Kannst du Atmen?

Wie ist meine Schulzeit, abgesehen vom ersten Tag?
Der Morgen beginnt damit, dass sich alle auf dem Schulhof nach Klassen sortiert aufstellen. Dann wird gesungen, gebetet und die philippinische Flagge gehist. Jeden Montag wird außerdem Zumba getanzt. Dabei muss jeder mitmachen. Das Lied ist ein moderner, englischer, Pop-Titel und macht tatsächlich gute Laune – zumindest beim Zuschauen. Dieses Mal sind wir ein Glück noch irgendwie daran vorbeigekommen, mit zu tanzen. Mal sehen, was ich mir nächsten Montag überlege.


Die Schüler legen ihre Schüchternheit langsam ab und dafür fragen sie mir mittlerweile Löcher in den Bauch. Die typischen Phrasen sind dann: „Woher kommst du?“, „Hast du Geschwister?“, „Magst du Reis?“, „Wie war deine Zeit bis jetzt?“. Ein etwas kleinerer Junge stellte dann aber die wohl süßeste und gleichzeitig witzigste Frage:“Miss Madi, are you able to breath?“. Nach einem ungläubigen Blick und einigen Sekunden Nachdenkzeit, fragte ich nochmal nach, wie er das denn meine, schließlich müsse jeder Mensch doch Atmen. „Your Nose is so little, how can you get enough air to live?“. In diesem Moment wollte ich den Jungen einfach nur in den Arm nehmen. So klein und solche neugierigen Fragen. Ich erklärte ihm, wie ich denn genügend Sauerstoff zu mir nehmen konnte und beantwortete weiterhin fleißig Fragen. Dieser Junge war aber nicht der Einzige, dem meine Nase ins Auge gestochen war. Immer wieder sah ich, wie der Blick von meinen Augen herunter auf meine Nase ging. Schüler schauten sich gegenseitig an und hielten ihre Nase zu, um ungefähr eine so kleine Nase wie ich zu bekommen. Witzig mit anzusehen, aber irgendwie auch komisch. Schließlich sieht ja kein Mensch aus, wie der Andere.
Als ich während einer Unterrichtsstunde vor die Tür ging, um mein Asthmaspray zu nehmen und einige Schüler, die draußen waren, das sahen, wurde ich natürlich gefragt, was ich da nehme. Nachdem ich erklärte, dass es manchmal schwierig für mich ist, zu atmen, wurde das Gerücht, dass ich zu wenig Luft bekomme, ungewollt verstärkt. Na toll.


In der Pause kamen 2 meiner Schüler auf mich zu mit einem Heft und stammelten halbwegs deutsche Satzteile vor sich hin. Zuhause hatten sie sich über die deutsche Sprache schlau gemacht und Fragen, beziehungsweise Antworten, für eine Kommunikation aufgeschrieben. Ehrlich gesagt bin ich davon immernoch etwas überwältigt. Sie sind wirklich neugierig und geben sich große Mühe, mich zu integrieren, aber auch viel über mich und meine Kultur herauszufinden. Ziemlich erwachsen für das zarte Alter von 12.
Auch sonst waren Schüler, die nicht in meine Klasse gehen, sehr interessiert. Während des Unterrichts kamen ständig Schüler rein, um Dinge auszuleihen. Das ist an sich ja nicht weiter komisch. Aber wenn 7 Schüler nervös vor der Tür stehen, dich angrinsen und lächeln, nur um dann eine Kokosnuss Schale auszuleihen, dann fühlt man sich beobachtet. Natürlich war es dabei wichtig, mit der halben Klasse zu kommen, einer Person kann man einfach nicht zumuten, etwas derartig Schweres zu tragen.


Von 07:30-09:30 Uhr bin ich also bei meiner 7. Klasse. Und danach? In meinem letzten Blogeintrag hört die Schule hier auf. Das stimmt aber nicht wirklich. Ab 09:30 Uhr gehen Lone und ich zusammen in die „Nursery“. Das ist eine Art Vor-Kindergarten.

In der Nursery 1 sind Kinder von 2-4 Jahren und in der Nursery 2 sind die Kinder 3-5 Jahre alt. Mit 5 kommen sie in den eigentlichen Kindergarten. Das ist aber alles ganz anders als in Deutschland. Hier muss jedes Kind in seiner Uniform auf einem Stuhl sitzen und der Lehrkraft folgen. Im Chor werden Lern-Lieder gesungen, das Alphabet aufgesprochen, spielerisch Aufgaben gelöst und sogar etwas geschrieben. Wer nicht zuhört, Quatsch macht, nicht auf dem Stuhl sitzen bleibt oder nicht im richtigen Moment aufsteht, dem wird damit gedroht, dass man die Wand anschauen soll. Die Regierung hat beschlossen, dass Kinder in der gesamten Schulzeit nicht geschlagen werden dürfen. Wie ich heraushören konnte, findet das nicht jeder Lehrer vorteilhaft. Manche Schüler bräuchten das, um diszipliniert zu werden, erzählt eine Lehrerin. Außerdem wird auch der Frust herausgelassen, dass es gesetzlich verboten ist, Hausaufgaben aufzugeben. Das hat mich sehr verwundert. Wobei die Schüler dafür sowieso nicht endlos viel Zeit haben, denn der Schultag für Kinder ab der 6. Klasse endet gegen 16 Uhr.

Am Freitag war unsere erste Deutschstunde. Jeder sollte seine eigene 7. Klasse unterrichten. Bei mir hat Lone im Hintergrund alles an die Tafel geschrieben und ich umgekehrt bei ihr. Zu meiner ursprünglichen Klasse kamen schnell weitere Interessenten, die am Unterricht teilnehmen wollten. Nach einigen Minuten war der gesamte Raum überfüllt. Neben „Guten Morgen“ lernten wir wir auch die Zahlen von 0-5, die Buchstaben „Ä“, „Ö“, „Ü“ und „ß“. Um eine kleine Kommunikation möglich zu machen, lehrte ich den Schülern einige Fragen und dazugehörige Antworten: „Wie geht es dir?“, „Wo wohnst du?“, „Wie viele Geschwister hast du?“. Als ich ansprach, dass wir gleich ein kleines Quiz machen würden, sah ich einen Schock in den Gesichtern. Hier werden Klassenarbeiten nämlich „Quiz“ genannt. Schnell fügte ich ein „just for fun“ hinzu und ich blickte wieder in erleichterte Gesichter. Auch, wenn nicht jede Antwort richtig war, bin ich immernoch sehr stolz, was man neugierigen und lernbereiten Schülern innerhalb von 30 Minuten beibringen kann.

Mittlerweile werde ich übrigens auf dem Schulhof nicht mehr mit „Good morning“, sondern „Guten Morgen“ begrüßt. Auch „Danke“ steht hoch im Kurs.
Während der Mittagspause wurde uns eine Nudelsuppe gebracht. Dankbar aßen wir. Ich löffelte so vor mich hin, als ich einen nicht ganz so erfreulichen Fund erblickte. Eine Hühnerkralle. Sie lag einfach so in meiner Suppe. Auch die Haut war noch dran. Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen, innerlich war mir aber ziemlich übel zu Mute. Ich pickte mir den Rest der Nudeln heraus und beteuerte, ich sei satt. Und das war ich auch, der Appetit ist mir vergangen.


Nun kommt etwas Außerschulisches vom Sonntag: Wir wurden endlich offiziell in unserer Kirche der Gemeinde vorgestellt. Nach dem Gottesdienst kam eine zirka 60 jährige Frau auf uns zu und sprach deutsch. Es war zwar mit starkem Dialekt, aber immerhin deutsch. Sie erzählte, sie habe 43 Jahre in Deutschland gelebt und sei nun hier in unserem Dorf bis Dezember. Die Frau hatte uns eingeladen, demnächst doch mal zu ihr Nachhause zu kommen und ihren Mann kennenzulernen. Auch sonst würde sie uns immer helfen, wenn es es nötig wäre. Ich bin dankbar, eine so nette und hilfsbereite Frau kennengelernt zu haben.


Ein großes Thema in der Schule am Montag war, dass wir am nächsten Tag zurück in die Hauptstadt Manila fliegen würden. Dort müssen wir unser Visum verlängern und ein weiteres beantragen. Nur leider wusste keiner so recht, wann wir genau fliegen, wie lange wir bleiben und wo unsere Boardingpässe seien. Nach langem hin und her wurde uns abends dann erzählt, wir würden doch erst Mittwoch fliegen. Nun schmissen wir die Pläne um und gingen doch Dienstag wieder zur Schule. Etwas unangenehm, denn jeder dachte, wir würden schon im Flieger sitzen. Naja, mittlerweile wissen wir, dass „organisiert sein“ einfach nicht so richtig zu den Stärken von Filipinos gehört.


Mittlerweile sind wir in Manila angekommen, haben unser Visa verlängert und heute lernen wir 4 Jugendliche aus Schweden kennen. Wie es weiter geht, berichte ich im nächsten Blogeintrag.

Lebendiger Unterricht

Wie versprochen, erzähle ich Euch nun von meinem ersten Schultag als „Assistent Teacher“ an der Francisco Infante Memorial High School. Es ist Montag, der 02. September. Um 05:30 Uhr klingelte mein Wecker, da wir um 7 Uhr in der Schule sein müssen und neben dem Frühstück auch eine Dusche an der Tagesordnung steht. Also torkelte ich, wie jeden Morgen, ins Badezimmer und drehte den Hahn auf – leider kam aber kein Wasser heraus. Also mussten wir am ersten Schultag auf eine Dusche verzichten. „Das fängt ja gut an“, dachte ich, zog mir die neue Uniform an und ging in die Küche, um zu frühstücken. Das Frühstück bestand aus kaltem Toast und einem nachgemachten Käse. Nachdem ich das erste Brot gegessen hatte, sah ich, dass das gesamte Toast schimmelig war. Perfekt, ich hatte also ein abgelaufenes Lebensmittel gegessen. Etwas angewidert war es dann vorbei mit der wohl wichtigsten Mahlzeit des Tages.

Nun warteten wir auf unseren Tricycle-Fahrer, der uns jeden Tag zur Schule bringen und abholen würde. Um 06:55 Uhr kamen wir bei der Schule an. Viel zu früh. Jeder einzelne Schüler begrüßte uns mit einem herzlichen „Good morning“ und einige erinnerten sich sogar noch an unsere Namen.

Ich ging mit meinem Lehrer in unsere Klasse. Es war eine 7. Klasse und alle starrten mich an. Einige lachten, einige versteckten sich und andere winkten mir zu. Ich sollte ganz hinten an einem Tisch sitzen und den Unterricht beobachten. Gerade hatte ich Platz genommen, wurde ich gebeten, mich einmal vorzustellen. Also ging ich nach vorne und gab einige Fakten über mein Leben preis. Nun sollte sich jeder Schüler einmal der Reihe nach mit Namen und dem Alter präsentieren. Das klappte nur leider nichtmal semi gut. Die Schüler sprangen einzeln auf, nuschelten ihren Namen innerhalb einer Sekunde mit 2 Dezibel vor sich hin, während die anderen die Person auslachten und ließen sich wieder auf den Stuhl fallen. Es sah aus, wie eine Laola-Welle. Nicht einen Namen konnte ich verstehen, geschweige denn, mir merken. Was ich aber mitbekommen hatte, war dass 99% der Klasse 12 Jahre alt sind. Einige wenige sind 13 und vielleicht auch 14, das konnte ich leider akustisch nicht ganz verstehen. Nachdem ich nun jeden Namen brav abgenickt hatte, durfte ich mich letztendlich wieder hinsetzen. Das Spektakel musste ich erstmal verarbeiten. Dafür war allerdings keine Zeit. Sir Jan kam auf mich zu und verkündete, dass ich schonmal meine Deutsch-Stunde für Freitag vorbereiten könne. Damit habe ich nun wirklich gar nicht gerechnet. Mir wurde davor immer aus Spaß gesagt, dass ich ja irgendwann mal einen Deutschkurs für Freiwillige geben könne. Aus Spaß wurde also Ernst und aus irgendwann nun schon in 4 Tagen. Ich blieb also auf meinem Stuhl am Ende des Raumes sitzen und schrieb Notizen in mein Heft. Allerdings handelte es sich hierbei nicht um meine unerwartete Deutsch-Stunde, sondern um die endlos vielen Dinge, die mir jetzt schon aufgefallen waren.

Beispielsweise ist es super laut in den Klassen während des Unterrichts. So eine Lautstärke hatten wir auf meiner Schule nichtmal in der Pause hinbekommen. Wenn der Lehrer eine Frage stellt, schreien alle die Antwort hinein. Die Mitarbeit ist wirklich bemerkenswert. Allerdings wird die Frage so gestellt, dass man die Antwort in der richtigen Reihenfolge aus dem Buch ablesen kann. Da frage ich mich: Ist es die gute Mitarbeit wert, wenn man dafür nicht mehr selbstständig denken muss? Ich sehe das als ziemlich kritisch an und finde nicht, dass dies effektiv ist.

Manchmal werden die Kinder auch aufgefordert, nur zu reden, wenn sie sich melden. Das klappt leider nicht wirklich. Sie reden miteinander über ihr Privatleben oder rufen die Antwort trotzdem in den Raum. Wenn dann jeder die Antwort weiß, wird die Hand in die Luft gestreckt, aufgesprungen und mit aller Kraft „Sir“ gerufen. Sehr lebendig dieser Unterricht.

Am Ende der Stunde wurde ein Test geschrieben. 5 Minuten hatte jeder nochmal Vorbereitungszeit. Diese wird unterschiedlich gut genutzt. Einige besitzen kein eigenes Buch und müssen dem Sitznachbarn über die Schulter schauen. Das gefällt nicht jedem Buchbesitzer. Andere haben es aufgegeben und unterhalten sich lieber mit den Mitschülern. Dies sind übrigens die Schüler, die sich am Ende am Lautesten darüber beschweren, dass die 5 Minuten doch viel zu kurz seien, klar. Wenn es dann darum geht, das „Quiz“, wie es hier liebevoll genannt wird, zu beginnen, dann rennen einige Schüler durch den Raum, um sich ein Blatt Papier zu borgen. Ob es sich hierbei um Vergesslichkeit oder zu wenig Geld für Papier handelt, weiß ich bislang nicht.

Nun wurden vom Lehrer Fragen gestellt und jeder Schüler musste sie leise für sich beantworten. Das war zumindest der Plan. Durchgehend wurde gequatscht, abgeschrieben und durch den Raum gelaufen. Außerdem fiel mir das erste Mal auf, dass jeder Stuhl+Tisch für Rechtshänder gemacht ist. Der Stuhl besteht aus Stahl, und hat auf der rechten Seite einen kleinen Tisch, sodass gerade mal ein kleiner Zettel und die Hand darauf Platz haben.

Am Ende musste ich die bereits korrigierten Tests in das Klassenheft eintragen. Ich war etwas erschrocken, über die teilweise so schlechten Noten. Schließlich wurde durchgehend geredet. Mit etwas Schwarmintelligenz hätte doch jeder Schüler die volle Punktzahl erreichen müssen. Trotzdem erzielten nur 2 Schülerinnen aus der ersten Reihe 15/15 richtige Antworten. Der Rest der Ergebnisse war leider etwas deprimierend. Vor allem, weil jeder Rechtschreibfehler bedeutet, dass es keinen Punkt gibt. Ist die Antwort also richtig, aber es steht ein „u“ statt „o“ geschrieben, so gibt es nichtmal einen halben Punkt. Mir tat es im Herzen weh, die Punktzahlen einzutragen. Die Schüler hörten schließlich die ganze Stunde dem Lehrer zu und schrieben höchstens freiwillig mit. Da nicht jeder ein Buch besitzt, hatten einige die Fachwörter also noch nie gelesen, sondern nur gehört. Da ist ein Rechtschreibfehler doch vorauszusehen.

Außerdem wählte der Lehrer willkürlich einige Schüler aus, die vor der Klasse singen mussten. Das ist nämlich für das Unterrichtsfach „MAPEH“ (Music, Arts, Physical Education, Health) von Bedeutung. Ich kann gar nicht beschreiben, wie glücklich ich war, kein Schüler mehr zu sein und somit auch nicht singen zu müssen. Einige Schüler sträubten sich und somit wurde eine 0 in die Liste eingetragen. Das tat mir umso mehr Leid, denn ich hatte das Gefühl, dass sie sich schämten, da ich mit im Raum war. Auch ein aufmunterndes Lächeln meinerseits konnte da nicht viel helfen.

Die erste Schulstunde war vorbei und nun wechselten die Lehrer die Räume. Ich aber blieb bei meiner 7. Klasse. Diese Zeit nutzte ich, um den Raum genauer unter die Lupe zu nehmen: Erst einmal war der Raum nicht direkt geschlossen. Gitterstäbe an zwei Aussenwänden trugen dazu bei, dass eine frische Brise durch den Raum fegte (die Ventilatoren halfen dabei). Das bedeutet, von Außen kann jeder ins Klassenzimmer schauen. An den Wänden hängen selbstgemachte Bilder der Schüler und einige motivierende Sprüche, wie: „You don’t have to eat less, you have to eat right“, „be yourself“ und einige Grundlagen aus dem Unterricht. Auf dem Schulhof laufen einige Hühner und ein Hund frei herum. Manchmal sieht man auch den Truthahn vom Nachbarn herumstolzieren.

Als die nächste Stunde mit Sir Kurt begann, fiel mir auf, dass nun auf Tagalog (Filipino) unterrichtet wurde. Die Stunde davor war nahezu ausschließlich auf Englisch. Da ich also nichts verstand, machte ich mir schonmal Gedanken über die Deutsch-Stunde am Freitag. Nur zu blöd, dass mein Kugelschreiber leer ging. Gerade dann kamen mir natürlich einige Geistesblitze. Um diese nicht zu vergessen, ritzte ich sie mit der Miene des Kugelschreiber in mein Heft. Das sah zwar nicht sehr schön aus, aber es funktionierte.

Um 11:50 Uhr wurden wir von unserem Fahrer abgeholt und verbrachten unsere Mittagspause Zuhause. Nach etwas Reis und einigen ruhigen Minuten (die braucht man wirklich nach dem Geschreie in den Klassen) wurden wir um 13:25 Uhr zurück zur Schule gefahren. Eine richtige Aufgabe bekamen wir nicht, aber da es morgen Zeugnisse geben würde, durften wir diese falten und in einen Umschlag tun. Außerdem gab es für einige Schüler besondere Auszeichnungen für zum Beispiel eine permanente Anwesenheit. Dies durften wir auf dem Computer ausfüllen und ausschneiden. Den Rest des Tages quatschten wir mit einem der Lehrer, der hier für ungefähr alles zuständig ist.
Gegen 16:30 Uhr wurden wir dann wieder nach Hause gefahren, wo unsere Nanay schon sehnsüchtig in ihrem Laden auf uns wartete. Abends fiel ich müde vor lauter Eindrücke ins Bett und freute mich schon auf den nächsten Schultag.

Wie die Zeignisvergabe und unser Deutsch-Unterricht verlief, was die wohl kurioseste Frage an mich bisher war und welchen Fund ich in meinem Mittagessen machte, erfahrt ihr im nächsten Blog.
Für einige Bilder, weitere Informationen und Fragen könnt ihr mir auf Instagram folgen: madi.matures

Eine Woche Nicht-Alltag

Die erste Woche in der Schule ist schon wieder vorbei, aber ich habe so viel neues erlebt, dass die Zeit sich viel länger als eine Woche angefühlt hat. Vieles ist anders als in Deutschland, und die folgende Liste ist sicher nicht alles, in dem sich der Schulalltag auf den Philippinen vom deutschen Schulalltag unterscheidet, aber es sind die Sachen, die mir besonders aufgefallen sind.

  1. Auf den Philippinen sammeln sich alle Schüler vor dem Unterricht auf dem Schulhof zur Flag Ceremony. Nur wenn es regnet fällt die Flag Ceremony aus, die Flagge wird dann stattdessen am eines der Fenster gehängt. Der Unterricht beginnt aber trotzdem um 7:30 Uhr, die Schüler kommen einfach eine halbe Stunde später.
  2. Neben der High School gibt es auf dem Gelände auch eine Nursery School. Die Kinder hier sind zwischen zwei und vier Jahren alt. Eine Klasse der Nursery School ähnelt jedoch eher einer ersten Klasse in Deutschland: Die Kinder sitzen in zwei Reihen an Tischen, lernen Buchstaben und Zahlen zu schreiben und machen jeden Freitag Sportunterricht.
  3. Die Schüler tragen Schuluniformen: Die Mädchen eine hellblaue Bluse, einen dunkelblauen Rock, eine Krawatte in der gleichen Farbe und schwarze Schuhe, die Jungen ein hellblaues Hemd mit einer dunkelblauen Hose und schwarzen Schuhen. Die Schuhe werden im Klassenraum allerdings ausgezogen. Die Schuluniform muss von allen Schülern getragen werden, auch den Kindern in der Nursery School.
  4. Die Schüler sind selber dafür verantwortlich dass ihr Klassenraum sauber ist. Das heißt auch, die Schüler fegen ihren Klassenraum selber. In der Nursery School übernehmen das die Eltern.
  5. Das philippinische Notensystem geht von 0 bis 100, wobei 100 die beste Note ist und mindestens 75 erreicht werden muss, um die Klasse zu bestehen.
  6. Die Schule hat keine Flure. Alle Türen gehen direkt nach draußen, die meisten Wege sind aber überdacht. Nur zur Mensa muss man durch den Regen laufen.
  7. Die Schüler arbeiten im Unterricht wenig selber. Im Wesentlichen erzählt der Lehrer, während die Schüler mitschreiben.

Es gibt aber auch einige Dinge, die auf den Philippinen genauso funktionieren wie in Deutschland:

  1. Das philippinische Schulsystem sieht zwölf Jahre Bildung vor, nur die Aufteilung ist etwas anders als in Deutschland: Klasse 1 bis 6 sind Primary School, 7 bis 10 Junior High School und Klasse 10 bis 12 Senior High School.
  2. Auch auf den Philippinen gibt es Nachmittagsunterricht. Dieser findet jedoch jeden Tag statt.
  3. Die philippinischen und die deutschen Fächer ähneln sich: Auf dem philippinischen Stundenplan steht Mathe, Englisch, Science, Geschichte, MAPEH (Music, Arts, Physical Education and Health) und Tagalog, die Landessprache.

Diese Liste wird in den nächsten Wochen mit Sicherheit noch länger werden, aber mir werden mir Sicherheit auch noch mehr Gemeinsamkeiten auffallen, von denen ich berichten kann.

Everything is good in our new hood

Auch, wenn ich noch nicht in meinem endgültigen Dorf angekommen war, liebte ich jetzt schon die Natur, die ich aus dem Auto beobachten konnte. Im Radio lief harmonische Musik und mit Leichtigkeit hätte man exakt in dieser Kulisse ein Musikvideo aufnehmen können. Wunderschöne Berge, nahezu künstlich grünes Gras und wirklich wenig Verkehr. Das, was mich in Manila am Meisten gestört hat, war die Lautstärke, der penetrante Geruch von Verwesung gemischt mit Abgasen und dazu noch die stehende Luft. Hier in Negros Occidental war alles anders. Irgendwie harmonisch. Man konnte Farmer bei ihrer Arbeit im Reis beobachten, die Kokosnusspalmen bewegten sich im Wind und beim Überqueren eines Flusses konnte man Boote schippern sehen. Nahezu paradiesisch.
Endlich sah ich von Weitem ein Ortsschild mit der Aufschrift „Valladolid“. Mein Herz pochte und ich war gespannt, nun das Dörfchen kennenzulernen, in dem ich fast 11 Monate verbringen werde. Das Dorf liegt direkt am Meer und am Ortseingang sind kleine bescheidene Hütten zu erkennen. Dann wurde mir aber schnell bewusst, so ein Mini Dorf war es gar nicht. Mir wurde gesagt, dass es selbst für mich klein sein würde und ich komme nun schon aus einem bescheidenem Örtchen… Im Endeffekt leben hier 37× so viele Menschen (37.000), wie in meinem vorherigen Dorf – das stimmt also schonmal nicht so richtig. Es gibt einen „7eleven“, in dem man das Nötigste bekommen kann (eine Art großer Kiosk). Außerdem besteht die Möglichkeit, in einem wet oder auch dry market einkaufen zu gehen. Das kann man sich ungefähr wie auf dem Markt in Deutschland vorstellen. Auf dem wet-market kann man Fleisch und Fisch kaufen. Bei einem dry-market Gemüse, Obst und andere Haushaltssachen. In die nächste Stadt sind es zirka 10-15 Minuten mit dem Bus, dieser fährt ein Glück fast im Minutentakt. Nimmt man etwas mehr Zeit in Kauf, so kann man auch nach Bacolod fahren, das dauert 45 Minuten und dort gibt es eine große Mall mit allen Geschäften. Sollte ich mir also mal etwas Gönnen möchten, dann bin ich gerne bereit, die 55 PHP (zirka 95 Cent) für eine Fahrt auszugeben.
Genug zu meinem überschaubaren Dorf. Denn gedanklich befinde ich mich ja eigentlich noch bei meinem ersten Tag hier. Als ich aus dem Auto stieg und das erste Mal das Haus betrachtete, hatte ich endlos viele Glückshormone in mir. Das Haus sah wunderschön aus und gar nicht, wie die Hütten, die ich davor beobachtet hatte. Wir hatten einen Balkon und ein großes Haus samt Garten. Meine neue Nanay (Mutter) saß in der Garage in ihrem eigenen Laden. Nanay Lourdes: Sie ist um die 75 Jahre alt, spricht sehr gutes Englisch, ist unglaublich liebevoll und sehr fleißig. Wir aßen einen selbstgemachten Nudelsalat und es war wirklich lecker. Komischerweise nur, war dieser süß. Wie ich später erfahren habe, wird hier fast jedes Gericht süß gegessen, da es ja regionalen Zucker gibt.
Wir schauten uns im Haus um: Im zweiten Stock (können wir uns bitte einmal freuen, dass das Haus so groß ist und wir quasi eine Etage für uns haben?) befindet sich unser Zimmer. 2 Doppelbetten, eine Klimaanlage, eine Mini-Kommode und ein Kleiderschrank befinden sich darin. Nebenan dann das Badezimmer. Eine handelsübliche Toilette und auch eine Dusche ist enthalten. Abgesehen davon, dass es nur kaltes Wasser gibt und man mit einer Kelle duscht, also ganz normal. Dafür, dass ich mich auf eine sehr kleine Hütte ohne Dusche, Toilette und unbequeme Betten eingestellt habe, wirkt es für mich bislang noch wie ein 5-Sterne Hotel.
Vor jedem Fenster befinden sich Gitter, das ist wohl auch richtig so, wenn man ein wohlhabenderes Haus hier in der Gegend besitzt.
Nachdem ich mir nun extra bequeme und gleichzeitig absolut hässliche Schlafsachen angezogen habe, klopfte es plötzlich an unserer Zimmertür. Der Pastor unseres Dorfes wollte uns unbedingt noch besuchen und „Hallo“ sagen (hat er wirklich gemacht, sein Hallo klang zwar fast wie das englische „hello“ , aber es zählt der Gedanke)… Und das um 20:30 Uhr mit meiner modelreifen Hippie-Hose und nicht zu vergessen, dem viel zu großen Männer-Shirt. Trotz Allem kann ich sagen, dass Father Gerald ein wirklich witziger und lieber Ansprechpartner ist.
Nun wollten wir endlich schlafen gehen, nach dem langen Tag. Der Flug, die Autofahrt, das viele Kennenlernen und zuletzt das erst so unangenehme Gespräch, hatten mich äußerst müde gestimmt. Kurz bevor ich das Licht ausmachen wollte, sah ich etwas in einer Ecke an der Wand. Lange Fühler versuchten, aus der Ritze zwischen Fenster und Wand herauszukommen. Mehrere Minuten beobachteten wir drei (Lone, Mimotz und ich) diese kläglich gescheiterte Mission. In der Hoffnung, dass es sich hierbei „nur“ um eine sehr große Kakerlake handelt und sie am nächsten Morgen hoffentlich immer noch nicht befreit ist, gingen wir letztendlich schlafen. Überraschung! Am nächsten Morgen war die Kakerlake weg… Das bedeutet, sie muss sich nun irgendwo in unserem Zimmer befinden – Juhu.
Nachdem ich gegen 6 Uhr morgens aufstand und mich die Temperatur der Dusche dann richtig weckte, klopfte es an unserer Tür. Nanay Lourdes wollte uns wecken, falls wir verschlafen hätten. Außerdem brachte sie uns Seife und das Frühstuck war auch bereits schon fertig. Wie üblich gab es zu Essen Reis, Nudeln und Eier. Wir sind leider etwas spät aufgestanden. Eine Stunde reichte wohl nicht ganz für 3 Leute zum Duschen und Frühstücken. Deswegen mussten wir das aufwendig hergerichtete Frühstück verschlingen und wurden dann doch 30 Minuten zu spät abgeholt, weswegen alles gepasst hatte. Der Bischof holte uns ab und wir fuhren erstmal durch das Dorf. Klingt im ersten Moment ganz schön. Wenn man aber in einem großen und modernen Geländewagen durch die schmalen Straßen fährt, fühlt man sich fehl am Platz. Wenn dann noch eine Art Hymne der Kirche läuft, fühlt man sich irgendwie komisch. Aber wenn dann noch alle Fenster unten sind und man von jedem angestarrt wird, inklusive winken, Guten Morgen Wünschen und Komplimente, dann fühlt man sich wie ein Zirkustier, das gerade präsentiert wird. Um mich aus der Situation zu retten, bat ich, doch vielleicht die Fenster zu schließen, da meine Haare so sehr im Wind wehten (bei rasenden 5km/h, klar). Die Ausrede kann noch so schlecht sein, die Hauptsache ist doch, dass sie funktioniert. Und das hat sie ein Glück auch.

Nun waren wir auf dem Weg zum ersten Gottesdienst. Dieser dauerte 2 Stunden. Direkt danach fuhren wir in das nächste Dorf für einen weiteren 2 Stunden Gottesdienst. Es fühlte sich an, wie 4 Stunden Informatikunterricht. Auch, wenn man kein Wort versteht, darf man nicht schlafen und muss irgendwie interessiert wirken – gar nicht so einfach bei der Hitze. Währenddessen fiel mir eine Frau auf, die eine Bibelstelle vorlas. Ihre Schuhe hatten mindestens einen 17 Zentimeter hohen Absatz. Und damit meine ich wirklich „mindestens“ . Sollte sie damit umknicken, dann ist das gebrochene Bein wohl ihr kleinstes Problem. Alleine der sekundenlange Flug aus derartiger Höhe kann verheerende Folgen nach sich ziehen.
Was ich außerdem noch beobachten konnte, als ich nach etwas Spannendem suchte, war ein riesiger blauer Schmetterling. Dieser lenkte mich wenigstens für einige Minuten ab.
Am Nachmittag wollten wir dann einige Dinge einkaufen. Leider wussten wir nur nicht, wo wir alles bekommen könnten und weil wir von allen angestarrt wurden, flüchteten wir erstmal in die Kirche. Hier trafen wir auf Fahrer Gerald, der uns dann einige aus der YIFI (Jugend der Kirche) vorstellte. Mit dabei war auch Sir Kurt, der Lone oder mich als Lehrer in der Schule begleiten wird. Leider war es sehr heiß draußen und so kamen wir verschwitzt dort an. Trotzdem bekamen wir Komplimente für unser Aussehen. Da ich aber wusste, wie fertig ich gerade aussehen musste, war dies äußerst unangenehm. Einige sehr liebe Mädchen (alle um die 18-19 Jahre alt) fuhren mit uns in die nächste Stadt und halfen uns beim Einkauf.

Mittlerweile habe ich einen Muskelkater in meinem rechten Oberarm, da ich mich auf den Tricycles immer festkralle, um auch ja nicht herauszufliegen. Sieht so aus, als würde ich mit Muskeln zurück nach Deutschland kehren. Auch sonst gibt es die Möglichkeit, im Park vor der Haustür kostenlos beim Zumba mitzumachen. Ziemlich cool, falls ich dann doch mal das Bedürfnis verspüren sollte, Sport zu treiben.
Der dritte Tag in Valladolid begann damit, dass ich einen Hahn krähen hörte. Vermutlich war es der von Nanay Lourdes. Sie hatte nämlich unter anderem 5 Hunde, mehrere Hühner, einen Hahn, Goldfische in einem Teich, Ananasbäume, Mangobäume, Kokosnüsse, Aloe Vera, Drachenfrucht, Sternfrucht, Kaffee, Guave und noch viele weitere Dinge in Ihrem Garten, die ich mir nun wirklich nicht alle merken konnte. Der Hof ist riesig. Sie besitzt 2 Schuppen, eine Terrasse und endlos viel Platz.
An diesem Tag waren wir eingeladen nach La Carlota. Auf den Bus mussten wir bestimmt 30 Minuten warten. Das kam mir ewig vor, denn auch wenn bei mir in Deutschland auf dem Dorf immer nur stündlich genau ein Bus fuhr, hatte ich mich mittlerweile schon daran gewöhnt, dass man hier nicht warten musste, sondern alle 10 Sekunden ein Fahrer anhält, um dich mitzunehmen. Naja, endlich angekommen, frühstückten wir erstmal. Es gab: Toast +Frischkäse, Reispudding, Nudeln, Frühlingsrollen, frische Bananenmuffins, Kakao, Kaffee und Wasser. Was nach einem 5 Gänge Menü klingt, war tatsächlich nur das Frühstück. Nachdem wir mal wieder Fotos aus 10 unterschiedlichen Perspektiven gemacht hatten und eine Lektion über die Menschenwürde im Zusammenhang mit den Menschenrechten bekamen, gab es auch schon wieder Mittagessen. Noch total satt vom kulinarischen Frühstück probierte ich nur eine Kleinigkeit. Der Reis, zusammen mit Kartoffeln und Soße, schmeckte wirklich hervorragend. Der Kokosnusssaft  dazu war etwas gewöhnungsbedürftig, aber trotzdem lecker.
Wir lernten zwei Jungen kennen, die den Deacon RC (Mann, bei dem wir eingeladen waren) stets begleiteten, um von ihm zu lernen. Der eine heißt Jeriko und ist 17 Jahre alt. Er sieht allerdings eher aus, wie 15. Der andere Junge heißt Fritz und soll anscheinend 14 Jahre alt sein. Für mich sah er aber eher aus wie 8. Deswegen war ich umso überraschter, als er beim Trinken von Kaffee erzählte, wie gut er doch Motorrad fahre. Also ich konnte mit 14 gerade mal freihändig Fahrrad fahren.
Auf einer kleinen Erkundung durch La Carlota liefen wir durch einen wet-market. Es war mein erstes Mal und ich kann sagen: Was bin ich froh, dass ich mich nicht länger als 30 Sekunden hier aufhalten musste. Alles roch penetrant nach Fisch, überall lag ungekühltes, rohes Fleisch, es wimmelt nur so von Fliegen, ich sah einen Rinderkopf – bereits gehäutet – und in einer Ecke durchsuchte eine Mutter ihren Sohn nach Läusen. Äußerst schmackhaft.
Da wir beim ersten Einkauf nicht an alles gedacht haben, sind wir noch einmal auf die Suche gegangen. Was mir auffiel war, dass die flüssige Milch aus Deutschland importiert wurde. Hier wird eigentlich immer Milchpulver mit Wasser aufgegossen und deswegen gibt es nur äußerst wenig Auswahl. Wir entschieden uns dann aber doch für die Milch mit dem geringsten Transportweg. Auch sonst war es nicht besonders einfach, auf Nachhaltigkeit zu achten. Fast jedes Produkt stammt von Nestlé oder ist in sehr kleinen Größen verpackt, weshalb der Plastikanteil erschreckend groß ist. Nicht alles allerdings ist nur in kleinen Mengen zu finden: Die geringste Menge, in der man hier abgepackten Reis kaufen kann, sind 5 Kilogramm. Deswegen haben wir uns dann doch lieber selber etwas abgefüllt und beließen es vorerst bei 500 Gramm.
Nach diesem Einkauf ging es für uns nach Bago City (10 Minuten entfernt). Dort genossen wir den Sonnenuntergang am Meer. Alles roch nach Salz, es war windig + gerade Ebbe und auch sonst erinnerte mich alles an mein Zuhause. Für einen Moment schloss ich die Augen: Es war, als könnte ich förmlich die Schafe hinter mir spüren, meine Schwester planschte im Wasser, mein Bruder schlief neben mir und meine Mutter+Lebensgefährte waren unterwegs, um uns ein Krabbenbrötchen zu holen. Glücklich öffnete ich meine Augen wieder und dachte daran, dass es sowohl Zuhause, als auch hier wunderschön ist. Es sind zwar andere Menschen um einen herum, allerdings kann sich auch dies wie ein zweites Zuhause anfühlen.
An diesem Abend wollte ich unbedingt noch meine Klamotten waschen, da es nun nach 14 Tagen doch langsam etwas knapp wurde. Gegen 20 Uhr begann ich also, draußen alles zusammen mit Mimotz vorzubereiten. Du brauchst: 2 große Schüsseln/Wannen, deine zu waschenden Klamotten, etwas Waschpulver, eine Wasserquelle (in meinem Fall Regenwasser, das gepumpt werden musste) und zu guter letzt einen Freiwilligen, der bereit ist, zirka 1,5 Stunden mit dir zu verbringen und nebenbei körperlich aktiv das Wasser beschafft. Ein Glück konnte ich alles irgendwie arrangieren. Mit einigen Schürfwunden an meinen Fingern war ich sehr froh, endlich alle sauberen Sachen an die Leine zu hängen. Denn es war mittlerweile schon extrem dunkel geworden und ich wollte einfach nur noch schlafen.
Am nächsten Tag ging es für uns das erste Mal in unsere Schule, wo wir zukünftig als Lehrer-Assistenten aushelfen werden. Der Hinweg auf dem Tricycle war wie immer sehr holprig. Leider bekam ich ständig etwas in meine Augen. Entweder waren es meine wehenden Haare oder es lag daran, dass hier ständig etwas am Straßenrand verbrannt wird. Da hilft nur: Augen zu und durch! Stelle dir bitte einmal vor, wie es aussieht, wenn sich jemand, der nicht aus dem Ort ist, herumkutschieren lässt, alle einen anschauen, man selber aber die Augen zu macht? Sehe ich nun aus, als würde ich die Fahrt in vollen Zügen genießen oder eher, als würde ich gleich einschlafen? Ich könnte natürlich auch meine Sonnenbrille tragen, um die Augen zu schützen, aber dann fühle ich mich auch nicht gerade besser.
Naja, endlich angekommen an der Schule, lernten wir die Schulleiterin und alle Lehrer kennen. Für uns zuständig sind Sir Kurt und Sir Jan. Lone und ich werden jeweils für 3 Monate einem von beidem zugeteilt und dürfen dann in die dazugehörige Klasse. Da hier jeder Schüler eine Uniform trägt und auch die Lehrer förmlich aussehen, müssen wir uns noch Poloshirts, schwarze Hosen und Schuhe kaufen. Die Kinder waren sehr aufgeregt, als sie uns sahen und trauten sich nicht, mit uns zu reden. Alles, was sie taten, war zu lachen in einer äußerst schüchternen Art und Weise.
Wieder Zuhause angekommen, sah ich, wie sich eine ältere Frau draußen übergab. Erst wollte ich zur Hilfe eilen. Allerdings ging sie weiter, als sei nichts gewesen und der Hund hatte das Erbrochene schneller aufgegessen, als ich einen Lappen holen konnte. Vielleicht sieht man daran ein wenig, wie hungrig die Tiere hier wirklich sind.
Leider ging es aber weder Nanay Lourdes, noch ihrer Freundin gesundheitlich gut. Deswegen fuhren sie noch am selben Abend ins Krankenhaus nach Bacolod. Dort blieben sie dann für zirka 4 Tage. Wir waren also alleine mit der Frau, die kein Wort englisch sprach. Ein Glück konnte Mimotz übersetzen. Schnell vermisste ich Nanay und ihre liebenswürdige Art.
Am nächsten Morgen weckten mich die Kirchenglocken um 5:30 Uhr. In der Nacht habe ich aufgrund der Klimaanlage sehr gefroren und somit startete ich müde und nicht sehr ausgeruht in den Tag. Wir besuchten die Polizeistation in Valladolid, um uns als Bürger zu registrieren und außerdem bekamen wir die Telefonnummer – nur für alle Fälle. Was ich allerdings etwas gruselig fand: Von der Rezeption aus konnte man 2 Insassen sehen, die sich hinter Gittern befanden. Sie starrten uns an, als wären wir Aliens.
Was ich noch gruselig finde, sind die sogenannten „Cock-Fights“. 2 Hähne treten im Ring gegeneinander an. Jedes hat ein Messer und dann wird darum gewettet, welches von beiden wohl überlebt und somit den Kampf gewinnt. Das ist äußerst barbarisch und ich hoffe, dass ich so etwas nicht live mit an sehen muss, denn eine Kampfarena befindet sich naheliegend in Bago-City.
Am nächsten Tag erlebte ich wieder eine Horrorsituation: Wir gingen erneut auf einen wet-market, wo Fleisch und Fisch verkauft wird. Dieser hatte nur Nachmittags geöffnet. Hier wimmelt es wie üblich von Fliegen und auch gekühlt war mal wieder gar nichts. Am Stand, wo Schweinefleisch verkauft wird, hing ein solcher Kopf. An einem anderen Stand wurde gerade das Bein auseinandergenommen. Zu kaufen gab es zum Beispiel auch bereits gerupfte Hühnerköpfe. Diese mussten nur noch in die Pfanne und wären dann bereit zum Verzehr. Wir entschieden uns aber ganz klassisch für Schweinefleisch. Am Abend kochten wir Adobo. Das ist gekochtes Fleisch in einer Soja-Soße mit Essig. Dazu gibt es, wie so oft, Reis. Wirklich sehr lecker, einfach und schnell. Noch während wir aßen, erklärte Mimotz uns, warum der Markt erst am Nachmittag geöffnet ist. Das Tier wird gegen Mittag geschlachtet und dann direkt verkauft. Der Schweinekopf, den ich sah, war also der „Eigentümer“ des Fleisches, was sich gerade in meinem Mund befand. Da musste ich erstmal Schlucken. Vermutlich hatte ich noch nie frischeres Schweinefleisch gegessen.
Noch in dieser Nacht wurde ich schlagartig krank. Ich zitterte am ganzen Leib, mir war eiskalt, ich hatte Fieber, Kopf-, Bauch- und Gliederschmerzen. Deswegen blieben wir am nächsten Tag Zuhause. Schade. Um 05:30 Uhr hätte es nämlich einen Gottesdienst gegeben, der wieder 2 Stunden lang und absolut unverständlich wäre. Naja abgesehen davon wollten wir uns am Nachmittag eigentlich mit Ray, Deacon RC, Jeriko und Fritz treffen, um etwas zu unternehmen. Das bedauerte ich sehr, während ich in meinem Bett kauerte und hoffte, den Tag irgendwie zu überleben.
Am nächsten Tag war ich wieder nahezu ausgeruht und somit konnte ich um 05:40 Uhr aufstehen, um zu bemerken, dass kein Wasser für eine Dusche da war. Nach dem Gottesdienst gab es dann endlich gegen 10:30 Uhr unser Frühstück. Langsam werde ich ein wenig zum Filipino. Stets denke ich ans Essen und die nächste Mahlzeit. Wenn ich nicht um 6 Uhr mein Frühstück zusammen mit einem Kaffee bekomme, dann ist es kein guter Morgen.
Nach dem lang ersehnten Frühstück ging es für uns zusammen mit Ray und einem Jungen aus der Jugend nach Bacolod. Wir wollten die letzten Sachen für unseren ersten Arbeitstag besorgen und außerdem würde Mimotz an diesem Abend noch zurück nach Manila in die Hauptstadt fliegen. Dann sind wir das erste Mal ohne ständigen Begleiter und Übersetzer unterwegs. Ein wenig Angst kam auf und außerdem hatte ich Mimotz nach diesen 17 Tagen wirklich sehr in mein Herz geschlossen.
Nun ging es für uns 4 (Ray + Begleitung, Lone und ich) wieder zurück nach Hause. Da Ray früher aus dem Bus aussteigen musste, wurde ich langsam etwas nervös. Kaum ist Mimotz fort, müssen wir Abends bei dieser Dunkelheit alleine Bus fahren. Ray erinnerte den Bus-Mann (habe keinen Namen dafür, aber er sammelt Geld ein und sorgt dafür, dass der Busfahrer anhält) noch zirka 2 Mal daran, wo wir aussteigen müssen. Außerdem sollten wir uns in die vorderen Reihen umsetzen, damit wir nicht schreien müssten, falls er uns vergäße. Lange Rede, kurzer Sinn: Er hat daran gedacht und wir sind am richtigen Ort ausgestiegen. Nun mussten wir nur noch von dort aus zirka 150 Meter nach Hause laufen (klingt nach einer Leichtigkeit, aber die paranoide Madita wollte bei jedem Geräusch gerne in eine Hecke springen und sich verstecken). Noch nie waren wir um diese Uhrzeit, bei derartiger Dunkelheit, im Regen, alleine draußen. Ein Glück überlebten wir den Horror-Weg und Nanay Lourdes wartete bereits in ihrer Garage auf uns. Nun ging es schnell ab ins Bett und trotz der Aufregung auf den morgigen ersten Schultag schlief ich blitzschnell ein.

Warum mein erster Arbeitstag mit einer Katastrophe begann und dann doch noch schön wurde, erzähle ich im nächsten Blogeintrag. Bis dahin könnt ihr über meinen Instagram-Account auf dem Laufenden bleiben: Madi.matures



Der erste Schultag

Montag, 2. September 2019. Der erste Arbeitstag in der Francisco Infante Memorial High School. Weil die Schule um sieben beginnt, klingelt der Wecker schon um halb sechs. Und obwohl das im ersten Moment wie ein Albtraum für mich klingt, bin ich erstaunlich gut aus dem Bett gekommen. Da wir meistens selber kochen, sieht unser Frühstück nicht groß anders aus als in Deutschland auch. Gegen zehn vor sieben holt uns das Tricycle zuhause ab und bringt uns durch den leichten Regen zur Schule. Hier fängt um sieben jedoch nicht der Unterricht an. Stattdessen versammeln sich alle Schüler zur Flag Ceremony. Zuvor wird ein Gebet gesprochen, hinterher gibt es die wichtigsten Ankündigungen. Erst dann gehen die Schüler in ihre Klassenräume.

Die Räume unterscheiden sich deutlich von deutschen Schulen. Zum einen gibt es keine Flure. Die Türen der Klassenräume führen nach draußen, gegen den Regen sind die meisten Wege jedoch überdacht. Außerdem gibt es keine Tische, stattdessen hat jeder Stuhl an der rechten Seite einen kleinen Tisch integriert, der gerade genug Platz für ein Heft bietet.

Da wie in Deutschland auch die Lehrer den Klassenraum wechseln, erlebe ich erst Geschichte und dann MAPEH (Music, Arts, Physical Education and Health). Leider wird Geschichte auf Tagalog unterrichtet, sodass ich nicht allzu viel verstehe.

Nach der Pause helfen Madita und ich, Certificates of Recognition vorzubereiten. Die Zwischenstände werden auf den Philippinen schriftlich den Eltern mitgeteilt, besonders gute Schüler erhalten außerdem ein Certificate of Recognition. Und kaum dass wir damit fertig sind, haben wir auch schon Mittagspause. Die Zeit reicht für uns, um nachhause zu fahren, etwas zu kochen und die Trinkflasche wieder aufzufüllen, bevor um halb zwei die Schule weitergeht.

Nach der Mittagspause bereiten wir dann die Report Cards vor: Für jeden Schüler einen Aufkleber mit dem Namen ausschneiden und auf einen Umschlag kleben, dann die Report Card einmal falten und in den passenden Umschlag stecken. Wenn man sich dann gleichzeitig noch auf Englisch unterhält, vergeht die Zeit schneller als man denkt. Um vier ist der Unterricht beendet, und gegen halb fünf sind wir wieder zuhause.

Schon zwei Wochen?

Das Einführungsseminar in Manila ist nun schon ein paar Tage her, und auch die Einführung auf Negros ist fast vorbei. Gut zwei Wochen in denen ich das Gefühl hatte, die Zeit fliegt an mir vorbei. Schon jetzt ist es schwierig genau zu sagen, was an welchem Tag auf dem Programm stand. Die Geschichte der Iglesia Filipina Independiente, ein Überblick über die YIFI (Youth of the Iglesia Filipina Independiente), ein Besuch in Chinatown, die erste Messe in der National Cathedral und Jeepney fahren sind nur einige der Dinge, die wir in Manila erlebt haben.

Was ich noch weiß ist, was wir am 24.8. gemacht haben: In Manila auf unseren Flug nach Negros warten, der wegen schlechtem Wetter ordentlich Verspätung hatte.

Hier auf Negros ging es dann quasi direkt weiter: Ganz viele organisatorische Sachen wie Schuluniformen (in vielen philippinischen Schulen tragen auch die Lehrer Uniformen), den neuen Wohnsitz bestätigen, einkaufen, den Pastor kennenlernen und in den Gemeinden vorgestellt werden, wollten erledigt werden. Aber auch Lerneinheiten, etwa über Menschenwürde oder Negros und die Situation der Bauern auf Negros, standen auf dem Programm.

Und obwohl wir „erst“ zwei Wochen auf den Philippinen sind, fühlen sich einige Sachen schon fast normal an: Die Temperaturschwankungen zwischen Innenräumen und draußen, das ununterbrochene Rauschen und gelegentliche Klappern der Klimaanlage in unserem Zimmer oder Zuckerrohr, das auf Negros überall abgebaut wird. Auch an die ständige Anwesenheit kleiner Eidechsen, vor allem in der Küche und im Badezimmer, haben wir uns gewöhnt und bezeichnen sie liebevoll als unsere Haustiere.

Am Montag geht dann der Alltag los: Als assistant teacher in den siebten Klassen der Francisco Infante Memorial High School in Valladolid. Und auch wenn ich Alltag schreibe, glaube und hoffe ich, dass es sich nicht nach Alltag anfühlen wird. Denn auf den Philippinen funktioniert so vieles anders als in Deutschland, dass wir vermutlich noch einige Fettnäpfchen, Überraschungen und auf den ersten Blick befremdlich wirkende Situationen erleben werden.

Verkehr, Essen und Inlandsflug

Stehen geblieben bin ich bei unserem 6. Tag (21.08.2019). Deswegen fahre ich nun mit dem 22.08. fort. Noch immer befinden wir uns in der Hauptstadt Manila im Central Office vom IFI.
Was mir aufgefallen ist: Transportation hier hat eine ganz andere Bedeutung als in Deutschland. Wir haben bisher alle möglichen Fortbewegungsmittel getestet. Von Zug, Tricycle, Jeepney, privatem Auto und Bus war alles dabei. Die Autos hier sind große Geländewagen. Stelle ich mir total unpraktisch vor, damit in einer Stadt parken zu müssen. Allerdings gibt es auf Parkplätzen häufig Polizisten, die Handzeichen geben und beim Parken helfen. Noch nie habe ich so eine exakte Millimeter-Arbeit gesehen. Außerdem sehen die Autos aus, als würden dort, wie in Deutschland, 4-5 Personen reinpassen. Stimmt aber nicht ganz. Schon häufig sind wir hier mit 9 Personen in einem Auto herumgecruised. Davon waren meist nur 1-2 Personen angeschnallt. Denn hier lernt man schon als Kind, dass es eigentlich nur (wenn überhaupt) wichtig ist, sich anzuschnallen, sollte man vorne sitzen. Am Anfang habe ich immer eifrig und vorbildlich nach meinem Anschnallgurt gesucht, aber häufig ist entweder keiner vorhanden oder der Anschnaller wird aufgrund einer Decke von der Benutzung ausgeschlossen. Sollten wir also nur eine kurze Strecke durch den Stau fahren, dann halte ich mich einfach nur an der Tür fest (insofern ich nicht in der Mitte sitze). Das ist wenigstens besser als nichts. Generell den Verkehr würde ich mit einem ständigen Spurwechsel beschreiben. Dabei wird aber nicht das Reißverschlussverfahren angewendet, sondern eher eine Art Klettverschlussmanöver. Schulterblicke existieren nicht und deswegen wird immer brav gehupt, sollte man jemanden von links oder rechts überholen wollen (Jap, meist gibt es 2 Spuren pro Richtung und deswegen wird kreuz und quer überholt, damit man zirka 2km/h schneller fahren kann) . Die öffentliche Transportation hier ist im Vergleich zu Deutschland super günstig. Wir bezahlten zum Beispiel 16 Cent für eine 15 Minuten Tour für 3 Personen. Das sind nicht einmal 6 Cent pro Passagier.
Auf die Jeepneys springen manchmal Kinder auf und singen, um dann eventuell ein paar Pesos ergattern zu können. Meistens gehen sie allerdings leer aus.

Genug vom Verkehr. Was ist mir sonst noch so aufgefallen? Essen. Filipino lieben Essen. Abgesehen von 3 Mal Reis pro Tag, haben wir aber auch noch andere Sachen probiert: Halo-Halo (super leckeres Bananen-Crushed-Eis), ein Avokado- und Käseeis in einem Brötchen und total viele exotische Früchte. Mein Favorit ist Mangosteen. Mittlerweile ist es für mich normal, Ananassaft zum Frühstück und im Laufe des Tages Kokosnusssaft zu trinken. Man kann sich an alles gewöhnen. Das gilt übrigens auch für das Verständnis von Sauberkeit und die verschiedenen Tiere, die mittlerweile als Mitbewohner gezählt werden.

Am 24.08. Sollte es für uns nun endlich nach Negros Occidental gehen, wo wir die restliche Zeit der 11 Monate verbringen werden. Schon bei diesem Gedanken vermisse ich Bejie und Francis. Mimotz kommt ein Glück noch für die erste Woche mit uns und hilft bei der Orientierung.
Wir wollten mit dem Flugzeug fliegen und ich war noch etwas bange um mein Gepäck, denn wie im ersten Blogpost beschrieben, habe ich 2 Gepäckstücke. Das ist theoretisch kein Problem, denn 2 Koffer sind generell auch bei einem Inlandsflug erlaubt. Allerdings beträgt das Gewicht höchstens 20kg. Ich hatte aber insgesamt 33kg. Ein Glück konnte Mimotz einen meiner Koffer aufnehmen und nachdem ich etwas umpacken musste, hat alles geklappt. Allerdings werden auch hier Regeln nicht sehr ernst genommen. Genau wie in Deutschland darf man eigentlich nicht mehr als 100ml Flüssigkeit mit ins Handgepäck nehmen. Tja, ich hatte im Endeffekt mehr 600ml Wasser in meiner eigener Flasche. Nichtmal eines Blickes wurde mein Wasser gewürdigt. Ich will ja nichts sagen, aber es hätte auch Vodka sein können, das hätten sie garantiert nicht bemerkt.
Das Boarding sollte um 09:45 Uhr starten und ankommen sollten wir planmäßig um 12 Uhr. Was soll ich sagen? Um 12:32 Uhr hebte unser Flugzeug endlich ab. Wie bereits beschrieben, nehmen Filipino die Zeit nicht so ernst. Dieses Mal lag es aber nicht an der Gemütlichkeit, sondern am Regen. Um 13:41 Uhr (Jap , ich schaue gerne auf die Uhr und dokumentiere alle möglichen Daten) landeten wir dann endlich in Bacolod. Von dort aus wurden wir von Bischof Amihan und seiner 18 Jährigen Tochter mit einem Auto abgeholt. Was ist das erste, das man macht, wenn man jemand Neuen kennenlernt? Richtig, Essen! Wir fuhren in ein Geflügel-Restaurant. In Negros Occidental ist es üblich, dass mit den Händen gegessen wird. Na toll, der Reis bröckelt wortwörtlich herunter, bevor man auch nur den Mund öffnen kann. Ausserdem ist es nicht sehr schön anzusehen, wenn man längere Fingernägel hat..
Auf der Fahrt zu unserem Dorf konnte ich schonmal erste Eindrücke sammeln. Es gibt endlos viele grüne Felder, angebaut wird Reis und Zuckerrohr. Ein Berg im Hintergrund, den wir bestimmt im Laufe der Zeit noch erklimmen werden. In Gärten laufen Hühner „frei“ herum und Karabaus werden an einer Leine auf Weiden gehalten.

Was mich sonst noch so in meinem neuen Dorf erwartet hat und in welchem Haus ich von meinen Abenteuern träumen werde, erzähle ich im nächsten Blogeintrag.

Wer trotzdem immer auf dem neusten Stand bleiben möchte, kann mir gerne auf Instagram folgen: madi.matures

How to: Take every Fettnäpfchen

*Disclaimer: Ich werde von meiner letzten Woche berichten und einige Situationen schildern. Es ist äußerst ausführlich und die nächsten Einträge werden kürzer, versprochen! *
Prasselnder Regen und Windböen ließen mich für den Bruchteil einer Sekunde denken, ich sei Zuhause. Dann aber erblickten meine Augen das Zimmer und ich realisierte, wo ich war. Mein Handywecker klingelte um 07:00 Uhr und das bekam ich zu spüren. Nach den wenigen Stunden Schlaf und einem Jetlag war Zeit für eine Dusche. Aufgrund der Eidechse, die wir am ersten Abend entdeckten, betrat ich das Badezimmer sehr langsam und ängstlich. Ewig suchte ich in jedem Teil und jeder Ecke des Raumes. Keine Eidechse. Wie auch immer sie es geschafft hat, aber sie war nicht aufzufinden. Also kann die Dusche beginnen: Skeptisch betrachtete ich den extra Duschraum. Es gab eine Vorrichtung, sodass man, wie in Europa üblich, duschen konnte. Was der Eimer in diesem Raum sollte, verstand ich nicht. Ich schaltete das Wasser ein und einen Moment wartete ich, in der Hoffnung, dass das Wasser noch warm wird. Vergeblich. Ich musste es nun also wagen und kalt duschen. In Deutschland kann ich nichtmal ohne anzuhalten die Stufen im beheizten Schwimmbad heruntergehen. Deswegen beschloss ich, nur schnell eine Art Katzenwäsche zu machen.


Bereit, um nun unser Schlafzimmer zu verlassen, nahm ich meine Regen Jacke, aufgrund der Geräusche des stürmischen Wetters und öffnete die Tür. Ich öffnete sie mit der Erwartung auf einen regnerischen Tag. Was mir aber entgegen kam, war eine Art Hitzewelle. Strahlender Sonnenschein und stickige Luft begrüßten mich. Mit meiner Regenjacke unterm Arm schaute ich enttäuscht auf die Straße. Anscheinend war die Klimaanlage so laut, dass ich die gesamte Nacht dachte, das Wetter würde der Regenzeit alle Ehre machen. Ich brachte die Jacke zurück ins Zimmer und startete verwirrt in den Tag.


Nun ging es weiter mit dem Frühstück. Zusammen mit Christy Mae, die nur Mimotz genannt wird, und Jennifer gingen Lone und ich in ein „örtliches Lokal“. Dort gab es Reis zusammen mit einem Ei, das mit einer Aubergine gebraten wurde – Mochte ich nur leider nicht, habe aber trotzdem brav aufgegessen. Während des Essens traf der Obispo Maximo ein. Dies ist der oberste Bischof. Mit einem Händeschütteln begrüßten wir ihn. Mimotz und Jennifer wirkten sichtlich nervös. Gäbe es keine Klimaanlage im Lokal, wäre ihnen der Schweiß über die Stirn gelaufen. Unser Fehler: Auf den Philippinen blessed man alle Personen, die man respektiert und die ein gewisses Alter haben. Dazu nimmt man die Hand des Anderen, verbeugt sich etwas und berührt mit der Hand seine eigene Stirn. Nun haben wir also die wohl höchste Respektperson nicht geblessed. Das, liebe Leute, nennt man ein Fettnäpfchen, wie es im Buche steht. Es schien den Obispo Maximo nicht weiter zu stören, er war wirklich sehr erfreut, uns zu sehen und äußerst bodenständig. Trotzdem ist es mir immernoch etwas unangehm.

Nachdem ich den Vorfall beim Frühstück erstmal verdauen musste, ging es dann in die Mall. Auf dem Weg bewunderte ich die vielen Straßenstände. Überall konnte man Essen, Kleidung, Handys, Bürsten und einfach alles kaufen. Dann bekam ich Gänsehaut: Ein Küken am Spieß. Es wurde einfach nur gerupft und samt Augen, Schnabel & Füßen aufgespießt. Quasi ein ChickenNugget-to-go.
Bei der Mall angekommen, muss man sich in eine Reihe stellen und wird kontrolliert, erst dann darf man eintreten. Generell sind in der gesamten Stadt Polizisten verteilt. Die meisten tragen ein Gewehr bei sich und sehen nicht gerade aus, wie dein Freund und Helfer.
In der Mall fühlte ich mich wie in Hamburg. Alles ist modern, die Geschäfte und Marken sind bekannt, sogar Rolltreppen gibt es. Wie kann es sein, dass draußen viele Menschen auf der Straße schlafen, Hunde verhungern und in der Mall ist plötzlich heile Welt? Es ist kontrovers für mich und daran muss man sich erstmal gewöhnen.
Wir kauften eine Sim-Karte und hatten nun endlich eine philippinische Nummer.

Der 2. Tag begann für mich mit einer richtigen Dusche. Mimotz hatte mir erklärt, wozu der Eimer ist und nun wollte ich mein Wissen testen. Ich ließ den Eimer mit kaltem Wasser vollaufen. Das dauerte zu meinem Bedauern äußerst lange und ich begann, zu frieren. Das war vielleicht ganz gut, denn so war der Temperaturunterschied geringer. Mit einer Kelle schöpfte ich Wasser und kippte dies todesmutig und in Erwartung an einen Herzinfarkt über meinen Kopf. Das Shampoo verteilte ich und begann, es auszuwaschen… Wenn allerdings Shampoo in den Augen ist und man den Eimer suchen muss, ist das ziemlich problematisch. Blind suchte ich mit der Kelle nach dem Eimer. Nach ewigen 30 Sekunden bekam ich Paranoia, dass dieser sich in Luft aufgelöst haben muss. Trotz der Kälte und der Ungewissheit mit dem Eimer habe ich diese Dusche genossen. Niemals hätte ich gedacht, dass eine Dusche so erfrischend sein kann.


Da wir um 9 Uhr los wollten, standen Lone und ich um 08:55 Uhr auf der Matte. Was soll ich sagen, Filipino nehmen die Zeit nicht sehr ernst. Um 10:30 Uhr sind wir immernoch nicht aus dem Büro herausgekommen. Wir aßen letztendlich Frühstück bei McDonald’s. Vielleicht wurde bemerkt, dass Reis am frühen Morgen nicht unser Leibgericht ist. In der Warteschlange wurden wir angesprochen, aus welchem Land wir kämen und dass er uns willkommen heiße… Danke? Was sagt man einem fremden Mann, der allen Mut zusammen genommen hat (er war wirklich aufgeregt), nur um einen anzusprechen? Generell frage ich mich, was so besonders an einem Europäer sein soll. Wir sind auch nur Menschen.
Bei Mcdonalds gab es Pancakes, Ananassaft und eine Menge Songs von Ed Sheeran. Leider waren in unserem Saft Eiswürfel. Diese, so hatte ich es mir vorgenommen, wollte ich eigentlich nicht zu mir nehmen, da sie häufig aus Leitungswasser bestehen. Huch. Natürlich hätte ich sie einfach mit meinem Löffel herausnehmen können. Aber ich wollte mein kühles Getränk genießen und nicht spießig sein. Also trank ich den Saft sehr schnell aus, damit die Eiswürfel nicht schmelzen. Zum ersten Mal in meinem Leben erfuhr ich, was es heißt, einen Hirnfrost zu haben. Wenn ihr mal in so einer Situation seid: Nehmt die Eiswürfel einfach heraus. Oder lasst sie drin. Ihr werdet nicht daran sterben. Aber ext auf keinen Fall – wirklich niemals – einfach euer eiskaltes 0,5L Glas. Tut euch selber einen Gefallen: Lasst es und macht nicht den gleichen Fehler wie ich.

Wir wollten Chinatown besuchen und wagten eine Fahrt in einem Jeepney.

Die Menschen vor Ort haben die alten Militärfahrzeuge umgerüstet zur Personenbeförderung. Dies ist eine günstige Möglichkeit, um von A nach B zu gelangen. Du springst einfach auf, wenn der Jeepney irgendwo anhält (Haltestellen existieren nicht). Dann reichst du das Geld an den Fahrgast neben dir, damit der Fahrer vorne dies annehmen kann und das Wechselgeld zurück gibt. Es war eine wirklich rasante und laute Fahrt mit vielen verschiedenen Gerüchen.
In unserer freien Zeit schauten wir zusammen mit Mimotz Britains Got Talent. Am Abend gesellten wir uns zum Fellowship der YIFI (Youth of the Iglesia Filipina Independiente) und lernten eine Menge freundlicher und offener Menschen kennen. Wir sollten eine kleine Rede halten und es war schrecklich. Gar nicht vorbereitet und mit einem Blackout an englischen Vokabeln stammelten wir Sätze vor uns hin. Wer auch immer ins Ausland geht, sollte künftig etwas vorbereiten, denn das war ein sehr unangenehmes Erlebnis.

Filipino lieben es, Fotos zu machen und diese auf Facebook zu teilen. Nach endlosen Selfies, Geuppenfotos und spontanen Schnappschüssen ging es dann endlich ins Bett. Ich bin schon eingeschlafen, da habe ich nichtmal richtig im Bett gelegen.

Der 3. Tag. Unser Treffen war um 9 Uhr, da wir 2 Leute kennenlernen sollten, die für 3 Wochen nach Deutschland gehen. Schade nur, dass wir unseren Wecker nicht hörten und seelenruhig bis 12 Uhr schliefen. Nach diesen 14h Schlaf wurden wir von einem Klopfen geweckt. Mimotz rief unsere Namen, aber die Türe war verschlossen. Ein Glück wachten wir davon auf, denn sonst würden wir womöglich immernoch schlafen.
Nun machten wir uns also innerhalb von 2 Minuten fertig. Keine Dusche, keine Zeit zum Gähnen oder Meckern. Da ich schneller bereit war, ging ich schonmal Richtung Büro und bereitete innerlich eine Entschuldigung auf Englisch vor. Ich kann gar nicht beschreiben, wie unangenehm mir diese Situation gewesen ist.

Angekommen beim Büro traf ich auf eine verschlossene Tür. Schnell ging ich zum anderen Eingang und trat hinein. Niemand war dort. Weder an der Rezeption, noch in irgendeiner der Räume. Normalerweise laufen dort zirka 15 Menschen umher. Aufgeregt rief ich auf Englisch, ob jemand da sei. Keine Antwort. Endlich fiel mir ein, dass Samstag ist und somit einfach niemand arbeitet. Etwas erleichtert wartete ich auf Lone und zusammen gingen wir in die Kirche. Dort trafen wir zwar nicht auf Mimotz, aber dafür auf viele junge Menschen vom gestrigen Abend. Wir sollten uns zu deren Meeting dazu gesellen und es wurden zahlreiche Fotos gemacht. Innerlich dachte ich schon daran, wie Mimotz sehen würde, dass wir statt sie zu suchen nun eine andere Tätigkeit gefunden hatten. Und dann wurden auch noch so viele Beweisfotos gemacht…
Nach zirka 20 Minuten kam Mimotz dazu und sie freute sich, dass wir endlich mal richtig geschlafen haben. Das Treffen um 9 Uhr wäre sowieso ausgefallen, da das Flugzeug der beiden nicht um 6 am sondern um 6 pm ankommen würde. Glück gehabt.

Da Filipino für ihr Leben gerne essen, hatten wir bisher jeden Tag Snacks. Heute gingen wir in die Mall, um einen „Milktea“ zu trinken. Als Zusatz kaufte Mimotz noch eine Spezialität: Der frittierte Intestinaltrakt eines Schweines. Sichtlich angewidert schlürfte ich weiter an meinem leckeren Erdbeer-Milchtee. Ray und Mimotz aßen den Snack und waren begeistert. Ich ließ mich davon nicht beeindrucken und lehnte weiterhin ab, auch nur eine kleine Ecke zu probieren. Nachdem Lone sich dann als mutig erwies, sprang ich über meinen Schatten und probierte zirka 0,001mg der Spezialität. Vermutlich war nicht einmal etwas vom Intestinaltrakt enthalten, sondern lediglich die Panade. Trotzdem kann ich sagen: Es hat gar nicht mal schlecht geschmeckt. Es war etwas salzig und knusprig. Wir erfuhren, dass die Menschen hier gerne Ratten, frittierte Frösche und Schweineblut essen würden. Die nächsten 11 Monate werden also exotisch…

Am Abend gedachten wir an die Opfer des Vorfalls in Negros. Vor einigen Wochen wurden Farmer umgebracht. Da wir in den nächsten Tagen in unsere Einsatzstelle gehen würden, die in Negros liegt, wurden wir häufig gefragt, ob wir Angst hätten. Hatte ich nicht. Das Einzige, was mich beunruhigte, ist, dass die Menschen von hier denken, ich hätte Angst. Wir gehen nach Negros Occidental und die Vorfälle waren in Negros Oriental. Also kein Grund zur Panik.

Am Abend lernten wir Bejie und Francis kennen. Um zirka 21:30 Uhr klopfen sie an unserer Zimmertür. Da sie noch nichts gegessen hatten, bestanden sie darauf, zur Mall zu gehen, um etwas zu dinnieren. Also ja, Filipino lieben ihr Essen.
Lone und ich lagen bereits in unseren Betten, als sie zurück kamen und ebenfalls schlafen gingen. Da ich 14 Stunden Schlaf hatte in der letzten Nacht, war ich nicht besonders müde. Bis zirka 4 Uhr lag ich wach. Mir fiel auf, dass die Mücken von hier nicht summen. Das hat Vor- und Nachteile. Denn dadurch nerven sie zum Beispiel nicht, allerdings wird man aus dem Nichts gestochen und hat keine Möglichkeit, die Mücke zu erwischen. Ob die europäischen Mücken wohl wissen, dass es die andere Spezies gibt? Es muss wohl eine Art Superkraft für sie sein.

Endlich schlief ich ein. Doch schon um 05:30 Uhr standen Frances und Bejie auf. Sie unterhielten sich, hörten Musik und spielten Handyspiele mit Ton. Aufgrund dessen hatte ich genau 1,5 Stunden Schlaf.

Tag 4:
Der Sonntag begann mit einer „Holy Mass“. Der Gottesdienst dauerte zirka 2 Stunden. Theoretisch wäre das absolut in Ordnung gewesen, denn es ist wirklich abwechslungsreich. Man steht viel, muss sich zirka 4 Mal niederknien, es gibt ein Abendmahl und es wird gesungen. Hätte ich doch nur etwas verstanden. Bis auf „Amen“ und vereinzelte Wörter, die ich erahnen konnte, verstand ich nichts. Es war trotz der Ventilatoren wirklich warm. Zirka ab der Hälfte des Gottesdienstes hatte Lone Probleme mit ihrem Kreislauf und ist zusammen mit Mimotz ins Büro gegangen. Das Wetter, der wenige Schlaf und der Jetlag sind wirklich anstrengend und zu spüren.
Am Nachmittag passierte etwas, das ich meiner Familie unendlich mal versprochen hatte: Es wurde geskyped. Es war der Geburtstag meines Bruders und als meine Familie sich zum Frühstück traf, passte die Zeit aufgrund des Zeitunterschiedes perfekt für mich. 20 Minuten erzählte ich allen, wie toll ich es hier finde. Zuhause schien nicht so viel passiert zu sein. Ich wurde mit Fragen durchlöchert und sie wirkten erleichtert, dass ich so lebhaft von den letzten Tagen erzählte.

Am Abend fuhren wir mit dem Jeepney in das Innere der Stadt. Am Hafen war eine wunderschöne Skyline zu erkennen mit tausenden von Lichtern. Zum Dinnieren gingen wir zu einem koreanischen BBQ Lokal. Wir saßen draußen an einem Tisch zwischen Palmen und auf Gras. Das Gras sah künstlich grün aus, ist aber einfach eine bestimmte Art, die für Karabaus gedacht ist. Das Essen war der absolute Hammer. Noch nie zuvor hatte ich zusammen mit einer Gemeinschaft wie dieser, eine Atmosphäre, wie die vorliegende, ein Dinner so sehr genossen.
Mit dem Bus fuhren wir zurück zum Büro. Im Inneren des Busses gab es eine Klimaanlage, Fernsehen und jemand ist umher gelaufen, um das Geld einzusammeln.

Am Abend lagen wir alle gemütlich in unseren Betten, als Lone wie aus dem Nichts folgendes sagte: „Well, I guess I just broke my phone.“ Jap. Das gesamte Display war ein Farbspektakel. Da schien nichts zu mehr zu helfen.

Tag 5:
Da wir um 10 Uhr einen Vortrag hören sollten, stand ich gegen 08:30 Uhr auf. In unserem Zimmer schliefen 6 Personen und eine lag bereits nicht mehr in seinem Bett. Ich nahm meine Sachen und wollte duschen gehen. Als ich die Tür öffnete, war das Licht an und ich hörte es rascheln.
Mit einem kurzen „Sorry“ schloss ich rasant die Tür und lief zurück zu meinem Bett. Nun wartete ich Ewigkeiten darauf, dass das Bad frei wurde. Irgendwann wurden auch die anderen aus dem Zimmer wach und fragten, warum ich so verlassen da saß. Anscheinend befand sich niemand im Badezimmer, sondern das Licht wurde angelassen und es hing eine Plastiktüte an der Türklinke, die Geräusche machte. Wow, ich hatte bestimmt 25 Minuten nur da gesessen und nichts getan.

Wir kamen aufgrund meines Fehlers einige Minuten zu spät zum Vortrag, doch das war nicht weiter schlimm. 1,5 Stunden erzählte eine Frau, was in welchem Alter bei einem Kind eintritt, warum es weint und so weiter. Es war, als würde ich mir 2 Stunden anhören müssen, wie man aus einem Glas Wasser trinkt. Alles ist selbsterklärend und absolut logisch. Ich musste mich also ausgiebig zusammenreißen, nicht einzuschlafen.

Zum Mittag aßen wir Pizza und Lasagne. Es war wirklich lecker. Welches Essen, bis auf meine erste Mahlzeit hier, schmeckt eigentlich nicht?
Den Rest des Tages verbrachten wir mit Beji und Francis. Beide sind sehr gesprächig und reden über diverse Themen. Wir diskutierten stundenlang über Sport, Musik, Politik, Religion, Kultur und generelle Unterschiede beziehungsweise Gemeinsamkeiten unserer Heimatländer. Also ja, ein Austausch finden definitiv statt und es ist toll. Es ist wirklich interessant, Neues zu erfahren und verschiedene Themen aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Zum Abendbrot gab es Ramen. Das ist, genau wie die Pizza, nicht philippinisch, aber trotzdem köstlich.

Tag 6: Ich merke von Stunde zu Stunde, dass die Philippinen langsam aber sicher zu meinem neuen Zuhause werden. Das Aufstehen morgens ist schwierig, denn das Bett fühlt sich sicher und gemütlich an. Ich lerne von Tag zu Tag neue Wörter, neue Sitten, neues Essen und neue Menschen kennen. Filipino sind total aufgeschlossen, gutherzig, humorvoll, laut, gesprächig, zuvorkommend und charmant. Häufig bekomme ich Komplimente für beispielsweise meine Augen, da nahezu alle Menschen hier braune Augen haben und ich mit meinen blau-grauen ausnahmsweise mal eine Besonderheit bin. Mittlerweile bin ich doch tatsächlich ein wenig braun geworden. In Deutschland bin ich über den Sommer entweder rot oder weiß, etwas dazwischen existiert nicht.

Heute bekamen wir einen Einblick in die IFI-Geschichte. Der spanische Kolonialismus spielt eine riesige Rolle. Am Nachmittag fuhren wir mit dem Zug zu einer Kirche in St. Cruz. Wer mit dem Zug fahren möchte, muss sich anstellen, von Polizisten durchsuchen lassen, seine Karte aufladen und dann in den Bereich für sein Geschlecht gehen. Im Zug selbst war es sehr angenehm, denn der Zug rast nicht so wie beispielsweise die S-Bahn in Deutschland. Wir fuhren zirka 5 Minuten.

Der Gottesdienst in St. Cruz war in einer katholischen Kirche und sehr traditionell. Zum ersten Mal in meinem Leben sah ich eine Nonne. Leider verstand ich mal wieder kein Wort, aber durch die Bildschirme konnte ich wenigstens versuchen, mitzusingen. Danach bei der Demonstration für Negros durfte ich leider nicht teilnehmen. Aber von Weitem sah ich das Spektakel und es wirkte sehr ausdrucksstark. Für den Heimweg nahmen wir eine Art Taxi. Zirka 10 Minuten mussten wir warten, bis es kam. Dann standen wir ewig im Stau und wenn ich mich umdrehte, sah ich immernoch den Fleck, wo ich zuvor auf das Auto wartete. Mühsam nur kamen wir voran. Erst nach 20 Minuten Fahrt hatten wir einmalig das Tempo erreicht, bei welchem sich das Auto von selbst abschließt (meist 10km/h) und der Fahrer konnte endlich in den 2. Gang schalten, um dann letztendlich wieder anhalten zu müssen. Wir brauchten 50 Minuten, bis wir endlich ankamen. Dafür, dass wir mit Zug nur 5 Minuten gebraucht haben, hätten wir vielleicht auch laufen können. Aber wenigstens hatte das Auto Anschnallgurte und ich nutzte die Zeit für ein Nickerchen.

Zu Abend aßen wir spicy Reis mit Hühnchen. Zur Auswahl standen mild-medium-hot-extra Hot-super hot. Ich nahm medium, da ich gerne scharf esse – Dachte ich. Beim ersten Bissen merkte ich bereits, wie mein Mund förmlich brannte. Ich mag mir gar nicht vorstellen, was geschehen wäre, hätte ich super hot genommen. Vermutlich hätte die Feuerwehr den Brand in meinem Mund löschen müssen. Ich sortierte die Chilli Stücke aus meinem Essen und nahm extra viel Reis, zusammen mit nur ganz wenig Hühnchen. Gemeinsam mit etwas Eistee zum Nachspülen war dies annähernd ertragbar.

Nun liege ich in meinem Bett und kann gar nicht fassen, dass hiermit der sechste Tag zuende geht. Es fühlt sich an, als wäre ich gestern erst angekommen, aber würde die Menschen schon seit Wochen kennen. Ich freue mich schon sehr auf die nächsten Erlebnisse und bin gespannt darauf, wann mein Abenteuer allmählich zum Alltag wird.


Erste Impressionen

Wir befinden uns immernoch am Flughafen. Nach zirka 10 Minuten des verzweifelten Suchens waren wir überglücklich, als wir endlich Christy Mae und Jennifer sahen. Auf einem kleinen Schild stand irgendwas geschrieben. Da ich mein Glück kaum fassen konnte, übersprang ich die 3 Zeilen an Text und sah nur: Madita, Lone. Als sie uns sahen, kam ein erwärmendes und freundliches Lächeln in ihre erst so nichtssagenden Gesichter. Ich bemerkte, dass die Größe der Filipino kein Vorurteil ist. Beide gingen mir knapp bis zur Schulter und in Deutschland bin ich wirklich durchschnittlich groß, wenn nicht sogar etwas kleiner.

Nach einer kurzen Umarmung und Vorstellung unserer Namen ging es auf die Suche nach etwas zum Essen. Eine gefühlte Ewigkeit liefen wir zu einem amerikanisch aussehenden Restaurant, das wie ein Imbiss aufgebaut war. Wir bestellten Spaghetti Carbonara und Wasser, da es keine Getränkekarte gab und ich nicht wusste, was es alles auf den Philippinen zum Trinken gibt. Christy und Jennifer gingen unser Essen bestellen und wir blieben vorerst alleine am Tisch zurück.
Nach einigen Minuten des Wartens bekamen wir unsere Spathetti und begannen, zu essen. Das Wasser sah sehr bedauerlich aus. Eine kleine Plastikflasche mit ungekühltem und stillen Wasser. Wir begannen zu Essen und es schmeckte genau so, wie Spathetti Carbonara eben schmecken. Nachdem wir nahezu aufgegessen hatten, kam dann das Essen von Christy und Jennifer. Wir hatten also nicht nur begonnen zu essen, ohne dass die beiden ihrs bekamen, sondern wir hatten auch noch fast unser Essen beendet. Beide hatten zum Trinken etwas Saft-ähnliches im 0,5L Format und das Glas war von außen so nass, dass es wirklich kalt schien. Ein bisschen beschämt und neidisch starrte ich nun den Rest meiner Spagetti an und fühlte, dass ich bereits nach den ersten 20 Minuten in ein Fettnäpfchen getreten war. Allerdings wussten wir ja nicht, dass beide sich etwas bestellt hatten, denn normalerweise wird Essen zusammen serviert und zwischen unseren Gerichten lagen zirka 10 Minuten Zeit.
Mittlerweile habe ich meine Mahlzeit fertig zu mir genommen und versuchte, die restliche Zeit mit Nippen an meinem Wasser zu überbrücken. Allerdings brauchten beide wirklich lange und redeten sehr viel in ihrer Landessprache. Nebenbei waren beide am Handy und schauten sich Videos an. Das fand ich ziemlich befremdlich, aber aufgrund meiner geringen Konzentrationsspanne wegen des Schlafmangels war ich eigentlich ganz froh, keine ausführlichen Gespräche führen zu müssen.
Nach diesem außerordentlich gelungenem Festmahl sollte es nun zum IFI gehen, wo wir die nächsten Nächte verbringen werden.

Als wir den Airport verließen und das erste Mal Manila sah, war ich etwas geschockt. Die Luft im Flughafen selbst war gar nicht schlecht und stickig, es war die ganz normale Luft in Manila. Der Geruch von Abgasen stieg mir penetrant in die Nase und ich hatte das Gefühl, nun wusste ich in etwa, wie ein Dieselmotor schmecken würde. Christy öffnete eine App auf ihrem Handy und bestellte innerhalb von einer Minute einen Taxi-Fahrer, deren Standort sie mitverfolgen konnte. Vielleicht gibt es sowas auch in Deutschland, aber gesehen hatte ich etwas derartiges noch nie zuvor. Trotzdem mussten wir noch eine ganze Weile auf unseren Car-Grabbing-Driver warten.

Diese Zeit nutzte ich, um die neue Stadt auf mich wirken zu lassen. Riesige Gebäude im Hintergrund, lautes Hupen der Autos, rennende Menschen durch die Auto-Massen und viele Lichter nahm ich wahr.
Endlich kam das Taxi und wir mussten mitten auf die Straße rennen mit unseren insgesamt 3 Koffern und riesigen Rucksäcken auf dem Rücken. Schnell verstauten wir alles im Kofferraum und nahmen im Auto Platz. Ich setzte mich in die Mitte und begann den Anschnallgurt zu suchen. Es gab zwar Gurte, aber durch eine Decke auf der Sitzbank waren diese verdeckt und definitiv nicht einsatzbereit. Alles klar, bei dem Verkehr kann das Auto sowieso nicht schneller als 20km/h fahren – dachte ich.

Nun starteten wir also die kleine Reise durch Manila, die ich als Sightseeing-Tour nutzte. Überall waren blinkende Lichter, Reklame für Alkohol und Zigaretten, alle Autos fuhren dorthin wo sie gerade wollen, es schien keine Verkehrsregeln zu geben und außerdem wurden wir außerhalb des Zentrums dann doch etwas schneller als 20km/h.
Der Taxi-Fahrer war während der Zeit sehr viel am Handy, machte neue Termine mit Kunden ab und schien sich auf Facebook ein Bild für seine Tochter zum Geburtstag anzusehen. „Happy Birthday“, dachte ich und hoffte, dass er seine Tochter genug liebte, um nun wieder auf die Straße zu schauen und einen Unfall zu vermeiden.
Mir wurde gesagt, dass wir auf den Philippinen sehr viel angestarrt werden würden. Am Flughafen ist mir dies vor lauter Aufregung nicht aufgefallen, aber der Fahrer schaute mich sehr viel im Rückspiegel an. Er musterte mich zirka 10 Mal pro Minute. Nach einiger Zeit wurde mir dies wirklich unangenehm und ich versuchte, aus dem Fenster links und rechts zu schauen. Das war allerdings auch komisch, denn wir saßen auf der Rückbank sehr zusammengefercht und ich wollte weder Lone noch Christy anstarren.
Relativ am Ende der Fahrt bemerkte ich, dass der Fahrer mich gar nicht beobachtete, sondern ich einfach nur zu groß für die Rückbank war. Er wollte lediglich in seinen Rückspiegel schauen, um das Risiko für einen Unfall beim Spurenwechsel (wobei wir übrigens 3 Mal angehupt wurden, einmal von einem LKW) zu vermeiden.
Auf dem Weg fiel mir auf, dass es für 19:30 Uhr wirklich dunkel war und ich hatte das Gefühl, es sei mitten in der Nacht. Überall am Straßenrand lag Müll und es kauerten abgemagerte Hunde daneben. Einige suchten Essen in Mülltüten.

Als wir beim IFI ankamen, haben wir einige Leute kennengelernt, deren Namen ich natürlich direkt vergaß. Wir saßen auf einer Metallbank und bekamen WLAN. Endlich konnten wir unsere Familien und Freunde informieren, dass unser Flugzeug keine Ausnahme war und wir es doch tatsächlich überlebten. Nun schauten wir Fernsehen bis zirka 23 Uhr. Ich verstand eigentlich nur die Werbungen, die auf Englisch waren. Das Einzige, was ich von der Serie mitbekam, war, dass eine Frau im Gefängnis ein Baby bekam, das dann bei einem Feuer verbrannte. Wirklich tragisch, aber was daran Unterhaltung ist, kann ich nicht nachvollziehen. Und die Effekte des Feuers zusammen mit den überspitzten und viel zu hellen Schreien machten es nicht besser.

Dann ging es für uns in den Raum, wo wir schlafen würden. Ein Glück gab es eine Klimaanlage, die den Raum auf 18°C abkühlte. Im Badezimmer allerdings gab es nicht so gute Nachrichten: Eine Eidechse schien uns die nächste Zeit beim Zähne putzen zu begleiten. Und außerdem gab es kein Toilettenpapier. Das Wasser roch derartig nach Chlor, dass wir unser Trinkwasser benutzten.
Lone baute ihr Mückennetz um eines der 8 Stockbetten, ich aber gab nach endlosen Versuchen auf und ging das Risiko ein, zerstochen zu werden. Lediglich mit etwas Mückenspray sprühte ich mich ein.
Mitten in der Nacht wachte ich auf. Ich kratzte mich am Arm und fluchte innerlich über die vielen Mückenstiche. Laut prasselnder Regen gepaart mit Windböen erinnerten mich an mein Zuhause. Außerdem bekam ich extrem schlecht Luft. Es war zwar kein Asthma-Anfall, aber ich pfiff bei jedem Ein- und Ausatmen. Mein Notfall-Spray lag direkt neben meinem Bett in einem Rucksack. Minutenlang zögerte ich, es rauszuholen und zu benutzen, denn ich wollte Lone nicht wecken. Allerdings würde ich bei diesem Pfeifen wohl die gesamte Nacht keinen Schlaf mehr bekommen (Atemlos durch die Nacht, hehe), also entschied ich mich letztendlich dafür.

Und so endete der erste, endlose und ereignisreiche Tag.

Abflug

Es ist Montag, der letzte Tag vor der Abreise. Heute ist das Packen meines Koffers, andere organisatorische Dinge klären und ein schöner Abend am Deich geplant.
Beginne ich damit, dass mein Wecker erst gegen 10 Uhr klingelte, da ich gerne noch einmal im eigenen Bett ausschlafen wollte. Gemächlich frühstückte ich und genoss meine vorletzte Dusche in Deutschland. Um 12 Uhr sollte der online Check-in starten. Das bedeutet, ich saß seit 11:30 Uhr an meinem Handy und aktualisierte die KLM-App minütlich. Leider nur war vorerst kein Check-in möglich und so vergeudete ich einen Teil meiner Zeit. Während des Wartens rief ich noch ein letztes Mal bei meinem Lungenarzt an, um sicherzugehen, dass mit meinem Asthma und den Kortison Tabletten für den Flug alles in Ordnung sei. Danach war auch noch Zeit für einen Anruf bei meiner Bank, denn ich wollte mir online Geld auf meine Kreditkarte überweisen, um dies vor Ort nutzen zu können. Schade nur, dass dies nicht möglich war und ich jetzt auf einen Code warte, der mit der Post geschickt werden muss. Somit kann ich die erste Woche auf den Philippinen kein online-banking oder meine Kreditkarte nutzen und bin darauf angewiesen, dass meine Mutter mir den Brief inklusive Code abfotografiert. Blöd gelaufen.


Um zirka 12:40 Uhr begann der online check-in. Über die App klappte aber leider gar nichts und deswegen musste die Internetseite her. Kurz: Es hat funktioniert und wir haben die Plätze bekommen, die wir gerne wollten.

Gemeinsam mit meiner Familie aßen wir am Deich zu Abend. Es gab Krabben-Brötchen und eine gratis Aussicht auf das Wattenmeer samt Sonnenuntergang.
Dann ging es so langsam um die Königsdisziplin – das Koffer Packen. Wochenlang hatte ich bereits eine Kiste in meinem Zimmer stehen, in der alle Besorgungen landeten, die mit sollten. Auch die Packliste stand bereits, aber ob diese vollständig war? Das wird sich wohl erst herausstellen, sollte ich etwas vor Ort vermissen.
Leider hat aber nicht alles in einen Koffer gepasst und es waren außerdem mehr als 23kg. Also beschloss ich, zwei Koffer mitzunehmen. Mit dem Risiko, dass ich so beim Inlandsflug Probleme haben könnte, bin ich letztendlich schlafen gegangen.

Nun ist es soweit: Dienstag, der 13.08.2019. Um 7 Uhr begann mein Tag mit einer ausgiebigen Dusche. Dann frühstückten wir gemeinsam mit meiner Oma und letztendlich standen meine kleine Schwester, Mutter und ich am Bahnhof. Der Ticketautomat war selbstverständlich kaputt, klar. Dafür gab es aber nur 10 Minuten Verspätung des Zuges, die wir im Laufe der Fahrt nach Hamburg sogar noch aufholen konnten. Am Airport kamen wir um 13:10 Uhr an und der Flug ging um 18:35 Uhr. Also war noch mehr als genug Zeit für ein Mittagessen und das Genießen der Aussicht auf die startenden und landenden Flugzeuge.
Gegen 15 Uhr war dann auch Lone samt Familie am Airport. Um 18 Uhr sind wir durch die Sicherheitskontrolle und mussten uns somit endgültig für 11 Monate von unseren Liebsten verabschieden. Das hat erstaunlicherweise ganz ohne Tränen geklappt und verlief reibungsloser als gedacht.
Da absolut nichts Spannendes auf dem Weg nach Amsterdam passiert ist, überspringe ich den Teil und es geht direkt ins Flugzeug Richtung Manila mit einem Zwischenstopp in Taipeh.
33a. Auf diesem Sitzplatz würde ich also die nächsten 15 Stunden sitzen. Es war ein Fensterplatz, da habe ich beim Einchecken extra drauf geachtet. Gespannt beobachtete ich den Start und erfreute mich mit den Kreislaufproblemen und genereller Flugangst  am Sonnenuntergang. Dann kam das erste Tief: Um uns herum saßen vier Kleinkinder, die motiviert waren, volle 15 Stunden laut zu sein. Beginnend damit, dass ein Spiel auf dem Bildschirm hinter mir wohl so spannend und aufregend war, dass dort mit Kraft herumgedrückt werden musste. Nachdem dann noch ein paar Mal an meinen Haaren gezogen wurde, gaben alle Ruhe. Vielleicht lag es daran, dass die Eltern sich einfach mit Kopfhörern einen Film ansahen und die Kinder bemerkten, dass sie somit nur wenig Aufmerksamkeit erhalten würden – egal, wie laut sie denn nun seien. Allerdings muss man den Kindern eines lassen: Sie sprachen sehr gutes Englisch. Mit einem britischen Akzent unterhielten sich die kleinen Geschwister über alltägliches, wie zum Beispiel: „You are not allowed to eat sweets. Only the good children.“ Somit wurde das zirka 4 Jahre alte Kind beim Essen der Bonbons außen vor gelassen. Unverständlich meiner Meinung nach – als mir mein Kissen dem Kind vor die Füße gefallen ist und alle um ihn herum schliefen, da hat er seine ganze Kraft aufgewendet und mir mein Kissen zurück gegeben. Fast vom Sitz gefallen ist der arme Junge. Von mir hätte er einen Bonbon bekommen – ich hatte nur leider keinen.


Eigentlich wäre es ziemlich praktisch gewesen, dass so ein Kleinkind hinter mir saß, denn somit würde ich ihm keine Beinfreiheit wegnehmen, sollte ich den Sitz nach hinten stellen. Hätte ich doch nur gewusst, wie man dieses Wunder vollbringt. Leider bin ich noch nie wirklich geflogen und die Suche nach einem Knopf oder Ähnlichem war vergeblich. Gerne hätte ich Lone gefragt, aber als mir einfiel, den Sitz nach hinten zu machen, schlief sie bereits und nach 8 Stunden zu fragen, wie der Sitz zu verstellen ist, war mir dann doch etwas unangenhem.


Nun saß ich da: Kerzengerade und mit Rückenschmerzen, aber überglücklich. Glücklich über die Aussicht mit dem Fensterplatz, den Film den ich sah und die Decke, die alles bequemer machte. Nur schlafen konnte ich nicht. Denn, wie soll das gehen, mit einem Kaugummi im Mund? Druck auf den Ohren wollte ich nicht riskieren, aber müde war ich trotzdem. Das sind die Probleme, an die ich als Erst-Flieger nicht gedacht hätte.


Langsam wurde es spät und ich freute mich schon auf die Aussicht über der Gobi-Wüste. Dann der Schock: Da es draußen hell war, aber in Deutschland allmählich Schlafenszeit, mussten die Fensterrollos geschlossen werden. Damit wurde meine Hoffnung also zerstört.


Also gut, mittlerweile schläft fast ausschließlich das gesamte Flugzeug, außer mir. Schade nur, dass ich langsam mal hätte zur Toilette müssen. Nun saß ich also auf meinem Sitz 33a: Kerzengerade, müde, ohne Aussicht und keine Möglichkeit, aufzustehen. Einen wirklich tollen Fensterplatz hatte ich da.
Um mir die Zeit etwas zu vertreiben, hörte ich Musik. Langsam realisierte ich, was nun bald auf mich zukommen würde. 11 Monate lang weg von der Familie, weg von meinen Freunden, weg von der Nordsee. Still und heimlich kullerten mir einige Tränen übers Gesicht. Ob es Trauer- oder Freudentränen waren weiß ich nicht. Ein Stewardess verteilte etwas an die wenigen Betroffenen, die nicht schlafen konnten. Ich hoffte, es sei Wasser, denn meins war mittlerweile leer. Er drückte mir etwas kaltes in die Hand und da verstand ich, dass es kein Wasser war. Es war ein Eis. Wer hat beschlossen, dass Menschen um 2 Uhr nachts gerne ein Milchspeiseeis essen würden? Bevor ich mein Eis zurückgeben konnte, war der Stewardess schon weg. Na toll. Total verheult saß ich da mit meinem Eis, das ich wohl oder Übel essen musste, sonst würde es schmelzen. Im Endeffekt hat mich dieses Eis wirklich sehr erfreut, gerade wenn man traurig ist, dann passt es einfach. Aber was die anderen Passagiere mit einem Eis um 2 Uhr morgens wollten, das frage ich mich immernoch.
Da weinen so müde macht, habe ich es doch geschafft, zika 1,5 Stunden zu schlafen.

Um 3:30 Uhr wachte ich auf und wir waren genau über der Gobi-Wüste. Orangene Sonnenstrahlen kamen durch den Spalt am Fenster. Wie gerne hätte ich es aufgerissen und die Aussicht genossen. Also wagte ich ein Experiment: Ich gehe mit dem Kopf unter die Decke und öffne dann den Fensterschutz. Nur einen kleinen Spalt. Die Sonnenstrahlen würden von der Decke aufgehalten und somit kein Fahrgast gestört werden. Gesagt getan: Mein Kopf verschwand unter der Decke, ich lehnte mich zum Fenster und öffnete voller Freude den Schutz. – Zack! Für einen Moment dachte ich, ich sei erblindet. Von der Wüste war nichts zu sehen. Nur schneeweiße Wolken, die meine gesamte Sitzreihe erhellten. Somit war die Annahme, dass die Decke auch nur ein wenig Sonnenstrahlen aufhalten würde, grundlegend falsch.

Völlig blind und enttäuscht lehnte ich mich wieder in meinen Sitz zurück (auch wenn „zurücklehnen“ bei meinem 90° Sitz wohl durchaus übertrieben ist). Das war wohl nichts.
In Taipeh mussten wir einmal aussteigen und neu boarden, auch wenn es das gleiche Flugzeug geblieben war und keine neuen Passagiere dazu kamen. Mehr als die Hälfte hatte allerdings ihr Ziel mit Taipeh erreicht.

Nach zirka 2 Stunden Flug landeten wir ein wenig zu früh in Manila. Mit dem Visum für Touristen, das einen Monat anhält, hat alles schnell geklappt. Einige Fragen wurden gestellt und dann bekamen wir unseren Stempel im Reisepass.
Dann ging es für uns zum Meeting-Point des Flughafens, wo wir abgeholt werden sollten. Zirka 10 Minuten standen wir dort und suchten nach einem Schild oder Ähnlichem. Das WLAN funktionierte nur mit einer philippinischen Handynummer, somit konnten wir nicht einmal jemanden erreichen.
Nun stand ich da zusammen mit Lone und wartete, bis mein Abenteuer beginnt, in dem ich mich schon längst befand.