Der christlich-jüdische Dialog in Person: Michael Krupp zum 85. Geburtstag

Michael Krupp und seine Frau Daniele Ouhanon-Krupp beim Empfang im Kreuzgang der Jerusalemer Erlöserkirche Juni 2023.

Im Gottesdienst der deutsch-sprachigen evangelischen Gemeinde zu Jerusalem am 4. Juni 2023 gratulierte Propst Joachim Lenz dem Pastor Dr. Michael Krupp zu seinem 85. Geburtstag und ehrte das älteste Mitglied der evangelischen Gemeinde. Aber der Jubilar wurde nicht nur deshalb, sondern vor allem für sein gesamtes Lebenswerk geehrt, denn Michael Krupp ist sozusagen der christlich-jüdische Dialog in Person.

Im Jahr 1959 – Israel und die Bundesrepublik Deutschland haben noch keine diplomatischen Beziehungen – zieht der 21-jährige Theologiestudent zu Fuß los, um den gerade erst gegründeten Staat der Juden kennenzulernen. Seine abenteuerliche Reise führt ihn durch drei arabische Staaten. Dann schließlich durchquert er das Mandelbaum-Tor, das damals das jordanische Ost-Jerusalem vom israelischen West-Jerusalem trennt. Er ist fasziniert von den Menschen und ihrem Projekt des Aufbaus eines jüdischen Staates.

Michael Krupp lernt Ivrith (Neuhebräisch), studiert u.a. an der Hebräischen Universität Jerusalem, promoviert über ein Thema aus der Mischna, der mündlichen jüdischen Lehre, und er heiratet eine jüdische Frau, Daniéle Ouhanon, eine algerisch-französische Jüdin. Aufgrund dieser Ehe wird er von seiner Rheinischen Landeskirche nicht als Pastor angestellt.

Sein Glück: Die Berlin-Brandenburgische Kirche übernimmt ihn. Der junge Pastor wird von der EKD nach Jerusalem geschickt, um das Länderreferat der Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste zu leiten und die deutschen Theologiestudierenden an der Hebräischen Universität wissenschaftlich zu begleiten. Hieraus geht im Jahr 1978 das EKD-Programm „Studium in Israel“ hervor, das Michael Krupp 25 Jahre lang geleitet hat. Es gibt bereits mehr als 700 Absolventinnen und Absolventen des Programms.

Michael Krupp war Dozent an der Hebräischen Universität, Autor zahlreicher Schriften über den Talmud und über den Zionismus, Korrespondent des Evangelischen Pressedienstes und Herausgeber der Mischna in einer deutsch-hebräischen Version. Mit der Israel Interfaith Association war er aktiv im Interreligiösen Dialog und baute nach seiner Pensionierung schließlich noch eine deutsche evangelische Gemeinde in Belgrad auf.

Schon der 21-Jährige schrieb 1959: „Es geht nicht darum, Juden zu Christen zu machen. Sondern es geht darum, dass wir begreifen, dass Juden und Christen gleichberechtigt im auserwählten Volk des einen Gottes, an den die Juden und die Christen gleichermaßen glauben, vereinigt werden.“ (Michael Krupp, Reise in ein anderes Land, Jerusalem 2023, 233.)

Mazal Tov, lieber Michael, und Ad Mea WeEssrim!


Hanna Lehming, Referentin für den Mittleren Osten des ZMÖ und Beauftragte für den christlich-jüdischen Dialog der Nordkirche