Lärm, Dichte, tausende Gerüche, Trubel – und 35 Millionen Einwohner: Das erwartete mich Ende Februar, als ich mich auf den Weg in die Hauptstadt Indiens, nach Delhi, machte. Bevor ich dort ankam, waren meine Gefühle gemischt: Einerseits war da die Vorfreude, endlich die berühmte Metropole zu erleben – andererseits auch Unsicherheit, ob sie mir gefallen würde, denn ich hatte bereits vieles Negative über Delhi gehört.
Mein Weg von Nagpur nach Delhi führte mich zunächst nach Agra im Bundesstaat Uttar Pradesh. Dort wollte ich eines der sieben Weltwunder der Moderne mit eigenen Augen sehen – den Taj Mahal. Dieses Bauwerk war für mich eines der beeindruckendsten, das ich bisher in Indien gesehen habe. Doch Agra hatte mehr zu bieten, etwa das Agra Fort oder den sogenannten „Mini-Taj“.

Nach einer Übernachtung in Agra reiste ich weiter nach Delhi. Die Stadt war anders als alles, was ich je erlebt hatte – die Menschenmengen, der Lärm, das Chaos waren überwältigend. Ich verbrachte drei Tage in Delhi und konnte mir so ein gutes Bild machen. Die ersten Tage war ich im ruhigeren Teil der Stadt unterwegs, hauptsächlich in Neu-Delhi. Dort überraschte mich Delhi mit seiner Sauberkeit, schöner Architektur und vielen Grünflächen. Ich besuchte das India Gate, den Sunder-Nursery-Garten und das Humayun’s Tomb. Am letzten Tag meines Aufenthalts war ich in Old Delhi, rund um das bekannte Rote Fort. Diese Erfahrung war völlig anders: Ich habe noch nie in meinem Leben so viele Menschen auf einmal gesehen. Es war kaum möglich, die Umgebung wahrzunehmen – ich musste ständig aufpassen, nicht von der Menschenmasse mitgerissen zu werden. So etwas muss man selbst erlebt haben, um es zu begreifen. Insgesamt bin ich sehr froh, Delhi besucht zu haben. Neu-Delhi hat mich positiv überrascht, während Old Delhi in puncto Lärm, Trubel und Schmutz meine Erwartungen bei Weitem übertroffen hat.

Nach meinem Aufenthalt in Delhi ging es für mich weiter nach Malaysia, genauer gesagt nach Kuala Lumpur, um dort zwei Freundinnen aus meiner Heimat zu treffen, die auf Asienreise waren. Kuala Lumpur überraschte mich auf ganz andere Weise: ruhig, sauber, geordnet – damit hatte ich nicht gerechnet. Als ich 2018 zum ersten Mal dort war, hatte ich ein ganz anderes Bild. Aber ich bin sicher, dass mein langer Aufenthalt in Indien meinen Blick verändert hat – das Maß an Trubel und Intensität, das Indien bietet, findet man in kaum einem anderen Land.

Zurück in Nagpur folgte gleich das nächste Highlight: Das Holi-Festival stand vor der Tür. Holi ist ein indisches Frühlingsfest, bei dem der Sieg des Guten über das Böse gefeiert wird. Menschen bewerfen sich mit buntem Pulver, spielen mit Wasser, tanzen und singen gemeinsam. Am Vorabend des Festes, am 13. März, wurde ich von meinem Freund Anirudhha und seiner Frau Shabri eingeladen, mit ihnen die Zeremonie am Feuer zu feiern. Sie liefen Runden um das Feuer, zeichneten Kreise mit Wasser und warfen Opfergaben wie Kokosnüsse hinein. Am nächsten Tag besuchten wir gemeinsam Freunde und Familie, wünschten ein fröhliches Holi und segneten einander mit Farbpulver – eine schöne, spirituelle Geste. Besonders berührend war für mich die große Gastfreundschaft, die ich nicht nur von meinen Freunden, sondern auch von den Menschen auf unserer Runde erleben durfte – einige davon kannte ich bereits selbst gut.

Mitte März geschah zudem etwas Spannendes das India Peace Centre, bei dem ich tätig bin, hatte in den letzten 50 Tagen ein internationales Friedensprogramm organisiert, das nun zu Ende ging. Ich war fast täglich involviert und übernahm viele Aufgaben, wodurch ich eine enge Verbindung zu den Teilnehmenden aufbauen konnte. Es waren Menschen aus den Philippinen, Myanmar, Timor-Leste, Indien, Nepal und Indonesien dabei – der Austausch mit ihnen war für mich unglaublich bereichernd da ich so viel über andere Kulturen und Lebensweisen lernen konnte.
Ende März bis Anfang April reiste ich schließlich mit einem meiner besten Freunde aus Deutschland durch den Süden Indiens, insbesondere durch Kerala. Unsere Tour begann in Mangalore, wo wir zur Eingewöhnung zwei Tage verbrachten und auch die Familie einer Bekannten trafen – auch hier wurden wir herzlich empfangen. Danach ging es weiter nach Kochi, wo wir Fort Kochi erkundeten, und schließlich nach Alleppey, wo wir eine wunderschöne Bootstour durch die berühmten Backwaters machten. Anschließend fuhren wir mit dem Bus nach Munnar, einem Ort in fast 2.000 Metern Höhe, der für seinen Tee-Anbau bekannt ist. Die Landschaft und das Klima dort waren atemberaubend. Den Abschluss unserer Reise bildete Varkala, eine Küstenstadt ganz im Süden, in der wir fünf entspannte Tage mit gutem Essen und Strandzeit verbrachten – genau das Richtige nach dem Trubel der Reise.

Alles in allem kann ich sagen ich fühle mich hier in Indien immer wohler. In Nagpur wachsen meine Freundschaften und auf Reisen helfen mir meine bisherigen Erfahrungen, sicherer und entspannter unterwegs zu sein. So sammle ich ganz nebenbei unglaublich viele horizonterweiternde Eindrücke – und genau das macht diese Zeit für mich so besonders.