Begegnung auf einem Müllberg

Bonnie Keoka aus Papua-Neuguinea und Logan Samuel aus Indien zu Besuch in der Nordkirche

Weit streift der Blick vom 39 Meter hohen Müllberg Ahrenshöft über die weite Ebene Nordfrieslands. In der Nähe grast eine kleine Schafherde auf den Hängen dieser künstlichen Erhebung. Eine geradezu idyllische Szene. Dabei stehen wir auf den Hinterlassenschaften des gesammelten und unsortierten Unrats der Wirtschaftswundergeneration. Gebannt lauschen Bonnie Keoka und Logan Samuel Ratnaraj bei schönstem Wetter den Erklärungen des Umweltingenieurs Robert Rattay vom Abfallwirtschaftszentrum Ahrenshöft. Der ist dort für die Überwachung und Kontrolle der Hinterlassenschaften im heute idyllisch begrünten Müllberg zuständig. Obwohl bereits seit gut 30 Jahren stillgelegt und versiegelt, werden jährlich immer noch große Mengen an Methan für den Betrieb der Biogasanlage gewonnen, mit der sich der Recyclinghof Ahenshöft heute selbst mit Strom und Wärme versorgt.

Bonnie Keoka (re.) und Logan Samuel Ratnaraj (li.) mit Umweltingenieur Robert Rattay vom Abfallwirtschaftszentrum Ahrenshöft.

Beindruckt von der regenerativen Nutzung eines Müllbergs und den zahlreichen Sortier- und Verwertungsanlagen, fachsimpeln Logan Samuel und Bonnie Keoka über die Entsorgung und Möglichkeiten der Produktion erneuerbarer Energien in ihren Heimatländern Indien und Papua-Neuguinea. Sowohl der sich anhäufende Müll aus Privathaushalten und Firmen wie auch die Energieversorgung sind in beiden Ländern ein gravierendes Problem. Plastik, Schrott und Elektromüll sammeln sich in der Landschaft und Vieles davon schließlich auch im Meer. Eine sichere Entsorgung ist kaum gegeben. Durch ausbleibende Regenzeiten und Dürren und eine stetig wachsende Bevölkerung wird auch die Versorgung mit Energie zu einer immer größeren Herausforderung. Der Klimawandel verschärft die Situation der Menschen spürbar. Davon sind auch die Lutherischen Kirchen in beiden Ländern betroffen.

Beide Gäste, die im Juni auf Einladung des ZMÖ zu Besuch in der Nordkirche waren, arbeiten an diesen und anderen sozialen und ökologischen Fragen in ihren jeweiligen Heimatkirchen. Bonnie Keoka ist gelernter Tropenlandwirt und seit 2012 Leiter des Lutheran Development Service (LDS), der zu den Sozialen Diensten der Lutherischen Kirche in Papua-Neuguinea (ELCPNG) gehört. In ähnlicher Funktion arbeitet auch Pastor Logan Samuel, der im Dachverband von 12 Lutherischen Kirchen in Indien (UELCI) für die Abteilung „Social Action“ zuständig ist. Beide sind also mit Fragen von Entwicklungspotentialen innerhalb ihrer Kirchen befasst.

Für Papua-Neuguinea bietet laut Keoka insbesondere die Gewinnung von Strom aus Sonne (Photovoltaik) große Zukunftschancen. Der LDS plant hier in einem Pilotprojekt, zunächst einmal Krankenhäuser und Einrichtungen mit Solarpanelen auszustatten, um sie von der teuren fossilen Versorgung durch staatliche Energielieferanten unabhängiger zu machen und damit einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. In ähnliche Richtung denkt auch Logan Samuel. Auch in Indien sind die Potentiale dafür im kirchlichen Raum noch weitgehend brachliegend.

Bonnie Keoka und Logan Samuel Ratnaraj während ihres Deutschlandbesuchs anlässlich des Kirchentages 2023.

So entspinnt sich auf den abgelegten Wohlstandsresten einer vorangegangenen Generation und im Angesicht moderner Technik zur Gewinnung regenerativer Energien ein trilaterales Fachgespräch zu Fragen von Entwicklung und Nachhaltigkeit in unseren jeweiligen Ländern. Am Ende dieser Begegnung spricht der Inder Logan Samuel eine Einladung an seinen neuguineischen Kollegen Bonnie Keoka aus, die indischen Partner in Indien zu besuchen und voneinander zu lernen. Diese Idee verfängt. Das zuständige Länderreferat wird dieses Vorhaben weiter befördern.


Jörg Ostermann-Ohno, Referent für Indien und Papua-Neuguinea / Pazifik des ZMÖ