
Internationale Konferenz in Berlin: Wege zur Versöhnung und zum Neuanfang
Im Mai 2025 fand in Berlin eine wegweisende internationale Konferenz des Ökumenischen Rates der Kirchen statt, die sich mit dem Umgang und den Folgen von Kolonialismus und Mission beschäftigte. Vertreterinnen und Vertreter aus vielen Ländern kamen zusammen, um gemeinsam Perspektiven für eine gerechtere Zukunft zu entwickeln und Versöhnung einzuleiten.
Umfangreiche Berichterstattung zur Konferenz “Berlin 1884–1885 and Anti-Black Racism: In Search of a Shared Anti-Racist Ecumenical Vision” hier…
Die widersprüchliche Geschichte der Mission
Die Missionsgeschichte der christlichen Kirchen ist bis heute geprägt von Widersprüchen: Auf der einen Seite steht die Botschaft des Evangeliums, die vielerorts zur Gründung lebendiger Kirchen und sozialem Engagement führte. Auf der anderen Seite zeigt die Geschichte, dass Missionare aus dem globalen Norden in unterschiedlichen Zusammenhängen mit kolonialen Praktiken und Interessen verbunden waren. Die Berliner Konferenz von 1884/85, bei der die koloniale Aufteilung Afrikas beschlossen wurde, steht bis heute sinnbildlich für Kolonialismus, Ausbeutung und die willkürliche Aufteilung des Kontinents. Gleichzeitig verdeutlicht sie die enge Verflechtung von Mission und Kolonialismus.
Selbstkritik und neue ethische Visionen

Ziel der Berliner Konferenz 2025 war es, das koloniale Erbe kritisch zu reflektieren und gemeinsam eine ethisch-ökumenische Vision von Gerechtigkeit, Solidarität und Versöhnung zu entwickeln. In Panels, Workshops und Diskussionsforen wurde deutlich: Kirchen weltweit sind aufgerufen, strukturellem Rassismus und kolonialem Denken entschieden entgegenzutreten – sowohl in ihrer Theologie als auch in Partnerschaften und im politischen Engagement und sich mit der Vergangenheit aktiv auseinanderzusetzen.
Simone Schreiner, Referentin für „Nordkirche dekolonial“, betonte, dass sich die Nordkirche bislang nur begrenzt mit den langfristigen Folgen ihrer kolonialgeschichtlichen Verflechtungen auseinandergesetzt habe.
In einem gemeinsamen Abschluss-Statement forderten die Teilnehmenden daher, kirchliche Strukturen konsequent auf koloniale Narrative zu überprüfen und koloniale Verstrickungen öffentlich anzuerkennen.
Konkrete Forderungen für eine dekoloniale Zukunft
Das Abschlusskommuniqué der Konferenz ruft Kirchen und Politik weltweit dazu auf, sich für:
- eine dekoloniale Ethik,
- strukturelle Gerechtigkeit,
- kulturelle Sensibilität,
- und eine neue internationale Zusammenarbeit einzusetzen.
Dazu gehört auch die aktive Förderung historischer und kritischer Forschung sowie deren Integration in die Bildungsarbeit. Besonders wichtig ist die Einrichtung von Gedenk- und Erinnerungsorten, damit die Verbrechen der Kolonialzeit und der Mission nicht in Vergessenheit geraten. Stimmen aus dem Globalen Süden sollen sichtbarer werden und einen Perspektivwechsel ermöglichen.
Verantwortung übernehmen und Strukturen verändern
„Nur durch bewusstes Erinnern, Verstehen und Aufarbeiten unserer Geschichte können wir glaubwürdig Verantwortung übernehmen und strukturelle Veränderungen anstoßen“, so Simone Schreiner. Die Überprüfung bestehender Machtverhältnisse und die Neubewertung von Partnerschaften sind notwendig, um koloniale Kontinuitäten sichtbar zu machen und gemeinsame Ansätze zur Aufarbeitung zu entwickeln.
Fazit: Der Weg zur Versöhnung ist offen
Die Berliner Konferenz 2025 hat gezeigt, dass die Aufarbeitung von Kolonialismus und Mission kein abgeschlossenes Kapitel, sondern ein fortlaufender Prozess ist. Die Kirchen sind gefordert, ihre Geschichte kritisch zu reflektieren und mutig neue Wege der Gerechtigkeit und Versöhnung zu gehen – im Dialog mit Betroffenen und mit Blick auf eine gemeinsame Zukunft.