Ich lebe auf der Farm in einer WG mit meiner Mitfreiwilligen Lou. Das Gelände grenzt direkt an den Township Vryground und ist auch nicht weit von Lavenderhill entfernt, wo der Center ist. Der Center ist mit dem Auto nur einige Minuten entfernt, also haben wir auch keine weite Anfahrt, wenn wir den Tag im Center arbeiten. Auf Grund der schlechten Sicherheitslage dürfen wir auch nur mit dem Auto das Gelände verlassen. Das Gelände wir rund um die Uhr von Sicherheitspersonal bewacht und ist mit einem Zaun aus Stacheldraht umgeben. Es hat aber manchmal auch etwas Belustiges, wenn uns zum Beispiel der Uber-Fahrer auslacht, weil er nicht fassen kann, dass er zwei weiße (vermeintliche) Touris in ein Township fährt. Es kommt auch häufig vor das unsere Uberfahrten wieder und wieder abgelehnt werden, weil niemand in unsere Gegend fahren will oder die Fahrer sich mehrmals versichern, dass wir uns auch nicht in der Adresse vertan haben. Die Farm ist aber auch trotz der Lage sehr schön. Es ist ein relativ großes Gelände, auf dem wir uns frei bewegen können. Es beinhaltet sogar ein unter Naturschutz stehenden Teil und einen kleinen See mit vielen Ente und Gänsen.
Gedanken und Reflexion:
Auch wenn es vielleicht in meinen Blogeinträgen bisher so klang, als würde ich Kapstadt sehr genießen, ist dies leider nicht immer so. Die Arbeit an sich macht leider nur selten Spaß, denn auch nach 4 Monaten werden mir und auch meiner Mitfreiwilligen nur wenige Aufgaben anvertraut. Also beinhalten viele Arbeitstage nur Nichtstun und sich langweiligen. Was mich natürlich schon überlegen lässt, warum ich denn eigentlich hier bin. Solche Fragen treiben mich besonders um, wenn mir keine Aufgaben gegeben werden, oder auch, wenn die Aufgaben, die mir gegeben werden, nur wenig Sinn machen. Ein Beispiel ist, dass ich im Agrar-Kurs Berichte von jeder Stunde schreiben soll und mir dabei auch vermittelt wurde, dass das auch eine Art Feedback beinhalten soll, da ich ja vielleicht mit der Perspektive eines Außenstehenden etwas verbessern könnte. Ich baue nun seit fast zwei Monaten immer denselben Kritikpunkt ein, aber auch wenn ich Rückmeldungen auf die Berichte bekomme, wird nie auf meine Kritik eingegangen. Dies alles lässt einen dann natürlich auch reflektieren, wie sinnvoll ist überhaupt ist, hier zu sein. Vor allem wenn das Hauptargument meiner aussendenden Organisation immer war, dass die Organisation vor Ort den inhaltlichen Austausch ja wollen, weil sie nicht finanziell davon profitieren. Hier vor Ort höre ich allerdings durchaus Stimmen, die sagen, dass die NWF abhängig von der finanziellen Unterstützung des ZMÖs sei.
Auch ist die Kommunikation innerhalb der Organisation relativ schlecht. Da wir je nach Projekt, in dem wir innerhalb der NWF arbeiten, einen unterschiedlichen Ansprechpartner haben, macht es die Arbeit relativ schwer, wenn jeder etwas anderes sagt und anscheinend der interne Austausch relativ schlecht ist. Leider verlassen auch viel nette Arbeitskollegen die NWF, da sie auch das Arbeitsklima nicht sehr angenehm finden. Dies ist sehr schade, da man gerade mit einigen seiner Kollegen warmgeworden ist und nun gerade diese die Stelle verlassen. Der Umgang der Leitung mit den Arbeitnehmern wirft bei mir immer wieder Fragen auf: So habe ich davon gehört, dass eine Kollegin unter Druck gesetzt wurde, sich die Zähne machen zu lassen, weil schlechte Zähne nicht gut für das Image der Organisation seien. Diese schlechten Zähne waren durch eine überstandene Sucherkrankung verursacht, und ich hatte gedacht, dass die NWF eine Organisation sei, die Menschen aus dem Township, wo viele mit Drogenkonsum kämpfen, eine zweite Chance gibt. Ich verstehe also oft das Vorgehen und Strategie der Verantwortlichen nicht und es fällt mir noch schwer, einen Umgang damit zu finden.
Wir sind hier jetzt schon über 3,5 Monate und so einiges hat sich verändert. Wir leben sehr luxuriös in unserem eigenen Haus auf dem Gelände. Wir werden immer freundlicher von allen aufgenommen und machen immer tiefere Freundschaften. Einige Pläne sind schon verschoben oder abgesagt worden, aber vieles läuft wie geplant und wir haben hier eine wirklich sehr schöne Zeit. Gerade sind es Schulferien, weshalb wir viel zuhause oder auf dem Gelände unternehmen. Gelegentlich fahren wir mit dem Bus zum Einkaufen oder zum Arzt, aber selbst da findet man neue Freunde und Menschen mit denen man sich einfach so unterhalten kann. Es ist auch erstaunlich, wie ich die Insel und die Menschen zum Beginn gesehen hatte und wie sich meine Wahrnehmung verändert hat. Wo ich am Anfang noch von kompletter Überforderung und Ungewissheit eingenommen war, fühlt es sich mittlerweile wie Zuhause an. Die Menschen sind bekannt und man hat kurzen Austausch mit ihnen. Die Wege sind gewohnt und ich muss nicht mehr Nachdenken wo was liegt. Am meisten hilft es mir einen gewohnten Alltag zu haben und eine Routine, die mir hilft einen entspannten Start in den Tag zu genießen.
Mimi links und Lilu Orang
Wir haben hier viele Freundschaften schließen können, aber am meisten beschäftigen uns unsere beiden neuen Mitbewohner, Mimi und Lilu. Diese beide Katzen sind ein großer Segen nur haben sie leider auch mal Blödsinn im Kopf. Sobald ich morgens aus der Tür rausgehe, sehe ich 4 Augen die mich angucken und ganz lieb nach Essen fragen. Nach dem Fragen gehen sie auch direkt ins Haus rein. Beim Koch klauen sie uns die Zutaten und wenn es Abends wird haben sie sogar einen gemütlichen Platz zum Schlafen auf dem Herd gefunden. Die Hunde die hier überall leben sind noch große Gefahren für die beiden kleinen Katzen. Bereits ein Katzenbaby wurde von einem der Hunde getötet und Lilu hatte auch schon eine Paar gefährliche Momente, wo die Hunde aufgehalten werden mussten. Mimi’s Schlafplatz ist der Müllhaufen zwischen unserem Haus und dem Haus der Nachbarn und Lilu schläft bei den Nachbarn. Mittlerweile finden sie auch den Vorsprung über unserem Fenster toll zum schlafen nur schaffen sie es noch alleine da wieder runter.
Mimi auf ihrem Müllhaufen
Ein bisschen habe ich noch bedenken was mit den beiden passiert, wenn wir wieder zurück nach Deutschland kommen. Bisher wirken sie noch zu Dumm und Unbegabt selber für ihr Essen zu sorgen und leider gibt es auf der Insel nicht all zu viele Essensmöglichkeiten für die Katzen. Die Ratten in unserem Dach sind auch schnell aufgegessen, wenn sie gefangen wurden. Bestimmt sind unsere Nachbarn bereit diese beiden Katzen zu versorgen, aber trotzdem werde ich sie Vermissen. Sie haben ihre eigene Vorstellung darüber wie manches zu laufen hat, aber trotzdem können sie manchmal Schlafen, wenn man sie zum Kuscheln bei sich hat. Manchmal beißen sie auch einfach nur die Finger. Mal schauen wie lange sie Leben, hier auf der Insel und in meinem Herzen.
Ganz viele Tiere
Das tägliche Leben auf dem Gelände ist manchmal wirklich wie auf einer Farm. Quasi jede Familie hat Schweine, die Hunde laufen hier rum, wie eine Gruppe Teenager auf einer Party und Überall sieht man Hühner und ihre Kinder. Mittlerweile mit ein gern gesehenes Mitglieder dieser Hundebande und viele würden gerne von mir gestreichelt werden. Spielen wollen sie auch mit mir, wenn sie mich anspringen. Vorallem der Hund von unserem Nachbarn, Thanos ist eine super liebe Seele. Als ich seinen Namen noch nicht kannte, hatte ich ihn Pünktchen genannt und immer wenn er diesen Namen hört kann er sich gar nicht mehr zusammenreißen und er Wackelt am ganzen Körper bis er gestreichelt wird. Er ist auch der liebste Hund zu unseren Katzen. Die täglichen Begegnungen mit den ganzen Tieren helfen mir dabei eine ungezwungene Art des Lebens wiederzuentdecken und eine besondere Art der Freude am Leben zu teilen. So bin ich Dankbar für jegliche Begegnung mit Menschen und Tieren, weil sie mir alle auf ihre eigene Art lehren ein erfülltes Sein zu erleben.
Hey, hey, 4 Monate sind bereits vergangen und plötzlich steht schon Weihnachten vor der Tür. Und mit der Weihnachtszeit steht auch ein weiterer Abschied an: Nämlich der von einem großen Teil meiner Kitakinder. Denn hier endet, genau wie in Deutschland auch, das Kitajahr im Sommer und da gerade Sommer ist und die Ferien schon in ein paar Tagen beginnen, ist es langsam Zeit Tschüss zu den Ältesten zu sagen, bevor sie dann ab Februar zur Schule gehen.
Aber eben in genau dieser Zeit ist es auch nochmal gut sich zu erinnern, was man die vergangenen 4 Monate schon alles im Projekt erlebt hat, und deswegen möchte ich in diesem Blog euch nochmal ein bisschen über ganz besondere Kitatage der vergangenen 4 Monate berichten, welche mir wahnsinnig schön in Erinnerung geblieben sind:
Frühlingsbeginn
Am 20.09., also erst einen Monat nach meiner Anreise, haben wir groß den Frühlingsbeginn gefeiert. In Deutschland wird der ja nicht wirklich zelebriert, aber hier wurde ein richtiges Event daraus gemacht. Schon die ganze Kitawoche zuvor haben meine Mitfreiwillige Lina, ich und teilweise auch die anderen Seños (so werden die Erzieherinnen hier genannt) viel geschmückt und gebastelt, damit alles bunt und voller Blumen ist. Am Tag selbst kamen dann die Kinder alle mit “medias locas“ und “peinados locos“, also verrückten Socken und Frisuren in die Kita. Mit ihren echt superkreativen Outfits konnten die Kinder sich dann auch auf einem selbstgemachten Laufsteg präsentieren und es wurde anschließend zusammen ganz viel getanzt und gesungen. Das war echt schön und es war einfach generell so eine Lebensfreude im Raum, die einfach nur ansteckend war.
Día de la familia
Am 18.10. war bei uns in der Kita „Día de la familia“, also Familientag und wir haben alle zusammen einen Ausflug gemacht. Dafür sind wir, nicht weit entfernt, zu einer Art Abenteuerspielplatz gefahren. Wir und die anderen Seños waren schon etwas früher da und haben vor Ort alles dekoriert und aufgebaut. Sobald die Kinder dann mit ihren Familien kamen, wurde getobt, gequatscht, gegessen und natürlich Mate getrunken. Denn bei wirklich keiner Veranstaltung in Argentinien darf Mate fehlen und auch in der Kita ist sie mittlerweile zu einem täglichen Begleiter für mich geworden. Ein wenig Programm fand dann an dem Tag auch noch statt: Es wurden Familienfotos gemacht, Geschenke überreicht und wir haben sogar mit den Kindern zusammen ein kleines Lied vorgesungen. Die Stimmung war super ausgelassen, alle waren glücklich und manche Kinder fanden es sogar so schön, dass sie beim Gehen geweint haben…
Día de la tradición
Am 10.11. ist in Argentinien jedes Jahr „Día de la tradición“. Also ein Tag, wo man sich an Argentiniens Traditionen nochmal besonders erinnert. Da das aber ein Sonntag war, haben wir am Montag, dem 11.11. den „Día de la tradición“ in der Kita nachgefeiert. Alle Erzieherinnen und Kinder kamen gekleidet in traditionellen Trachten, also als „Gaucho“ (historisch gesehen vor allem die Männer) oder „Paisana“ (historisch gesehen vor allem die Frauen). Auch wir haben typische Folklore-Röcke bekommen, die zwei der “Seños“ für uns mitgebracht haben. Es gab Empanadas zu essen, also ein typisch argentinisches Gericht und ein paar der Erzieherinnen haben Folklore vorgetanzt. Anschließend haben wir auch noch alle zusammen versucht Folklore zu tanzen. Das hat echt super Spaß gemacht und uns einen kleinen Einblick in die Welt der argentinischen Folklore gegeben, die echt super vielfältig und spannend ist.
Abschiedsfest
Am letzten Freitag, also am 13.12., stand in unserer Kita der Abschied der Ältesten und generell die Jahresabschlussveranstaltung, worüber ich auch bereits ganz am Anfang des Blogs geredet habe, an. Hinsichtlich dessen wurde ein großes Fest geplant, was unter dem Motto “Un mundo mejor para nuestros niños“ (übersetzt: „Eine bessere Welt für unsere Kinder“) stand. Dafür haben meine Mitfreiwillige und ich schon die letzten Kitawochen ein riesiges Wandbild als Bühnenhintergrund gebastelt. Im Vorhinein der Veranstaltung haben außerdem alle Altersgruppen Tänze gelernt und fleißig mit ihren Gruppenerzieherinnen eingeübt. Am Freitag sind dann alle Kinder abends mit ihren Familien, Freunden und Bekannten zur Kita gekommen. Es waren wirklich wahnsinnig viele Menschen da und man hat den Kindern richtig angemerkt, wie sehr sie sich darüber gefreut haben und wie stolz sie auch waren ihre Tänze vorzeigen zu können. Nach all den Tänzen gab es dann den offiziellen Abschlussteil für die 3jährigen, also die Ältesten der Kita, die ab Februar zur Schule kommen. Alle wurden nochmal einzeln hervorgehoben und haben einen ganz besonderen Platz in der Veranstaltung bekommen, was sehr süß und für viele der Eltern, verständlicherweise, auch sehr emotional war. Am Schluss gab es noch für alle Kinder Geschenke und Mappen mit Erinnerungen aus dem vergangenen Kitajahr und wir haben Weihnachtsplätzchen gebacken, die wir verteilen konnten. Es war ein richtig runder und schöner Abschluss und ich muss ehrlich sagen, dass die Kinder mittlerweile echt einen Platz in meinem Herzen haben und ich sie definitiv vermissen werde. Aber bis Ende Dezember ist es ja noch ein wenig hin und man kann die letzten Tage noch zusammen genießen.
Im Januar hat der Kindergarten ja dann komplett geschlossen und ab Februar kommen ja dann auch neue Kinder, mit denen bestimmt auch viele schöne Erlebnisse und Erfahrungen entstehen werden. Aber bis dahin steht noch Weihnachten, Silvester und mein erster Urlaub an, worauf ich schon mit viel Vorfreude blicke. Darüber werde ich dann bestimmt im nächsten Blog berichten.
Um zu verstehen, wie ein Mensch lebt, reicht es nicht, Momentaufnahmen zu betrachten. Es reicht nicht, die Orte, Plätze und Situationen unter die Lupe zu nehmen, die wie Zeitinseln den Alltag markieren. Das Dazwischen, die Wege, sind ebenso entscheidend. Wie komme ich von einer Insel zur nächsten, von einer Situation in die andere?
Ein Vorhaben in Nairobi ist allein schon deshalb ein Abenteuer, weil mir auf meiner Reise dorthin so vieles vor die Nase kommt. Das geht schon los, bevor ich überhaupt das Gelände des PLCC (Pangani Lutheran Childrens Centre) verlasse. Denn trete ich aus der Haustür und schlendere an den Häusern der Mädchen, der Schule und der Hall vorbei, ist es fast unmöglich, den Mädels nicht zu begegnen und sich wilde Umarmungen abzuholen.
Blick vom Balkon unserer Wohnung auf das PLCC- GeländeBlick auf den Nationalpark und Nairobi
Kaum habe ich das Tor passiert, erwartet mich ein überragender Anblick; der Nationalpark erstreckt sich über die Weite und in der Ferne ist deutlich die Skyline Nairobis zu entdecken. Geht man hier, am Rande des Nationalparks, spazieren, geschieht es nicht selten, dass die Grenzen zwischen den Menschen und der Wildnis verschwimmen; Antilopen, Zebras und Giraffen kreuzen einem den Weg. Was einerseits einem Wunder gleichkommt, birgt andererseits ebenso Schattenseiten. Dass die Großstadt Nairobi und die Wildnis des Nationalparks lediglich durch einen Zaun getrennt werden, führt zuweilen zu Konflikten zwischen den Menschen und den Tieren. Besonders die Wanderrouten der Huftierherden sind gefährdet. Und nicht nur das bedroht die wilde Seite Kenias. Klimawandel, die Verschlechterung der Lebensräume, die Abholzung der Wälder, die Volatilität des Tourismusmarktes, veränderte Landnutzungen, Wildtierkriminalität und und und und und. So vieles gefährdet die Wildtiere und die Artenvielfalt in Kenia und auf der ganzen Welt. Umso mehr erscheint ein Ort wie der Nationalpark Nairobis hoffnungsspendend. Löwen, Leoparden, Geparden, Strauße, Flusspferde, Gazellen, Gnus, Büffel… Nur einige der rund 80 Säugetier- und ganzen 500 Vogelarten. Nicht erwähnt hier die Spitzmaulnashörner. Für diese ist der Nationalpark eines der erfolgreichsten Schutzgebiete in Kenia und einer der seltenen Orte, an denen sie in natürlicher Umgebung anzutreffen sind (Ich selbst hatte das Glück).
Nashörner Aufnahmen vom 15.09.2024
Vor Jahrzehnten war die Art in Zentral-Kenia durch Wilderer ausgerottet und in ganz Kenia stark bedroht. Mitte der 80er Jahre waren von ursprünglich 20.000 nur noch 350 Nashörner übrig. Zum Zeichen gegen Wilderei ließ 1989 Präsident Daniel Aral Moi öffentlich im Nationalpark Elfenbein im Wert von 760.000 US-Dollar verbrennen. Seither haben sich die Bestände ein wenig durch intensive Schutzmaßnahmen erholt. Die Gefahr des Aussterbens ist jedoch noch nicht gebannt. Ziel ist es, die aktuelle Anzahl von 1.000 Spitzmaulnashörnern innerhalb des nächsten Jahrzehnts zu verdoppeln, was laut Wildhütern einer Populationsgröße entsprechen würde, die vor dem Aussterben bewahrt werden könnte.
Masai Lodge Road
Auf der fortführenden Strecke blühen Büsche und Blumen am Straßenrand. Ich kann mich darauf gefasst machen, entweder in Staubwolken zu geraten, wenn vorbeifahrende Autos oder Bodabodas den Dust des Weges aufwirbeln, oder nasse Füße zu bekommen, wenn in der zuvorigen Nacht mal wieder der Himmel aufgebrochen ist und Regenstürze auf die Erde fallengelassen hat.
Doch ab der Schranke der Masai Lodge Road ist zu merken, dass man dem Innenleben Ongata Rongais näherrückt. Die Straße ist asphaltiert, lokale Supermärkte und Marktstände tauchen am Straßenrand auf und zahlreiche Tuctucs, Autos, Bodabodas und Schleppesel ziehen die Hügel hinauf und hinunter.
Tuctucs an der Kreuzung Masai Lodge und Magadi Road
Je weiter ich wandere, desto lebendiger wird dieses Treiben. Es ist ebenso der Weg zu unserem Lieblings-Marktstand bei Nancy. Hier kaufen wir stets unser Obst, Gemüse und – nicht zu vergessen – eine ungeheure Anzahl an Eiern ein. Auch wenn der Weg zum Einkaufen recht weit ist (man braucht etwa 30-40 Minuten zu Fuß bis zu Nancys Stand), ist es immerzu ein schönes Gefühl, einer bekannten Person zu begegnen und warmherzig begrüßt zu werden. Ein Stückchen weiter stehen schon die Matatus an der Magadi Road, die nach Nairobi fahren. Wann welches Matatu abfährt? Nun, das weiß niemand so recht. Wenn der Bus voll ist, geht es los. So viel steht fest. Also ein Päckchen Geduld und Gelassenheit einpacken – was ebenso für die Fahrt selbst gilt. Denn abhängig vom Verkehr ist die Fahrtzeit in die Innenstadt mal 40, mal 90 Minuten lang. Universitäten wie die Multimedia-University, Malls sowie Gärten und Parks fliegen an mir vorbei. Ziegen und Baboons streunen zwischen den Palmen am Straßenrand hindurch. Schließlich ist da Nairobi; mit seinen Hochhäusern, seiner Weite und den Slums.
„Kibera“ bedeutet Dschungel. Es ist der größte Slum Nairobis; die Anzahl der Menschen kann nicht so recht erfasst werden, doch Schätzungen gehen von etwa 700.000 bis 800.000 Menschen aus. Auf zwei Hektar leben damit etwa 71.000 Menschen. Der enge Raum, kombiniert mit der Verschmutzung durch Abfälle, Abwässer und Fäkalien, treibt die Krankheitsrate in die Höhe. Armut, Gewalt und Kriminalität prägen die Region.
Diese Informationen konnte ich im Internet zu diesem Gebiet zusammentragen. Besonders faszinierend war auch zu lesen, dass die Menschen in „Wellblechhütten“ hausen würden. Was assoziierst du mit einer solchen Beschreibung? Wirst du in deinem Weltbild bestätigt?
Der Einfluss unserer Sprache auf die Wahrnehmung der Wirklichkeit ist enorm. Wir hören „Wellblechhütte“ und denken an einen armseligen Ort, an hungernde Kinder und düstere Lebensumstände. Bilder in unserem Kopf, die wieder und wieder aufgegriffen und reproduziert werden, sodass unsere Lebenswirklichkeit wieder und wieder bestätigt wird. Dabei ist es nie so klar und einfach. Solche Sprachbilder sind Konstrukte mit Ursprung in der Zeit europäischer Eroberung und Kolonialisierung. Sie gründen sich auf eine Gesellschaft, in der eine rassistische Ideologie und Hierarchie bestand. Noch heute ist diese in unserer Sprache verankert und damit auch unbewusst in unserer Wahrnehmung. Die Realität ist jedoch bei weitem komplexer.
Es wird von der Armut, dem Leid und der Kriminalität berichtet, aber nicht von den ganz normalen, liebenswürdigen Menschen, die dort kochen, arbeiten, lachen, in der Sonne dösen, leben. Vor kurzem fand in Kibera die sogenannte Kibera Arts Parade statt. Wir waren etwas spät dran, aber es war ein schöner, sonniger Tag und die Leute konnten uns den Weg zur Veranstaltung weisen. Dort angekommen führten verschiedene Künstler*innen, Kinder- und Jugendgruppen vorbereitete Präsentationen auf. Die Veranstaltung war voller Leben, Kreativität und Wohlwollen füreinander. Die Gruppen turnten und tanzten Afrobeats wie verrückt, andere sangen oder trugen Poetry vor wie das dreizehnjähriges Mädchen Wamboi, das ihr Herz in einem Gedicht zu gender-based violence ausschüttete. Eine Gruppe junger Mädchen und Frauen bot eine Modenschau dar. Die Kleidungsstücke hatten sie aus Resten und Zeitschriften selbst angefertigt und etwas völlig Neues kreiert. Der Nachmittag zeigte mir eine der vielen Seiten der Slums wie ich sie noch nie gehört oder gesehen hatte; Gemeinschaft, Spaß, Stärke, Intelligenz, Selbstvertrauen, Ehrgeiz und ein Miteinander.
Turngruppe Kibera Arts Parade
Dann ist da noch der Weg durch die Zeit. Ein Weg, der so lang ist und sich doch als fix zu wandern herausstellt. In den letzten sieben Wochen durften Chrissy und ich das Ferienprogramm für die Mädchen erarbeiten. Für diesen Pfad durch die Zeit bin ich schlicht und einfach dankbar. Ein bisschen wehmütig blicke auf die letzten Wochen zurück; wünsche mir fast, dass dieser Weg noch ein Stückchen länger gegangen wäre. Es war sicherlich auch steinig an nicht wenigen Stellen. Bei 37 Mädels ist es kaum zu verhindern, dass keine Konflikte entstehen. Aber gleichzeitig bargen all jene Herausforderungen so viel Wachstum für die Kinder und nicht zuletzt für uns und führten dazu, dass wir und die Mädels uns einen riesigen Schritt aufeinander zubewegt haben. Natürlich war das Programm selbst ein großer Spaß; wir werkelten und tüftelten, backten und spielten.
Sammeln von Blumen und Blättern für ein Naturmobile
Aber auch hier ist der Weg, das Dazwischen das Ziel. Wie kam es nur dazu, dass – ganz entgegen unserer eigentlichen Planung – am Halloween-Mottotag uns auf einmal bunte, wilde Fratzen begegneten? Die Mädchen hatten eigenständig angefangen, sich zu bemalen und sogar ihre Haare mit Farbe zu verzieren.
Es war nicht das einzige Mal, dass sie auf ihre erstaunliche und einzigartige Weise bewiesen, wie kreativ und fantasiereich sie doch sind. Es war nicht das einzige Mal, dass sie uns nur durch ihr Sein belehrten. All die Momente im Dazwischen, die kleinen Spielereien, die Gespräche und Konfliktlösungen knüpften ein Band zwischen uns und den Mädchen.
.Nun ist ein Drittel des Weges bereits vorüber. Auf die weiteren zwei Drittel blicke ich voller Hoffnung und Zuversicht. Geht man aufmerksam seinen Pfad, entdeckt man so vieles am Wegesrand. Lektionen über das Land, das man besucht; Inspirationen, sich selbst neu zu entdecken, wenn nicht gar zu erfinden. Man geht nicht mehr einfach einen Weg. Man beginnt, die Umgebung zu beobachten und lernt, sie zu verstehen.
Die Zeit ist gekommen, die letzten Monate Revue passieren zu lassen. Bei dieser Aufgabe habe ich gemerkt wie schwierig es ist die Moment zu bewerten. So fällt es mir schwer zu entscheiden, welche Momente mir geholfen haben, welche Herausforderungen zu groß für mich waren, welche Aufgaben ich bewältigen konnte und welchen Gefahren ich aus dem Weg gegangen bin. So war bereits die Anreise ein Abenteuer wie kein Anderes. Eine meiner längsten Reisen, die ich je hatte. Über verschiedene Kontinente an einen Ort, von dem ich vor der Bewerbung bei der Nordkirche noch nichts gehört hatte. Das ganze Abenteuer fing an, als wir in Frankfurt gegen 21:50 Uhr unsere Familien verabschiedeten.
Aussicht aus dem Flugzeug
Ungewiss, wo die Reise uns hinführt und trotzdem voller Vorfreude, dass es ein Abenteuer wird. Worauf wir uns eingelassen hatten, wussten wir nicht und trotzdem hatten wir eine klare Vorstellung davon, was uns erwartet.
Auf der langen Reise von Frankfurt über Abu Dhabi, über Sydney, nach Fidschi, bis schließlich Kiribati erreicht wurde, wurde uns immer deutlicher, dass wir keine Idee hatten worauf wir uns eingelassen hatten.
Doch die wirkliche Einsicht kam erst, als wir in Kiribati landeten. Als wir aus dem Flugzeug ausgestiegen sind, hatte uns erstmal die Hitze erwischt. Die drückende, Super heiße, tägliche Hitze von Süd Tarawa. Jonathan und ich waren Erschöpft in den ersten paar Minuten des Ankommens.
Unsere besten Freunde
Nachdem wir die Visums und Passkontrolle und die Gepäckkontrolle erfolgreich überlisten konnten, holte uns ein Mitarbeiter der KUC in einem luxuriösen Auto ab. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass diese Person später zu einem unserer besten Freunde auf dieser Insel wird. Nachdem ich die ersten Etappen beschrieben habe, möchte ich über die Gedanken und Gefühle reden, die mich seit der Ankunft begleiten.
Selbsterklärend
Was mich wieder und wieder beschäftigt, ist die isolierte Lage des Atolls. Das ist wirklich erstaunlich und immer wieder beängstigend, dass man mitten im Pazifik auf einem Atoll lebt. Zusätzlich ist Betio einer der bevölkerungsdichten Orte der Welt. Trotz einer so hohen Bevölkerungsdichte gibt es wenig zu machen für die persönliche Freizeitbeschäftigung. Dadurch kommt viel Langeweile und Einsamkeit auf. Anfangs war die Einsamkeit am stärksten, weil ich kaum Kontakt zu den Menschen vor Ort hatte. Glücklicherweise besteht eine gute Verbindung zum Internet. Diese ermöglicht es uns, sehr leicht mit den Verwandten und den Geliebten in der Heimat zu kommunizieren, wodurch die Einsamkeit schnell bei Telefonaten vergeht. Der Umgang mit der Langeweile stellt für mich immernoch eine der größten Herausforderungen dar. Es ist eine Art der Unterforderung in Verbindung mit einer Alternativlosigkeit, welcher ich in meiner Heimat noch nie begegnet bin. Sehr eindrucksvoll und erschöpfend.
te Kollege
Eine weitere Herausforderung stellt die Versorgungslage dar. Weil die Insel aus Koral Sand besteht und kaum nährstoffreichen Boden hat, werden die allermeisten Produkte importiert. Diese importierten Produkte beschränken sich jedoch meistens auf Konserven, Süßigkeiten und Haushaltsgegenständen in einer sehr beschränkten Auswahl. Auf der Suche nach frischen Lebensmitteln bleibt man bei Äpfeln, Orangen, Bananen, Mais, Aubergine, Paprika und PakChoi häng. Was eine zusätzliche Herausforderung darstellt ist die Größe der kulturellen Unterschiede. So können wir kaum die Sprache und es gibt keine mobilen Übersetzungsmöglichkeiten. Manche Verständnisse der Kultur entstehen durch Fehlschritte.
Erinnerungsfotos aus der Schule
Was macht diesen Ort aber so besonders und warum bin ich immer noch davon überzeugt, dass ich hier bin? Die Menschen! Jedes einzelne Lächeln mit jedem einzelnen Menschen auf der Straße wird erwidert. Jede Freude im Leben wird mit Allen geteilt. Viele Menschen hier nehmen sich selber nicht so ernst, und haben den Mut, über sich selber zu lachen. Quasi eine Selbstverständlichkeit in Kiribati. Erst durch diese große Offenheit entsteht eine so tiefe Verbindung zu dem Menschen vor Ort, wenn man die Zeit mit den Menschen teilt.
Das Lehrerkollegium
Die Menschen aus Kiribati haben mit das größte Herz welches ich je erleben durfte. Sie sind bereit, alles zu geben, was Sie besitzen, um anderen Menschen zu helfen. Was ich sogar glaube ist, dass sie manchmal bereit sind, mehr zu geben als sie besitzen, um anderen Menschen zu helfen. Auch wenn der erste Eindruck erstmal distanziert scheint, sind die allermeisten einfach nur interessiert und neugierig, haben jedoch manchmal Probleme sich auf Englisch auszudrücken. Und sobald man auch nur einmal um Hilfe fragt, kommt direkt ein vielfaches von dem was man braucht.
Lehrer-Tag Feier mit den guten Bre’s
Viele Menschen aus Kiribati Leben in extremer Armut, haben wenig Möglichkeiten an ihre Zukunft zu denken, wenig Möglichkeiten ihre Zukunft zu planen und kaum Möglichkeiten, sich etwas aufzubauen. Alle sind aber bereit zu teilen. Und alle sind immer bereit zu geben. Selbst Menschen, die ich nur einmal treffen durfte, die ich wahrscheinlich niemals wieder sehen würde, haben mich herum gefahren, mir versucht zu helfen und haben versucht mir den Weg zu weisen. Das ist es, was ich hier wieder und wieder erlebe. Die Großzügigkeit aller Menschen, Freude zu teilen, ihr Hab und Gut zu teilen und den Gästen die Zeit so erfüllt wie möglich zu machen. Ich glaube nicht, dass sie wirklich wissen wie es uns geht, aber wahrscheinlich verstehen sie uns doch besser als wir am Anfang geglaubt hatte.
Hey, hey, einfach 2 Monate hier in Argentinien sind schon rum! Die Zeit vergeht wirklich wie im Flug und ich bin immer noch erschrocken, wenn ich daran denke, dass schon 1/6tel vorbei sind… Aber fangen wir erstmal von vorne an:
Am 13.08. ging es für mich von zu Hause aus los. Am Hauptbahnhof in Berlin habe ich dann auf Lucy getroffen, noch die letzten Leute verabschiedet und schon stand der großen Reise nichts mehr im Weg. Nach einer entspannten Zugfahrt, in Frankfurt angekommen, haben wir die ersten Mitfreiwilligen wiedererkannt und schwuppdiwupp, einen Flug später, waren wir auch schon in Buenos Aires gelandet. Dort erwartete mich und fast 50 andere Freiwillige der IERP (Iglesia Evangélica del Río de la Plata; meine Partnerorganisation) ein zweiwöchiges Einführungsseminar. Zusammen verbrachten wir 2 Wochen, gefüllt mit Sprachkurs, inhaltlichen Workshops und Vorträgen, aber auch vor allem viel Spaß, Begegnungen, Kaffeepausen und mehr. Untergebracht war ich in einer riesigen WG, bestehend aus 18 Leuten und auch wenn das manchmal zu viel Chaos geführt hat, möchte ich diese Zeit auf keinen Fall missen! Generell die ganze Seminarzeit bleibt mir in extrem positiver Erinnerung, denn sie war superschön und bereichernd, auch wenn es natürlich teils anstrengend und überfordernd war, aber das gehört halt auch dazu, wenn alles neu ist und so viele Eindrücke und Emotionen auf einen prasseln. Doch dadurch, dass irgendwie alle Freiwilligen, was das angeht, im gleichen Boot sitzen, hat man während des Seminars superschnell neue Leute kennengelernt, schon erste Freundschaften geschlossen und in so kurzer Zeit so viel erlebt, dass das echt zusammengeschweißt hat. Und somit verging auch die Seminarzeit schnell und der zweite Abschied in zwei Wochen stand an, denn für mich ging es ja noch weiter.
WG-Trubel
Zwar musste ich diesmal keine Ländergrenzen überschreiten, denn ich wohne ja weiterhin in Argentinien, aber mein Weg führte mich ca. 500km nördlicher, nach Paraná. Paraná ist mit 250.000 Einwohnern die Hauptstadt der Provinz Entre Ríos und direkt am Río Paraná gelegen. Hier lebe und arbeite ich ein Jahr lang zusammen mit meiner Mitfreiwilligen Lina. Wir wohnen zusammen in einem kleinen Zimmer mit Küche und Bad direkt oberhalb des Kindergartens, in dem ich arbeite. Die Kinder dort sind zwischen 0 und 3 Jahre alt und neben alltäglichen Aufgaben wie Essen vorbereiten, die Kita dekorieren, spülen oder aufräumen bleibt uns auch viel Zeit, um mit den „nenes“ zu spielen, basteln oder draußen zu toben. Es ist wirklich wahnsinnig süß zu sehen, wie die Kinder sich an einen gewöhnen und einem so schnell ihr Lächeln und viel Liebe zurückgeben! Ein gewisser Kita-Alltag ist also eingekehrt und tägliche Ohrwürmer von spanischen Kinderliedern sind natürlich auch nicht mehr wegzudenken…
Deko für den Frühlingsbeginn
Basteln mit den Kindern
Das Einzige, was mich ein wenig beunruhigt ist, dass teilweise echt wenig Kinder nur in der Kita sind. Eine der Erzieherinnen erzählte mir, dass früher 40 Kinder dort zur Kita gingen und mittlerweile sind es maximal 19 Kinder. Mit fünf Erzieherinnen und uns zwei Freiwilligen hat man an manchen Tagen, wenn zum Beispiel nur 5 oder 6 Kinder da sind, echt wenig zu tun und ein wenig Langeweile kehrt ein, auch wenn wir uns dann meistens trotzdem Beschäftigungen suchen, indem wir basteln, dekorieren oder andere vorhandene Aufgaben machen. Was genau mit der Kita passiert, wenn im Laufe des Jahres die Ältesten gehen, wissen wir auch noch nicht, aber bis dahin ist es ja auch noch ein wenig hin und vielleicht kommen ja in der Zwischenzeit wieder viele neue Kinder.
Neben der Arbeit, die, aufgrund der Öffnungszeiten, jeden Wochentag nur von 7 bis 13 Uhr geht, bleibt Lina und mir außerdem noch viel Zeit um unseren Tag anderweitig zu gestalten. So haben wir uns schnell eine Möglichkeit gesucht mehrmals die Woche Sport machen zu können und haben in den letzten Wochen auch die Zeit gut genutzt, um die Stadt ein wenig zu erkunden. Neben der Costanera, also dem Teil Paranás, welcher am Fluss entlangführt (wo es auch Strand mit Palmen gibt und wo ich jedes Mal glücklich bin, wenn ich von dort aus aufs Wasser sehen darf:)) gibt es auch ein süßes Stadtzentrum mit netten Cafés, Parks und Einkaufsmöglichkeiten. Wir müssen uns zwar immer noch ein wenig einleben und ankommen, aber im Großen und Ganzen kommen wir supergut klar, das Leben zu zweit auf engem Raum funktioniert eigentlich perfekt, auch was Kochen, Putzen etc. angeht, wir lernen erste Bekanntschaften kennen und fühlen uns hier allgemein sehr wohl!
Impressionen aus Paraná
Wir waren sogar schon Teil einer Jugendfreizeit der IERP hier in Entre Ríos. Unser Nachbar hatte uns vor drei Wochen, also gar nicht so lang nach unserem Ankommen, eingeladen mit auf ein sogenanntes „Campamento“ zu fahren. Dieses fand in Crespo, einer Stadt, ca. 50 Minuten mit dem Bus entfernt von Paraná statt. Da wir das Wochenende über noch keine Pläne hatten und die Möglichkeit darauf neue Leute kennenzulernen, viel Spanisch zu sprechen und Etwas zu erleben für uns ideal erschien, sagten wir zu und fuhren mit ihm aufs Campamento. Es war letztendlich wirklich ein richtig tolles Wochenende mit viel Spiel, Spaß, Bewegung und natürlich – was hier nie fehlen darf – das Trinken von Mate beziehungsweise Terere (kalte Mate für die Sommermonate, die hier in der Region mit Saft zubereitet wird). Wir konnten wirklich wahnsinnig viel Spanisch reden, was echt Spaß gemacht hat, und haben auch neue Leute kennengelernt. Leider kommt zwar keiner von denen aus Paraná, sondern alle wohnen ein wenig verteilt, aber trotzdem kann man ja weiterhin Kontakt halten und sich über die nächsten Monate nochmal sehen.
Ein anderes Highlight war Linas und mein erster richtiger Wochenendtrip nach Buenos Aires. Dadurch dass letzten Freitag landesweit ein freier Tag war, konnten wir schon am Donnerstag direkt nach der Arbeit mit dem Bus losfahren und kamen abends am Retiro in Buenos Aires an, wo wir herzlich in Empfang genommen wurden. Das Wochenende über haben wir dann bei Mitfreiwilligen geschlafen, die etwas außerhalb von Buenos Aires wohnen, und haben mit ihnen und auch vielen anderen Freiwilligen, die in Buenos Aires beziehungweise Gran Buenos Aires (der Großraum um Buenos Aires rum) wohnen, Sachen erlebt. Von über den Markt schlendern, ins Café gehen, abends auf ein Konzert und dort sogar selber Musik machen, mal entspannt in der WG Spiele spielen und kochen, Buenos Aires und seine Sehenswürdigkeiten erkunden bis zu einem Geburtstag war alles dabei. Und wir haben es sogar zum Meer geschafft!
Es war echt die perfekte Mischung aus was Erleben und entspannt Zeit mit Freunden zu verbringen. Mal wieder rauszukommen und Leute wiederzusehen war echt wie Balsam für die Seele und das Wochenende ging aufgrund dessen auch superschnell vorbei und schon saßen wir am Sonntagabend wieder im Bus auf dem Rückweg nach Paraná, dem Ort, den ich für die kommenden 10 Monate noch mein Zuhause nennen darf:)
Moin moin nach Hause und in die ganze Welt aus Ciudad del Este, Paraguay!
Wir haben heute den 13. Oktober, was heißt, dass ich tatsächlich seit genau zwei Monaten in Südamerika bin! Verrückt. Obwohl ich mich tatsächlich immer mehr angekommen fühle, hab ich noch ganz genau den Reisetag vor Augen, wie ich am Hamburger Hauptbahnhof auf den Weg gebracht wurde und einen Tag später auf einmal in Buenos Aires war. Bis jetzt müssen wir, also meine Mitfreiwilligen und ich, uns immer wieder sagen, dass wir tatsächlich in Paraguay leben, für ein Jahr! Naja genug Realisation betrieben, denn obwohl man sich schnell an einen so anderen Alltag gewöhnt, war die letzten zwei Monate für mich so viel neu wie noch nie. Begonnen hat das Ganze schon in Frankfurt am Gate, weil wir Nordkirche-Freiwilligen da direkt andere Freiwillige unserer Empfängerorganisation, der Iglesia Evangelica Rio de la Plata (IERP), kennengelernt haben. Insgesamt sind wir bei der IERP fast 50 Freiwillige, die in Argentinien, Uruguay und Paraguay in unterschiedlichen Projekten unseren Freiwilligendienst machen. Verbunden durch unsere Aufgeregtheit und Freude haben wir uns sehr schnell sehr gut kennengelernt und in Buenos Aires beim Anfangsseminar ne unglaublich schöne und intensive Zeit gehabt, die nach zwei Wochen auch schon wieder vorbei war. Schon wieder ein Abschied und das Gefühl, jetzt geht’s wirklich richtig los!
Zwei Wochen Einführungsseminar in Buenos Aires
Und dann ging´s wirklich richtig los. Direkt nach unserer 27-Stundenbusfahrt haben wir eine kleine Führung durchs Projekt bekommen und waren ein bisschen überwältigt davon, wie schön es ist. Ganz viel Platz zum Volleyball- und Fußballspielen, liebevolle Waldgemälde, riesige Mangobäume und viele Blumen machen irgendwie klar, warum das Projekt Hogar, also Zuhause, heißt. Nach einem Wochenende frei zum Ankommen und Organisieren waren meine Mitfreiwillige und ich den ersten Tag in unserem Projekt. Ganz viele Eindrücke und Kinder waren das für uns, aber wir wurden super herzlich empfangen vor allem auch von den Kindern, die uns direkt mit herzlichen Umarmungen willkommen hießen. Unser Projekt heißt „Hogar de Niños Santa Teresa“ und ist ein Kindergarten und eine Kinderbetreuung für Kinder und Jugendliche bis 17 Jahren. Jeweils vormittags und nachmittags kommen die insgesamt ca. 100 Kinder und essen zusammen, lernen und machen Hausaufgaben, basteln, machen viel Quatsch und am Ende spielen alle zusammen im Patio. Die ersten Arbeitswochen konnten wir jeweils verschiedene Altersgruppen kennenlernen und besser verstehen, wie alles so funktioniert.
Kinderbetreuungsprojekt Hogar Santa Teresa
Teil vom Kennenlernen war natürlich auch immer mal rumzusitzen, zuzugucken und nichts machen zu können. Das fiel mir im Projekt am Anfang am schwersten: keine Hilfe zu sein und manchmal auch das Gefühl zu haben, dass es egal ist, ob man gerade da wäre. Allerdings wurde das schnell immer weniger. Durch das anfängliche Beobachten konnten wir den Erziehern und Erzieherinnen besser helfen. Mit einfachen Sachen wie Tragen und Sortieren aber auch Mathe und Spanisch können wir mit einigen Kindern üben. Und hauptsächlich machen wir sehr viel Quatsch mit den Kindern beim Spielen oder geben Anschwung wenn jemand mal wieder: „Tocame más fuerte!“ ruft. Die Arbeit im Projekt ist zwar an manchen Tagen sehr anstrengend, vor allem bei teilweise 38 Grad, erfüllt mich aber sehr. Ich habe mittlerweile das Gefühl, eine sinnvolle Hilfe zu sein. Mal gibt’s mehr und mal weniger zu tun, aber gerade die Liebe, die die Kinder einem geben, macht mich immer wieder sehr glücklich.
Unser Zuhause
Obwohl die Arbeit im Projekt viel Energie und Zeit eingenommen hat in den ersten Wochen, war das nicht alles, was ich hier schon so erlebt habe. Immer besser lernen wir unsere Stadt, die direkt an der Grenze zu Argentinien und Brasilien liegt, kennen. Die Hauptattraktion von Ciudad del Este ist ein riesiges Shoppingcenter, das wir am Anfang einmal besichtigt haben. Allerdings fanden wir, dass diese Shoppingmall aussieht wie jede andere auf der Welt. Zusammen mit viel Verkehr und Smoq hat mich dieser Eindruck am Anfang ein bisschen belastet. Wir hatten nach unserem Empfinden noch keinen richtig schönen Ort in der Stadt gefunden und das Gefühl, dass es den nicht gäbe. Umso besser hat mir getan, bei unseren nächsten Ausflügen mehr zu sehen wie einen schönen und mückigen Stadtsee, über den uns ein Kind überraschend erzählt hat, dass es da ein Krokodil gibt. Oder einen tropischen Fluss mit schöner Natur zum Spazierengehen bei uns in der Nähe, den Gemüse-und-Alles-Markt, ein Café, unser Viertel und mehr. Und jetzt schon kann ich sagen: es gibt unglaublich viele sehr schöne Orte, an denen ich noch viel Zeit verbringen möchte.
Allein diesen Sonntag hat mich sehr erfüllt, einen Spaziergang zu machen, neben einem Fußballplatz unter einem Mangobaum bei drei verschiedenen spanischen Musiken Siesta zu machen und auf dem Rückweg bei einer kleinen Tienda ein kaltes Sprudelwasser mit Limette zu trinken.
Für die nächste Zeit nehme ich mir jetzt vor, hier noch mehr kennenzulernen. Nächsten Mittwoch haben wir vier Freiwilligen zum Beispiel vor, einen Salsatanzkurs auszuprobieren. Da bin ich sehr gespannt drauf und auch sonst fühle ich mich jetzt so angekommen, dass ich mehr von und über mein neues Zuhause lernen und Menschen kennenlernen möchte.
Ich freue mich auf alles, was noch so kommt, hab aber auch jetzt schon die Sorge, dass ich viel zu schnell dann wieder am Hamburger Hauptbahnhof stehe und alles vorbei ist. Wobei ich dann endlich wieder die weltbesten Franzbrötchen habe, ohne die ich jetzt noch 10 Monate hier in Ciudad del Este, Paraguay, leben werde. Insgesamt kann ich jetzt schon sagen, dass trotz vielen emotionalen Aufs und Abs und Schwierigkeiten oder gerade deswegen, ein Jahr einen Freiwilligendienst in Paraguay zu machen das absolut Richtige für mich ist.
Galigrü oder ortstypischer: Un beso y un abrazo fuerte,
Am 16. August bin ich in Kapstadt angekommen. Es ging vom deutschen Sommer in den windigen südafrikanischen Winter trotzdem konnte ich mich mittlerweile einigermaßen einleben. Obwohl es einige Startschwierigkeiten wie Bettwanzen in der WG und einem frühen Kratzer im Auto vom Einparken gab, fühle ich mich in Kapstadt immer wohler.
Meine Arbeitsstelle
Meine Arbeitsstelle, die New World Foundation, hat zwei wichtige Standorte, in denen ich eingesetzt werde: zum einen den Center wo die Arbeit mit Kindern stattfindet, und zum zweiten die Farm, wo ein Agrar-Kurs angeboten wird. Im Moment bin ich immer abwechseld einen Tag im Center und einen Tag auf der Farm.
Im Center arbeite ich den Vormittag immer in der ECD (Early Childhood Development), das ist der Kindergarten. Dort spiele ich mit den Kindern oder helfe ihnen beim Basteln. Die Kinder bereiten sich im Moment auch auf eine Show vor, die im November stattfinden soll. Dafür lernen sie alle einen Tanz. Und ich bringe meiner Kindergartengruppe auch „alle meine Entchen“ bei, dass sollen Kinder dann bei ihrem Auftritt versuchen zu singen. Da der Tag immer recht durchgetaktet ist, ist es mir am Anfang relativ schwergefallen, mich einzubringen. Außerdem ist es schwierig, die Kinder zu verstehen, weil sie oft eine Mischung aus Afrikaans und Englisch sprechen. Leider haben sich meine Afrikaans-Kenntnisse noch nicht deutlich gebessert, seit ich hier bin. Das plane ich aber noch zu ändern. Am Nachmittag im Center nehmen wir manchmal am „Year beyond“-Programm teil. Dies beinhaltet 25 junge lokale Freiwillige, die Schulkinder unterstützen, die versetzungsgefährdet sind. Die Freiwilligen bringen die Kinder zur Schule, machen Hausbesuche bei den Eltern und geben ihnen Nachhilfe. Außerdem werden die Kinder über Themen wie Drogen oder Umgang mit Notfällen von den Freiwilligen aufgeklärt. Dabei gehe ich mit in die Schulen für die Hausaufgabenhilfe oder einfach für die Bespaßung der Kinder. Manchmal bieten wir auch einfach Unterhaltungsprogramme außerhalb der Schule an für die Kinder, die nicht mehr in die Schule gehen. Außerdem muss ich seit neustem auch einen Computerkurs leiten, der jungen Menschen den Umgang mit Word, Excel oder PowerPoint näherbringen soll. Damit starte ich ab nächster Woche.
Auf der Farm nehmen wir an einem Agrar-Kurs Teil. Dieser bringt Leuten aus der Umgebung den Umgang mit Anbauen, Ernten und Verkauf von Gemüse bei und ist auch mit einer Zertifizierung verbunden. Der Kurs hat mit relativ viel Theorie begonnen, ist aber nun auch praktisch und die ersten Setzlinge wurden eingepflanzt. Der Kurs soll drei Monate lang dauern und dabei neben landwirtschaftlichen Fähigkeiten auch den Umgang mit Computern und wirtschaftliches Denken fördern.
Die Gewalt
Was mich wirklich in den ersten Monaten nach meiner Ankunft beschäftigt hat, ist die Gewalt hier. Es ist erschreckend, wie viel Gewalt man hier miterlebt, oder vor allem, wie normal es hier für die meisten Anwohner geworden ist. An das Geräusch von Schüssen zum Beispiel hat man sich schon langsam gewöhnt. Aber vor allem welche Geschichten man hier hört, ist erschreckend – besonders, mit welcher Leichtigkeit diese erwähnt werden. So wird zum Beispiel im Nebensatz berichtet, dass vor ein paar Tagen eine Frau erschossen wurde, die nichts mit Kriminalität zu tun hatte, sondern von den Angreifern verwechselt wurde. Vor allem hat mich die Geschichte einer Arbeitskollegin entsetzt, die kaum älter ist als ich. Sie erzählte, dass sie vor ein paar Jahren gesehen hat, wie eine komplette Familie vor ihr erschossen wurden. Sie schilderte auch, dass die Kinder sehr viel Angst hatten. Was mich noch mehr geschockt hat als die Geschichte an sich, war mit welcher Kühle sie dieses so schreckliche Erlebnis erzählte. Es ist erschreckend sich vorzustellen, was eine Person hier schon alles an Gewalt erlebt haben muss, damit eine solches Erlebnis gar nicht mehr nahe geht.
Aber der Höhepunkt für mich war, als wir einmal im Rahmen des „Year beyond“-Programm unterwegs waren. Wir sind in die Community gegangen, um eines der Spaßprogramme für die Kinder anzubieten, die nicht mehr in die Schule gehen. Als wir dann dort auf einem Parkplatz saßen und mit ein paar Kindern spielten, kamen mehrere Personen über die Straße gelaufen. Plötzlich warnte uns einer der lokalen Freiwilligen, unser Handy wegzutun, und dann hieß es, wir sollen rennen und alle liefen weg. Später wurde uns erklärt, dass diese Leute so gelaufen seien, als würden sie Waffen tragen, und wahrscheinlich nach jemanden gesucht hätten. Zum Glück kam es aber nicht dazu, dass geschossen wurde. Und wieder fand ich es besonders befremdlich, mit welcher Leichtigkeit alle reagiert haben: Die lokalen Freiwilligen rannten zwar weg, fingen aber dabei an zu lachen, weil einer ihrer Freunde dabei ausgerutscht war. Beim Rückblick am Ende der Woche wurde bei den Highlights, die die lokalen Freiwilligen jede Woche sammeln das Ereignis als „the amazing race Ben & Lou“ benannt.
Am 16. August 2024 sind Ben und ich mit Vorfreude in Kapstadt gelandet. Freundlich wurden wir von dem Fahrer der New World Foundation empfangen und zu unserem Haus für die nächsten 12 Monate gefahren. Nun waren wir also endlich da.
Unser Haus, welches wir uns nur zu zweit teilen, ist auf der Farm der New World Foundation. Die Farm ist von einem großen Sicherheitszaun umzogen und man kommt nur auf die Farm, wenn die Security das Tor für einen öffnet. Somit ist für die Sicherheit auf jeden Fall gesorgt (zumindest auf der Farm). Von der Farm aus können wir auf die Township Lavender Hill gucken und bekommen trotz einem gewissen Abstand viel von hier aus mit. Was alles außerhalb der Farm vor sich geht, sollten wir schnell erfahren…
In unserer ersten Arbeitswoche wurden wir von den „Yebos“ (18-25-Jährige) zu Fuß durch Lavender Hill geführt. Wir haben „home visits“ mit ihnen durchgeführt, wo man zu bestimmen Eltern geht und mit ihnen über Themen, wie zum Beispiel Drogenkonsum oder häusliche Gewalt, spricht. Obwohl es durchaus interessant ist durch die Gegend zu laufen und einen besseren Eindruck von den Lebensbedingungen zu bekommen, habe ich mich nie ganz wohl dabei gefühlt. Letztendlich weiß man nie genau, wie die Bewohner auf zwei Deutsche reagieren. Man weiß nie, wer gerade vielleicht unter seiner Jacke eine Waffe versteckt. Und das haben wir dann direkt an unserem dritten Arbeitstag zu spüren bekommen.
Nachmittags sind wir mit einer Gruppe von den „Yebos“ in die Community gegangen und haben uns dort an eine Straßenecke gesetzt, um auf Kinder zu warten, die mit uns spielen wollen. Ich hatte gerade noch auf mein Handy nach der Uhrzeit geguckt und auf einmal hat eine von den „Yebos“ (Amy) mir schon zugeflüstert, dass ich schnell mein Handy wegstecken soll. Dies habe ich direkt gemacht, ohne zu wissen, warum. Und auf einmal ging alles superschnell. Amy hat mich an meinem Arm gepackt und mitgerissen. Auf einmal hieß es nur noch „RUN! RUN! RUN!“. Ich bin also direkt aufgesprungen und mitgerannt. Ich wusste, dass irgendwas nicht stimmte, aber konnte die Situation nicht ganz einordnen, da die Yebos zum Teil während des Rennens gelacht haben. Dadurch konnte ich die Situation selbst erstmal nicht so ernst nehmen. Als wir dann bei der Foundation wieder angekommen waren, habe ich nachgefragt, was denn überhaupt passiert war und Amy erzählte mir, dass auf dem Platz, wo wir saßen, Männer mit Waffen gekommen sind und eine Schießerei anfangen wollten.
Meistens haben diese Leute immer ein direktes „Opfer“, welches sie erschießen wollen. Ihnen ist es in dem Moment dann aber egal, wer sich drum herum befindet und schießen einfach wild herum, um auch Zeugen zu beseitigen. Deswegen ist es wichtig, so schnell wie möglich die Gefahr der Situation zu erkennen und um sein Leben zu laufen.
Als Ben und ich die Gefahr danach dann erst richtig realisiert haben, mussten wir beide erstmal ordentlich durchatmen. Auch, wenn wir jede Woche inzwischen mehrmals durch Lavender Hill laufen müssen und man zum Teil weiß, wo es gefährlicher ist und wo es eher ruhiger ist, fühlt man sich nach der ersten Erfahrung nie ganz sicher. Trotz der Gewalt, die hier definitiv nicht zu ignorieren ist, lernt man aus Lavender Hill auch sehr aufgeschlossene Menschen kennen, die an einem Kulturaustausch sehr interessiert sind. Die täglichen Schießereien, die man öfter mal abends hört, wenn man in seinem Bett liegt oder auch die erschreckendsten Geschichten, die man von Kollegen oder Mitgliedern erzählt bekommt, gehen einem trotzdem nie aus dem Kopf.
Die Kinder, die in diesem Township aufwachsen, haben Dinge durchgemacht, die man sich in Deutschland zum Teil gar nicht vorstellen kann. Dinge, die außerhalb von Lavender Hill oft verschwiegen werden. Dinge, die hier leider als normal und alltäglich angesehen werden.
Somit ist es mir umso wichtiger, den Kindern morgens im Kindergarten die Liebe zu schenken, die sie zum Teil zuhause nicht bekommen. Ich freue mich jeden Tag auf Umarmungen von den Kindern aus meiner Gruppe und bin gespannt, was wohl an dem Tag auf mich zukommen wird.
Noch jetzt, fast zwei Monate später fällt es mir manchmal schwer zu realisieren, dass ich in China angekommen bin und das Abenteuer, auf das ich so lange drauf hin gefiebert habe schon mitten im Gange ist….
Noch jetzt, fast zwei Monate später fällt es mir manchmal schwer zu realisieren, dass ich in China angekommen bin und das Abenteuer, auf das ich so lange drauf hingefiebert habe schon mitten im Gange ist.
Die letzen Wochen sind wortwörtlich wie im Fluge vergangen.
Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich einen Außenstehenden bestmöglich an meinen Erfahrungen teilhaben lassen kann und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass es garnicht mal so einfach ist, die ganzen vielen Eindrücke in einem Text wiederzugeben, aber ich versuche mein Bestes.
Bevor ich anfange möchte ich noch ein kleines Vorwort loswerden, versprochen, dann beginne ich wirklich mit meinen „ersten“ Eindrücken.
In den letzten Wochen habe ich so viele neue Menschen kennengelernt, die mich sehr herzlich aufgenommen haben. Sie haben mir einmal mehr deutlich gemacht, wie wichtig es ist offen gegenüber diesem Land zu sein, das es wichtig ist seine eigenen Erfahrungen zu machen und den Menschen, der Kultur und der Gesellschaft ohne Vorurteile und Erwartungen gegenüber zu treten und sich auf sie einzulassen.
Alte Kindheitserinnerungen mischen sich mit neuen Erfahrungen
„你吃过饭了吗?“ oder auch „Hast du schon etwas gegessen?“
Das ist mit einer der häufigsten Sätze, die man als Begrüßung zu hören bekommt. Dieser Satz beinhaltet vor allem zwei Intentionen. Ganz nach dem Motto Liebe geht durch den Magen möchte sich dein gegenüber damit erkundigen, ob du heute schon etwas gegessen hast und ob es dir gut geht.
Sollte das nicht der Fall sein, so wird man entweder immer direkt zum essen eingeladen, oder man bekommt etwas angeboten. Das ist somit die zweite Intention.
Ich finde die Idee dahinter eigentlich echt schön, denn man kommt viel einfacher mit anderen Leuten ins Gespräch, und entdeckt nebenbei auch ganz viele „geheime“ Lokale, die man als nicht-einheimischer nicht gefunden hätte.
Einen großen Teil meiner Kindheit habe ich in China, um genauer zu sein in Yunnan, verbracht, da meine Mama Chinesin ist. Aus diesem Grund waren meine ersten Eindrücke ein Gemisch aus Altbekannten und neuen Erfahrungen.
Angekommen sind wir in Nanjing, der geschichtlichen Hauptstadt im Osten Chinas, wo unser Vorbereitungsseminar starten sollte.
Insgesamt ging dieses Seminar einen Monat. Drei Wochen davon haben wir in Nanjing verbracht. Eine Woche in der Landeshauptstadt Lanzhou in der Provinz Gansu im Norden Chinas.
Unsere Partnerorganisation ist die Amity Foundation. Sie ist eine unabhängige chinesische Nichtregierungsorganisation, die 1985 auf Initiative chinesischer Christen von Bischof K.H. Ting gegründet wurde, um Bildung, soziale Dienste, Gesundheit, ländliche Entwicklung, Umweltschutz und Katastrophenhilfe von Chinas Küstenprovinz im Osten bis zu den Minderheitengebieten des Westens zu fördern.
Während unserer Zeit dort haben wir nicht nur die Möglichkeit bekommen einige Projekte der Amity näher kennenzulernen indem wir einige Tage einen Blick hinter die Kulissen werfen durften, sondern haben auch einen tollen Einblick in die chinesische Kultur und ihre Traditionen bekommen.
Von Kalligraphie, chinesischer Kunst bis zu Museen und spannenden Präsentationen über Themen wie die muslimische Kultur in China war alles dabei. In diesem Beitrag alles zu beleuchten würde den Themen und Menschen, die das alles möglich gemacht haben nicht gerecht werden. Aus diesem Grund möchte ich mich auf drei Erfahrungen beschränken, die mir besonders im Gedächtnis geblieben sind und diese näher erörtern.
Der Kalligraphie Workshop und der Workshop zur chinesischen Kunst.
Auch wenn ich zugeben muss, dass ich kein besonders großer Kunstliebhaber bin, haben mir diese Workshops sehr viel Spaß gemacht. Wir haben nicht nur für uns einzigartige Souvenirs daraus mitgenommen, sondern auch einen tieferen Einblick in die Kultur und Traditionen bekommen.
Ein paar Ergebnisse unseres Kalligraphie Workshops
Das Haolaiwu Home Elderly Care Service Center
Für drei Tage hatte ich die Möglichkeit in einem Altenheim zu helfen und die Menschen bei ihrem Alltag zu begleiten. Das Altenheim befindet sich momentan in einem Krankenhaus, da das eigentliche Gebäude renoviert wird. Vorort haben wir kleinere Gymnastikeinheiten geleitet und ich habe auch ein paar Lieder auf meiner Kürbisflöte (ein traditionelles chinesisches Instrument aus Bambus, welches ich seit meiner Kindheit in China spiele) für die Bewohner gespielt.
Das schönste dabei für mich war vor allem mit den Leuten in den Austausch zu kommen und sich mit ihnen zu unterhalten. Meine Mitfreiwilligen waren aufgrund von einer Grippe, die der Klimaanlage zu schulden ist, krank geworden.
Kleiner Funfact, Nanjing zählt zu den drei größten „Hitzekesseln“ Chinas. Während unseres Aufenthaltes hatten wir meistens 39 Grad und ein sehr schwüles Wetter, weshalb sich eine Klimaanlage mit nur 32 Grad echt erfrischend angefühlt hat, und ja, ich hätte auch nie gedacht, dass ich das mal sagen werde.
„The Memorial Hall of the Victims in Nanjing Massacre“
Vom 13. Dezember 1937 bis Januar 1938 besetzten japanische Truppen Nanjing, die damalige Hauptstadt Chinas, und massakrierten über 300.000 Zivilisten und Kriegsgefangene. Dieses blutige Ereignis wurde später der Welt als „Nanjing-Massaker“ bezeichnet.
Das Museum zeigt eine Fülle von historischen Aufzeichnungen, Artefakten und Fotografien, die einen tiefgreifende Gedenkraum schaffen und mich tiefberührt und zum nachdenken angeregt haben.
Nach drei Wochen sind wir dann tausend Kilometer weiter geflogen in die Landeshauptstadt der Provinz Gansu.
Gansu ist eine chinesische Provinz, die zwischen der Wüste Gobi, dem tibetischen Hochplateau und Xinjiang liegt. Sie wird vom Gelben Fluss geprägt und weite Teile der Provinz sind gekennzeichnet durch Wassermangel.
Gansu ist ein zentrales Bindeglied der Seidenstraße, auch deshalb leben dort unterschiedlichste Ethnien und Minderheiten.
Etwas was ich hier an der Stelle nochmal ins Bewusstsein rücken möchte ist, dass Gansu flächentechnisch sogar ein kleines bisschen größer als Deutschland selbst ist.
In Lanzhou haben wir unseren zweiten Teil des Seminars absolviert. Wir haben ein intensives Training rund um das Thema Schule in China bekommen und uns mit den Fragen „Wie gestalte ich eine Unterrichtsstunde?“, „Was für Regeln gibt es an einer chinesischen Schule?“ und vieles mehr beschäftigt.
Das alles ist nun über einen Monat her, aber es fühlt sich für mich an, als wäre es erst gestern gewesen.
Seit einem Monat bin ich nun an meiner Einsatzstelle und jetzt schon fühle ich mich sehr wohl hier und kann es kaum erwarten euch mehr über meinen Alltag und die Menschen um mich herum zu erzählen und sie euch vorzustellen.
Ich möchte mich nun mit der Frage: „你吃过饭了吗?“ verabschieden und bin neidisch auf die Leute dessen Antwort gewesen wäre „ja ich habe gerade Brot gegessen“, denn ich muss zugeben, so langsam vermisse ich Brot welches nicht süß ist.