In diesem Eintrag möchte ich von einem ganz besonderen und wichtigen Fest erzählen, zu dem meine Mitfreiwillige Kira und ich am 12. November eingeladen waren: die sogenannte “Quinceañera” von einem Mädchen aus dem Kinderheim. „Quinceañera” bedeutet übersetzt „Fünfzehnjährige“. Mit einem ganz besonderen und häufig üppig-eindrucksvollen Fest wird der 15. Geburtstag – und damit der Übergang vom Kind zur Frau – in Uruguay und einigen anderen Ländern Lateinamerikas zelebriert. Gefeiert haben wir in einem großen Raum einer Kirche, zu der die Kinder des Heims jeden Samstag fahren. Das Fest wurde mit einem Walzer von dem Mädchen und ihrer Mutter eröffnet. Diesen musste sie so lange weiter tanzen, bis alle Gäste, die dies wollten, auch einmal mit ihr getanzt hatten. Anschließend haben alle Gäste gemeinsam und viel getanzt (nun keinen Walzer mehr), es gab eine Fotobox, in der man zusammen Fotos machen konnte und die dann gleich ausgedruckt wurden und außerdem auch unglaublich leckeres Essen, welches fast alles der Koch des Kinderheims alleine zubereitet hatte. Besonders schön war eine typische Zeremonie mit 15 Kerzen. Bei dieser bedankt sich das Geburtstagskind nacheinander bei 15 Personen, die für sie in ihrer bisherigen Entwicklung am wichtigsten waren und schenkt ihnen anschließend jeweils eine Kerze. Es war für mich sehr berührend, sie bei dieser Zeremonie zu beobachten.
Insgesamt war es eine ausgesprochen liebevoll gestaltete und organisierte Feier und alle haben sich große Mühe mit dem Fest gegeben. Trotzdem wirkte das Geburtstagskind während des Festes nicht unbedingt nur glücklich. Ich war immer froh, sie zwischendurch auch lächeln zu sehen, da sie ansonsten einen eher traurigen und vielleicht auch erschöpften Eindruck machte. Die eigene Familie und das Leben im Kinderheim sind zwei Dinge, die im Alltag eher getrennt voneinander gehalten werden und sich eigentlich nicht vermischen. Ich kann mir vorstellen, dass es überfordernd sein muss, wenn diese beiden „Seiten“ auf einmal nun doch ganz und gar vermischt sind, und dann noch bei einem Fest, das an sich schon total aufregend ist und bei dem man große Aufmerksamkeit erhält, die man in dem Maß vielleicht noch nie erlebt hat. Das alles ist vermutlich schwer zu verarbeiten und verursacht mit Sicherheit ein ziemliches Gefühlsdurcheinander.
Ich kann mir durch meine Beobachtungen natürlich nur annähernd vorstellen, wie sich die beiden Geschwister, aber auch deren Eltern an diesem Abend gefühlt haben müssen. Es war einerseits eine wunderbare Erfahrung, die Tradition des 15. Geburtstages miterleben zu können und ein Teil des Festes gewesen sein zu dürfen und dafür bin ich dankbar. Aber es war für mich auch bedrückend, das Mädchen und ihren Bruder an dem Fest so zu erleben. Mir wurde auf diese Weise noch einmal ganz deutlich, was es für die Kinder des Kinderheimes bedeutet, nicht in ihren Familien leben zu können und mit einer quasi „zerrissenen“ Identität leben zu müssen.