Die Zeit ist gekommen, die letzten Monate Revue passieren zu lassen. Bei dieser Aufgabe habe ich gemerkt wie schwierig es ist die Moment zu bewerten. So fällt es mir schwer zu entscheiden, welche Momente mir geholfen haben, welche Herausforderungen zu groß für mich waren, welche Aufgaben ich bewältigen konnte und welchen Gefahren ich aus dem Weg gegangen bin. So war bereits die Anreise ein Abenteuer wie kein Anderes. Eine meiner längsten Reisen, die ich je hatte. Über verschiedene Kontinente an einen Ort, von dem ich vor der Bewerbung bei der Nordkirche noch nichts gehört hatte. Das ganze Abenteuer fing an, als wir in Frankfurt gegen 21:50 Uhr unsere Familien verabschiedeten.
Ungewiss, wo die Reise uns hinführt und trotzdem voller Vorfreude, dass es ein Abenteuer wird. Worauf wir uns eingelassen hatten, wussten wir nicht und trotzdem hatten wir eine klare Vorstellung davon, was uns erwartet.
Auf der langen Reise von Frankfurt über Abu Dhabi, über Sydney, nach Fidschi, bis schließlich Kiribati erreicht wurde, wurde uns immer deutlicher, dass wir keine Idee hatten worauf wir uns eingelassen hatten.
Doch die wirkliche Einsicht kam erst, als wir in Kiribati landeten. Als wir aus dem Flugzeug ausgestiegen sind, hatte uns erstmal die Hitze erwischt. Die drückende, Super heiße, tägliche Hitze von Süd Tarawa. Jonathan und ich waren Erschöpft in den ersten paar Minuten des Ankommens.
Nachdem wir die Visums und Passkontrolle und die Gepäckkontrolle erfolgreich überlisten konnten, holte uns ein Mitarbeiter der KUC in einem luxuriösen Auto ab. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir noch nicht, dass diese Person später zu einem unserer besten Freunde auf dieser Insel wird. Nachdem ich die ersten Etappen beschrieben habe, möchte ich über die Gedanken und Gefühle reden, die mich seit der Ankunft begleiten.
Was mich wieder und wieder beschäftigt, ist die isolierte Lage des Atolls. Das ist wirklich erstaunlich und immer wieder beängstigend, dass man mitten im Pazifik auf einem Atoll lebt. Zusätzlich ist Betio einer der bevölkerungsdichten Orte der Welt. Trotz einer so hohen Bevölkerungsdichte gibt es wenig zu machen für die persönliche Freizeitbeschäftigung. Dadurch kommt viel Langeweile und Einsamkeit auf. Anfangs war die Einsamkeit am stärksten, weil ich kaum Kontakt zu den Menschen vor Ort hatte. Glücklicherweise besteht eine gute Verbindung zum Internet. Diese ermöglicht es uns, sehr leicht mit den Verwandten und den Geliebten in der Heimat zu kommunizieren, wodurch die Einsamkeit schnell bei Telefonaten vergeht. Der Umgang mit der Langeweile stellt für mich immernoch eine der größten Herausforderungen dar. Es ist eine Art der Unterforderung in Verbindung mit einer Alternativlosigkeit, welcher ich in meiner Heimat noch nie begegnet bin. Sehr eindrucksvoll und erschöpfend.
Eine weitere Herausforderung stellt die Versorgungslage dar. Weil die Insel aus Koral Sand besteht und kaum nährstoffreichen Boden hat, werden die allermeisten Produkte importiert. Diese importierten Produkte beschränken sich jedoch meistens auf Konserven, Süßigkeiten und Haushaltsgegenständen in einer sehr beschränkten Auswahl. Auf der Suche nach frischen Lebensmitteln bleibt man bei Äpfeln, Orangen, Bananen, Mais, Aubergine, Paprika und PakChoi häng. Was eine zusätzliche Herausforderung darstellt ist die Größe der kulturellen Unterschiede. So können wir kaum die Sprache und es gibt keine mobilen Übersetzungsmöglichkeiten. Manche Verständnisse der Kultur entstehen durch Fehlschritte.
Was macht diesen Ort aber so besonders und warum bin ich immer noch davon überzeugt, dass ich hier bin? Die Menschen! Jedes einzelne Lächeln mit jedem einzelnen Menschen auf der Straße wird erwidert. Jede Freude im Leben wird mit Allen geteilt. Viele Menschen hier nehmen sich selber nicht so ernst, und haben den Mut, über sich selber zu lachen. Quasi eine Selbstverständlichkeit in Kiribati. Erst durch diese große Offenheit entsteht eine so tiefe Verbindung zu dem Menschen vor Ort, wenn man die Zeit mit den Menschen teilt.
Die Menschen aus Kiribati haben mit das größte Herz welches ich je erleben durfte. Sie sind bereit, alles zu geben, was Sie besitzen, um anderen Menschen zu helfen. Was ich sogar glaube ist, dass sie manchmal bereit sind, mehr zu geben als sie besitzen, um anderen Menschen zu helfen. Auch wenn der erste Eindruck erstmal distanziert scheint, sind die allermeisten einfach nur interessiert und neugierig, haben jedoch manchmal Probleme sich auf Englisch auszudrücken. Und sobald man auch nur einmal um Hilfe fragt, kommt direkt ein vielfaches von dem was man braucht.
Viele Menschen aus Kiribati Leben in extremer Armut, haben wenig Möglichkeiten an ihre Zukunft zu denken, wenig Möglichkeiten ihre Zukunft zu planen und kaum Möglichkeiten, sich etwas aufzubauen. Alle sind aber bereit zu teilen. Und alle sind immer bereit zu geben. Selbst Menschen, die ich nur einmal treffen durfte, die ich wahrscheinlich niemals wieder sehen würde, haben mich herum gefahren, mir versucht zu helfen und haben versucht mir den Weg zu weisen. Das ist es, was ich hier wieder und wieder erlebe. Die Großzügigkeit aller Menschen, Freude zu teilen, ihr Hab und Gut zu teilen und den Gästen die Zeit so erfüllt wie möglich zu machen. Ich glaube nicht, dass sie wirklich wissen wie es uns geht, aber wahrscheinlich verstehen sie uns doch besser als wir am Anfang geglaubt hatte.