodge Road ist zu merken, dass man dem Innenleben Ongata Rongais näherrückt. Die Straße ist asphaltiert, lokale Supermärkte und Marktstände tauchen am Straßenrand auf und zahlreiche Tuctucs,  Autos, Bodabodas und Schleppesel ziehen die Hügel hinauf und hinunter.

Tuctucs an der Kreuzung Masai Lodge und Magadi Road

Je weiter ich wandere, desto lebendiger wird dieses Treiben. Es ist ebenso der Weg zu unserem Lieblings-Marktstand bei Nancy. Hier kaufen wir stets unser Obst, Gemüse und – nicht zu vergessen – eine ungeheure Anzahl an Eiern ein. Auch wenn der Weg zum Einkaufen recht weit ist (man braucht etwa 30-40 Minuten zu Fuß bis zu Nancys Stand), ist es immerzu ein schönes Gefühl, einer bekannten Person zu begegnen und warmherzig begrüßt zu werden. Ein Stückchen weiter stehen schon die Matatus an der Magadi Road, die nach Nairobi fahren. Wann welches Matatu abfährt? Nun, das weiß niemand so recht. Wenn der Bus voll ist, geht es los. So viel steht fest. Also ein Päckchen Geduld und Gelassenheit einpacken – was ebenso für die Fahrt selbst gilt. Denn abhängig vom Verkehr ist die Fahrtzeit in die Innenstadt mal 40, mal 90 Minuten lang. Universitäten wie die Multimedia-University, Malls sowie Gärten und Parks fliegen an mir vorbei. Ziegen und Baboons streunen zwischen den Palmen am Straßenrand hindurch. Schließlich ist da Nairobi; mit seinen Hochhäusern, seiner Weite und den Slums.

„Kibera“ bedeutet Dschungel. Es ist der größte Slum Nairobis; die Anzahl der Menschen kann nicht so recht erfasst werden, doch Schätzungen gehen von etwa 700.000 bis 800.000 Menschen aus. Auf zwei Hektar leben damit etwa 71.000 Menschen. Der enge Raum, kombiniert mit der Verschmutzung durch Abfälle, Abwässer und Fäkalien, treibt die Krankheitsrate in die Höhe. Armut, Gewalt und Kriminalität prägen die Region.

Diese Informationen konnte ich im Internet zu diesem Gebiet zusammentragen. Besonders faszinierend war auch zu lesen, dass die Menschen in „Wellblechhütten“ hausen würden. Was assoziierst du mit einer solchen Beschreibung? Wirst du in deinem Weltbild bestätigt?

Der Einfluss unserer Sprache auf die Wahrnehmung der Wirklichkeit ist enorm. Wir hören „Wellblechhütte“ und denken an einen armseligen Ort, an hungernde Kinder und düstere Lebensumstände. Bilder in unserem Kopf, die wieder und wieder aufgegriffen und reproduziert werden, sodass unsere Lebenswirklichkeit wieder und wieder bestätigt wird. Dabei ist es nie so klar und einfach. Solche Sprachbilder sind Konstrukte mit Ursprung in der Zeit europäischer Eroberung und Kolonialisierung. Sie gründen sich auf eine Gesellschaft, in der eine rassistische Ideologie und Hierarchie bestand. Noch heute ist diese in unserer Sprache verankert und damit auch unbewusst in unserer Wahrnehmung. Die Realität ist jedoch bei weitem komplexer.

Es wird von der Armut, dem Leid und der Kriminalität berichtet, aber nicht von den ganz normalen, liebenswürdigen Menschen, die dort kochen, arbeiten, lachen, in der Sonne dösen, leben. Vor kurzem fand in Kibera die sogenannte Kibera Arts Parade statt. Wir waren etwas spät dran, aber es war ein schöner, sonniger Tag und die Leute konnten uns den Weg zur Veranstaltung weisen. Dort angekommen führten verschiedene Künstler*innen, Kinder- und Jugendgruppen vorbereitete Präsentationen auf. Die Veranstaltung war voller Leben, Kreativität und Wohlwollen füreinander. Die Gruppen turnten und tanzten Afrobeats wie verrückt, andere sangen oder trugen Poetry vor wie das dreizehnjähriges Mädchen Wamboi, das ihr Herz in einem Gedicht zu gender-based violence ausschüttete. Eine Gruppe junger Mädchen und Frauen bot eine Modenschau dar. Die Kleidungsstücke hatten sie aus Resten und Zeitschriften selbst angefertigt und etwas völlig Neues kreiert. Der Nachmittag zeigte mir eine der vielen Seiten der Slums wie ich sie noch nie gehört oder gesehen hatte; Gemeinschaft, Spaß, Stärke, Intelligenz, Selbstvertrauen, Ehrgeiz und ein Miteinander.

Turngruppe Kibera Arts Parade

Dann ist da noch der Weg durch die Zeit. Ein Weg, der so lang ist und sich doch als fix zu wandern herausstellt. In den letzten sieben Wochen durften Chrissy und ich das Ferienprogramm für die Mädchen erarbeiten. Für diesen Pfad durch die Zeit bin ich schlicht und einfach dankbar. Ein bisschen wehmütig blicke auf die letzten Wochen zurück; wünsche mir fast, dass dieser Weg noch ein Stückchen länger gegangen wäre. Es war sicherlich auch steinig an nicht wenigen Stellen. Bei 37 Mädels ist es kaum zu verhindern, dass keine Konflikte entstehen. Aber gleichzeitig bargen all jene Herausforderungen so viel Wachstum für die Kinder und nicht zuletzt für uns und führten dazu, dass wir und die Mädels uns einen riesigen Schritt aufeinander zubewegt haben. Natürlich war das Programm selbst ein großer Spaß; wir werkelten und tüftelten, backten und spielten.

Sammeln von Blumen und Blättern für ein Naturmobile

Aber auch hier ist der Weg, das Dazwischen das Ziel. Wie kam es nur dazu, dass – ganz entgegen unserer eigentlichen Planung – am Halloween-Mottotag uns auf einmal bunte, wilde Fratzen begegneten? Die Mädchen hatten eigenständig angefangen, sich zu bemalen und sogar ihre Haare mit Farbe zu verzieren.

Es war nicht das einzige Mal, dass sie auf ihre erstaunliche und einzigartige Weise bewiesen, wie kreativ und fantasiereich sie doch sind. Es war nicht das einzige Mal, dass sie uns nur durch ihr Sein belehrten. All die Momente im Dazwischen, die kleinen Spielereien, die Gespräche und Konfliktlösungen knüpften ein Band zwischen uns und den Mädchen.

.Nun ist ein Drittel des Weges bereits vorüber. Auf die weiteren zwei Drittel blicke ich voller Hoffnung und Zuversicht. Geht man aufmerksam seinen Pfad, entdeckt man so vieles am Wegesrand. Lektionen über das Land, das man besucht; Inspirationen, sich selbst neu zu entdecken, wenn nicht gar zu erfinden. Man geht nicht mehr einfach einen Weg. Man beginnt, die Umgebung zu beobachten und lernt, sie zu verstehen.

Die ersten zwei Monate in Paraguay

Moin moin nach Hause und in die ganze Welt aus Ciudad del Este, Paraguay!

Wir haben heute den 13. Oktober, was heißt, dass ich tatsächlich seit genau zwei Monaten in Südamerika bin! Verrückt. Obwohl ich mich tatsächlich immer mehr angekommen fühle, hab ich noch ganz genau den Reisetag vor Augen, wie ich am Hamburger Hauptbahnhof auf den Weg gebracht wurde und einen Tag später auf einmal in Buenos Aires war. Bis jetzt müssen wir, also meine Mitfreiwilligen und ich, uns immer wieder sagen, dass wir tatsächlich in Paraguay leben, für ein Jahr!
Naja genug Realisation betrieben, denn obwohl man sich schnell an einen so anderen Alltag gewöhnt, war die letzten zwei Monate für mich so viel neu wie noch nie. Begonnen hat das Ganze schon in Frankfurt am Gate, weil wir Nordkirche-Freiwilligen da direkt andere Freiwillige unserer Empfängerorganisation, der Iglesia Evangelica Rio de la Plata (IERP), kennengelernt haben. Insgesamt sind wir bei der IERP fast 50 Freiwillige, die in Argentinien, Uruguay und Paraguay in unterschiedlichen Projekten unseren Freiwilligendienst machen. Verbunden durch unsere Aufgeregtheit und Freude haben wir uns sehr schnell sehr gut kennengelernt und in Buenos Aires beim Anfangsseminar ne unglaublich schöne und intensive Zeit gehabt, die nach zwei Wochen auch schon wieder vorbei war. Schon wieder ein Abschied und das Gefühl, jetzt geht’s wirklich richtig los!


Und dann ging´s wirklich richtig los. Direkt nach  unserer 27-Stundenbusfahrt haben wir eine kleine Führung durchs Projekt bekommen und waren ein bisschen überwältigt davon, wie schön es ist. Ganz viel Platz zum Volleyball- und Fußballspielen, liebevolle Waldgemälde, riesige Mangobäume und viele Blumen machen irgendwie klar, warum das Projekt Hogar, also Zuhause, heißt. Nach einem Wochenende frei zum Ankommen und Organisieren waren meine Mitfreiwillige und ich den ersten Tag in unserem Projekt. Ganz viele Eindrücke und Kinder waren das für uns, aber wir wurden super herzlich empfangen vor allem auch von den Kindern, die uns direkt mit herzlichen Umarmungen willkommen hießen.
Unser Projekt heißt „Hogar de Niños Santa Teresa“ und ist ein Kindergarten und eine Kinderbetreuung für Kinder und Jugendliche bis 17 Jahren. Jeweils vormittags und nachmittags kommen die insgesamt ca. 100 Kinder und essen zusammen, lernen und machen Hausaufgaben, basteln, machen viel Quatsch und am Ende spielen alle zusammen im Patio. Die ersten Arbeitswochen konnten wir jeweils verschiedene Altersgruppen kennenlernen und besser verstehen, wie alles so funktioniert.


Teil vom Kennenlernen war natürlich auch immer mal rumzusitzen, zuzugucken und nichts machen zu können. Das fiel mir im Projekt am Anfang am schwersten: keine Hilfe zu sein und manchmal auch das Gefühl zu haben, dass es egal ist, ob man gerade da wäre. Allerdings wurde das schnell immer weniger. Durch das anfängliche Beobachten konnten wir den Erziehern und Erzieherinnen besser helfen. Mit einfachen Sachen wie Tragen und Sortieren aber auch Mathe und Spanisch können wir mit einigen Kindern üben. Und hauptsächlich machen wir sehr viel Quatsch mit den Kindern beim Spielen oder geben Anschwung wenn jemand mal wieder: „Tocame más fuerte!“ ruft. Die Arbeit im Projekt ist zwar an manchen Tagen sehr anstrengend, vor allem bei teilweise 38 Grad, erfüllt mich aber sehr. Ich habe mittlerweile das Gefühl, eine sinnvolle Hilfe zu sein. Mal gibt’s mehr und mal weniger zu tun, aber gerade die Liebe, die die Kinder einem geben, macht mich immer wieder sehr glücklich.


Obwohl die Arbeit im Projekt viel Energie und Zeit eingenommen hat in den ersten Wochen, war das nicht alles, was ich hier schon so erlebt habe. Immer besser lernen wir unsere Stadt, die direkt an der Grenze zu Argentinien und Brasilien liegt, kennen. Die Hauptattraktion von Ciudad del Este ist ein riesiges Shoppingcenter, das wir am Anfang einmal besichtigt haben. Allerdings fanden wir, dass diese Shoppingmall aussieht wie jede andere auf der Welt. Zusammen mit viel Verkehr und Smoq hat mich dieser Eindruck am Anfang ein bisschen belastet. Wir hatten nach unserem Empfinden noch keinen richtig schönen Ort in der Stadt gefunden und das Gefühl, dass es den nicht gäbe. Umso besser hat mir getan, bei unseren nächsten Ausflügen mehr zu sehen wie einen schönen und mückigen Stadtsee, über den uns ein Kind überraschend erzählt hat, dass es da ein Krokodil gibt. Oder einen tropischen Fluss mit schöner Natur zum Spazierengehen bei uns in der Nähe, den Gemüse-und-Alles-Markt, ein Café, unser Viertel und mehr. Und jetzt schon kann ich sagen: es gibt unglaublich viele sehr schöne Orte, an denen ich noch viel Zeit verbringen möchte.


Allein diesen Sonntag hat mich sehr erfüllt, einen Spaziergang zu machen, neben einem Fußballplatz unter einem Mangobaum bei drei verschiedenen spanischen Musiken Siesta zu machen und auf dem Rückweg bei einer kleinen Tienda ein kaltes Sprudelwasser mit Limette zu trinken.

Für die nächste Zeit nehme ich mir jetzt vor, hier noch mehr kennenzulernen. Nächsten Mittwoch haben wir vier Freiwilligen zum Beispiel vor, einen Salsatanzkurs auszuprobieren. Da bin ich sehr gespannt drauf und auch sonst fühle ich mich jetzt so angekommen, dass ich mehr von und über mein neues Zuhause lernen und Menschen kennenlernen möchte.

Ich freue mich auf alles, was noch so kommt, hab aber auch jetzt schon die Sorge, dass ich viel zu schnell dann wieder am Hamburger Hauptbahnhof stehe und alles vorbei ist. Wobei ich dann endlich wieder die weltbesten Franzbrötchen habe, ohne die ich jetzt noch 10 Monate hier in Ciudad del Este, Paraguay, leben werde.
Insgesamt kann ich jetzt schon sagen, dass trotz vielen emotionalen Aufs und Abs und Schwierigkeiten oder gerade deswegen, ein Jahr einen Freiwilligendienst in Paraguay zu machen das absolut Richtige für mich ist.

Galigrü oder ortstypischer:
Un beso y un abrazo fuerte,

Ben

Zwei Monate, zwei Länder, und viele Eindrücke

Meine Reise hat nun vor 2 Monaten begonnen. Je nach Tagesstimmung frage ich mich, wie diese zwei Monate so schnell vergehen konnten und gleichzeitig, wie ich so vieles in nur zwei Monaten erleben konnte. Unter anderem habe ich mehr als nur ein Ankommen an einem neuen Ort erlebt.

Erstes Ankommen – Argentinien

Mein erstes Ankommen war nicht direkt in Uruguay, sondern zunächst in Buenos Aires. Dort nahm ich gemeinsam mit anderen Freiwilligen aus den Einsatzländern Argentinien und Paraguay an einem zweiwöchigen Einführungsseminar der IERP (Iglesia Evangélica del Río de la Plata), unserer Partnerorganisation, teil. Neben einem Spanischkurs wurden wir in diesem Seminar auf die uns bevorstehende Zeit vorbereitet. Zusätzlich hatten wir die Möglichkeit, einige schöne Orte und Märkte in Argentinien zu entdecken, und sind natürlich direkt in den Genuss von Mate und Empanadas gekommen. Während dieser Zeit wohnte ich mit elf weiteren Freiwilligen in einer WG im Zentrum von Buenos Aires.


Obwohl ich von vielen anderen Freiwilligen umgeben war, die sich in derselben Situation wie ich befanden, fiel mir das Ankommen dort nicht leicht. Die neue Sprache, die fremden Orte, die vielen neuen Eindrücke und das ständige Zusammensein mit anderen – kombiniert mit dem Vermissen meines vertrauten Alltags – waren anfangs eine große Herausforderung für mich. Emotionen, die ich so von mir nicht kannte und auch nicht erwartet hatte, da ich noch nie wirklich Heimweh verspürt habe. Doch am anderen Ende der Welt fühlt sich plötzlich alles etwas anders an.

Dennoch sind die zwei Wochen voller Neuheiten schnell vergangen, und ehe ich mich versah, saß ich mit meinen Mitfreiwilligen aus Uruguay im Bus von Buenos Aires nach Montevideo.

Zweites Ankommen – Uruguay

Um 6 Uhr morgens in Montevideo angekommen, wurden wir am Busbahnhof von unserem deutschsprachigen Ansprechpartner vor Ort in Empfang genommen. Bevor wir unser neues Zuhause beziehen konnten, mussten wir uns aber noch ein wenig gedulden. Bei einem gemeinsamen Frühstück in der Kirche haben wir unsere argentinische Mitbewohnerin kennengelernt und gönnten uns, völlig erschöpft, ein kurzes Nickerchen auf den Kirchenbänken.

Für das kommende Jahr werde ich mit vier anderen Freiwilligen aus Deutschland, einer Freiwilligen aus Argentinien und einer aus den USA in einer WG leben. Unser Haus liegt nur fünf Minuten vom Strand entfernt, was unglaublich angenehm ist. Nach einem anstrengenden Tag gehe ich gerne am Strand spazieren, telefoniere dort mit Familie und Freunden oder wir sitzen gemeinsam bei Sonnenuntergang im Sand zum Karten spielen. 

Drittes Ankommen – Hogar Amanecer

In diesem Jahr arbeite ich gemeinsam mit zwei Mitfreiwilligen im Hogar Amanecer, einem Heim für Kinder im Alter von 5 bis 18 Jahren. Unser erster Arbeitstag folgte kurz nach unserer Ankunft in Montevideo. Wir wurden morgens von einer Arbeitskollegin mit ihrem Auto abgeholt. Völlig gespannt und aufgeregt saß ich auf der Rückbank – immer mal wieder abgelenkt von dem rasanten Straßenverkehr in Uruguay. Ich war froh darüber, dass immerhin das Auto einige Geräusche von sich gab, denn auf die Fragen unserer zukünftigen Arbeitskollegin konnten wir aufgrund unseres gebrochenen Spanisches – wenn überhaupt – nur kurz antworten. Im Kinderheim angekommen haben wir einige Mitarbeiter, den Koch, sogar die Hündin und den Kater kennengelernt. Nur kein Kind war zu sehen, was mich vorerst verwirrte. Es lag jedoch daran, dass die Kinder in der Schule waren. Nach und nach kamen sie wieder und haben uns voller Freude begrüßt. Man wurde direkt zum Malen, Haare flechten oder UNO spielen aufgenommen. 


Die Tage sind zwar oft anstrengend – das dauerhafte Nachdenken über die Sprache und das neue Arbeitsleben zieht viel Kraft – aber wir leben uns allmählich ein, finden unsere Aufgaben und ein Tag vergeht wie der nächste. Einmal die Woche haben wir uns vorgenommen, mit den Kindern zu backen – ein kleines Ritual, das uns allen Freude bereitet. 

Brezeln

Ankommen im Alltag

Nach sechs Wochen leben in Montevideo, konnte ich dank bekannten Hobbys, alten Essgewohnheiten (Haferflocken zum Frühstück = guter Start in den Tag) und einem täglichen Arbeitsablauf langsam in meiner Routine ankommen.

An einem typischen Wochentag verlasse ich gegen 9 Uhr das Haus Richtung Bushaltestelle, da mein Arbeitstag um 10 Uhr beginnt. Vormittags, wenn wenige bis keine Kinder da sind, sortieren wir oft Kleiderschränke der Kinder, räumen Zimmer auf oder fegen und wischen den Boden. Den übrigen Morgen nutzen wir häufig, um Aktivitäten zu planen oder auch weiter Spanisch zu lernen. Gegen Mittag holen wir die ersten Kinder von der Schule ab und der Nachmittag gestaltet sich mit den verschiedensten Aktivitäten wie Fußball spielen, Basketball spielen, Malen, Basteln, Backen, usw…

Um 18 Uhr endet der Arbeitstag, und etwa eineinhalb Stunden später bin ich wieder zu Hause. Wenn ich noch genügend Energie habe, gehe ich spazieren oder ins Fitnessstudio. Ansonsten gibt es Abendbrot und dann ab ins Bett.


In den letzten 2 Monaten habe ich nun schon so viel erleben dürfen und doch habe ich das Gefühl, dass das Abenteuer gerade erst begonnen hat. Ich bin gespannt auf die kommenden Monate und freue mich darauf, Euch davon zu berichten.

Ankommen

Am 26.08.2024 ging es für meinen Mitfreiwilligen Julian und mich auf die Reise nach South Tarawa, Kiribati. Wir haben unsere Reise ab dem Flughafen Frankfurt gestartet, an dem wir uns von unseren Familien verabschiedeten. 

Von dort aus flogen wir nach Abu Dhabi, dass wir in den Morgenstunden des 27.08. erreichten.

Nun ging es für uns mit unserem längsten Flug, der in etwa 13 Stunden dauerte, von Abu Dhabi nach Sydney.Dort kamen wir früh morgens am Mittwoch den 28.08 an.

Weil wir über 7 Stunden Aufenthalt hatten, sowieso nochmal durch die Sicherheitskontrolle mussten und man mit dem Zug vom Flughafen weniger als eine halben Stunde in die Innenstadt Sydneys braucht, beschlossen wir einen kleinen Teil Australiens zu  erkunden.

Wir haben uns das Opernhaus, die Skyline Sydneys, und den Royal Botanical Garden angeschaut. Für eine atemberaubende Atmosphäre hat gesorgt, dass wir um 7:30 Uhr in der Woche die einzigen Touristen waren, und sonst nur joggende Australier unterwegs waren. 

Danach ging es für uns nach Fiji, wo wir spätabends ankamen, und dann mit einem Taxi ins Backpacker Hotel zu fahren. 

Noch in der Nacht wurden wir dann wieder von einem Taxi zum Flughafen Nadi gefahren, wo wir dann unseren letzten Flug zum Bonriki International Airport, Bonriki, South Tarawa, Kiribati antraten.

Schon aus dem Flugzeug konnten wir einen Blick auf die Schönheit der Natur von Kiribati werfen. 

Blick aus dem Flugzeug

Am Flughafen wurden wir sehr herzlich von Vertretern der Kiribati Uniting Church(KUC), empfangen. So waren wir also in Kiribati angekommen.

Nun fuhren wir zu einem Restaurant auf der Insel, KoaKoa. Auf dem Weg dorthin sahen wir schon die Schule an der wir als Assistenzlehrer aushelfen, das William Goward Memorial College, das zur KUC gehört. 

Dann ging es für uns zum Immigration Office nach Bairiki, wo wir unser Visum endgültig erhalten haben. Dort kauften wir uns auch im Vodafone Store SIM-Karten und Guthaben. Bairiki ist so ziemlich das Zentrum der Insel.

Anschließend ging es für uns in das KUC-Headquarter in Antebuka, wo wir erst einmal in die Gästezimmer einzogen. Die Zimmer waren wirklich gut, und zum Glück hatten sie auch eine Klimaanlage, was bei den Temperaturen hier wirklich angenehm ist.

Später wurden wir von unserer Vorfreiwilligen Sara und ihrem Mann Oten, die glücklicherweise zu dem Zeitpunkt auch in Kiribati waren, abgeholt und sind mit ihnen nach Betio, den bevölkerungsreichsten Teil Tarawas, gefahren.Dort machten wir erste Einkäufe und setzten uns danach in ein Strandcafé. 

So ging unser erster Tag in Kiribati zu Ende. In den nächsten vier Tagen passierte dann viel spannendes, so sahen wir unseren ersten Sonnenaufgang, für den wir um 5:00Uhr aufstanden, haben uns zum ersten Mal mit einer Gruppe von australischen und neuseeländischen Freiwilligen getroffen, besuchten unseren ersten Gottesdienst auf der Insel, und vieles mehr.

So hatten wir am Montag auch unseren ersten Tag an der Schule.

Doch ein ganz besonderes Ereignis war für uns unser butaki, also die Willkommensfeier der KUC , die in ihrem Maneaba, dem traditionellen Gebäude in dem hier in Kiribati Feste(butaki) stattfinden, gehalten wurde. Dort versammelten sich alle die hier auf dem Compound leben, und jede Familie brachte etwas leckeres zu essen mit, wie es hier üblich ist. 

Genau in dem Moment als der Moderator des butaki uns sagte, dass wir nach dieser Feier ein Teil der großen Familie des compounds sind, sind wir wirklich in Kiribati angekommen.

Indien – das bisher größte Abenteuer meines Lebens

Mein Abenteuer begann nicht erst mit der Landung am Dr. Babasaheb Ambedkar International Airport in Nagpur, im Bundesstaat Maharashtra. Nein, es startete bereits mit dem Betreten des Flugzeugs in Doha. Als einziger Europäer an Bord spürte ich sofort die neugierigen Blicke – eine Erfahrung, die ich so noch nie gemacht hatte. Dieses ungewohnte Interesse an meiner Person ließ mich zunächst unwohl fühlen, doch das Gefühl verflog schnell. Schon während des Flugs lernte ich die außergewöhnliche Herzlichkeit der indischen Gesellschaft kennen. Mein Sitznachbar, Shashank, stellte sich mir vor, und wir kamen rasch ins Gespräch. Er erzählte mir von seiner Arbeit als Softwareentwickler und dass er gerade auf dem Weg sei, seine Familie in der Nähe von Nagpur zu besuchen. Wir tauschten Kontaktdaten aus, und er bot mir seine Hilfe an, falls ich sie jemals benötigen würde. Diese unerwartete Freundlichkeit beeindruckte mich tief – ich war noch nicht einmal auf indischem Boden gelandet, und schon hatte ich eine wunderbare Bekanntschaft gemacht. Meine anfängliche Nervosität wich einem positiven Gefühl. Mein offizielles Willkommen in Indien erlebte ich am 15. August, dem Tag der indischen Unabhängigkeit von der Kolonialmacht Großbritannien. Als Zeichen des Willkommens wurde mir ein traditioneller Schal, der sogenannte „Shawl“, umgehängt. Meine physische Ankunft war also vollzogen – doch psychisch sollte es noch eine Weile dauern, bis ich mich vollständig angekommen fühlte.

Mein offizielles Willkommenheißen in Indien

In den folgenden Tagen lernte ich die Menschen und die Arbeit meiner Organisation, dem India Peace Centre (IPC), sowie der Dachorganisation, dem National Council of Churches in India (NCCI), kennen. Zudem bot sich mir die Gelegenheit, bedeutende religiöse Stätten in Nagpur zu besuchen. Einer der Höhepunkte war der Besuch von Deeksha Bhoomi, einem historischen Ort, an dem Dr. B. R. Ambedkar am 14. Oktober 1956 zusammen mit Millionen von Dalits zum Buddhismus konvertierte. Dieser Akt markierte den Beginn der Dalit-Buddhismus-Bewegung und war ein Protest gegen das Kastensystem. Deeksha Bhoomi ist ein starkes Symbol für soziale Gerechtigkeit und Gleichheit in Indien. Dalits sind jene Menschen, die im indischen Kastensystem die niedrigste Stellung einnehmen und oft die größte Diskriminierung erfahren.

Deeksha Bhoomi

Ende August hatte ich die Möglichkeit, mit dem Church of North India Social Service Institute ein Projekt in einem Slum am Stadtrand von Nagpur zu besuchen. Das Projekt zielte darauf ab, Kindern durch Bildung, Unterstützung und einen sicheren Rückzugsort zu helfen. Die Kinder konnten nach der Schule zu einer Lehrerin nach Hause kommen, um dort ihre Nachmittage zu verbringen, anstatt ihre Zeit auf der Straße zu verbringen. Für mich war dieser Besuch eine zutiefst bewegende Erfahrung. Einerseits war es bedrückend, die schwierigen Lebensumstände der Menschen zu sehen, doch andererseits war es wunderschön, zu erleben, wie den Kindern geholfen wurde und sie einen sicheren Raum erhielten. Besonders faszinierte mich die unglaubliche Herzlichkeit und Menschlichkeit der Menschen im Slum, trotz ihrer materiellen Armut. Eine so ausgeprägte Form der Gastfreundschaft hatte ich selten zuvor erlebt.

Das Klassenzimmer im Slum

So verging der erste Monat in Nagpur wie im Flug, und meine erste berufliche Reise stand bevor – es ging in den Bundesstaat Odisha. Wir planten ein Programm namens „School of Peace“ an der KT Global School. Im Rahmen dieses Projekts wählten wir Schüler und junge Menschen aus der Umgebung aus, um mit ihnen über globale Themen wie die SDGs (Sustainable Development Goals), Umwelt, Klimawandel, Frieden, Feminismus sowie die Bekämpfung von Vorurteilen und Diskriminierung zu reden. Das „School of Peace“-Programm soll viermal in verschiedenen Teilen Indiens stattfinden und es dem IPC ermöglichen, lokale Vertreter zu gewinnen, die dieselben Ziele und Vorstellungen teilen. Am letzten Tag vor der Abreise hatten wir die Gelegenheit, die Hauptstadt des Bundesstaates Odisha, Bhubaneswar, auch bekannt als „Stadt der Tempel“, zu erkunden. Gemeinsam mit zwei anderen französischen Freiwilligen der KT Global School besuchte ich mehrere Tempel und genoss das köstliche Streetfood. Dieser Ausflug in einen anderen Bundesstaat war eines meiner bisherigen Highlights hier in Indien.

Odisha

Wenn ich mich jedoch auf ein Erlebnis festlegen müsste, wären es die Festivals, die mich am meisten beeindruckt haben. Während meiner Zeit hier konnte ich bereits zwei bedeutende Feste erleben. Mir wurde gesagt, dass der August die beste Zeit sei, um nach Indien zu kommen, da in diesem Monat viele Festivals stattfinden. Im September hatte ich das Vergnügen, das „Ganesh Chaturthi“-Festival mitzuerleben. Dieses Fest wird zu Ehren von Ganesha gefeiert, dem Gott, der Hindernisse beseitigt und Glück, Weisheit und Erfolg bringt. Das Fest markiert den Beginn neuer Unternehmungen und Gebete für Wohlstand.  Im Oktober feierte ich dann Navratri, ein Fest, das den Sieg der Göttin Durga über den Dämon Mahishasura symbolisiert. Es steht für den Triumph des Guten über das Böse und wird mit Tänzen, Gebeten und Ritualen begangen. Die Festivals sind für mich eine besonders schöne Zeit, da ich sie mit meinen neu gewonnenen Freunden genießen kann und dabei auch neue Bekanntschaften knüpfen kann.

„Ganesh Chaturthi“ und „Navratri Festival“

Am Anfang habe ich gesagt, dass ich mich nur physisch angekommen fühle, doch langsam fühle ich mich auch mental immer mehr in Indien zuhause. Mit dem Entstehen von Freundschaften und durch meine fortschreitende Anpassung an die indische Kultur fühle ich mich immer wohler. Ich bin gespannt, wohin mich dieses Abenteuer noch führen wird.

Angekommen. Ankommen. In welcher Hinsicht?

Ankommen stellt sich manchmal als eine langwierigere Angelegenheit heraus, als man das im ersten Augenblick vielleicht vermutet. Zumindest trifft das auf mich zu. Selbst jetzt könnte ich die Frage „Bist du gut angekommen?“ oder „Hast du dich inzwischen eingelebt?“ nicht vollends mit „Ja“ beantworten. Dazu herrscht in mir noch zu viel Chaos.

Flughafen in Nairobi am 14. August
(Beryl, Chrissy, Nora, Charity)

Physisch angekommen bin ich am späten Abend des 14. Augusts. Dort haben meine Füße zum ersten Mal in meinem Leben kenianischen Boden betreten. In jener Nacht erfüllte mich ein regelrechter Wirbelsturm. Der Abschied war nicht leicht, es wurden viele Tränen vergossen und auf einmal saß ich alleine in einem Flugzeug. Umso schöner und wohliger das herzliche Willkommen am Flughafen in Nairobi. Mit strahlendem Lächeln und einem großen „Karibu“ wurden wir von Mary, der Leiterin der Organisation, die für die nächsten elf Monate auch mein Zuhause darstellen wird, und den beiden Sozialarbeiterinnen, Beryl und Charity, begrüßt. Im PLCC (Pangani Lutheran Children Centre) erwartete uns – meine Mitfreiwillige Chrissy und mich – ein kenianisches Mitternachtsmahl, bereitet von Purity, nicht nur eine der Hausmütter, sondern auch eine der herzlichsten Menschen, denen ich bis jetzt begegnen durfte. Sie führte uns bereits in die Kunst des Chapati-Kochens ein (kenianisches Fladenbrot) – einfach köstlich.

Bewusst angekommen bin ich Stück für Stück in den gedankenvollen Momenten des Alltags. Aus dem Fenster schauen während des Autofahrens; all die Menschen, die Schleppesel und Affen auf den Straßen zu erblicken; sich selbst durch den dichten Verkehr zu winden, zwischen den Autos, Matatus (Bus/ Sammeltaxi in Kenia und eines der wichtigsten Transportmittel des öffentlichen Nahverkehrs) und Bodabodas (Motorradtaxi in Ostafrika); während des Spazierens den Blick über den Nationalpark zu genießen und in der Ferne die Skyline Nairobis zu betrachten – in solchen Momenten kam der Gedanke: „Ich bin tatsächlich in Afrika. Ich stehe hier in Kenia.“

Ongata Rongai

Nun, das „seelische Ankommen“ ist wohl noch im Gange. Ich bin noch nicht fertig. Doch einige Schritte bin ich schon gegangen. Nachdem wir die ersten zwei Wochen in Nairobi verbracht hatten, um in der Language school unsere Kiswahili-Kenntnisse zu entwickeln (was mehr oder weniger funktioniert hat), ging es endlich in unser Projekt. Die Kinder haben uns vom ersten Tag an mit leuchtenden Augen aufgenommen, zeigten uns das Gelände und begegneten uns mit unvorstellbarer Wärme. Und einen Sonnenaufgang später begann bereits der erste Schultag.

Die Schüler*innen der Maalum Schule laufen zur Morning devotion in die Kirche auf dem Gelände.

Jeden Morgen findet vor dem Unterricht eine Morning devotion „Morganandacht“ statt. Rund 80 Prozent der kenianischen Bevölkerung sind dem Christentum zuzuordnen, zehn Prozent gehören dem Islam an. Als multiethnischer Staat hat Kenia über 40 verschiedene Volksgruppen und auch weitere zahlreiche Naturreligionen vorzuweisen. Auch im Unterricht oder im Gottesdienst auf dem Gelände am Sonntag ist die Bedeutung des Glaubens für die Menschen zu spüren. Er nimmt nicht nur in dieser Hinsicht einen großen Teil des Lebens ein, sondern im alltäglichen Miteinander. Nicht selten beeindrucken mich die Kinder in ihrem Verhalten. Christliche Werte werden nicht einfach nur in der Theorie besprochen, sondern ausgelebt. Wir teilen, wir helfen und trösten einander. Weint eines der Mädchen, wird es nur wenige Sekunden später von einem der anderen Kinder in den Arm genommen. Radiergummis, Stifte und Scheren werden bereitwillig für den Nachbarn zur Verfügung gestellt. Es reicht ein „Colour red“ und ein roter Stift wird von der anderen Seite des Tisches herbeigeworfen. Einfach überwältigend großartig und rührend war der Gottesdienst anlässlich des Weltkindertags, den die Kinder mit etwas Unterstützung der Hausmütter selbst gestalten durften. Eine wundervolle Erfahrung. Die Liebe und Mühe, die die Mädchen in dieses Projekt gesteckt haben, war nicht zu übersehen. Sie inszenierten Tanzaufführungen, sangen und lasen aus der Bibel vor den Gästen. Selbst die Predigt wurde von einem der Mädchen vorbereitet. Was für ein Mut – sich vor all die Menschen zu stellen und frei von seinen Gedanken und seinem Glauben zu erzählen. Dementsprechend heftig ist der Applaus ausgefallen. Jubel, Lachen, Trubel – die Kirche war erfüllt von Euphorie.

Gottesdienst Weltkindertag

In der Schule assistiere ich in der ersten Hälfte des Tages Teacher Esther, die Lehrerin der Kleinsten, beim Unterricht und der Unterrichtsvorbereitung. Abends geht es zu den Mädchen, die im PLCC wohnen, um sie bei den Hausaufgaben zu unterstützen. Es sind Tätigkeiten, in die ich mich erst reinfuchsen musste, doch mit etwas Zeit und einer Prise Eigeninitiative entdeckte ich Aufgaben, die ich in der Schule übernehmen, oder Stellen, an denen ich mich gut einbringen konnte. So wurde es schnell ein Nehmen und Geben; einerseits Bastelprojekte mit den Kindern leiten, Materialien kreieren oder bewegungsreiche Spieleinheiten draußen integrieren, andererseits von den Lehrkräften Neues lernen (besonders, was die Kompetenz betrifft, die Aufmerksamkeit von einem Dutzend Kinder zu fesseln) und von den Kindern Finger-Fadenspiele beigebracht zu bekommen. Allein durch Zuhören und Zusehen nehme ich von meinen Mitmenschen allerlei mit.

Spiel in der Schule: Mit verbundenen Augen einem Schnur-Pfad folgen


Die liebevolle und herzliche Weise der Menschen hier, ob die der Hausmütter, der Lehrkräfte oder der Kinder – sie ist eine unfassbare Hilfe, um hier Fuß zu fassen und diesen Ort mit Geduld und Spucke zu einem Zuhause zu gestalten. Besonders am Abend bei den Mädchen entstehen oft ganz unerwartet Momente gegenseitiger Zuneigung, wenn Hausaufgaben erledigt sind oder für zehn Minuten beiseite geschoben werden. Singen, Tanzen, auf dem Sofa beisammen liegen und der Musik lauschen. Sie bringen mich zum Lachen und lehren mich, wahrhaftige Freude zu empfinden und, dass Radiergummis wirklich lebenswichtig sind. Zu Beginn war es gar nicht so einfach, die Individuen hinter dem Trubel der Truppe zu erkennen. Mit der Zeit zeigen sich jedoch die ganz eigenen Facetten und einzigartigen Charakteristika der Mädchen. Das eine ist vernarrt in Mathematik und Wissenschaften, das andere kann fantastisch zeichnen. Wieder ein anderes hat es faustdick hinter den Ohren und stellt das offen durch ein freches Grinsen zur Schau. Da ist ein Mädchen, das es liebt, Quatsch zu machen, das vergnügt glucksend durch das Haus rennt, während das andere eine sanfte Seele in sich ruhen hat und die Stille genießt.

Außerhalb des PLCC haben wir ebenso die Chance ergriffen, Erinnerungen zu schaffen. So zum Beispiel durch unseren Ausflug auf die Ngong Hills, eine Hügelkette im Rift Valley südöstlich von Nairobi. „Ngong“ bedeutet so viel wie „Knöchel“ nach der Sprache der Massai und ist auf die charakteristische Silhouette der Gipfel der Hügelkette zurückzuführen. Erinnerungen einer sagenhaften Landschaft und einem unbegreiflichen Blick über die Weite. Möglich gemacht wurde uns dieses kostbare Erlebnis durch eine beeindruckende Frau; Jerusa. Jerusa organisiert nicht nur Trips und setzt diese um, sie ist erfinderisch und ehrgeizig, um das Geld für den Lebensunterhalt und das Schulgeld für ihren Sohn herbeizuschaffen. Ob Catering, Online-Verkauf von Kleidung, Umsetzung von Ausflügen oder private Workouts – die alleinerziehende Mutter ist kreativ und packt ihre Ideen pragmatisch und rational an. Jerusa ist einer der vielen Menschen, bei denen ich zutiefst dankbar bin, ihnen begegnet sein zu dürfen. Jene Kontakte zu den unterschiedlichsten Menschen sind es, die mich inspirieren und bewundern lassen.

Wanderung auf den Ngong Hills (Jerusa, Chrissy)

Nichtsdestotrotz stolpert man auch über das Ungewohnte und wird von all den neuen Eindrücken schlicht überwältigt – ich wurde nicht vom Kulturschock verschont. Wiederum kann ich mich inzwischen kaum noch daran erinnern, wie es gewesen ist, als all die Normalitäten hier für mich noch keine solchen waren. Der Mensch gewöhnt sich schnell an sein Umfeld und ich spüre schon jetzt, dass mir nach meiner Rückkehr nach Deutschland vieles fremd vorkommen wird. Innerhalb unserer ersten Woche im PLCC mussten wir auf die praktische Weise lernen, dass unsere Tür zugeschlossen werden sollte; eine Horde Affen war überraschend zu Besuch und stibitzte uns die Bananen vom Küchentisch. Bei den Schurken handelt es sich um Trockennasenaffen der Gattung Chlorocebus. Sie sind bekannt für ihren Mangel an Anstand, Manieren und ihren Heißhunger, den sie auch an Feldern von Dörfern auslassen.

Ongata Rongai (grüne Meerkatze)

Es wäre jedoch gelogen, würde ich behaupten, es gebe keine Herausforderungen. In die Fremde gehen, fremd sein, sich fremd fühlen. Kleinigkeiten verwandeln sich in Hürden, die überwunden werden müssen; die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel oder der erste Markteinkauf. Kleinigkeiten, die man zuvor als selbstverständlich wahrgenommen hat, erweisen sich hier als Einschränkungen, mit denen ein Umgang gefunden werden muss; nach Einbruch der Dunkelheit zu Fuß hinauszugehen, entpuppt sich mit dem Gedanken an die wilden Tiere, die als Bewohner des Nationalparks unsere Nachbarn sind, als keine gute Idee. Dunkel wird es jedoch bereits zwischen 18 und 19 Uhr. Es sind also Wege zu suchen, mit den hier gegebenen Möglichkeiten zu hantieren und zu werkeln. Und sie sind auch zu finden. Es braucht lediglich Zeit. Umso leichter ist das Gefühl, wenn Hürden überwunden, Grenzen überschritten wurden. Noch nie konnte ich eine Entwicklung der Situation und eine Veränderung meiner selbst derart detailliert beobachten. Jeder Schritt ist deutlich zu spüren, jeder Schritt lässt mich selbstständiger und mutiger werden. Ein schönes Gefühl, dieses Wachsen.

Wo liegt eigentlich Paraguay?

Hallo, Hola und Mba’éichapa (Guaraní)

Ich bin Lea und ich mache meinen Freiwilligendienst in Asunción, Paraguay

Paraguay ist ein Land, in dem es nur wenig Tourismus gibt und welches für viele Menschen noch unbekannt ist. Für mich war das nicht anders. Als ich meinen Platz bekommen habe, waren alle natürlich neugierig und haben angefangen mir alle möglichen Fragen zu stellen. Die Tatsache, dass ich nur sagen konnte, dass Asunción die Hauptstadt ist, es zwischen Argentinien und Brasilien liegt und ich nirgends einen Reiseführer dafür finden kann, war da leider nicht ausreichend genug. 

Also musste erstmal gegoogelt werden…Ahh okay, fast 7 Millionen EinwohnerInnen, wenig Tourismus, überraschend viele deutsche und zwei Amtssprachen; Spanisch und die indigene Sprache Guaraní, welche genau so heißt wie auch die Währung vor Ort (1€ sind ungefähr 8.000 Guaraní). Stück für Stück konnte ich immer mehr über Paraguay herausfinden und die ganzen Fragen mehr oder weniger beantworten. Inzwischen weiß ich schon deutlich mehr über das Land, die Menschen und ihre Kultur und ich lerne jeden Tag dazu. 

Aber jetzt ist natürlich auch die Frage was ich hier eigentlich so mache; 

Ich arbeite in der Callescuela, diese ist eine Organisation, die sich für die Förderung der Rechte von Kindern und Jugendlichen einsetzt. Besonders für arbeitende Kinder und Jugendliche. Neben dem Büro gibt es in Asunción 4 Einsatzstellen, von denen dieses Jahr 3 besetzt sind. Ich arbeite in der Einsatzstelle “Villa Elisa”, welche eine von den Stellen ist, die sich direkt in einer der “Comunidades” (Gemeinschaft/Siedlung) befindet.

Dann gibt es noch “9 de Marzo” oder „Nueve de Marzo“, wo eine Freiwillige arbeitet und der “Mercado Abasto”, auf dem noch zwei weitere Freiwillige arbeiten.

Mein „Zuhause“ ist hier in einer Art Studentenheim, in dem ich gemeinsam mit 4 weiteren Freiwilligen lebe. Ich habe meine eigenen vier Wände (+ gelegentliche Besuche von Ameisen) und sogar ein eigenes kleines Bad. Auf dem Gelände leben ungefähr 30 StudentenInnen, die Vermieterin mit ihrer Familie, die deutsche Kirche mit dem deutschen Pastor und seiner Frau und 4 Hunde. Es gibt mehrere Gebäude auf dem Gelände verteilt, ein Fußballplatz, sehr viel grüne Fläche und Papaya Bäume.

Einen typischen Tag bzw. Woche könnt ihr euch so vorstellen: 

Um ca. 6:30 Uhr stehe ich auf, Frühstücke etwas und mache mich fertig. Zwischen 7:00-7:15 gehe ich los zu meiner Busstation und dann heißt es erstmal warten, bis der richtige Bus kommt, das kann manchmal sehr lange dauern und für eine Person, die aus einer Großstadt wie Hamburg kommt, fühlt es sich wie eine Ewigkeit an. Wenn der Bus dann da ist, muss ich ungefähr 30-45 Minuten fahren, je nach dem wie viel Verkehr es gibt. Manchmal nutze ich die Zeit zum Vokabeln lernen, meistens schlafe ich aber einfach ein.

Angekommen in Villa Elisa:

Dort gibt es drei verschiedene Altersgruppen. „CEPI“ (2-4), „Abeja‘s“(6-13) und „Goats“(Jugendliche). Dienstags und Donnerstags gibt es eine sogenannte „Refuerzo“ (Hausaufgabenhilfe), bei der auch eine Professorin/Lehrerin da ist und mit den Kindern schreiben, lesen und Guaraní lernt oder ihnen beim Hausaufgaben machen hilft. Am Mittwoch und Freitag Nachmittag ist immer die „CEPI“ Gruppe da. Es wird gespielt, gesungen, gebastelt und gegessen. Samstag Vormittags sind dann noch die Jugendlichen da. Dort gibt es meistens eine „Reunión“ (Eine Besprechung/Sitzung), bei der viele verschiedene Themen besprochen werden.

Mittwochs und Freitags habe ich nach der Arbeit von 18-20:00 noch Training. Ich habe das Glück hier, das Ringen weiter fortzuführen und habe mich sehr früh bereits über Vereine und Trainingsmöglichkeiten informiert. Das hat mir sehr geholfen eine gewisse Routine und etwas vertrautes, aber trotzdem auch neues/anderes in diesem ganzen Chaos zu haben. Auch wenn mir manchmal die Motivation fehlt, schaffe ich es meistens trotzdem mich zum Training zu motivieren und im Nachhinein bin ich auch immer sehr froh, da gewesen zu sein. 

Nach dem Training geht es wieder nachhause und meistens machen wir Freiwilligen noch etwas zusammen, wie reden, kochen oder spielen „Wizzard“. Das Wochenende fängt für mich am Samstag Nachmittag an und geht bis Montag. Wenn wir nicht gerade etwas gemeinsam unternehmen, ist das auch die Zeit, wo ich meine Wäsche waschen kann, einkaufen gehe oder ein bisschen mein Zimmer und Bad putzen kann.

Inzwischen lebe ich mich so langsam ein, auch wenn es mir manchmal noch etwas schwer fällt und ich noch viel an mein Zuhause denken muss. Ich bin aber sehr froh, hier in Asunción gelandet zu sein! Auch in meiner Einsatzstelle fühle ich mich immer wohler. Der Arbeitsweg wird zur Routine, der Bus ein guter Ort für Power-naps und jedes mal wenn ich meine Communidad betrete, überkommt mich ein wohliges Gefühl. 

Ich bin sehr dankbar für die ganzen Menschen, die mir diese Zeit hier ermöglichen und vor allem bin ich gerade sehr dankbar für die Personen, die mir das ankommen hier erleichtern, unabhängig davon, ob sie dabei tausende von Kilometern entfernt sind, nur durch eine regelmäßig abrechende WLAN Verbindung für mich da sind oder ob sie ganz nah sind und mit der Hilfe von Google Übersetzer mir hier vor Ort helfen, Ich bin sehr dankbar dafür! 

Was noch ein bisschen ein Stein im Schuh ist, ist das Thema Visum. Anders als die meisten, müssen wir erst hier vor Ort den größten Teil dafür machen. Was vor einem halben Jahr noch sehr toll war, ist jetzt leider sehr nervig. Für uns heißt das nämlich, regelmäßige Besuche bei verschiedenen Behörden und ständig von A nach B rennen. Aktuell haben wir aber alle Dokumente und müssen jetzt nur noch das finale Visum beantragen. Zum Glück werden wir viel dabei unterstützt, was die ganze Sache deutlich leichter macht. Ich werde aber trotzdem sehr froh sein, wenn das kein Thema mehr ist.

Dafür gibt es aber viele andere schöne Dinge und Momente hier, über die ich mich immer freuen kann. Zum Beispiel, wenn ich weniger als 15 Minuten auf meinen Bus warten muss, die Papaya Bäume im Studentenheim, der Beginn der Mango-Saison, Dienstags und Donnerstags „Cocido con leche“ trinken (Eine Art schwarzer Tee mit Milch und einem Jahresvorrat an Zucker), etwas anderes gekocht zu haben als Nudeln mit Soße, ein neues Wort auf Guaraní lernen, wenn es nach ein paar heißen Tagen wieder auf 25 Grad abkühlt oder wenn man sich endlich dazu aufbringen kann einen neuen 25L Wasserkanister die Treppe hoch zu schleppen. 

Wie ihr seht gibt es hier viele Dinge und noch mehr über die ich mich regelmäßig freuen kann, auch wenn ich anfangs einige davon als große Qual gesehen habe. Aber sin problema (ohne/kein Problem), wenn ich wieder zuhause bin, wird mir nie wieder zu heiß sein, ich kann 1A Nudeln kochen und habe Muskeln wie Arnold Schwarzenegger.

Karibu Kenya!

Hey, ich heiße Lena und ich bin 22 Jahre alt. Derzeit befinde ich mich in Kenia und absolviere hier mit dem ZMÖ meinen Lerndienst.

Schon lange hatte ich den Gedanken nach meiner Ausbildung einen Lerndienst im Ausland zu machen, wirklich geglaubt, dass ich dies aber wirklich tun werde, habe ich nicht. Nach meiner Ausbildung, die ich dieses Jahr zur Erzieherin abgeschlossen habe, wurde mir diese Webseite vom ZMÖ zugeschickt. Als ich den Link damals öffnete, wurde mir die Stellenausschreibung vom Pangani Lutheren Children Center für einen Freiwilligendienst angezeigt. Was soll ich sagen, es hat mich nicht losgelassen und ich entschied mich dazu mich zu bewerben. Nun sitze ich hier in Kenia und kann es bis heute nicht richtig glauben.

Nun aber erstmal zum Anfang und meinen ersten Eindrücken…

Kurz vor der Landung in Dubai.

Ich und meine Mitfreiwillige flogen am 08.08.2023 aus Hamburg los und nach einem Zwischenstop in Dubai kamen wir auch ohne Zwischenfälle am 09.08.2023 in Nairobi an. Aus dem Flugzeug ausgestiegen, erwartete mich zu meinem Überraschen nicht die drückende Wärme und der Geruch nach verbrannten Plastik, der mir durch eine vorherige Reise nach Nairobi bekannt war. Ehrlich gesagt, war es sogar etwas frisch und das Wetter erinnerte mich an mein Zuhause, denn an der Nordsee ist es bekanntlich öfter mal etwas windiger und dementsprechend kälter. Bereits am Flughafen konnten wir die ersten uns unbekannten und ziemlich großen Vögel sehen. Nachdem wir sehr erleichtert waren, dass unser Gepäck angekommen war, konnten wir den Flughafen verlassen.

Dort wurden wir mit Willkommensschilder begrüßt, was in mir direkt ein Gefühl von Herzlichkeit auslöste. Dazu lasen und hörten wir direkt die Worte “Karibu Kenya”, was so viel bedeutet wie „Willkommen in Kenya”. Ich fühlte mich direkt aufgenommen und war voller Vorfreude auf die kommende Zeit. Empfangen wurden wir am Flughafen von der Einrichtungsleitung, einigen Kindern und einer zu dem Zeitpunkt noch Freiwilligen der Einrichtung. Auf dem Weg zum Projekt konnten wir erste Einblicke vom Nairobi Nationalpark und dem Straßenverkehr gewinnen. Kurz gesagt, dies war das erste kleine Abenteuer. Angekommen im Projekt, war ich überwältigt, denn unser Gelände kam mir ziemlich riesig, unglaublich schön und erstaunlich ruhig vor. Dieses Gefühl zog sich auch weiter, als wir unsere Wohnung betraten, die wirklich alle Erwartungen übertraf. Ich war erleichtert angekommen zu sein.

Am selben Tag hatten wir dann auch die ersten Kontakte zu den Mädchen. Für mich ungewohnt war anfangs die direkte Nähe. Bei den ersten Begegnungen wurden meine Haare, Haut und Septum inspiziert. Ganz besonders aber meine Tattoos. Als diese von einem Kind entdeckt wurden, wurden alle Mädchen dazugeholt, die ebenso meine Tattoos betrachten und anfassen wollten. Und ein kleiner Spoiler, bis heute sind meine Tattoos, Haare und Körpermerkmale sehr interessant und es werden regelmäßig Fragen gestellt. Inzwischen kenne ich diesbezüglich aber auch meine Grenzen, die ich dementsprechend mit den Mädchen kommuniziere.

Die ersten Tage wurden wir mit Essen versorgt, welches wirklich unbeschreiblich lecker ist. Dadurch, dass am selben Tag die Partnerschaftsgruppe der Gemeinden St. Bartholomäus Wesselburen und Yerusalem in Nairobi anreiste, gab es einiges an besonderem Essen. Kleiner Fun Fact, ich bin selbst Teil dieser Partnerschaftsgruppe und freute mich daher, einige Menschen wiederzusehen, die ich längere Zeit nicht mehr gesehen hatte. Die darauffolgenden Tage zeigte uns eine weitere Freiwillige einige Orte, die wir bis heute gerne besuchen. Zusätzlich standen die ersten Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an. Wir fuhren Matatu, Tuk Tuk und Bodaboda, es waren wirklich wilde Fahrten und durch den ungewohnten Straßenverkehr war ich recht verkrampft, aber dennoch glücklich zugleich. Dazu mussten wir die Erfahrung machen, dass besonders Matatu und Tuk Tuks nicht für große Menschen, wie uns, gebaut wurden.

Am Anfang stand dann auch unser Sprachkurs an der Reihe. Mir wurde dabei vor Augen gehalten, dass mein Schulabschluss nun doch schon ein paar Jahre her ist und ich von der Grammatik in Englisch keine Ahnung mehr hatte. Das erschwerte das Lernen enorm, denn im Sprachkurs lernte ich dementsprechend nicht nur Kiswahili, sondern frischte auch mein Englisch auf. Dazu konnten wir durch den Sprachkurs erste Erfahrungen mit dem Schulsystem in Kenya machen. Es wird wirklich sehr viel theoretisch gemacht. Unsere Lehrkraft stand häufig an der Tafel und schrieb sämtliche Sachen auf, die wir wiederum abschreiben sollten. Zu beobachten ist dies auch in den Unterrichten, die die Kinder haben.

Zu dieser Zeit stand auch der Abschied von einer weiteren Freiwilligen an. Es war ziemlich emotional, diesen Prozess zu begleiten und mitzuerleben. Ich stellte mir häufig vor, dass ich in 11 Monaten in dieser Position stehe und es machte mich glücklich und traurig zugleich. Ich bin unfassbar dankbar, dass sie uns die erste Woche in die Umgebung eingeführt hatte und immer für Fragen zur Verfügung stand. Nicht selten hatten wir Schlafmangel, weil wir uns bis in die Nacht austauschten. Dies bot mir enorm viel Sicherheit.

Ausblick aus dem Klassenraum, in dem der Sprachkurs stattfand.

Und generell zum Thema Ankunft und vor allem dem Gefühl angekommen zu sein, lässt sich sagen, dass dies ein längerer Prozess ist, der unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nimmt. Vor allem am Anfang schaute ich mir die Umgebung an und fragte mich:

Bekomme ich innerhalb der 11 Monate jemals das Gefühl, richtig angekommen zu sein?

Fahre ich innerhalb der nächsten 11 Monate durch die Straßen und entdecke nicht jedes Mal etwas Neues?

Schon kurze Zeit später merkte ich allerdings, wie ich mich an einige Dinge gewöhnte. Einige Beispiele:

-Ich habe mich an den Linksverkehr gewöhnt und erwischte mich bei Gedanken, wie der Verkehr noch einmal in Deutschland war.

-Die Angst Englisch zu sprechen, ist nicht mehr da.

-Der Prozess hat angefangen, in dem mir Wörter zuerst auf Englisch einfallen und meine Gedankengänge teilweise auf Englisch stattfinden. Dementsprechend fanden Gespräche mit meiner Mitfreiwilligen vermehrt auf Englisch statt.

-Mein Kleidungsstil hat sich angepasst, Sandalen mit Socken, ein alltägliches Bild.

Jetzt kann ich meine vorherigen Fragen beantworten. Ich bezeichne diesen Ort inzwischen als mein Zuhause und fühle mich angekommen. Die umliegenden Straßen sind wie ein Nachhauseweg und nach langen Fahrten freut man sich, dort angekommen zu sein. Dementsprechend sind viele Dinge nicht mehr so neu wie vorher, allerdings gibt es noch so viel mehr zu entdecken. Dieser Ort gibt mir hier so viel Positives, dass ich trotz angekommenen Alltag, nicht einmal Heimweh verspürt habe. Der Gedanke, dass demnächst ¼ meiner Zeit hier vorbei ist, macht mir etwas Angst und löst ein Gefühl von Zeitdruck aus. Inzwischen habe ich Respekt davor, zurück nach Deutschland zukommen. Davon lasse ich mich aber nicht unterkriegen und versuche umso mehr die Zeit hier zu genießen.

Ich liebe es, meine ständige Entwicklung zu beobachten und bin unfassbar stolz auf mich, diesen Schritt gewagt zu haben. Für diese Möglichkeit, all dieses zu erleben, bin ich unglaublich dankbar. Ich freue mich auf die kommenden Monate und freue mich darauf, dies mit euch zu teilen.

Ganz liebe Grüße von Lena aus Kenia

Ein neues Kapitel beginnt…


Hallo, ich heiße Frida und bin 19 Jahre alt. Dieses Jahr habe ich die Möglichkeit, zusammen mit dem ZMÖ einen Lerndienst auf Sansibar in Tansania zu absolvieren. 

Schon seit mehreren Jahren war es mein Wunsch, vor dem Studium im Bereich der sozialen Arbeit tätig zu sein und weitere Erfahrungen in verschiedenen Kulturen und Kontexten zu sammeln. 

Der Abflug schien immer noch so weit entfernt für mich, doch dann ging es am 22.08. wirklich los. 

Ich startete von Hamburg aus, wo ich mich von meiner Familie und meiner besten Freundin verabschiedete. Es war ein seltsames Gefühl, weil ich auch zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisieren konnte, dass die große Reise nun wirklich beginnt. Am Flughafen in Istanbul traf ich dann die anderen Tansania Freiwilligen, Julius, Coralie und Sarah. Zusammen ging es dann weiter nach Dar es Salaam, wo ich dann zum ersten Mal mit einem Propellerflieger geflogen bin. Und dann war ich da… Nach einer über 24 stündigen Reise erreichte ich den Flughafen in Sansibar. 

Der Sansibar-Archipel ist eine zu Tansania gehörende Inselgruppe, wobei die Hauptinseln Unguja und Pemba die bekanntesten sind. 

Dort angekommen wurde ich von zwei Frauen von der Kirchengemeinde Mwanakwerekwe, auf dessen Kirchengelände ich für die nächsten Monate leben werde, abgeholt. Sie haben mich herzlich empfangen und mich anschließend zum Frühstück eingeladen. Dadurch hatte ich schon gleich an meinem ersten Tag die Möglichkeit, ein paar tansanische Spezialitäten kennenzulernen. Am besten gefällt mir Chapati, eine Art dünnes Fladenbrot. Außerdem habe ich schon jetzt eine Liebe zu Ingwer Tee entwickelt. Ich freue mich darauf, weitere neue Gerichte kennenzulernen und diese selbst zu kochen. 

Nach zwei Tagen auf Sansibar, die ich hauptsächlich damit verbracht habe, mein Gepäck aus- und mein Zimmer einzuräumen, reiste ich wieder nach Dar es Salaam, da es für mich von dort aus zum Sprachkurs in Morogoro ging, wo ich dann weitere Freiwillige kennengelernt habe. Darunter auch meine Mitbewohnerin Selina. 

In diesen zwei Wochen haben wir vor allem einen generellen Überblick über die Sprache Kiswahili bekommen. Wenigstens kann ich jetzt schon Menschen auf der Straße begrüßen und ihnen antworten, wenn sie fragen, wie es mir geht. Bis ich vollständige Konversationen führen kann, wird es jedoch mit Sicherheit noch etwas dauern. Besonders genossen habe ich unseren letzten gemeinsamen Abend. Alle Teilnehmer*innen hatten die Möglichkeit zusammen mit unseren Lehrer*innen landestypisches Essen zuzubereiten. Gut gestärkt und mit großer Aufregung, was uns alle in unseren Einsatzstellen erwarten würde, verabschiedeten wir uns voneinander. 

Zurück auf Sansibar ging die Eingewöhnung dann erst richtig los. Selina und ich haben uns unter anderem um unser Visum gekümmert, erste Markteinkäufe in Mwanakwerkwe und Stone Town erledigt und gemeinsam mit dem Pastor unsere beiden Einsatzstellen besucht.

In den kommenden Monaten werde ich in der Martin Luther Pre and Primary School tätig sein. Dabei handelt es sich um eine interreligiöse Schule der lutherischen Kirche auf Sansibar. Zurzeit gibt es 7 Klassenstufen, wobei ich vor allem für die jüngste Klasse, die Baby Class, zuständig sein werde. 

Ich muss sagen, dass mich meine Arbeitsstelle sehr herausfordert. Zum einen fällt es mir noch schwer, mich mit den Kindern zu verständigen, da sie aufgrund ihres jungen Alters noch nicht viel Englisch sprechen und sich meine Kiswahili Kenntnisse auch noch sehr in Grenzen halten. Das sehe ich jedoch eher als Ansporn, die Sprache weiter zu lernen und mich in meinem neuen Alltag zu trauen, das anzuwenden, was ich bis jetzt schon gelernt habe. 

Ich bin froh, dass wir zurzeit vor allem für die bevorstehende Graduation der Kindergartenklasse 2 proben und ich daher noch nicht viele eigenständige Stunden übernehmen musste. Dies ermöglicht mir, die Schüler*innen zunächst besser kennenzulernen. 

Da ich selbst aus einem Land komme, wo gewaltfreie Erziehung selbstverständlich ist, sind die Erziehungsmaßnahmen, die in der Schule angewendet werden, mir sehr fremd. 

Es tut mir gut, mich mit anderen Freiwilligen zu unterhalten, die ähnliche Erfahrungen in tansanischen Schulen machen. Außerdem versuche ich, mir verschiedene Aktivitäten für meine Freizeit zu suchen. Zum Beispiel haben meine Mitbewohnerin und ich uns einer Laufgruppe angeschlossen, die immer mittwochs zusammen in Stone Town trainiert. Das ist eine tolle Gelegenheit, neue Kontakte zu knüpfen, sich von den neuen Eindrücken abzulenken und den Kopf frei zu bekommen. Zusätzlich haben wir vor, bei der Tanzgruppe und dem Chor der Kirchengemeinde vorbeizugucken und mitzumachen. 

Ich schätze es sehr, auf dem Kirchengelände zu wohnen, da man sich hier gar nicht einsam fühlen kann. Es sind eigentlich immer Menschen vor Ort, die mit einem reden und bereit sind, zu helfen, wenn man sie fragt. Erst vor ein paar Tagen wollten Selina und ich probieren, Pilau, einen hier sehr typischen Gewürzreis, zu kochen. Als wir dann in der Küche standen, kam eine Frau der Kirchengemeinde vorbei, die sich, ohne, dass wir sie gefragt haben, neben uns stellte und erklärt hat, wie man dieses Gericht kocht. Nun sind wir Expertinnen 🙂

Vor allem für die Anfangszeit empfinde ich das Kirchengelände und unser offenes Umfeld als sehr hilfreich.

Ich bin gespannt, was ich in den nächsten Wochen und Monaten noch alles Neues erleben werde und freue mich darauf, meine Erfahrungen und Erlebnisse mit euch zu teilen.