
Hamburg, 15. Mai 2025 (ce) – Argentinien und die Philippinen: Auf den ersten Blick verbindet beide Länder wenig und weiter können zwei Länder geografisch kaum voneinander entfernt sein. Und doch: „Ich hätte nicht gedacht, dass wir vor so ähnlichen Herausforderungen stehen“, sagt Nicolàs Rosenthal, Direktor der Diakoniestiftung „Hora de Obrar“ der Evangelischen Kirche am Rio de la Plata. „Ich wusste bislang nur, dass Papst Franziskus aus Argentinien stammt. Aber wir können so viel voneinander lernen“, betont auch Vaughn Geuseppe Alviar von der Unabhängigen Kirche in den Philippinen (IFI), die der anglikanischen Kirche nahe steht. Denn: In beiden Ländern regieren mit Javier Milei und Ferdinand Marcos Jr. sowie zuvor Rodrigo Duterte zwei demokratisch gewählte Rechtspopulisten. „Diese Erfahrungen sollten auch wir in Europa genau wahrnehmen. Auch hier werden Grund- und Menschenrechte zunehmend ausgehöhlt“, meint Dr. Katherine Braun, Referentin für Migration und Menschenrechte im Ökumenewerk der Nordkirche.

Die Gäste aus Argentinien und den Philippinen waren Anfang Mai im Ökumenewerk zu Gast. Bei einem gemeinsamen Besuch des Seemannsclubs Duckdalben im Hamburger Hafen ging es schnell um politische Themen. „Wir gelten als Feinde des Landes, werden verfolgt und inhaftiert. Unsere Arbeit wird immer mehr delegitimiert“, berichtet Vaughn Alviar. Dies kennt auch Nicolas Rosenthal, dessen Organisation sich auch in einem Netzwerk für Klimaschutz einsetzt: „Die Regierung nennt uns Öko-Terroristen.“ Dem vorangegangen ist in beiden Ländern eine „Militarisierung“ der Sprache, eine aggressive und abwertende Wortwahl gegenüber Andersdenkenden, Minderheiten oder Benachteiligten.
„Machen wir uns nichts vor“, wirft Jörn Möller ein, Leiter des Bereiches Internationale Beziehungen im Ökumenewerk und auch zuständig für die Partnerschaft mit Kirchen in den USA: „Das ist auch in westlichen Demokratien eine Entwicklung, wenn Populisten und Nationalisten die Oberhand gewinnen, durchaus auf demokratischem Weg.“ Auch die Kirchen in den USA werden derzeit unter Donald Trump in ihrer sozialen und diakonischen Arbeit eingeschränkt. Umso wichtiger sind prophetische Stimmen, wie zum Beispiel von Bischöfin Marianne Budde im Gottesdienst zur Amtseinführung von Trump.

„Die Mitglieder unserer Kirche sind gespalten. Die Risse gehen durch die gesamte Gesellschaft, durch alle sozialen Schichten“, weiß Nicolas Rosenthal. In unsicheren und instabilen Verhältnissen suchen die Menschen nach einfachen und kurzen Botschaften. „Aber unsere christliche Botschaft braucht mehr als Worte“, beobachtet er. Deswegen sei das Handeln seiner Kirche entscheidend: „Wir stehen klar für Solidarität mit Armen, Benachteiligten und Minderheiten, unsere Arbeit richtet sich an die Menschen vor Ort, unabhängig von ihrer politischen Einstellung oder Religion.“
„Auch wir sind da präsent, wo die Menschen leiden“, erzählt Vaughn Alviar: Bei den indigenen Bauern zum Beispiel, bei Vertriebenen und Obdachlosen, Kindern und Jugendlichen ohne Perspektiven. „Solidarität ist enorm wichtig, denn der Kampf gegen Ungerechtigkeit baut viele Brücken“, so Alviar.
Sowohl Argentinien als auch die Philippinen sind mehrheitlich christlich. „Die Werte der Bibel sind hier bei den Menschen anschlussfähig“, sagen beide Gäste. Sie ermutigen aber auch dazu, dass Kirchen überall für ihre christlichen Werte einstehen und sie auch öffentlich vertreten. „Internationale Solidarität unter Kirchen für Gerechtigkeit und Frieden stärken uns alle“, sagt Vaughn Alviar. „Wir sehen doch, welche Begeisterung Bischöfin Budde für ihre klaren Worte weltweit ausgelöst hat“, erinnert Katherine Braun. Diese Botschaften seien auf internationalen Bühnen genauso wichtig, wie vor Ort. Gerade in Krisensituationen wird auch in Deutschland die Kirche als Mahnerin oder Hoffnungsgeberin angefragt. „Wir alle können offensiv und klar auftreten“, sagt Rosenthal.