Ich glaube, es ist ganz normal, wenn ich sage, dass es Zeit gebraucht hat richtig anzukommen. Ich wollte so viel, wurde aber von eigener Unsicherheit, Ängsten und Vorurteilen gebremst.
Es hat seine Zeit gebraucht, bis ich das erste Mal alleine spazieren war oder bis der erste Ausflug getätigt wurde. Aber eins ist sehr wichtig, ich war stets immer offen für das, was auf mich zukommen würde.
Heute kann ich inzwischen über meine damaligen Gedanken lachen. Sie halte mir vor Augen, wie stark meine Entwicklung eigentlich ist.
Besonders in den letzten Monaten habe ich noch einmal einen großen Schwung gemacht.
Dinge die ich niemals für möglich gehalten habe, mache ich ohne große Zweifel und bin unendlich stolz auf mich selbst.
Alleine unterwegs sein und die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen sind kein Problem mehr und ich genieße es teilweise sogar.
Inzwischen habe ich auch einige Treffen mit Freunden hinter mir, alleine… Klingt erst mal unspektakuläre, bedeutet mir aber doch schon einiges. Englisch zu sprechen, war für mich immer mit Unsicherheit und Angst verbunden. Inzwischen fühle ich mich dabei so sicher, dass ich nicht mehr darüber nachdenke und treffen sehr doll genieße.
Und da gäbe es noch eine Sache, von der ich euch gerne näher berichten möchte.
Ich habe den Schritt aus meiner Komfort Zone gewagt und war alleine reisen (auch wenn es nur ein Wochenende war).
Lasst mich euch auf diese Reise mitnehmen…
Ich habe mich an einem Samstagnachmittag auf dem Weg gemacht. Mein ursprünglicher Plan war es um 18 Uhr in Salama (einem kleinen Dorf) anzukommen. Der Weg zur Matatu Station (Kleinbusse hier in Kenia) war aber schon ein kleines Abenteuer. Ich war froh, dass sich jemand bereit erklärt hatte, mich dorthin zu begleiten. Ich weiß nicht wie lange es gebraucht hätte, bis ich den Ort alleine gefunden hätte. Schließlich bin ich aber sicher angekommen. Die Matatus (Kleinbusse) warten aber meistens mit dem Losfahren, bis sie komplett voll sind. Also saß ich in dem Bus schließlich eine Stunde, bis wir losgefahren sind und unterhielt mich in der Zeit mit einigen Menschen, die mir unter anderem unterschiedlichste Dinge verkaufen wollten (Ich finde es immer wieder beeindruckend, welche Dinge man schnell auf der Straße kaufen kann). Nahezu alle waren überrascht, als ich berichtete, dass ich nach Salama reisen möchte. Dieser Ort ist sehr ungewöhnlich für “Touristen” und ich wurde mehrfach darüber ausgefragt, was ich dort machen möchte. Auch der Fahrer fragte mich beim Aussteigen mehrfach, ob ich hier wirklich richtig bin.
Aber ja, das war ich.
Mein Plan in Salama war es dort einen Freund zu besuchen, der dort Pastor einer Kirchengemeinde ist.
Ich kam statt um 18 Uhr, erst um 21 Uhr an und es tat mir unendlich leid, dass mein Freund dort so lange auf mich gewartet hat.
Denn in Salama war noch nicht Schluss. Wir zogen mit dem Motorrad weiter aufs Dorf, um schließlich in seiner Kirchengemeinde anzukommen. Es war wirklich magisch im dunklen, unterm klaren Sternhimmel mit dem Motorrad zu fahren.
Ich wurde direkt sehr herzlich begrüßt. Mein Freund (der Pastor) hatte seiner Gemeinde bereits Bescheid gegeben, dass ich komme, alle waren sehr aufgeregt und freuten sich.
An seinem Zuhause wurde ich direkt von einigen Kirchenmitgliedern begrüßt und wir saßen noch einige Zeit zusammen.
Dadurch, dass das Dorf auf einem Hügel liegt, war es sehr sehr kalt und wir tranken ein Tee nach dem anderen und wärmten uns am Feuer.
Am nächsten Morgen stand der Gottesdienst vor der Tür, den ich mir definitiv nicht entgehen lassen wollte. Vom Gottesdienst habe ich leider nicht viel verstanden, aber trotzdem hat er mich extrem berührt. Es wurde sehr viel getanzt und gesungen. Die Gemeinde erzählt mir auch stolz, dass sie erst kürzlich selbst geschriebene Lieder professionell aufnehmen lassen haben. Schließlich war es dann auch meine Zeit und ich wurde aufgefordert zu tanzen. Selten habe ich so viel Sorgenfreiheit und Freude gespürt wie in diesem Moment.
Ich habe mich so willkommen gefühlt und es hat mich sehr berührt, als mir Menschen erzählten, dass sie am Morgen 20 km gelaufen sind, um mich zu sehen.
Nach dem Gottesdienst baten mich zwei Gruppen noch um ein Gespräch. Zum einen die Jugendlichen, die mich viel über den christlichen Glauben und den Schulen in Deutschland ausfragten. (Kleiner Funfact am Rande, für die meisten Kinder und Jugendliche war ich die erste weiße Person, die sie jemals gesehen haben.) Zum anderen suchten auch die Frauen der Gemeinde das Gespräch und stellten Fragen zum Thema „Rolle der Frau“ in Deutschland.
Auch ich habe die Gespräche sehr genossen und eine Aufgabe habe ich an die Hand bekommen, ich soll ganz liebe Grüße von der Kirchengemeinde Muthitha nach Deutschland ausrichten (Ich würde sagen, dass ich meine Aufgabe somit erfüllt habe.)
Nach dem Gottesdienst wurde ich noch bei einer Familie eingeladen, dessen Kind im PLCC (dort wo ich wohne und arbeite) lebt. Mich hat es sehr gefreut, die Familie kennenlernen zu dürfen und gleichzeitig hat es mich berührt die „ehemaligen“ Lebensumstände des Mädchens kennenzulernen. Nach diesem Gespräch wurde ich noch bei dem Gemeindeältesten zum Tee eingeladen. Ich weiß wirklich nicht wie viele Tassen Tee ich an diesem Wochenende getrunken habe, aber es tat sehr gut durch die Kälte.
Nachdem mich gefühlt jeder versucht hat zu überreden noch eine weitere Nacht zu bleiben, musst ich mich schweren Herzens verabschieden. Und dann startet die abenteuerliche Fahrt im Matatu zurück nach Nairobi.
Ich habe über das gesamte Wochenende wirklich jede Sekunde genossen und bin noch immer sehr gerührt. Es war definitiv eines der schönsten Wochenenden, die ich je hatte.
Ich hoffe, ich konnte euch einen authentischen Einblick bieten. Und ich kann nur sagen „Out of my comfort zone“ ist hier zu einem neuen Lebensmotto geworden, was ich auch definitiv beibehalten möchte. Ich wachse ständig an mir selbst und bin unendlich dankbar.
Eure Lena