Unterwegs im Pazifik: Dienstreise nach Papua-Neuguinea


Markt in Madang

Es gibt Länder, die in der hiesigen Berichterstattung so gut wie unsichtbar bleiben. Papua-Neuguinea (kurz: PNG) gehört wohl dazu und ist für die meisten Menschen hierzulande immer noch ein weißer Fleck auf der Landkarte. Man muss sich schon sehr bewusst für die melanesische Kultur interessieren, einer Partnerschaftsgruppe angehören oder Referent werden für Papua-Neuguinea und den Pazifik, um sich näher mit diesem faszinierenden Land und seiner komplexen Kultur zu beschäftigen. Ich habe mich vor einem Jahr für letzteres entschieden, natürlich auch begründet durch ein großes Interesse an diesem Land. Genau 30 Jahre ist es nämlich her, dass ich PNG zum ersten Mal besuchen durfte. Seither haben mich die Eindrücke von damals immer begleitet.

Alexishafen, Blick auf die Thunfischfabrik

Im Oktober stand nun meine erste offizielle Dienstreise als neuer Referent für diesen Länderkontext an, der ich mit Spannung entgegengesehen habe. Diese Reise diente mir vor allem als eine erste Orientierung im Land und natürlich in der Lutherischen Kirche von Papua-Neuguinea, der ELCPNG. Nach dem letzten Pandemiejahr war es wichtig und gut, endlich persönliche Begegnungen zu ermöglichen und zu vielen Namen nun auch die zugehörigen Personen und die Gesichter kennenzulernen. 

Den Auftakt bildete das alljährliche Family-Retreat, zu dem alle internationalen Mitarbeitenden der ELCPNG im Land samt ihren Angehörigen eingeladen sind. Das Treffen fand in einem katholischen Tagungszentrum in Alexishafen statt, direkt zwischen einem kleinen Fischerdorf und einer industriellen Thunfischfabrik gelegen. Jomi Wild, einer der bayerischen Mitarbeitenden vor Ort, brachte es auf den Punkt: Hier treffen das traditionelle PNG und die moderne Welt aufeinander. Und mittendrin die Kirche als Vermittlerin zwischen beiden. Das ist eine große Herausforderung für die Kirche und häufig auch ein Spagat im Festhalten an alten Werten und dem Sich-Öffnen für eine Umwelt, die in einem rasanten Wandel begriffen ist.

Das wurde auch sehr deutlich beim Thema für das Retreat und für das nachfolgende Partners-Forum: Die christliche Familie in Papua-Neuguinea heute. Es zeigte sich, dass die Menschen in PNG zunehmend hin- und hergerissen sind zwischen ihren traditionellen Wurzeln in ihren Dörfern mit ihren jeweils ganz eigenen Sprachen und Traditionen und der modernen globalisierten Welt, die erst seit relativ kurzer Zeit das Leben in diesem Land überlagert und durchdringt. Auch in PNG sind Smartphones mittlerweile weit verbreitet. Viele junge Menschen folgen den Verheißungen eines westlich-materialistischen Lebensstils in die Städte, wo sie aber meistens keine angemessene Arbeit finden, von der sie leben können. Althergebrachte Traditionen tragen dort aber nicht mehr, neue sind nicht an ihre Stelle getreten. In dieses Vakuum, das auch eine materielle und damit existentielle Leere ist, fallen viele Menschen aus der jüngeren Generation. Das erzeugt Druck, Frustration und Zukunftsängste mit all den sozialen Folgen wie z.B. Gewalt in der Familie und auf der Straße. Ganz offensichtlich ist die ELCPNG noch auf der Suche nach einer angemessenen Antwort darauf. Hier könnte in Zukunft durchaus ein sinnvolles Feld für die Zusammenarbeit mit unseren Partnern in PNG liegen.

Unterricht am Martin Luther Seminary in Lae

Darüber hinaus steht die ELCPNG vor vielen weiteren Herausforderungen. Das wurde sichtbar bei meinen weiteren Besuchen in den theologischen Colleges in Logaweng, am Martin-Luther-Seminary und in Ogelbeng. Seit meinem ersten Besuch 1992 hat sich die Bevölkerung des Landes verdreifacht. Der Klimawandel führt bereits jetzt zu Monsunzeiten ohne ausreichend Regen. Eine Folge sind langanhaltende Störungen in der Versorgung mit Strom und Trinkwasser und zunehmende Hitze und Trockenheit auf den Feldern. Aktuell hoch umstrittene Gold-Minenprojekte wie Wafi-Golpu stellen weitere Herausforderungen dar.

Kampagne gegen Plastik

Auch hier stehen Möglichkeiten einer sinnvollen Kooperation mit der ELCPNG im Sinne von Lobby-Arbeit und Unterstützung von Kampagnen am Horizont, die es weiter auszuloten gilt.

Jörg Ostermann-Ohno, Referent für Papua-Neuguinea / Pazifik und Indien