How to: Take every Fettnäpfchen

*Disclaimer: Ich werde von meiner letzten Woche berichten und einige Situationen schildern. Es ist äußerst ausführlich und die nächsten Einträge werden kürzer, versprochen! *
Prasselnder Regen und Windböen ließen mich für den Bruchteil einer Sekunde denken, ich sei Zuhause. Dann aber erblickten meine Augen das Zimmer und ich realisierte, wo ich war. Mein Handywecker klingelte um 07:00 Uhr und das bekam ich zu spüren. Nach den wenigen Stunden Schlaf und einem Jetlag war Zeit für eine Dusche. Aufgrund der Eidechse, die wir am ersten Abend entdeckten, betrat ich das Badezimmer sehr langsam und ängstlich. Ewig suchte ich in jedem Teil und jeder Ecke des Raumes. Keine Eidechse. Wie auch immer sie es geschafft hat, aber sie war nicht aufzufinden. Also kann die Dusche beginnen: Skeptisch betrachtete ich den extra Duschraum. Es gab eine Vorrichtung, sodass man, wie in Europa üblich, duschen konnte. Was der Eimer in diesem Raum sollte, verstand ich nicht. Ich schaltete das Wasser ein und einen Moment wartete ich, in der Hoffnung, dass das Wasser noch warm wird. Vergeblich. Ich musste es nun also wagen und kalt duschen. In Deutschland kann ich nichtmal ohne anzuhalten die Stufen im beheizten Schwimmbad heruntergehen. Deswegen beschloss ich, nur schnell eine Art Katzenwäsche zu machen.


Bereit, um nun unser Schlafzimmer zu verlassen, nahm ich meine Regen Jacke, aufgrund der Geräusche des stürmischen Wetters und öffnete die Tür. Ich öffnete sie mit der Erwartung auf einen regnerischen Tag. Was mir aber entgegen kam, war eine Art Hitzewelle. Strahlender Sonnenschein und stickige Luft begrüßten mich. Mit meiner Regenjacke unterm Arm schaute ich enttäuscht auf die Straße. Anscheinend war die Klimaanlage so laut, dass ich die gesamte Nacht dachte, das Wetter würde der Regenzeit alle Ehre machen. Ich brachte die Jacke zurück ins Zimmer und startete verwirrt in den Tag.


Nun ging es weiter mit dem Frühstück. Zusammen mit Christy Mae, die nur Mimotz genannt wird, und Jennifer gingen Lone und ich in ein „örtliches Lokal“. Dort gab es Reis zusammen mit einem Ei, das mit einer Aubergine gebraten wurde – Mochte ich nur leider nicht, habe aber trotzdem brav aufgegessen. Während des Essens traf der Obispo Maximo ein. Dies ist der oberste Bischof. Mit einem Händeschütteln begrüßten wir ihn. Mimotz und Jennifer wirkten sichtlich nervös. Gäbe es keine Klimaanlage im Lokal, wäre ihnen der Schweiß über die Stirn gelaufen. Unser Fehler: Auf den Philippinen blessed man alle Personen, die man respektiert und die ein gewisses Alter haben. Dazu nimmt man die Hand des Anderen, verbeugt sich etwas und berührt mit der Hand seine eigene Stirn. Nun haben wir also die wohl höchste Respektperson nicht geblessed. Das, liebe Leute, nennt man ein Fettnäpfchen, wie es im Buche steht. Es schien den Obispo Maximo nicht weiter zu stören, er war wirklich sehr erfreut, uns zu sehen und äußerst bodenständig. Trotzdem ist es mir immernoch etwas unangehm.

Nachdem ich den Vorfall beim Frühstück erstmal verdauen musste, ging es dann in die Mall. Auf dem Weg bewunderte ich die vielen Straßenstände. Überall konnte man Essen, Kleidung, Handys, Bürsten und einfach alles kaufen. Dann bekam ich Gänsehaut: Ein Küken am Spieß. Es wurde einfach nur gerupft und samt Augen, Schnabel & Füßen aufgespießt. Quasi ein ChickenNugget-to-go.
Bei der Mall angekommen, muss man sich in eine Reihe stellen und wird kontrolliert, erst dann darf man eintreten. Generell sind in der gesamten Stadt Polizisten verteilt. Die meisten tragen ein Gewehr bei sich und sehen nicht gerade aus, wie dein Freund und Helfer.
In der Mall fühlte ich mich wie in Hamburg. Alles ist modern, die Geschäfte und Marken sind bekannt, sogar Rolltreppen gibt es. Wie kann es sein, dass draußen viele Menschen auf der Straße schlafen, Hunde verhungern und in der Mall ist plötzlich heile Welt? Es ist kontrovers für mich und daran muss man sich erstmal gewöhnen.
Wir kauften eine Sim-Karte und hatten nun endlich eine philippinische Nummer.

Der 2. Tag begann für mich mit einer richtigen Dusche. Mimotz hatte mir erklärt, wozu der Eimer ist und nun wollte ich mein Wissen testen. Ich ließ den Eimer mit kaltem Wasser vollaufen. Das dauerte zu meinem Bedauern äußerst lange und ich begann, zu frieren. Das war vielleicht ganz gut, denn so war der Temperaturunterschied geringer. Mit einer Kelle schöpfte ich Wasser und kippte dies todesmutig und in Erwartung an einen Herzinfarkt über meinen Kopf. Das Shampoo verteilte ich und begann, es auszuwaschen… Wenn allerdings Shampoo in den Augen ist und man den Eimer suchen muss, ist das ziemlich problematisch. Blind suchte ich mit der Kelle nach dem Eimer. Nach ewigen 30 Sekunden bekam ich Paranoia, dass dieser sich in Luft aufgelöst haben muss. Trotz der Kälte und der Ungewissheit mit dem Eimer habe ich diese Dusche genossen. Niemals hätte ich gedacht, dass eine Dusche so erfrischend sein kann.


Da wir um 9 Uhr los wollten, standen Lone und ich um 08:55 Uhr auf der Matte. Was soll ich sagen, Filipino nehmen die Zeit nicht sehr ernst. Um 10:30 Uhr sind wir immernoch nicht aus dem Büro herausgekommen. Wir aßen letztendlich Frühstück bei McDonald’s. Vielleicht wurde bemerkt, dass Reis am frühen Morgen nicht unser Leibgericht ist. In der Warteschlange wurden wir angesprochen, aus welchem Land wir kämen und dass er uns willkommen heiße… Danke? Was sagt man einem fremden Mann, der allen Mut zusammen genommen hat (er war wirklich aufgeregt), nur um einen anzusprechen? Generell frage ich mich, was so besonders an einem Europäer sein soll. Wir sind auch nur Menschen.
Bei Mcdonalds gab es Pancakes, Ananassaft und eine Menge Songs von Ed Sheeran. Leider waren in unserem Saft Eiswürfel. Diese, so hatte ich es mir vorgenommen, wollte ich eigentlich nicht zu mir nehmen, da sie häufig aus Leitungswasser bestehen. Huch. Natürlich hätte ich sie einfach mit meinem Löffel herausnehmen können. Aber ich wollte mein kühles Getränk genießen und nicht spießig sein. Also trank ich den Saft sehr schnell aus, damit die Eiswürfel nicht schmelzen. Zum ersten Mal in meinem Leben erfuhr ich, was es heißt, einen Hirnfrost zu haben. Wenn ihr mal in so einer Situation seid: Nehmt die Eiswürfel einfach heraus. Oder lasst sie drin. Ihr werdet nicht daran sterben. Aber ext auf keinen Fall – wirklich niemals – einfach euer eiskaltes 0,5L Glas. Tut euch selber einen Gefallen: Lasst es und macht nicht den gleichen Fehler wie ich.

Wir wollten Chinatown besuchen und wagten eine Fahrt in einem Jeepney.

Die Menschen vor Ort haben die alten Militärfahrzeuge umgerüstet zur Personenbeförderung. Dies ist eine günstige Möglichkeit, um von A nach B zu gelangen. Du springst einfach auf, wenn der Jeepney irgendwo anhält (Haltestellen existieren nicht). Dann reichst du das Geld an den Fahrgast neben dir, damit der Fahrer vorne dies annehmen kann und das Wechselgeld zurück gibt. Es war eine wirklich rasante und laute Fahrt mit vielen verschiedenen Gerüchen.
In unserer freien Zeit schauten wir zusammen mit Mimotz Britains Got Talent. Am Abend gesellten wir uns zum Fellowship der YIFI (Youth of the Iglesia Filipina Independiente) und lernten eine Menge freundlicher und offener Menschen kennen. Wir sollten eine kleine Rede halten und es war schrecklich. Gar nicht vorbereitet und mit einem Blackout an englischen Vokabeln stammelten wir Sätze vor uns hin. Wer auch immer ins Ausland geht, sollte künftig etwas vorbereiten, denn das war ein sehr unangenehmes Erlebnis.

Filipino lieben es, Fotos zu machen und diese auf Facebook zu teilen. Nach endlosen Selfies, Geuppenfotos und spontanen Schnappschüssen ging es dann endlich ins Bett. Ich bin schon eingeschlafen, da habe ich nichtmal richtig im Bett gelegen.

Der 3. Tag. Unser Treffen war um 9 Uhr, da wir 2 Leute kennenlernen sollten, die für 3 Wochen nach Deutschland gehen. Schade nur, dass wir unseren Wecker nicht hörten und seelenruhig bis 12 Uhr schliefen. Nach diesen 14h Schlaf wurden wir von einem Klopfen geweckt. Mimotz rief unsere Namen, aber die Türe war verschlossen. Ein Glück wachten wir davon auf, denn sonst würden wir womöglich immernoch schlafen.
Nun machten wir uns also innerhalb von 2 Minuten fertig. Keine Dusche, keine Zeit zum Gähnen oder Meckern. Da ich schneller bereit war, ging ich schonmal Richtung Büro und bereitete innerlich eine Entschuldigung auf Englisch vor. Ich kann gar nicht beschreiben, wie unangenehm mir diese Situation gewesen ist.

Angekommen beim Büro traf ich auf eine verschlossene Tür. Schnell ging ich zum anderen Eingang und trat hinein. Niemand war dort. Weder an der Rezeption, noch in irgendeiner der Räume. Normalerweise laufen dort zirka 15 Menschen umher. Aufgeregt rief ich auf Englisch, ob jemand da sei. Keine Antwort. Endlich fiel mir ein, dass Samstag ist und somit einfach niemand arbeitet. Etwas erleichtert wartete ich auf Lone und zusammen gingen wir in die Kirche. Dort trafen wir zwar nicht auf Mimotz, aber dafür auf viele junge Menschen vom gestrigen Abend. Wir sollten uns zu deren Meeting dazu gesellen und es wurden zahlreiche Fotos gemacht. Innerlich dachte ich schon daran, wie Mimotz sehen würde, dass wir statt sie zu suchen nun eine andere Tätigkeit gefunden hatten. Und dann wurden auch noch so viele Beweisfotos gemacht…
Nach zirka 20 Minuten kam Mimotz dazu und sie freute sich, dass wir endlich mal richtig geschlafen haben. Das Treffen um 9 Uhr wäre sowieso ausgefallen, da das Flugzeug der beiden nicht um 6 am sondern um 6 pm ankommen würde. Glück gehabt.

Da Filipino für ihr Leben gerne essen, hatten wir bisher jeden Tag Snacks. Heute gingen wir in die Mall, um einen „Milktea“ zu trinken. Als Zusatz kaufte Mimotz noch eine Spezialität: Der frittierte Intestinaltrakt eines Schweines. Sichtlich angewidert schlürfte ich weiter an meinem leckeren Erdbeer-Milchtee. Ray und Mimotz aßen den Snack und waren begeistert. Ich ließ mich davon nicht beeindrucken und lehnte weiterhin ab, auch nur eine kleine Ecke zu probieren. Nachdem Lone sich dann als mutig erwies, sprang ich über meinen Schatten und probierte zirka 0,001mg der Spezialität. Vermutlich war nicht einmal etwas vom Intestinaltrakt enthalten, sondern lediglich die Panade. Trotzdem kann ich sagen: Es hat gar nicht mal schlecht geschmeckt. Es war etwas salzig und knusprig. Wir erfuhren, dass die Menschen hier gerne Ratten, frittierte Frösche und Schweineblut essen würden. Die nächsten 11 Monate werden also exotisch…

Am Abend gedachten wir an die Opfer des Vorfalls in Negros. Vor einigen Wochen wurden Farmer umgebracht. Da wir in den nächsten Tagen in unsere Einsatzstelle gehen würden, die in Negros liegt, wurden wir häufig gefragt, ob wir Angst hätten. Hatte ich nicht. Das Einzige, was mich beunruhigte, ist, dass die Menschen von hier denken, ich hätte Angst. Wir gehen nach Negros Occidental und die Vorfälle waren in Negros Oriental. Also kein Grund zur Panik.

Am Abend lernten wir Bejie und Francis kennen. Um zirka 21:30 Uhr klopfen sie an unserer Zimmertür. Da sie noch nichts gegessen hatten, bestanden sie darauf, zur Mall zu gehen, um etwas zu dinnieren. Also ja, Filipino lieben ihr Essen.
Lone und ich lagen bereits in unseren Betten, als sie zurück kamen und ebenfalls schlafen gingen. Da ich 14 Stunden Schlaf hatte in der letzten Nacht, war ich nicht besonders müde. Bis zirka 4 Uhr lag ich wach. Mir fiel auf, dass die Mücken von hier nicht summen. Das hat Vor- und Nachteile. Denn dadurch nerven sie zum Beispiel nicht, allerdings wird man aus dem Nichts gestochen und hat keine Möglichkeit, die Mücke zu erwischen. Ob die europäischen Mücken wohl wissen, dass es die andere Spezies gibt? Es muss wohl eine Art Superkraft für sie sein.

Endlich schlief ich ein. Doch schon um 05:30 Uhr standen Frances und Bejie auf. Sie unterhielten sich, hörten Musik und spielten Handyspiele mit Ton. Aufgrund dessen hatte ich genau 1,5 Stunden Schlaf.

Tag 4:
Der Sonntag begann mit einer „Holy Mass“. Der Gottesdienst dauerte zirka 2 Stunden. Theoretisch wäre das absolut in Ordnung gewesen, denn es ist wirklich abwechslungsreich. Man steht viel, muss sich zirka 4 Mal niederknien, es gibt ein Abendmahl und es wird gesungen. Hätte ich doch nur etwas verstanden. Bis auf „Amen“ und vereinzelte Wörter, die ich erahnen konnte, verstand ich nichts. Es war trotz der Ventilatoren wirklich warm. Zirka ab der Hälfte des Gottesdienstes hatte Lone Probleme mit ihrem Kreislauf und ist zusammen mit Mimotz ins Büro gegangen. Das Wetter, der wenige Schlaf und der Jetlag sind wirklich anstrengend und zu spüren.
Am Nachmittag passierte etwas, das ich meiner Familie unendlich mal versprochen hatte: Es wurde geskyped. Es war der Geburtstag meines Bruders und als meine Familie sich zum Frühstück traf, passte die Zeit aufgrund des Zeitunterschiedes perfekt für mich. 20 Minuten erzählte ich allen, wie toll ich es hier finde. Zuhause schien nicht so viel passiert zu sein. Ich wurde mit Fragen durchlöchert und sie wirkten erleichtert, dass ich so lebhaft von den letzten Tagen erzählte.

Am Abend fuhren wir mit dem Jeepney in das Innere der Stadt. Am Hafen war eine wunderschöne Skyline zu erkennen mit tausenden von Lichtern. Zum Dinnieren gingen wir zu einem koreanischen BBQ Lokal. Wir saßen draußen an einem Tisch zwischen Palmen und auf Gras. Das Gras sah künstlich grün aus, ist aber einfach eine bestimmte Art, die für Karabaus gedacht ist. Das Essen war der absolute Hammer. Noch nie zuvor hatte ich zusammen mit einer Gemeinschaft wie dieser, eine Atmosphäre, wie die vorliegende, ein Dinner so sehr genossen.
Mit dem Bus fuhren wir zurück zum Büro. Im Inneren des Busses gab es eine Klimaanlage, Fernsehen und jemand ist umher gelaufen, um das Geld einzusammeln.

Am Abend lagen wir alle gemütlich in unseren Betten, als Lone wie aus dem Nichts folgendes sagte: „Well, I guess I just broke my phone.“ Jap. Das gesamte Display war ein Farbspektakel. Da schien nichts zu mehr zu helfen.

Tag 5:
Da wir um 10 Uhr einen Vortrag hören sollten, stand ich gegen 08:30 Uhr auf. In unserem Zimmer schliefen 6 Personen und eine lag bereits nicht mehr in seinem Bett. Ich nahm meine Sachen und wollte duschen gehen. Als ich die Tür öffnete, war das Licht an und ich hörte es rascheln.
Mit einem kurzen „Sorry“ schloss ich rasant die Tür und lief zurück zu meinem Bett. Nun wartete ich Ewigkeiten darauf, dass das Bad frei wurde. Irgendwann wurden auch die anderen aus dem Zimmer wach und fragten, warum ich so verlassen da saß. Anscheinend befand sich niemand im Badezimmer, sondern das Licht wurde angelassen und es hing eine Plastiktüte an der Türklinke, die Geräusche machte. Wow, ich hatte bestimmt 25 Minuten nur da gesessen und nichts getan.

Wir kamen aufgrund meines Fehlers einige Minuten zu spät zum Vortrag, doch das war nicht weiter schlimm. 1,5 Stunden erzählte eine Frau, was in welchem Alter bei einem Kind eintritt, warum es weint und so weiter. Es war, als würde ich mir 2 Stunden anhören müssen, wie man aus einem Glas Wasser trinkt. Alles ist selbsterklärend und absolut logisch. Ich musste mich also ausgiebig zusammenreißen, nicht einzuschlafen.

Zum Mittag aßen wir Pizza und Lasagne. Es war wirklich lecker. Welches Essen, bis auf meine erste Mahlzeit hier, schmeckt eigentlich nicht?
Den Rest des Tages verbrachten wir mit Beji und Francis. Beide sind sehr gesprächig und reden über diverse Themen. Wir diskutierten stundenlang über Sport, Musik, Politik, Religion, Kultur und generelle Unterschiede beziehungsweise Gemeinsamkeiten unserer Heimatländer. Also ja, ein Austausch finden definitiv statt und es ist toll. Es ist wirklich interessant, Neues zu erfahren und verschiedene Themen aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Zum Abendbrot gab es Ramen. Das ist, genau wie die Pizza, nicht philippinisch, aber trotzdem köstlich.

Tag 6: Ich merke von Stunde zu Stunde, dass die Philippinen langsam aber sicher zu meinem neuen Zuhause werden. Das Aufstehen morgens ist schwierig, denn das Bett fühlt sich sicher und gemütlich an. Ich lerne von Tag zu Tag neue Wörter, neue Sitten, neues Essen und neue Menschen kennen. Filipino sind total aufgeschlossen, gutherzig, humorvoll, laut, gesprächig, zuvorkommend und charmant. Häufig bekomme ich Komplimente für beispielsweise meine Augen, da nahezu alle Menschen hier braune Augen haben und ich mit meinen blau-grauen ausnahmsweise mal eine Besonderheit bin. Mittlerweile bin ich doch tatsächlich ein wenig braun geworden. In Deutschland bin ich über den Sommer entweder rot oder weiß, etwas dazwischen existiert nicht.

Heute bekamen wir einen Einblick in die IFI-Geschichte. Der spanische Kolonialismus spielt eine riesige Rolle. Am Nachmittag fuhren wir mit dem Zug zu einer Kirche in St. Cruz. Wer mit dem Zug fahren möchte, muss sich anstellen, von Polizisten durchsuchen lassen, seine Karte aufladen und dann in den Bereich für sein Geschlecht gehen. Im Zug selbst war es sehr angenehm, denn der Zug rast nicht so wie beispielsweise die S-Bahn in Deutschland. Wir fuhren zirka 5 Minuten.

Der Gottesdienst in St. Cruz war in einer katholischen Kirche und sehr traditionell. Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich eine Nonne. Leider verstand ich mal wieder kein Wort, aber durch die Bildschirme konnte ich wenigstens versuchen, mitzusingen. Danach bei der Demonstration für Negros durfte ich leider nicht teilnehmen. Aber von Weitem sah ich das Spektakel und es wirkte sehr ausdrucksstark. Für den Heimweg nahmen wir eine Art Taxi. Zirka 10 Minuten mussten wir warten, bis es kam. Dann standen wir ewig im Stau und wenn ich mich umdrehte, sah ich immernoch den Fleck, wo ich zuvor auf das Auto wartete. Mühsam nur kamen wir voran. Erst nach 20 Minuten Fahrt hatten wir einmalig das Tempo erreicht, bei welchem sich das Auto von selbst abschließt (meist 10km/h) und der Fahrer konnte endlich in den 2. Gang schalten, um dann letztendlich wieder anhalten zu müssen. Wir brauchten 50 Minuten, bis wir endlich ankamen. Dafür, dass wir mit Zug nur 5 Minuten gebraucht haben, hätten wir vielleicht auch laufen können. Aber wenigstens hatte das Auto Anschnallgurte und ich nutzte die Zeit für ein Nickerchen.

Zu Abend aßen wir spicy Reis mit Hühnchen. Zur Auswahl standen mild-medium-hot-extra Hot-super hot. Ich nahm medium, da ich gerne scharf esse – Dachte ich. Beim ersten Bissen merkte ich bereits, wie mein Mund förmlich brannte. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was geschehen wäre, hätte ich super hot genommen. Vermutlich hätte die Feuerwehr den Brand in meinem Mund löschen müssen. Ich sortierte die Chilli Stücke aus meinem Essen und nahm extra viel Reis, zusammen mit nur ganz wenig Hühnchen. Gemeinsam mit etwas Eistee zum Nachspülen war dies annähernd ertragbar.

Nun liege ich in meinem Bett und kann gar nicht fassen, dass hiermit der sechste Tag zuende geht. Es fühlt sich an, als wäre ich gestern erst angekommen, aber würde die Menschen schon seit Wochen kennen. Ich freue mich schon sehr auf die nächsten Erlebnisse und bin gespannt darauf, wann mein Abenteuer allmählich zum Alltag wird.


Comments:

Janna
27.08.2019

Das hast du großartig geschrieben, liebe Madita, ich musste sehr viel lachen! Es klingt als hättet ihr eine spannende erste Zeit - trotz Fettnäpchen - und ich wünsche dir und Lone noch ganz viel Spaß. Ich freue mich auf weitere unterhaltsame Berichte von dir! Liebe Grüße aus dem ZMÖ Janna

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