Sansibars verstecktes Paradies

In diesem Moment prasselt der Regen draußen. Die Luft ist erfüllt vom Duft der feuchten Erde und ich lausche dem Klang der fallenden Tropfen. Auf meinem Weg zur Bushaltestelle musste ich mich heute zum Teil durch überschwemmte Straßen kämpfen. Dank meiner Badelatschen war dies jedoch nur halb so wild.

Oft wird Sansibar mit einem Paradies mit endlosen Stränden, kristallklarem Meer und ganz viel Sonnenschein assoziiert. Doch gerade zeigt sich die Insel von einer etwas anderen Seite.

Schon im November hat es einige Wochen lang stark geregnet, was vor allem bestimmte Freizeitaktivitäten eingeschränkt hat. Aus diesem Grund habe ich der Regenzeit im Frühjahr mit großer Skepsis entgegengesehen. 

Vor allem in den letzten Monaten habe ich die ein oder anderen Orte gefunden, an denen ich mich gern mit meinen Freund*innen treffe. Viel Zeit verbringe ich in Stonetown. Zum einen wohnen dort andere Weltwärts-Freiwillige und zum anderen auch lokale Freund*innen von mir. Deshalb kann ich mich auch an keinen Tag erinnern, an dem ich durch die kleinen Gassen der Stadt geschlendert bin, ohne jemanden zu treffen, den/die ich kenne und mit der/dem ich mich unterhalten habe. Insbesondere die Floating-Bar ist zu einem Ort geworden, an dem wir uns besonders gern aufhalten, egal, ob es zum Schwimmen, zum Tagebuch schreiben, zum Sonnenuntergang schauen oder zum Tanzen und Musikhören ist. Dabei handelt es sich um eine Art Bar oder Lounge, die auf dem Wasser schwimmt bzw. auf schwimmenden Plattformen platziert ist. Davon gibt es mittlerweile auch zum Glück wieder zwei Stück in Stonetown (nachdem die eine kurzer Zeit verschwunden war, weil sie unterging).

Gern verbinde ich meine Treffen mit Freund*innen mit Essen. Manches Mal haben wir gemeinsam gekocht, etwas gebacken, uns durch das ein oder andere Restaurant getestet oder einfach etwas zu Essen to go“ geholt und uns ans Wasser gesetzt. Auch da habe ich einen Ort, an dem ich besonders gern den Sonnenuntergang anschaue. Dort sitze ich, entweder allein oder mit Freund*innen, auf einer Art Steinmauer und schaue auf das Meer, wo immer wieder verschiedene Boote zu entdecken oder Menschen beim Fußballspielen zu beobachten sind.

Dies ist durch die aktuelle Regenzeit etwas eingeschränkt. Erst hatte ich ein bisschen Angst, dass ich dadurch vielleicht vereinsame, aber glücklicherweise ist es ganz anders gewesen. 

Während Ramadan hatte die Schule, in der ich tätig bin, geschlossen bzw. sind nur die höheren Grundschulklassen für den Unterricht gekommen. Deshalb habe ich mich dazu entschieden, während dieser Ferien etwas zu verreisen. Ich hatte das große Glück, dass ich gemeinsam mit einem engen Freund auf das Festland nach Iringa fahren und einen Großteil seiner Familie kennenlernen konnte. Ich wurde von allen Menschen, die ich dort kennengelernt habe, liebevoll aufgenommen und war gefühlt jeden Tag bei irgendwem zu Hause eingeladen. 

Ebenso herzlich habe ich die Ramadan-Tage erlebt, die ich zum Teil noch auf Sansibar verbracht habe. Erst hatte ich die Befürchtung, dass ich dadurch, dass ich auf einem Kirchengelände wohne, vielleicht gar nicht die Möglichkeit bekomme, Iftar, das Fastenbrechen am Abend während des Ramadan, mitzuerleben. Aber es kam, wie so oft, ganz anders als erwartet. Gemeinsam mit anderen Freundinnen von mir war ich sogar bei mehreren Familie eingeladen, um gemeinsam beisammen zu sitzen und das Essen am Abend zu genießen. So habe ich auch mitbekommen, dass Iftar bei jeder Familie etwas anders abläuft. Während manche nur in ihrem engsten Kreis zusammensitzen, wird bei anderen für eine ganze Fußballmannschaft gekocht. Darunter eben nicht nur Verwandte, sondern auch Freunde*innen, Nachbar*innen und andere Bekannte. Manchmal saßen Männer und Frauen beim Essen zusammen. Andere Male haben wir uns aufgrund des Geschlechtes auf verschiedene Räume verteilt. Bei allen Familien, wo ich eingeladen wurde gab es immer eine große Auswahl an Essen. Darunter waren zum Beispiel: 

„Pilau“: ein herzhaftes Reisgericht, das oft mit Gewürzen wie Kurkuma, Kardamom, Zimt und Nelken zubereitet wird. Oft wird es mit Gemüse, wie Tomaten, Karotten und Paprika sowie Fleisch verfeinert. 

„Wali na Maharage“: eine traditionelle Reis- und Bohnenmahlzeit. „Wali“ bezeichnet den gekochten Reis, während „Maharage“ Bohnen sind. Die Bohnen werden normalerweise mit Gewürzen wie Knoblauch, Zwiebeln, Tomaten und Kokosmilch gekocht.

Urojo, auch bekannt unter „Zanzibar Mix“: eine traditionelle Suppe, die aus einer Mischung von, Kartoffeln (meist „Kachori“: eine Art frittierte Kartoffelbällchen), Eiern, „Bagia“ (eine Art Falafel), wenn gewünscht Fleisch und verschiedenen Gewürzen zubereitet wird. Sie hat einen erfrischenden, säuerlichen Geschmack und wird oft mit Limetten- oder Tamarindensaft serviert. Die gelbe Farbe kommt dabei von Kurkuma. 

„Mandazi“: frittierte Teigbällchen, die eine beliebte Beilage oder Snack sind. Sie werden aus einem Teig aus Mehl, Zucker, Kokosmilch und Gewürzen hergestellt und sind leicht und luftig.

„Tambi“: Spaghetti 

„Kachumbari“: ein typischer Salat, der oft zu Reisgerichten auf Sansibar und in Tansania serviert wird. Er wird meist aus Tomaten, Zwiebeln und grünen Paprika gemacht. 

„Chapati“ oder „Mkate wa Ufuta“: „Chapati“ ist ein dünnes, weiches Fladenbrot und „Mkate wa Ufuta“ ist ein Brot, das mit Sesamsamen bestreut oder darin gebacken wird. Beides sind wichtige Bestandteile vieler ostafrikanischer Mahlzeiten.

Außerdem natürlich auch Fisch und Fleisch, sowie die wohl leckersten Säfte, die ich je getrunken habe und natürlich Datteln. 

Ebenso glücklich kann ich mich schätzen, dass ich sogar Eid, also das Ende des Fastenmonats, mit einer muslimischen Familie feiern durfte. Dafür haben wir Frauen uns sogar alle aus dem gleichen Stoff ein Gewand nähen lassen und haben schließlich alle ein rotes Kopftuch aufgezogen. Auch die jüngeren Mädchen haben Partnerlook getragen. Am Abend vorher ging es für uns noch zu einem Saloon, wo wir uns Hennas auf die Hände (und zum Teil Füße) malen ließen. Morgens um 6.00 Uhr ging es dann zum Beten, wo wir uns auf einer großen Wiese versammelt haben und Frauen und Männer getrennt voneinander saßen. Zum Glück hat mir mein Freund am Vorabend noch eine kleine Einweisung gegeben, wie ein solches Gebet abläuft. 

Anschließend haben wir alle gemeinsam Frühstück gegessen, danach für den Abend gekocht und schließlich zusammen gefeiert. Es war eine so tolle Erfahrung, dieses wichtige muslimische Fest miterleben zu dürfen, wofür ich unfassbar dankbar bin. 

Insgesamt habe ich gemerkt, wie gern ich unter anderen Menschen bin. Ich brauche tatsächlich nur wenig Zeit für mich selbst, weshalb ich trotz des momentanen Regens eigentlich wenig zu Hause allein rumsitze. 

In der letzten Woche habe ich zum Beispiel viel mit Freund*innen oder der Familie Maloda gekocht und zusammen gegessen. Wir saßen gemeinsam zusammen, haben Armbänder geknüpft, Musik gehört, Tagebuch geschrieben oder Sport gemacht. 

Dadurch wurde mir nochmal klar, dass es nicht immer das strahlende Sonnenlicht und die endlosen Strände sind, die das Paradies ausmachen. Es sind die Begegnungen, die Gespräche und die gemeinsamen Erlebnisse, die einen Ort wirklich zu einem Paradies machen. Auch wenn die Regenzeit ihre Herausforderungen mit sich bringt, so bin ich doch dankbar für die kostbaren Momente, die sie mir schenkt – Momente der Verbundenheit und des Miteinanders, die jede Regenwolke vergessen lassen.

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