Wie eine Wiege sieht die Krippe aus, die jedes Jahr zu Weihnachten bei der Lutherkirche in Riga aufgestellt wird. Die Krippe erinnert an die Geburt Jesu, an die zentrale und doch inzwischen recht verborgene Botschaft dieses Festes. Sie erinnert daran, dass in der Heiligen Nacht ein Mensch geboren wird. Ein Mensch Gottes, der voller Liebe und Hingabe leben und auf seine Mitmenschen achten wird und der sich mit Gott verbunden weiß. In der dunkelsten Nacht wird er nicht verzweifeln. Das hellste Rampenlicht wird ihn nicht verblenden.
In die Krippe bei der Lutherkirche kann man sich reinlegen: spüren, wie hart das Holz unter dem Rücken ist, wie pieksig das Stroh, wie hoch und weit der Himmel. Man kann über das Schicksal des kleinen Jesus nachdenken, darüber was das bedeutet, dass er in unserer Geschichte als Mensch hineingeboren wurde. Man kann aber auch darüber nachsinnen, was für einen Unterschied es macht, wenn das Kind Jesus in mir geboren, wenn er aufwachen und anfangen zu wachsen würde. Man kann sich wach wiegen lassen und versuchen, die Augen nicht zu verschließen.
Der Pastor der Lutherkirche Linards Rozentāls sagt dazu: „Weihnachten ist unser gemeinsamer Geburtstag. Wenn wir Christi Geburt feiern, besinnen wir uns darauf, dass in dem Menschen Mensch geboren wurde. Wenn du ein biologisches und psychologisches Wesen bist und wie ein Mensch aussiehst, heißt es noch nicht, dass du wie ein Mensch lebst und handelst. Den Nachrichten können wir täglich entnehmen, was passiert, wenn der MENSCH in einem Menschen gestorben ist.“
Die Krippe steht für die Möglichkeit, dass der MENSCH in mir geboren werden kann, dass ich neu geboren werden kann. Weihnachten feiern wir, dass der Mensch Gottes in unserer Welt geboren wurde. Seitdem ist es für jeden Menschen möglich, so menschlich zu leben, wie er gelebt hat.
Das ist meine Hoffnung für diese Weihnachtszeit: Möge in mir und vielen anderen der MENSCH aufwachen oder geboren werden, der dunkle Zeiten nicht fürchtet, da er aus Gottes Licht lebt und von Gott in die Zuversicht gewogen wird.
Pastorin Zanda Ohff, Europareferentin des Ökumenewerks der Nordkirche