Sind es erst oder schon zwei Monate? Das ist mir in den Kopf gekommen, als ich begonnen habe, diesen Blog-Beitrag zu schreiben. Die Zeit vergeht auf der einen Seite wie im Flug, aber wenn ich genauer darüber nachdenke, ist auch schon unheimlich viel passiert. Trotzdem kann ich manchmal nicht ganz glauben, dass ich jetzt schon ziemlich genau zwei Monate aus Deutschland weg bin, weg von meiner Familie, Freunden und meinem vertrauten Umfeld.
Aber fangen wir mal von vorne an:
Flug + Abschied:
Los gings am 13.08.24 am Frankfurter Flughafen. Dort habe ich mich dann von der letzten Person verabschiedet, meiner Mama:-(. Das war natürlich ziemlich traurig, aber ich konnte wie bei vielen Abschieden davor auch schon noch nicht richtig realisieren, dass ich die Menschen jetzt wirklich ein JAHR nicht sehe. Ich war davor noch nie so lange weg von zu Hause. Ich denke, deshalb waren die Abschiede zwar sehr traurig, aber ich hatte gleichzeitig unheimlich viel Vorfreude, Aufregung und Neugier in mir. Nach dem Verabschieden von meiner Mutter habe ich dann meine FSJ- Freunde am Flughafen getroffen und los ging‘s. Ca. 13 Stunden Direktflug nach Buenos Aires.
Vorbereitungsseminar:
Angekommen in Buenos Aires wurden wir von Mitarbeiter*innen der IERP (Iglesia Evangélica del Rio de la Plata) vom Flughafen abgeholt und zu unseren Wohnorten für die nächsten zwei Wochen gebracht. Wir wurden nach Organisationen an unterschiedliche Orte in Buenos Aires aufgeteilt. Ich war in einer sehr großen WG in der Esmeralda, das ist das Kirchengebäude, welches sehr nah in der Nähe vom Obelisken liegt. Der Obelisk ist Mittelpunkt und Wahrzeichen der Stadt. Das zweiwöchige Vorbereitungsseminar nennt sich auch Capacitación. In dieser Zeit haben wir eine große Bandbreite von Themen besprochen. Dazu gehörten organisatorische Sachen: Wie besorgt man sich eine SIM-Karte? Wie funktionieren die öffentlichen Verkehrsmittel? Auf der anderen Seite haben wir uns aber auch mit tiefergehenden Themen beschäftigt, wie Kultur, generelle politische Lage, Sexismus und Kolonialismus. Insgesamt war es eine sehr intensive, informative Zeit. Das war auf der einen Seite ziemlich anstrengend, aber auch unheimlich anstrengend, weil man wahnsinnig viele neue Leute kennengelernt hat und das erste Mal die Möglichkeit hatte, die Stadt zu erkunden.
Einzug in die WG:
Nach den zwei Wochen Capacitación wurde dann verkündigt, mit wem man wo lebt. Das war für mich ein sehr spannender Moment, weil ich das bis zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste. Ich wohne jetzt in Quilmes (vielleicht kennt ihr den Namen ja von der Biermarke ). Das ist eine Provinz im Süden von Buenos Aires. Ich wohne hier in einer Wohnung mit drei anderen Mädchen. Für mich war der Einzug anfangs keine super einfache Phase, weil ich in dieser Zeit das erste Mal begonnen habe zu realisieren, dass ich jetzt wirklich eine so lange Zeit hier bin und nicht nur in den Ferien mit Freunden bin. Dazu kam dann auch noch der generelle Zustand der Wohnung, da dieser natürlich von den gewohnten europäischen Standards abweicht. Zum Beispiel haben wir leider fast gar kein Sonnenlicht in unserer Wohnung. Obwohl ich versucht habe, möglichst ohne Erwartungen an die Wohnungsthematik heranzugehen, gab es dann doch den ein oder anderen Moment, wo man etwas überfordert von der Wohnsituation war und natürlich manchmal noch ist. Aber man muss immerhin Hinterkopf behalten, dass eine Wohnung wie unsere immer noch ziemlich luxuriös sind im Vergleich zu den Standards vor Ort. Quilmes generell kann man sich wie eine Kleinstadt vorstellen. Wir wohnen direkt an der Hauptstraße mit vielen Läden, Cafés, Restaurants und Bars. Es gibt auch viele Kulturangebote. Ich habe zum Beispiel schonmal Zumba und Boxen ausprobiert. Das ist richtig schön, weil man dadurch nochmal mehr Kontakt zu Argentinier*innen hat und sich so Routinen schaffen kann. Durch solche Dinge habe ich das Gefühl, mich hier langsam aber sicher einzuleben. Quilmes ist ungefähr eine Stunde von der Innenstadt entfernt und eine Stunde von meinem Projekt. Diese Entfernungen sind gerade hier in Buenos Aires absolut normal, weil zum einem der Großraum Buenos Aires sehr groß sind, aber auch Argentinien als Land generell.
Projekt:
Ein paar Tage nach Einzug ging es dann zum ersten Mal zu meinem Projekt. Mein Projekt heißt „La Casona“ und ist in Florencia Varela, also noch südlicher als Quilmes. „La Casona“ bedeutet soviel wie Die Villa/ Das Haus. La Casona ist ein soziales Projekt und stellt für Kinder und Jugendliche einen Ort da, wohin sie nach oder vor der Schule kommen und an Freizeitprojekten teilnehmen können. Es gibt drei Altersgruppen. Zur Eingewöhnung arbeiten meine Mitfreiwillige Gloria und ich zurzeit nur mit der jüngsten Altersgruppe (ca. 6-12 Jahre). Dann gibt es noch eine Gruppe von Teenagern und eine ältere Gruppe. Am ersten Tag wurden wir von der Pastorin des Projekts Paula abgeholt und haben den Tag mit den Kleinen verbracht. Es war sehr spannend, das Projekt und das Team das erste Mal zu treffen. Ich habe mich direkt super wohl und willkommen gefühlt. Das lag daran, dass zum einem die Kinder uns super lieb willkommen geheißen haben, aber auch weil das Team wirklich sehr lieb ist. Generell habe ich bis jetzt den Eindruck, dass das Team in der Casona sehr viel Erfahrung mit Freiwilligen hat und einen immer mit einbindet. Dadurch dass zum Teil auch noch ziemlich junge Mitarbeiter bei der Casona arbeiten, fällt es mir noch leichter, mich mit den Menschen zu connectenund mich wohlzufühlen. Zurzeit arbeite ich noch nicht so viel, da ich zur Eingewöhnung nur mit der jüngsten Altersgruppe arbeite. Für alle Altersgruppen gibt es hier unterscheidliche „tallere“ (Kurse). Am Dienstag beginnt meine Woche mit der Bäckerei. Die Bäckerei gefällt mir bis jetzt am besten, weil es einfach Spaß macht, mit den Kleinen in der Bäckerei, meist viele süße Sachen (mit viiiel Dulce de Leche), zu backen. Am Mittwoch finden unterschiedliche Fotoprojekte statt und am Donnertag machen wir immer Dinge im Garten von der Casona. Die tallere sind echt schön und es sind tolle Projekte, die wir mit den Kindern machen. Ich bin schon gespannt, wie es dann wird, wenn wir auch mit den anderen Altersgruppen zusammenarbeiten.
Sprache:
Vor meiner Abreise nach Argentinien hätte ich meine Spanischkenntnisse als sehr stark ausbaufähig beschrieben. Ich hatte zwar Spanisch in der Schule, aber das ist auch schon ein Weilchen her und ich habe leider vor Argentinien auch nicht allzu viel Spanisch gelernt, weil ich so viele andere Dinge vorbereiten musste. Außerdem spricht man hier in Argentinien, vor allem in Buenos Aires mit einem sehr starken Akzent. Auch dadurch fällt es mir immer noch etwas schwer, alles zu verstehen. Auch das Sprechen ist nicht immer leicht. Deshalb nehme ich einmal die Woche an einem Sprachkurs teil. Mit dem Spanisch ist es immer ein Auf und Ab. Gerade an Tagen, an denen ich lange im Projekt bin und gewissermaßen Spanisch sprechen “muss“, wird es im Laufe des Tages immer besser. Aber gerade, wenn ich übers Wochenende meist weniger Spanisch spreche, wird’s wieder schwieriger. Ich versuche mich da auf jeden Fall reinzuhängen und hoffe das gerade das Sprechen dann einfacher wird.
Sooo ich hoffe das konnte euch einen guten Gesamtüberblick über meine letzten 2 Monate geben. Ich bin schon gespannt wie sich meine Zeit hier weiter entwickeln wird…