Schon Weihnachten?!

Es ist verrückt. Die Zeit geht einfach zu schnell vorbei. Wir sind schon 4 Monate hier und haben schon bald die Hälfte unseres Freiwilligendienstes hinter uns. Es ist einfach Dezember und in einer Woche ist Weihnachten.

Unser improvisierter Adventskalender

Es war super komisch, als der Dezember angefangen hat und bei uns die Temperaturen gestiegen sind und währenddessen hat es in Deutschland angefangen zu schneien. Einmal dachte ich, genau in dem Jahr, in dem ich nicht da bin, gibt es so viel Schnee, und außerdem ist die Vorstellung für mich falsch, warme Weihnachten zu haben. Ich musste mich fast zwingen, Weihnachtsmusik zu hören, da es sich einfach falsch angefühlt hat. Jedoch als ich angefangen habe, kam ich immer mehr ins Weihnachtsfeeling rein. Ich finde es ein wenig traurig, dass ich nicht mit meiner Familie die Musik hören konnte, da es bei uns sehr üblich ist, dass wir laut Weihnachtsmusik hören, dazu wild und verrückt tanzen und ganz laut mitsingen. Trotzdem hat es mich nicht davon angehalten, dass einfach alleine zu machen. Für mich gibt es auch zwei Muss-Weihnachtsfilme, der eine ist „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ und der andere ist „Der kleine Lord“. Wenn ich diese Filme in der Weihnachtszeit nicht geguckt habe, ist etwas ganz schief gelaufen. Wie man vielleicht merkt, halte ich gerne meine Traditionen, auch wenn es dieses Mal in einem anderen Land, mit anderen Personen und anderen Wetterbedingungen gar nicht so einfach ist.  Worauf ich mich jetzt sehr freue ist, dass die anderen zwei Freiwilligen Jonathan und Moritz über Weihnachten bei uns sind. Ich glaube, dann ist es nicht ganz so schlimm, ohne die eigene Familie zu feiern. 

Als ich gerade vom warmen Wetter gesprochen habe, habe ich ein wenig untertrieben. Es ist tatsächlich gerade eine echte Herausforderung für mich. Es ist einfach nur heiß. Ich dachte, es wird nicht ganz so schlimm oder dass ich es schon ein wenig kenne, weil es in Stuttgart, wo ich häufiger meine Großfamilie besuchen gehe, auch sehr warm werden kann. Aber das kommt nicht an Brasilien dran. Ich glaube, ich habe noch nie so viel geschwitzt beim Nichtstun wie hier. Insbesondere die letzten Tage waren es 37 °C, aber die WetterApp meinte: „Gefühlte 43°C“. Zudem liegt der UV-Index häufiger bei 12. Worüber ich mich aber sehr freue, ist dass ich schon brauner geworden bin und man sogar schon eine Tanline von meinen Flipflops und meine T-shirt sieht. Mag sich vielleicht schwachsinnig anhören für manche, aber ich bin eigentlich keine Person, die schnell braun wird und allgemein sehr weiß ist. 

Zudem haben die Kinder auch herausgefunden, dass ich Tattoos malen kann. Seitdem ist häufig die erste Frage, die ich gestellt bekomme: „Heyy Julia, kannst du mir ein Tattoo machen?“. Mittlerweile erkenne ich sehr gut, wann diese Frage kommt und kann somit ihnen vorweg schon die Antwort geben. Ich habe aber auch gemerkt, dass ich es nicht schaffe, den ganzen Tag zu malen. Zum Einen, weil ich nicht den ganzen Tag so sitzen kann, wie ich sitzen muss, wenn ich die Tattoos mache und zum anderen nehme ich mir so irgendwann die Freude am Zeichnen, weil ich keine Lust mehr habe. Worüber ich mich immer freue ist, wie glücklich die Kinder und Jugendlichen darüber sind, wenn sie ein fertiges Tattoo vorzeigen können. Das Tattoozeichnen hat mir auch dabei geholfen, den älteren Mädchen näherzukommen. Ich werde jetzt immer beim Essen von mehreren Mädchen gefragt, ob ich an deren Tisch sitzen kann. 

Allgemein kann ich meine Zeichen- und Schreibkünste ganz gut im Projekt einbringen. Z.B. hatten wir Noitada und ich sollte dafür ein große Leinwand beschreiben. Die Noitada findet jedes Jahr statt. Dabei führen die Kinder Musikstücke, Tänze oder ein Theater vor. Ich finde, es ist eine gute Möglichkeit, für die Kinder aus ihren Alltagsstrukturen rauszukommen und sich in ihren Talenten weiterzuentwickeln. Zudem bekommen sie die volle Aufmerksamkeit, was auch mal ganz gut tut. Sie konnten zeigen, was sie können. Dieses Jahr hat die Band von „Lar Padilha“ gespielt. Die Häuser der Kleineren haben jeweils etwas vorgestellt. Von außerhalb kam eine echt gute Tanzgruppe und es wurden noch viele Sachen gezeigt. Insgesamt ging die Vorstellung ungefähr 3 1/2 Stunden. Hört sich vielleicht erstmal etwas viel an und es war auch ganz schön lang. Aber jeder muss auch die Möglichkeit haben, sein Talent zu zeigen. 

Am Tag danach hatten wir eine Poolparty, bei der wir auch eigentlich die ganze Zeit im Wasser waren, weil es so heiß ist. Ich habe die Feier sehr genossen, weil es eine entspannte Stimmung war und es leckeres Essen gab. Das brasilianische Fleisch ist wirklich einfach nur lecker. Zudem war es sehr schön, weil über das Wochenende andere Freiwilligen da waren und wir so eine schöne Zeit zusammen hatten.

Unsere tollen Kollegen

Wie ich in meinem letzten Blogbeitrag erzählt habe, hatten wir schonmal eine Überschwemmung. Aber Mitte November gab es eine richtige Überschwemmung. Wir waren nicht in Padilha, da wir von Freitag auf Samstag in Porto Alegre andere Freiwillige besucht hatten. Am Samstag mussten wir dann leider feststellen, dass wir nicht nach Hause kommen konnten, da Padilha selbst überschwemmt war und alle Straßen, die hinführen, nicht passierbar waren. Es war ein großes Hin und Her, da wir schon nach Taquara gefahren waren und dort feststellen mussten, dass der Bus nicht fahren würde. Wir wollten zunächst einfach eine Nacht in Taquara in einem Hotel schlafen, aber leider hatte keins spontan frei, da irgendein Event in Taquara stattgefunden hatte. Für uns hieß es dann, zurück nach Porto Alegre zu fahren, wo wir dann netterweise wieder bei den anderen Freiwilligen unterkommen durften. Somit sind wir also bis Montag in Porto Alegre geblieben, da es keine Busse am Sonntag nach Padilha gibt. Letztendlich hatten wir es am Montag dann endlich nach Hause geschafft und konnten mit Glück feststellen, dass kein Wasser in unser Häuschen reingekommen war und nur unsere Flipflops weggespült wurden, die vor der Tür gestanden hatten.

Was ich in letzter Zeit schwierig finde, ist, dass sehr viele Kinder gehen. Es hat damit begonnen, dass ein sehr kleiner Junge das Projekt verlassen hat, den ich echt sehr gerne mochte. Er kam immer auf mich zugerannt, wenn er mich gesehen hatte und wenn ich gegangen bin, musste er immer weinen. Allein das war schon schlimm für mich. Ihn da so sitzen zu lassen. Auch Kollegen haben ihn „teu filho” (dein Sohn) genannt. Zum Glück war ich nicht dabei, als er abgefahren ist, weil ich sonst den Tränen sehr nah gekommen wäre. Ich vermisse ihn schon ein bisschen, aber gleichzeitig freue ich mich für ihn, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass er zurück zu seinen Eltern gekommen ist. Danach ging es weiter, dass einer der größeren Jungs gegangen ist. Er hat jedoch noch 5 jüngere Geschwister hier, die sehr geweint haben, als sie sich vorerst voneinander verabschieden mussten. Es hat mir schon ein wenig das Herz gebrochen, wie sie da saßen im Arm einer anderen Erzieherin. Es sind im Laufe der letzten Woche weitere 6 Kinder, jeweils immer 3 Geschwisterkinder, gegangen. Bei dem Abschied der einen Geschwisterkinder war ich dabei und ich mochte die eine Schwester sehr gerne. Als sie kurz vor dem Gehen waren, hatte ich sie kurz noch auf meinem Arm. Man unterschätzt, wie nah die Kinder einem doch stehen.  Natürlich freue ich mich für sie, wenn sie zurück zu ihren Familien können, aber wenn sie in ein anderes Heim müssen, fällt es mir schon etwas schwerer, sie gehen zu lassen, wie eben bei dem kleinen Mädchen. Ich will erst gar nicht wissen, wie es sein wird, wenn ich wieder gehen muss. Zum Glück muss ich mir darüber noch nicht ganz so viele Gedanken machen, auch wenn die Zeit sehr schnell verfliegt.

„Meu Filho“

Ich kann euch auch mit Stolz erzählen, dass sich mein Sprachproblem langsam löst. Ich rede immer mehr; insbesondere mit den Kindern und Jugendlichen. Mittlerweile führe ich richtige Gespräche mit ihnen. Mit den Mitarbeitern fällt es mir häufig noch schwerer, aber zumindest läuft es mit den Jüngeren besser. Man muss das schätzen, was man schon erreicht hat. 

Was bei uns bald ansteht, ist eine Tour durch Brasilien, weil wenn man schon mal hier ist, kann man das mal ausnutzen. Wir starten im Norden von Brasilien und enden in Rio zum Karneval. Ich will aber auch nicht zu viel verraten, weil ihr im nächstem Eintrag erfahren werdet, wie es war und wir euch dann tolle Bilder zeigen werden. Was ich noch verraten kann ist, dass wir auf jeden Fall sehr viele schöne Strände sehen werden…  

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