Weihnachten Teil 1: Misa de Gallo

Weihnachten ist zwar schon eine ganze Weile her, aber weil die Weihnachtszeit so anders ist als in Deutschland schreibe ich trotzdem noch darüber.

Neun Tage vor Weihnachten beginnt auf den Philippinen eine ganz besondere Tradition: Die Misa de Gallo. Jeden Morgen, in den meisten Gemeinden morgens um vier, wird eine Messe gefeiert. Wer alle neun Messen besucht, der darf sich an Heiligabend etwas wünschen. Entstanden ist diese Tradition, weil spanische Priester für die Farmer neun Messen abgehalten haben. Weil diese aber ab Sonnenaufgang auf den Feldern arbeiten mussten, wird die Messe vor Sonnenaufgang gefeiert.

Madita und ich haben die Misa de Gallo nicht in Valladolid gefeiert, sondern haben gemeinsam mit dem Bischof verschiedene Gemeinden in Negros Occidental besucht. Die ersten Tage haben wir in Manapla im Norden von Negros verbracht. Und wenn man morgens um halb vier aufsteht, draußen noch alles dunkel ist und irgendwo Gloria in Excelsis Deo läuft, dann kommt trotz sommerlicher Temperaturen doch irgendwie Weihnachtsstimmung auf.
In Manapla haben wir aber nicht nur jeden Morgen die Messe besucht, sondern zusätzlich auch einige der Outstations. Weil viele Menschen, die in den abgelegeneren Barangays leben, nicht die Möglichkeit haben jeden Sonntag die Messe in der Kirche zu besuchen, haben diese Barangays eigene Kapellen, in denen etwa einmal im Monat, meist am Samstag, Messe gefeiert wird.

Am 18. Dezember sind wir dann zurück nach Valladolid gefahren, haben eine Messe zuhause besucht und sind am nächsten Tag direkt weiter nach Sipalay ganz im Süden von Negros gefahren. Aber auch hier sind wir nur einen Tag geblieben, bevor wir dann, ebenfalls für nur einen Tag, nach Dancalan, also wieder Richtung Norden, gefahren sind.

Erst in Su-ay sind wir wieder länger geblieben. Hier machte sich dann auch bemerkbar, dass jeden Tag um vier Uhr aufstehen, ein bis zwei Stunden im Auto sitzen und spät schlafen gehen nur für einen begrenzten Zeitraum funktioniert. Obwohl ich einen Wecker gestellt hatte, habe ich die Messe am vierten Advent verschlafen und bin erst zum Frühstück aufgewacht, weil ich geweckt wurde. Einen Wunsch gab es für mich dieses Jahr also nicht, dafür konnte ich nach elf Stunden Schlaf die Ausflüge an den nächsten beiden Tagen genießen.

Die letzte Messe an Heiligabend haben wir dann wieder in Valladolid gefeiert, nachdem wir am Tag vorher wieder zuhause angekommen sind. Und obwohl die Misa de Gallo so ganz anders ist als deutsche Vorweihnachtszeit, und die sommerlichen Temperaturen so gar nicht das sind was ich von deutschem Dezember gewohnt bin, fand ich diese Zeit fast weihnachtlicher als Heiligabend selber.

Kulinarische Abenteuer

Fremde Kulturen bringen mitunter Gerichte und Delikatessen hervor, die aus deutscher Sicht zunächst einmal kaum genießbar erscheinen. Wenn man dann aber die innere Barriere überwindet, ist vieles leckerer als man das zunächst erwartet. In drei Monaten trifft man auf einige dieser Gerichte, auch wenn wir mit Sicherheit noch nicht alles gesehen haben. Die folgende Liste ist das, was ich in den letzten drei Monaten probiert habe, und was mich im Geschmack überrascht hat – positiv wie negativ.

Balut ist eigentlich nicht mehr als das Ei von einem Huhn oder einer Ente, das gekocht und dann als Snack gegessen wird. Der einzige Unterschied zu einem normalen Ei: In dem Ei befindet sich ein Küken.
Zunächst wird das Ei an der Seite, auf der die Luftblase liegt, geöffnet und die Flüssigkeit aus den Ei getrunken. Die erste Überraschung: Diese Flüssigkeit schmeckt nach Eigelb. Ehrlich gesagt weiß ich im Nachhinein gar nicht, warum ich bei einem Ei etwas anderes erwartet habe, aber in meiner Vorstellung hatte der Geschmack von Balut nichts mit dem von einem Frühstückei gemeinsam.
Anschließend wird das Ei gepellt und wie ein normales Ei mit Salz, manchmal auch mit Essig gegessen. Auch hier war ich wieder von dem Geschmack überrascht. Balut schmeckt wie Huhn und Ei. Letztlich ist es genau das, aber erwartet hatte ich trotzdem etwas anderes.

Balut

Ein ziemlich einfaches Gericht ist Adobo. Die Basis bildet hierbei Hühner- oder Schweinefleisch, das in einer Mischung aus Sojasauce, Essig, Knoblauch, Salz und Pfeffer eingelegt und dann gebraten wird. Wie fast alles gibt es Reis als Beilage.

Im Allgemeinen wird auf Negros viel Schwein gegessen. So gibt es zu Feierlichkeiten oft Spanferkel, das hier Lechon genannt wird. Bei Lechon sieht man noch ziemlich deutlich, dass es sich um Schweinefleisch handelt. Bei einem anderen Gericht, dessen Namen ich leider vergessen habe, ist das anders. Auf den ersten Blick sieht es ziemlich flüssig aus – und schwarz. Tatsächlich handelt es sich um eine Art Suppe mit Schweineblut und -innereien. Es hat mich ein wenig Überwindung gekostet, aber als ich probiert habe, war ich überrascht. Der dominierende Geschmack war Ingwer.

Lechon

Das erste ungewöhnliche Gericht das wir probiert haben waren ebenfalls Innereien vom Schwein, allerdings frittiert und mit Essig als Snack. Auch hier schmeckt man kaum die Innereien, sondern vor allem den Essig und das Salz in der Panade.

Aber auch Obst hält auf den Philippinen einige Überraschungen bereit. Durian ist eines der Dinge, die mich eher negativ überrascht haben. Diese Frucht wird oft mit dem Satz „Smells like hell but tastes like heaven“ beschrieben. Und während viele Menschen hier Durian essen, werde ich wohl kein Fan dieser Frucht.

Anders ist das mit Ananas. Die schmeckt nicht nur deutlich besser als in Deutschland, sie wird hier auch anders gegessen: Mit Salz. Das erste Stück habe ich noch ohne probiert, das zweite dann mit. Der Geschmack ist schwer zu beschreiben, aber definitiv besser als ich erwartet hätte.

Und dann gibt es noch zwei Früchte, die ich gut erst kennengelernt habe: Mangostan und Rambutan. Bei beiden Früchten braucht man ein wenig Übung, um die Schale zu öffnen. Während Mangostan in der Struktur des Fruchtfleisches einer Orange oder Mandarine ähnelt und meist einen großen und manchmal noch einige kleinere Kerne hat, hat Rambutan nur einen Kern, der mittig im Fruchtfleisch sitzt. Beide Früchte sind süß, und werden definitiv zu den Dingen gehören, die ich in Deutschland vermissen werde.

Mangostan mit Schale…
… und geöffnet.

Ebenfalls gewöhnungsbedürftig war, dass auf den Philippinen nicht nur Messer und Gabel, sondern mit Löffel und haben gegessen wird. Das macht das Reis essen einfacher, dafür braucht es schon ein bisschen Übung, bis man mit einem Hühnerflügel zurecht kommt.

Die Alternative zu Gabel und Löffel sind – nicht in allen Situationen, aber doch hin und wieder – die Hände. Das macht den Hühnerflügel um einiges leichter, dafür wird der Reis jetzt zur Herausforderung. Aber auch dafür gibt es einen Trick, den man mit ein bißchen Übung ganz gut beherrschen kann: Eine mundgerechte Portion Reis wird zwischen dem Daumen und dem Zeige-, Mittel- und Ringfinger zu einer Pyramide gepresst und dann angehoben. Auf den drei Fingern liegend führt man die Pyramide zum Mund und schiebt sie mit dem Daumen bin der Handfläche aus in den Mund. Im Idealfall berühren die Finger den Mund dabei nicht.

Das war’s (erstmal) mit kulinarischen Abenteuern von den Philippinen. Ich bin mir aber auch sicher dass wir noch nicht alles gesehen haben.

Stromausfall

Mitten in der Nacht wache ich auf, und mein erster Gedanke ist „Igel ist gar kein Sternzeichen.“ Eigentlich würde ich mich jetzt wieder auf die andere Seite drehen und weiterschlafen, aber in den Moment in dem ich die Augen wieder schließen will, wird es plötzlich still. Also, richtig still. Und dann fällt mir auf, dass in den fast drei Monaten die wir mittlerweile hier sind, es noch nie so still war. Normalerweise läuft immer eine Klimaanlage, oder zumindest ein Ventilator.

Plötzlich wirkt jedes Geräusch um ein Vielfaches lauter. Das Motorrad, das draußen vorbeifährt. Ein Krankenwagen fährt den Highway entlang. Ein kurzer Blick auf die Uhr sagt mir, dass es viertel nach fünf ist. Nach einigen Minuten wacht der erste Hahn in der Nachbarschaft auf. Draußen singt für einen kurzen Moment der erste Vogel, und heute Nacht muss es wohl wieder geregnet haben, denn gelegentlich hört man Tropfen auf das Dach fallen.

Als die Klimaanlage für einen kurzen Moment wieder an geht, zucke ich fast ein bisschen zusammen. Dann herrscht wieder Stille. Und obwohl ich weiß dass ich eigentlich noch ein bisschen schlafen sollte, weil wir in einer halben Stunde aufstehen und zur Schule müssen, bleibe ich liegen, und genieße die Stille, die nur von einigen Hähnen in der Nachbarschaft unterbrochen wird.

Irgendwann fangen die Vögel draußen an zu singen, während die Hähne langsam verstummen. Trotz der Vorhänge wird es langsam hell in unserem Zimmer.

Und um kurz nach sechs, pünktlich zum Aufstehen, ist der Strom dann wieder da, und mit ihm die Stille eindeutig beendet.

Schlaflose Nächte und ereignisreiche Tage

Donnerstag, der 10. Oktober. Um 7 Uhr beginnt an unserer Schule das Event „Intramurals“. Dies ist ein Wettbewerb, worauf sich wochenlang vorbereitet und dafür der Unterricht maßlos missachtet wurde. Doch ohne uns. An eben diesem Morgen geht es für uns zurück nach Manila für unser Visum. Das Flugticket bekamen wir, wie immer, erst am Tag zuvor und somit war alles recht spontan. Ein Fahrer sollte uns morgens um 06:30 Uhr zum Flughafen fahren. Da wir nur Handgepäck hatten und bereits online eingecheckt waren, sollte dies an Zeit ausreichen. Dachten wir. Schließlich hatte ich bei unserer Nanay extra stark betont, dass wir wirklich um 06:30 Uhr und nicht erst zur Filipino-Zeit los müssten. Naja, wie du dir schon denken kannst, kam der Fahrer zu spät. Um einiges zu spät. Gegen 07:10 Uhr stiegen wir panisch in den weißen Flitzer und hofften, dass wir ohne Stau durchkommen würden. Laut Google Maps fährt man 1 Stunde und 16 Minuten. Boarding war übrigens um 08:20 Uhr. Gedanklich sah ich schon vor mir, wie uns bei der Sicherheitskontrolle gesagt wird, dass es bereits zu spät sei. Doch da habe ich die Rechnung ohne unseren Fahrer gemacht. Dieser schien ordentlich auf die Tube zu drücken und bretterte wortwörtlich über die Straßen. Ich schaute recht sparsam, als ich das 40er Schild aus dem Seitenwinkel erkannte und unser Tachometer rund 110km/h anzeigte. Wenigstens holten wir eine gute Menge an Zeit auf und laut GoogleMaps hatten wir genau eine Minute für 2 Sicherheitskontrollen und das Hetzen durch den Flughafen.

Letzten Endes kamen wir um 08:22 Uhr an unserem Gate an (Gott sei Dank ohne Probleme bei den Kontrollen… Gut, dass ich mittlerweile keinen Regenschirm mehr besitze, den ich fälschlicherweise mitnehmen hätte können). Es blieben sogar noch rund 5 Minuten, in denen wir Platz nehmen durften, bevor das Boarding dann startete. Nach diesem ganzen Wirbel war ich heilfroh, mich endlich auf dem Sitz im Flieger niederzulassen.

Nachdem wir unser Visum erfolgreich verlängert haben, war erstmal warten angesagt. Der offiziell nächste Termin sollte erst in 5 Tagen sein und bis dahin mussten wir uns irgendwie die Zeit vertreiben. Dies taten wir zum Beispiel in Form eines Konzertes. Unser Pastor Chris ist Mitglied einer Band und am Abend würden sie in einer Bar ihre Songs zum Besten geben. Das haben wir uns nicht zweimal sagen lassen. Schließlich haben wir eben diese Band schon einmal live gesehen und waren begeistert. Auch, wenn ich den Text absolut nicht verstehe, wurde mir die jeweilige Message der Lieder erklärt und einen Ohrwurm der fesselnden Songs nahm ich auch gerne in Kauf. Gesagt getan: Nach einer langen Autofahrt aufgrund des Verkehrs in Manila, saßen wir endlich in einer typischen Kneipe. Sie war klein und gemütlich rustikal. Die Menschen waren gut gelaunt und ließen die Korken knallen. Nach einigen motivierenden, politischen Reden gegen die Regierung, begann dann endlich das eigentliche Konzert. Plötzlich stürmten Menschenmassen in den eigentlich relativ kleinen Raum (mag an der Musik oder auch am prasslenden Regen gelegen haben). Nun saßen wir da, lauschten der Musik, konnten aber absolut nichts sehen, da zu viele Menschen vor uns standen. Desto später es wurde, desto ausgelassener wurde die Stimmung. Es kam ein (eventuell nur ganz leicht angetrunkener) Mann auf uns zu und rief: „Hey Girls! Where are you from?“. Nachdem wir erklärten, was unser Heimatland sei, fing er plötzlich an, auf deutsch zu sprechen. Etwas erschrocken habe ich mich da schon. Seit zirka 5 Jahren lebt Christoph aus Mannheim nun schon hier aufgrund seiner großen Liebe zu einer Filipina. Und Geld kann man hier anscheinend auch nicht schlecht verdienen.

Um unsere Zeit anderweitig zu vertreiben, gingen wir in eine der vielen Malls von Manila. Robinson’s ist 5-stöckig und extrem unübersichtlich (wobei das noch untertrieben ist). Auf einem Monitor am Eingang kann man alle möglichen Geschäfte sehen und sich den Weg zeigen lassen. Trotz dessen ist es uns nur über viele Umwege gelungen, besagte Geschäfte auch aufzufinden. Man fühlt sich etwas wie bei Ikea. So richtig brauchen tut man nichts, verlaufen steht auf der Tagesordnung und trotzdem kommt man am Ende mit Dingen nach Hause, die man gar nicht gesucht hat. Beispielsweise schaute ich ursprünglich nach Halsschmerztabletten und verließ die Mall am Ende mit einem neuen Aufladekabel (Frag mich nicht, wie ich von der Apotheke zum Technik-Geschäft kam).

An einem weiteren Tag trafen wir uns mit zwei deutschen Freiwilligen, die ebenso mit der Organisation „weltwärts“ unterwegs sind. Zusammen schauten wir uns die bekannteste (und absolut größte, die ich jemals gesehen habe) Mall und auch den Sonnenuntergang an.

Es ist sehr interessant, die anderen Einsatzstellen kennenzulernen und zu erfahren, wie anders man dasselbe Land wahrnehmen kann.

Am Morgen des 17. Oktobers begann dann das „YIFI-golden-anniversary-celebration-Camp“. Die Kurzfassung: Vor 50 Jahren wurde in der Iglesia Filipina Independiente die Jugend offiziell als ein eigener Teil der Kirche anerkannt. Alle, nicht verheirateten, Männer und Frauen zwischen dem Alter von 13 und 35 gehören hierzu. Und dies sollte mit den Leitern der jeweiligen Bereiche (Die Philippinen sind in 49 eingeteilt) und einigen anderen Teilnehmern gefeiert werden. Alles in Allem waren wir zirka 200 Teilnehmer.

Aber für diejenigen, die auch nochmal die ungekürzte Version des Ablaufs erfahren möchten, werde ich es nochmal etwas detailreicher erzählen (hätte ich sowieso gemacht, machen wir uns nichts vor). Zusammen mit den Teilnehmern aus Schweden, die in unserem Alter sind und einigen Mitgliedern der YIFI reisten wir morgens gegen 9 Uhr mit einem Bus von Manila nach Laguna. Die Fahrt dauerte zirka 3,5 Stunden. Durch die vergangenen Tage und der trockenen Luft der Klimaanlage im Zimmer litt ich bereits unter ein wenig Schlafmangel. Im Bus war jedoch keine Zeit für ein Nickerchen, da die Schweden & Schwedinnen viel zu spannende Geschichten zu erzählen hatten. Außerdem kann man bei den holprigen Landstraßen sowieso nicht ohne Kopfverletzungen schlafen.

Angekommen gab es dann endlos viele neue Gesichter, hunderte von Selfies und ganz viele Namen, von denen ich 95% wieder vergessen habe. Beim Eröffnungsgottesdienst sind wir alle beinahe eingeschlafen. Nur zwischendurch, wenn man dann wieder aufstehen oder sich hinknien musste, meldete sich der Kreislauf und dann war die Müdigkeit nicht mehr das größte Problem. Am Ende durfte ich zum ersten Mal eine Gabe nach vorne tragen und wurde danach noch gesegnet. Das war eine schöne Erfahrung.

In der Nacht (die übrigens viel zu kurz war) schliefen wir alle in getrennten Räumen. Der Veranstaltungsort war eine Schule und somit teilten sich die verschiedenen Regionen in männlich und weiblich in die Räume auf. Wir schliefen bei unserer Region „Visayas female“. Zusammen legten wir uns auf ein dünne Matten auf den Boden.

Gemütlich, oder?

Dass wir selber ein Kissen und eine Decke mitnehmen sollten, hatte uns leider niemand gesagt. Glücklicherweise habe ich aber immer mein kleines, selbstgenähtes Kissen einer Freundin, meinen großen Schal für kalte Autofahrten und außerdem mein Schlafsack-inlet dabei. Zudem bekamen wir noch eine große Stoffdecke. Somit müsste ich theoretisch für die Nächte gewappnet sein. Leider war es aber so bitterkalt in der Nacht, dass ich beinahe kein Auge zumachen konnte. Liegen ging sowieso nur auf dem Rücken, da der Boden für alles andere zu hart war. Da wir um 23:30 Uhr ins Bett gingen und um 4:30 Uhr schon das große Wecken begann, hätte ich aber in einem, mir bekannten, Bett und bei den Temperaturen der zwei Klimaanlagen wohl auch nicht viel mehr Schlaf bekommen.

Nun gut. Augen auf und durch. Auf dem Weg zu den Toiletten sah ich bereits, wie einige Zumba auf der Bühne tanzten. Verrückt. Kopfschüttelnd und doch etwas neidisch auf eine so grandiose Stimmung am Morgen, schlenderte ich weiter zu den Toiletten. Zu meiner Enttäuschung waren alle einzelnen Räume mit Toilette und Dusche besetzt. Weit und breit war nur die Sammeltoilette der Männer zu sehen. Da keiner drinnen war, fackelte ich nicht lange und watschelte hinein. Der Zustand einer Schultoilette ist nicht gerade das angenehmste oder hygienischste, was ich mir vorstellen kann. Nun weiß ich auch, warum wir an unserer Schule in Valladolid nur auf die Lehrertoilette gehen sollen und die andere als „unsafe“ bezeichnet wird. Naja, ich entschied mich, es auf das Umziehen meiner Klamotten zu beschränken. Leider haben die Kabinen aber keinerlei Türen, sondern nur 3 Aussenwände, die eine Höhe bis zu meiner Schulter haben und ich mit dem Kopf drüber schauen konnte. Schnell begann ich, die Kleidung zu wechseln und schaute immer wieder paranoid über die Mauer. Ein guter Freund läuft vorbei, lächelt erst und grüßt dann recht verwirrt. Mit einem verlegenen Lächeln winke ich zurück und gehe endlich wieder hinaus ins Freie. Nach einigen Stunden fiel mir übrigens auf, dass nur 5 Meter weiter eine Damentoilette mit Türen vor den Kabinen gewesen wäre. Naja, witzig war es trotzdem.

Das Programm war hauptsächlich in Tagalog. Nur zwischendurch verstand man entweder einzelne Vokabeln oder Wörter auf Englisch. Dadurch hatte man das Gefühl, zu verstehen, was denn nun das Hauptthema sei. Ansonsten war viel sitzen angesagt mit einigen Icebreakern und Energizern zwischendurch. Es gab reichlich viele Mahlzeiten, die man sich allerdings nur in der Kantine holen durfte, insofern man denn auch den Essensschein dabei hatte. Zu Beginn scherzte ich darüber, dass es sowohl einen Vormittags- als auch Nachmittagssnack zusätzlich zu den 3 Mahlzeiten gab und wo denn der Mitternachtssnack bleibe. Wenn man vom Teufel spricht: An 2 Tagen gab es tatsächlich noch eine Kleinigkeit um pünktlich 0 Uhr zu essen. Etwas unüblich bestanden die Snacks aber nicht aus Reis, sowie alle anderen Gerichte. Meist gab es jedoch einen Saft + eine kleine Packung Kekse. Dies hatte man sich nach einem absolut vollen Tagesablauf aber auch verdient. Neben den vielen Reden und Diskussionen war auch Zeit für Auftritte der einzelnen Regionen oder anderweitige Aktivitäten.

Ebenso erinnere ich mich vor allem an ein nächtliches Erlebnis gerne zurück. Es schien ganz so, als hätte sich das viele „please introduce yourself“, „please come in front“, … ein wenig in mein Unterbewusstsein verankert. Zumindest träumte ich mitten in der Nacht davon, dass Lone und ich doch bitte auf die Bühne kommen sollen. Gesagt getan: Samt Schlafsack (!) stand ich anscheinend während des Schlafes auf, lief durch den Raum und blieb vor der Tür stehen. Nun stand ich da auf der „Bühne“ und wusste nicht, wie ich wieder aus der Situation heraus kommen sollte. Ich versuchte, die Tür zu öffnen, in dem ich mich dagegenlehnte und hoffnungslos mit den Händen gegen die Tür drückte. Irgendwie funktionierte es aber nicht und so „wachte“ ich endlich auf. Halbwegs. Irgendwie dachte ich immernoch, es sei real, aber wenigstens war ich nun teilweise wach. Die Tür nach draußen war (ein Glück!) abgeschlossen und somit war es mir nicht möglich, herauszuwandern. Ich fragte mich, wie Lone eigentlich von der „Bühne“ gekommen sei. Etwas verwirrt schaute ich durch den Raum und sah (mehr oder weniger, es war doch recht dunkel), wie zirka 10 Personen im Raum verteilt schliefen. Plötzlich war ich beschämt. Haben diese Leute mich beobachtet, wie ich nichtmal eine Tür öffnen kann? Wie komme ich unbemerkt von der „Bühne“? Völlig überfordert ließ ich mich zu Boden fallen und hockte nun für unbestimmte Zeit in einer Ecke. Als ich dann letztendlich tatsächlich aufwachte, lief ich verwirrt zurück zu meinem Schlafplatz, wobei ich beinahe hinfiel, da ich ja den Schlafsack noch um meine Füße gewickelt hatte. Naja, das Witzigste war eigentlich, dass ich am nächsten Tag erfuhr, jeder Raum sei mit einer Kamera ausgestattet. Vermutlich war es zu dunkel, aber ich warte immernoch auf das Videomaterial.

Zusammenfassend fühlte sich das Camp ein wenig wie ein Pfadfinderlager an. Wenig Schlaf, viel zutun, es wird gemeinsam gegessen, auf engem Raum geschlafen, man wächst zusammen und alle benutzen eher unübliche Toiletten.

Mit einem lachenden und einem weinendnen Auge verließen wir das Gelände der Schule am letzten Tag. Es ging mit dem Bus zurück nach Manila, wo wir wieder einige Nächte bleiben würden. Zusammen mit den Freiwilligen aus Schweden schliefen wir in einem Hotel und erkundeten die Mall immermehr. Mittlerweile weiß ich wenigstens, wo es welches Essen gibt. Und das ist doch schonmal die Hauptsache. Außerdem haben wir endlich das Visum beantragt. Denn immer wieder das Touristenvisum verlängern geht natürlich nicht.

Den letzten Abend in Manila ließen wir gemütlich auf einem „Oktoberfest“ ausklingen.

Dann ging es endlich zurück in unser geliebtes Zuhause zurück. Nach 2 Wochen in der Großstadt Manila vermisste ich unser Haus, die Ruhe, das Krähen unseres Hahnes, die Geckos in der Küche, das Meer vor der Tür, die Berge, die frische Luft und vor allem natürlich die Menschen.

Nun sind wir seit einer Woche wieder zurück und waren trotzdem noch nicht in der Schule, da gerade eine Woche frei gewesen ist. Trotzdem haben wir einiges erlebt: Auf den letzten Drücker konnten wir noch das Masskara-Festival in Bacolod begutachten, einige schöne Sonnenuntergänge erleben, uns beim Halloween-Event gruseln und eine Tour durch Bacolod machen.

Auch einfach mal Touri sein.
Dieses Kostüm in Kombination mit einer Vorstellung gewann den 2. Platz.

Zu meinem Erstaunen schrieben mir innerhalb der letzten 3 Wochen relativ viele meiner Schüler, dass sie mich vermissen und ich doch bitte nochmal zurück auf die Philippinen kommen solle. Etwas verwirrt erzählte ich es einem Lehrer, der auch viel mit uns in der Freizeit unternimmt. Wie sich herausstellte, hat sich dieser einen „Spaß“ erlaubt und den Schülern erzählt, wir seien zurück in Deutschland. Irgendwie taten mir die Schüler dann etwas Leid. Naja, ich klärte es auf jeden Fall immer auf und morgen beginnt ja endlich die Schule wieder und somit auch mein lang ersehnter Alltag.

Manchmal passiert alles gleichzeitig

Manchmal passiert alles gleichzeitig. So war das bei uns in den letzten Wochen: Das Visum musste verlängert werden, in der Schule standen Intramurals und Anopssai an, das fünfzigste Jubiläum der Youth of the Iglesia Filipina Independiente (YIFI) wurde gefeiert, und in Bacolod fand das Masskara-Festival statt. Aber von Anfang an.
Eigentlich ist der Schulalltag seit dem letzten Eintrag gar nicht normal weiter gegangen. Statt des normalen Unterrichts wurden die Schulstunden von einer Stunde auf vierzig Minuten verkürzt. In der Zeit, die dann am Nachmittag frei wurde, haben die Schulmannschaften für Anopssai, ein Turnier zwischen mehreren Schulen auf Negros, trainiert. Außerdem hatten die Klassen Zeit, ihre Tänze für Intramurals, eine Art Schulfest, zu üben.

Leider haben wir das endgültige Ergebnis dieser Proben, die bei über dreißig Grad und Sonnenschein auf dem Sportplatz stattfanden, nur auf Facebook gesehen. Am ersten Tag von Intramurals, dem zehnten Oktober, sind Madita und ich nämlich noch einmal nach Manila geflogen, um unser Touristenvisum zu verlängern und das endgültige Visum zu beantragen. Mit dem Antrag für das Visum könnte ich einen ganzen Blogeintrag füllen, und das werde ich auch tun, sobald wir das endgültige Visum haben.

Aber nicht nur für das Visum sind wir zurück nach Manila geflogen. Am 17. Oktober haben wir die Freiwilligen aus Schweden wiedergetroffen, all unser Zeug in den Bus geladen und sind nach Laguna gefahren, wo das fünfzigste Jubiläum der YIFI gefeiert wurde. Das Programm im Detail zu beschreiben würde hier den Rahmen sprengen, aber von einigen Highlights möchte ich trotzdem berichten.

Das, was mir vermutlich am deutlichsten in Erinnerung bleiben wird ist die Unterbringung. Während des Jubiläums haben wir in einer Highschool übernachtet. Jede der vier Regionen der Philippinen (North Central Luzon, South Central Luzon, Visayas, Mindanao) hat zwei Klassenräume zur Verfügung gestellt bekommen, einen für die Jungen und einen für die Mädchen. Übernachtet wurde auf dünnen Matten aus Reisstroh. Das ist, vor allem auf dem gefliesten Boden eines Klassenraumes, eine Erfahrung, an die man sich erst einmal gewöhnen muss. Zusätzlich hatte keiner von uns so wirklich eine Vorstellung, wie stark die beiden Klimaanlagen den Raum tatsächlich kühlen. Die erste Nacht bestand also für mich hauptsächlich darin, aufzuwachen, mich auf die andere Seite zu drehen, was nur unwesentlich gemütlicher war als die Position in der ich aufgewacht bin, irgendwie zu versuchen noch ein bisschen tiefer unter die Decke zu kriechen, und dann wieder einzuschlafen. Entsprechend müde war ich dann am nächsten Morgen, als wir um fünf aufgestanden sind, um dann im sechs noch vor dem Frühstück Zumba zu tanzen und den Tag mit einer Andacht zu beginnen.

Auch das Essen ist eine Erwähnung wert. Die Mahlzeiten wurden in der Kantine der Schule ausgegeben, und wie für alle anderen gab es auch für uns dreimal am Tag Reis, was tatsächlich eine neue Erfahrung, aber nicht unbedingt schlecht war. Nur an die Kombination aus Reis, Rührei und Würstchen mit Ketchup morgens um halb sieben musste ich mich erst gewöhnen.

Von dem Programm habe ich nicht allzu viel verstanden, weil vieles auf Tagalog war, aber der Ausflug am 19. Oktober ist mir in Erinnerung geblieben. Wir wurden in drei Gruppen aufgeteilt. Die Gruppe in der ich war hat Reisbauern in der Umgebung von Laguna besucht. Die meisten Bauern besitzt das Land das sie bewirtschaften nicht, und müssen den Großteil der Ernte an die Eigentümer des Landes abgeben. Wenn der Besitzer der Felder Saatgut und Pestizide zur Verfügung stellt, haben die Bauern erzählt, dürfen sie zehn Prozent der Ente behalten, wenn die Bauern auch das Saatgut kaufen müssen ist es etwas mehr. Gleichzeitig sinkt der Preis für Reis, weil immer mehr günstiger Reis aus anderen Ländern importiert wird. Auch die Industrialisierung der Landwirtschaft stellt für die Bauern eine Gefahr her.

Am Sonntag wurde das Programm mit eine Messe beendet, und für Madita und mich ging es zunächst noch einmal nach Manila und dann zurück nach Negros, gerade rechtzeitig um das Masskara-Festival noch besuchen zu können. Leider war das Wetter eher mäßig, sodass wir uns nur die Parade angeguckt haben, und auf die Tänze auf der Plaza von Bacolod verzichtet haben.

Das Masskara-Festival in Bacolod, manchmal ohne Regen…
… und manchmal mit Regen.

Morgen fängt dann bei uns die Schule wieder an, und mit ein wenig Alltag können hoffentlich auch wieder regelmäßigere Blogeinträge.

National Teacher's Day

Während in Deutschland am dritten Oktober fast niemand arbeitet, und zumindest in Schleswig-Holstein die Herbstferien begonnen haben, geht hier der (Schul-) Alltag fast normal weiter. Zumindest bis Freitag.

Weil der Weltlehrertag dieses Jahr auf einen Samstag fällt, wurde bei uns an der Schule kurzerhand am  Donnerstag mit der Nursery School und am Freitag mit der High School gefeiert. In der Nursery School haben die Eltern ein gemeinsames Frühstück und kleine Geschenke für die Lehrer vorbereitet, die die Kinder überreicht haben.

Am Freitag haben dann die Schüler der High School ein Programm gestaltet, ebenfalls mit Geschenken für die Lehrer, aber auch mit Danksagungen der Klassen an ihre Klassenlehrer und Spielen für die Lehrer. Wobei diese Spiele ein wenig anders ablaufen als in Deutschland. Wenn zum Abistreich Lehrer meiner ehemaligen Schule gegen Schüler antreten sollten, dann haben die meisten Lehrer sich möglichst klein gemacht oder im Lehrerzimmer verkrochen, um auf keinen Fall auf die Bühne gerufen zu werden. Hier spielen die Lehrer mit. Auch wenn das heißt, bei über 30 Grad in der Sonne zu tanzen, während die Schüler filmen.

Im Anschluss an die Spiele hat jeder Lehrer ein Certificate of Recognition erhalten, mit dem die Schüler ihren Lehrern für ihr Engagement und ihre Geduld danken.

Obwohl Madita und ich erst etwas mehr als einen Monat an der Francisco Infante Memorial High School sind, haben auch wir ein Certificate bekommen.

An dem gemeinsamen Mittagessen der Lehrer konnten wir dann aber leider nicht teilnehmen, weil wir mit dem Bischof nach Bacolod gefahren sind. Dort haben wir die letzten Sachen eingekauft, um am Samstag in der Gemeinde ein deutsches Abendessen ausrichten zu können, aber das ist eine andere Geschichte.

Ein Erdbeben und was sich sonst noch hat ergeben

Ein Erdbeben, Weihnachtsstimmung und verwickelt in die Drogenmafia? All dies erfahrt ihr etwas Näher, wenn ihr weiterlest.
Aber beginnen wir ganz von vorne. Der September startet und damit beginnt auf den Philippinen offiziell die Weihnachtszeit. Ab dem 01.09. sitzen Rudolf das Rentier und Mariah Carey also in meinem Ohr. Fühlt sich noch etwas fremd an, weder mit der Familie, noch zum eigentlich bekannten Zeitpunkt oder zu gewohnten Temperaturen in die Stimmung für dieses besinnliche Fest zu kommen.
Am 11. September mussten wir mit dem Flugzeug zurück nach Manila, um unser Visa zu verlängern und das Missionaravisum zu beantragen. Unerfahren, wie ich im Fliegen war, durfte ich meinen Regenschirm natürlich nicht im Handgepäck transportieren. Diesen musste ich also in Bacolod zurücklassen. Schade aber auch, schließlich diente er hier sowohl bei Regen als auch bei Sonne als mein treuer Begleiter. Am Flughafen in der Hauptstadt wurde gerade ein Treffen mit Piloten in Gedenken an den Terroranschlag vor genau 18 Jahren (9/11) abgehalten. Da bekam ich eine Gänsehaut am ganzen Körper.

In Manila unterschrieben und füllten wir endlose Unterlagen für das Visum aus (habe mich 3 Mal verschrieben und musste neu beginnen… Es war aber auch früh am Morgen und die Wirkung vom Kaffee war noch nicht eingetreten). Leider mussten wir aber feststellen, dass wir ohne eine Unterschrift vom obersten Bischof nicht sehr weit kommen würden. Der befand sich allerdings noch für über eine Woche in Amerika. Also verlängerten wir unser Visum für 30 weitere Tage und hoffen immernoch, dass wir nicht nochmal zurück fliegen müssen, da schließlich alle Unterlagen vorliegen.


Wir schliefen im selben Raum, wie auch zu Beginn und somit trafen wir wieder auf alte Bekannte: Die Eidechse, die wir am ersten Abend bei der Ankunft auf den Philippinen kennenlernen durften, befand sich immernoch im Badezimmer. Irgendwie war es schön, da ich sie nun mit anderen Augen sah. Beim ersten Mal bin ich immer langsam und behutsam in den Raum gegangen. Mittlerweile schaue ich fast schon mit Vorfreude, ob ich sie entdecken kann.

Was ich das erste Mal erleben durfte, war ein, beziehungsweise gleich zwei, Erdbeben. Wir saßen alle zusammen im Büro in Manila, als ich plötzlich das Gefühl hatte, mein Stuhl kippt um. Es fühlte sie wirklich an, als würden die Beine von meinem Stuhl wegknicken und mein Kreislauf zusammenklappen. Als Lone und ich uns erschrocken anschauten, wurde mir bewusst, dass nicht nur ich das spürte. Es war also ein richtiges, waschechtes Erdbeben. Meine Hände wurden kalt und schwitzig, Adrenalin wurde ausgeschüttet. Mimotz bemerkte es erst relativ spät und lachte nur. Nach zirka 10 Minuten kam noch ein zweites, genauso kleines Erdbeben. Ein Glück ging es nur einige Sekunden und hatte in ganz Manila keine starken Auswirkungen. Auf meinem Handy erschien ein großer, rot blinkender, Banner. Was zuerst nach einem Virus aussah, entpuppte sich als Warnung vom Erdbeben. Danke, aber wäre ich in Not gewesen, käme das doch etwas zu spät. Naja, das Einzige, was lediglich zurück bleibt, ist der Schock und ein Screenshot der Warnung.


Nun, wo wir sowieso schon in Manila waren, sollten wir gleich noch einige Tage länger bleiben, um die Freiwilligen aus Schweden zu begrüßen, die gerade erst auf den Philippinen ankommen würden. Da unser Zimmer aus 4 Stockbetten bestand und wir insgesamt 6 Leute waren, mussten Lone und ich in einem Hotel schlafen (ja, es waren 8 Betten frei, aber es sollte keinem zugemutet werden, im oberen Bett zu schlafen… Naja gut, nach einigen Diskussionen haben wir es akzeptiert). Vom Hotel bis zum IFI Central Office dauerte es zu Fuß nur zirka 8 Minuten. Das war zwar eigentlich ganz schön, aber im Dunklen zu zweit durch die Gassen von Manila zu laufen (durch Straßen, die wir noch nie gesehen hatten und nur Google Maps weiterhalf), war dann doch keine Beschäftigung, die ich gerne tat. Wenigstens hatten wir aber im Hotelzimmer eine warme und herkömmliche Dusche. Habe ich zwar nicht vermisst, aber gefiel mir trotzdem. Das habe ich glatt zwei Mal täglich in Anspruch genommen.
Außerdem gab es im Hotel Frühstück. Die Auswahl lag zwischen Reis + Beilage und Toast + Belag. Nun ratet mal, was ich die letzten Tage in der Großstadt vermisste: Reis. Hier aßen wir eigentlich immer Fastfood und somit entschied ich mich, um 6 Uhr morgens die Getreideart zu konsumieren.

Wie bereits erwähnt, aßen wir in Manila häufig Junkfood oder generell schnelles Essen. An einem Abend holte ich mir Instant-Nudeln, die nur mit heißem Wasser aufgegossen werden müssen. Für heißes Wasser benutzt man aber keinen Wasserkocher, sondern einen Wasserspender, aus dem sowohl heißes, als auch kaltes Wasser kommt. Leider benutzte ich den falschen Knopf und nun waren meine Nudeln samt Gewürzen in kaltem Wasser getränkt. Huch. Mimotz fiel dies direkt auf und wir grübelten nach einer Lösung… Das Wasser abkippen und heißes drüber kippen, kam nicht in Frage, da ich ja schlauerweise das Gewürz schon hereingetan hatte. Eine Mitarbeiterin hatte die gute Idee, meine Nudeln samt Wasser doch in die Kanne von der Kaffeemaschine zu kippen. Was das bringen sollte, verstand ich nicht, schließlich wird nicht die Kanne heiß, sondern nur das Wasser, was herein läuft. Nachdem ich dies zig mal erklärt habe, gaben wir auf. Nun schöpfte ich das Wasser ab und versuchte so viel vom Gewürz wie möglich zu behalten. Im Endeffekt hat es fast wie immer geschmeckt. Aber merkt euch: Nudeln erhitzt man nicht in einer Kaffeemaschine!


Was mir außerdem noch in Manila auffiel: Hier sind nahezu alle Scheiben der Autos verdunkelt. Das bedeutet, die riesigen, schwarzen Geländewagen haben komplett blickdichte Scheiben (sogar die Frontscheibe) und jedes Mal, bevor man einstieg und den Fahrer nicht erkennen konnte, fühlte man sich, als würde man in etwas Illegales verwickelt sein. Manchmal schaue ich vor dem Einsteigen extra auffällig nach links und rechts, ganz so, als wäre ich eingeweiht. Gerade, wenn die Autos ungefragt neben dir halten, um dich mitzunehmen, fragt man sich paranoid für einen kurzen Moment, ob man wirklich keine, auch nicht über verschiedene Ecken, Schulden bei irgendeinem Drogenboss der Mafia habe.


Falls ihr euch jemals gefragt habt, was die Höraufgabe im Englisch-Unterricht bringt und wie realistisch es ist, sich mit einem Passanten bei maximalen Hintergrundgeräuschen und einem indischen Akzent, zu unterhalten: Ja, so etwas kommt vor. Gerade in Manila, wo der Verkehr durch das Hupen, die Jeepneys und Motorräder sehr laut ist, ist es keine Seltenheit. Nun muss man es erstmal akustisch verstehen, dann irgendwie den Akzent in bekanntes Englisch übersetzen und das Ganze dann nochmal irgendwie auf deutsch zusammen puzzlen. Wenn die Person jetzt noch schnell spricht oder Fachwörter verwendet: Herzlichen Glückwunsch. Einmal nicken, „Sige“ ([Siggi] ~okay) sagen und hoffen, dass es keine Frage war.
Apropos Sprache. Auf den Philippinen ist es fast schon gängig, dass man Gebärdensprache beherrscht. Immer wieder sehe ich Personen, die sich so unterhalten. Und auch wir wurden gefragt, ob wir es verstehen, da dann das Übersetzen ins Deutsche wegfallen würde. Alles in allem kann ich sagen: Schön, dass so viele dieser Kommunikation mächtig sind, sollte es auch in Deutschland mehr geben. Was mir allerdings auffiel, als wir etwas Essen waren: 2 unterhielten sich in der Gebärdensprache und konnten einfach nicht essen, da sie ja entweder ihre Hände verwendeten oder eben auf die Hände des Anderen schauen müssten. Über 10 Minuten wurde das Essen einfach nicht angerührt. Noch nie habe ich mich gefragt, wie häufig sie wohl kalt essen müssen, da sie sich in einem interessanten Gespräch befinden.


Außerdem sieht man in den Straßen von Manila manchmal ganz bewusst, wie schlecht es den Menschen gesundheitlich oder finanziell geht. Ein Mann, dem die Beine fehlten, bewegte sich mit einem Skateboard fort. Während er in Deutschland von der Krankenkasse einen Rollstuhl und wohl auch Unterstützung bekommen würde, bekam er hier nur einige Peso beim Betteln und verächtliche Blicke.
Beim Herumschlendern durch die Gassen fiel mir am Straßenrand eine Familie in die Augen, die teilweise auf Pappe schlief. Die Familie bestand aus einer ziemlich jungen, schwangeren Mutter und 4 Kindern zwischen zirka 0-5 Jahren. Das Baby weinte und einer der Junge hielt es im Arm, mit der Intention, zu Trösten. Die Mutter aber schaute mit starrem Blick ins Leere. Dieses Bild wird mir wohl erstmal für lange Zeit nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ich frage mich, wo genau die Probleme liegen. Von den Filipino hört man immer wieder, es läge an der Regierung. Aber bringe ich 5 Kinder zur Welt, wenn ich womöglich gerade mal mich selbst ernähren kann? Mangelt es an der Verhütung oder ist es gar Absicht, um in einigen Jahren Kinder zu haben, die sich um einen kümmern? Naja, was auch immer es sein mag, die perfekte Altersvorsorge ist das nicht. Nun bin ich erst seit knapp 1,5 Monaten hier und somit bleibt noch genug Zeit, um Fragen zu stellen, die man sich vielleicht nicht von Anfang an traut, zu stellen. Sobald ich Antworten/Meinungen dazu habe, werde ich ein kleines Update geben.


Nun endet dieser Blogpost recht tiefsinnig und vielleicht auch etwas Negativ. Aber ein Freiwilligendienst ist eben nicht nur mit Positivem und Freude verbunden, gerade, wenn man über die Probleme mehr erfahren und sie verstehen möchte. Nächstes Mal gibt es vielleicht wieder etwas Lustiges aus der Schule zu berichten, wir werden sehen.
Bis dahin halte ich euch auf Instagram (Madi.matures) auf dem Laufenden.

"They said they like your nose"

Nachdem die Schüler ihre anfängliche Schüchternheit abgelegt hatten, wurde ich regelrecht mit Fragen bombardiert. „Do you have a boyfriend?“, „Do you have Facebook?“, „Do you miss your friends/family?“ und „Do you like the Philippines?“ habe ich fast jeden Tag, den ich in der Schule war, gehört. Und die Frage nach Geschwistern, die dann fast immer folgendes Gespräch nach sich zieht:
Schüler: „Do you have siblings?“
Ich: „Yes, two brothers. They are twenty-one and thirteen years old.“
Weil die Schüler zwischen zwölf und etwa sechzehn Jahren alt sind, gilt das Interesse in der Regel eher meinem kleinen Bruder. Meist werden an dieser Stelle dann schon Freunde hinzugezogen, mit dem Kommentar „Her brother ist thirteen – just like you.“ Nachdem sein Name erfragt ist, folgt dann unweigerlich die nächste Frage: „What’s his Facebook?“ In der Regel ist die Enttäuschung groß, wenn ich dann antworte, dass er weder Facebook noch Instagram hat. Entweder bewegt sich das Gespräch dann in eine andere Richtung, oder die Schüler fragen nach einem Foto von meiner Familie. Nun habe ich nur ein einziges Bild von meiner Familie auf dem Handy, und die Qualität ist mäßig. Eines kann man auf diesem Bild aber eindeutig erkennen: Die hellblonden Haare von meinem kleinen Bruder. Was dann folgt, war beim ersten Mal komisch, beim zweiten Mal befremdlich und beim dritten Mal fast traurig: „I love his hair.“ „He looks handsome.“ „His hair is beautiful.“ „I wish I had his hair.“

Eine andere Situation: Der erste Schultag, an dem Madita und ich gearbeitet haben. Ich sitze hinten im Klassenraum, neben mir Sir Kurt, der Lehrer der Klasse, umringt von einer Gruppe Schüler. Ich verstehe nicht mal, ob die Schüler Tagalog oder Hiligaynon miteinander sprechen, aber ein Wort taucht immer wieder auf, das aus dem Spanischen kommt: guapa. Aus dem Spanischunterricht in der Schule ist nicht viel hängengeblieben, guapa sagt mir aber tatsächlich etwas: schön. Weil die Schüler sich nicht trauen Englisch zu sprechen, übersetzt Sir Kurt einiges. Ein Satz ist mir besonders in Erinnerung geblieben: „They said they like your nose.“

Eine dritte Situation, die ebenfalls mehrfach aufgetreten ist: Das Gespräch dreht sich früher oder später fast immer zumindest kurz um unsere Hautfarbe, oft eingeleitet mit „I like your skin. Here in the Philippines, we want to have light skin.“ Wenn wir dann erklären, dass in Deutschland die Menschen versuchen braun zu werden, ist die Reaktion meist überrascht, fast ungläubig, dass die eigene Hautfarbe als schön gelten kann.

Diese drei Situationen sind die, an die ich mich am deutlichsten erinnern kann. Und jedes Mal ist der Unterton derselbe: Du bist schön, weil du weiß bist. Das ist auf der einen Seite für mich oft unangenehm, und zeigt auf der anderen Seite, wie tief das Denken, helle Haut und europäisches Aussehen seien besser, eingebrannt ist. Vielleicht nicht bewusst, aber auch bei Menschen, die von diesem Denken nicht profitieren. Und gleichzeitig frage ich mich immer häufiger, wie oft sich diese Vorstellung in mein Handeln und Denken schleicht. Leider habe ich auf diese Frage keine Antwort, aber obwohl diese Situationen immer seltener werden, wird mich diese Frage sicherlich noch einige Zeit beschäftigen.

Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind

Das ist einer von 5 Hunden, der in unserem Garten lebt.

Vor 39 Tagen ist unser Flieger in Manila gelandet. Wir durften seitdem viele Erfahrungen sammeln und jedes neue Erlebnis hat in mir ein anderes Gefühl ausgelöst. Von Freude über Trauer bis Mitleid war alles dabei. Heute möchte ich aber über ein Thema schreiben, wo sich meine Meinung seit Tag eins stetig ändert: Es geht um alle Art von Tieren, die ich bislang kennengelernt habe.

Riesige, exotische Schmetterlinge in der Luft.
Nostalgische Karabaus auf dem Feld.
Zwitschernde Vögel auf der Fensterbank.
Schlafende Fledermäuse in der Kirche.
Allesfressende Kakerlaken in den Ecken.

Stubentiger als Haustiere.
Kater, die herumstreunern.
Kätzchen, die getreten werden.
Katzen als Spielzeug.

Gekkos an der Wand.
Moskitos im Bett.
Ameisen im Essen.
Läuse auf dem Kopf
.

Hühner im Garten.
Hühner in Käfigen.
Hühner als Legebatterie.
Hähne als Kapital beim „Cock-Fight“.
Angebrütete Hühnereier als Snack.
Küken am Spieß.

Mücken auf der Suche nach Blut.
Katzen auf der Suche nach Futter.
Küken auf der Suche nach ihrer Mutter.
Hunde auf der Suche nach einem Zuhause.

Krebse auf dem Teller.
Rinderköpfe auf dem Markt.
Schweineblut in der Suppe.
Frittierte Frösche in der Hand.
Ratten im Kleiderschrank.

Herumtollende Hunde im Garten.
Aufgeregte Hunde im Park.
Verängstigte Hunde in der Stadt.
Kämpfende Hunde in der Nacht.
Kranke Hunde am Boden.
Hungrige Hunde vorm Straßencafé.
Sterbende Hunde am Straßenrand.
Tote Hunde im Müll.

Natürlich sind einige der Situationen Seltenheiten. Andere aber erlebe ich täglich. Tag für Tag wird es für mich weniger spektakulär, abgemagerte Hunde und Katzen zu sehen. Die Geräusche der großen Eidechsen klingen nach Musik und gegen die Moskitos helfen Mückennetze. Verletzte Hunde, Hühner mit ausgerissenen Federn und Katzen mit einem abgehackten Schwanz sind keine Besonderheit mehr. Die Karabaus, die Pflüge hinter sich her ziehen, transportieren mich gedanklich einige hundert Jahre zurück in die Vergangenheit. Wohingegen mich einige Essgewohnheiten eher in eine Parallelwelt befördern. Mittlerweile zählt das Krähen unseres Hahnes zum morgendlichen Ritual und die Gekkos gehören zu meinen Mitbewohnern.


Der Gekko erfüllt sich seinen Traum vom Reis.

Anders als zuhause

Jeepneys rauschen durch die Straßen,
und ich kann wieder mal nicht schlafen,
weil die Klimaanlage stört.
Im ersten Moment denk‘ ich, das hört
sich nach Regen an.
Aber wenn das Regen ist, dann
anders als zuhause.
In unserem Raum das Licht
ist aus, aber dunkel ist es nicht.
Anders als zuhause.
Hoffentlich ist das Mückennetz dicht,
die Mücken hier hört man nämlich nicht.
Anders als zuhause.

Fremd, neu, anders,
und ich frag‘ mich war das
wirklich der richtige Weg?
Ich stand auf einem Steg,
und wusst‘ nicht ob ich schwimmen kann.
Ich bin quasi hineingefallen.
Keine Stolpersteine, mehr so Sorgenquallen.
Aber plötzlich, irgendwann,
war der Kopf wieder oben.
Viele Sorgen gelöst, nicht weggeschoben.

Die Klimaanlage – ich hab mich mit ihr versöhnt,
mich an ihren Klang gewöhnt.
So wie der Regen zuhause.
Das Licht – das hat schon etwas gemütliches.
So wie im Sommer zuhause.
Das Mückennetz – das ist etwas behütendes.
Mein eigener, kleiner Raum,
der richtige Ort für einen sicheren Traum.
So wie mein Zimmer zuhause.

Vor genau einem Monat sind wir auf den Philippinen angekommen, und in diesem einen Monat ist vieles, das in den ersten Tagen neu und überwältigend war, mittlerweile normal geworden. Obwohl wir gerade in Manila sind, um das Visum zu beantragen, habe ich das Gefühl, auf den Philippinen und in Negros angekommen zu sein und freue mich auf die nächsten zehn Monate.