Indien – eine Pralinenschachtel. Oder: Erste Eindrücke in Indien

Indien. Hier bin ich also. Über 7200 km von zu Hause entfernt. Insgesamt ungefähr einen halben Tag Flugzeit. Schon ganze zwölf Tage sind seit meiner Abreise aus Deutschland vergangen. Allein diese Anreise (natürlich mit meiner Mitfreiwilligen, Anna) war ein kleines Abenteuer für sich!
Unsere (wie Anna meiner Meinung nach passend beschrieben hat) „Odyssee“ kurz zusammengefasst: Zuerst Anna am Flughafen finden, mich von meiner Familie verabschieden und voller gemischter Gefühle, davon größtenteils Vorfreude, auf den Flug warten. Von Hamburg ging es nach Frankfurt, von Frankfurt nach Delhi, dort durch die Passkontrolle (bei der Anna eine gute Stunde mit den Kontrolleuren diskutieren musste, um durchgelassen zu werden), von Delhi nach Vishkapatnam.
Nach ungefähr drei Stunden, einigen Telefonaten und einer leisen Ungewissheit wurden wir dann doch vom Flughafen in Vishkapatnam abgeholt. Aber noch trennten uns eine insgesamt 10 Stunden lange Autofahrt quer durch den Bundesstaat Orissa (inklusive Abendessen, einer Teepause und kaputten Autoscheinwerfern, die erst einmal repariert werden mussten) von unserem Ziel. Schließlich kamen wir um fünf Uhr morgens in Nowrangpur an, fix und fertig.
Und schon erfüllt von unzähligen Eindrücken. Bestes Beispiel: Indischer Straßenverkehr… Wie bei Mario Kart (Annas Vergleiche sind einfach die besten) schert sich keiner um die anderen Verkehrsteilnehmer, solange er am Ziel ankommt. Und da wären noch Kühe, Hunde, Schweine, Menschen und parkende Autos oder Motorräder, bei denen einfach auf die Gegenfahrbahn gewechselt wird. Außerdem wird gefühlt bei jeder Gelegenheit gehupt. Wie durch ein Wunder bahnt sich jeder seinen Weg links und rechts an all den anderen Verkehrsmitteln mit zwei bis vier Rädern vorbei – ohne Zusammenstöße! Nicht zu vergessen: Hier herrscht Linksverkehr – eine zusätzliche Herausforderung für uns.
Ich habe mich hier sofort wohl gefühlt und fühle mich von Tag zu Tag mehr angekommen. Woran das liegt? Vielleicht an den lieben Menschen, die sich so viel Mühe geben, dass Anna und ich uns hier wohlfühlen. Vielleicht an den Gesprächen, teils auf Englisch oder einfach mit Händen und Füßen. Oder vielleicht einfach daran, dass Menschen sich freuen, wenn man da ist. Vielleicht an diesem familiären Gefühl, das sich hier durch alles zieht. Vielleicht liegt es auch am Essen. Vielleicht liegt es auch einfach an allem davon und noch mehr.
Ich freue mich schon sehr auf die Zeit hier. Das Indien kennenzulernen, das ich hier erlebe, die Menschen, die Kultur, das Krankenhaus und so viel mehr, und davon so viel in meinem Herzen mit nach Deutschland zu nehmen, wie ich kann.
Um zum Titel zurückzukommen: was hat denn bitte Indien mit Pralinen zu tun? Frei nach einem Zitat aus dem Film Forrest Gump: „Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man kriegt.“ Für mich hatte Indien schon in den ersten Tagen so einige Überraschungen bereit. Viele, viele gute und wenig „böse“ Überraschungen. Indien ist für mich also in seiner Vielfältigkeit und mit seinen vielen Seiten (und Überraschungen) wie eine Pralinenschachtel. Die werde ich in den nächsten Monaten langsam immer weiter öffnen!

Vom Ankommen in einer indischen "Kleinstadt"

Es ist geschafft; wir sind heile, gesund und munter in Nagpur angekommen!
Das habe ich selber zwar nie bezweifelt, aber es jetzt allen anderen mitteilen zu können ist trotzdem eine schöne Sache.
Am Donnerstagmorgen kamen meine Mitfreiwillige Ronja und ich nach einem aufregungsfreien Reisetag in Nagpur an und dort wurden wir auch direkt in unser neues Leben katapultiert. Beim Verlassen des Flugzeuges begrüßte uns eine Wand schwüler Luft und die Stufen der Flugzeugtreppe hinab aufs Rollfeld waren klitschnass und glitschig. Es regnete wie aus Kübeln. Doch vom Rollfeld ging es rasch in die gut klimatisierte Empfangshalle des Flughafens, wo wir auch zeitnah erst unsere Koffer und dann unseren indischen Mentor Kasta antrafen. Er verfrachtete uns mitsamt unseres Gepäcks in sein Auto und es ging hinein in den Stadtverkehr von Nagpur.
Nagpur hat ca. 2,5 mio. Einwohner, ein Universität, mehrere Colleges und einen Flughafen und dennoch wird es von den Bewohnern ganz ernsthaft als Kleinstadt bezeichnet. Auch wenn ich erst einige Tage hier bin, glaube ich schon ein bisschen zu verstehen, warum das der Fall ist: Die Straßen sind zwar immer gut gefüllt, es wird gehupt, überholt und querbeet gefahren, aber dennoch hat man nicht das Gefühl es sei überlaufen, so wie man es aus manchen Reiseführerfotos kennt. Auch die Menschen hier scheinen sich untereinander gut zu kenne. Besonders in den Gemeinschaften, die sich durch Kirche oder Job ergeben. Zudem ist die Stadt sehr grün. Und ja, das alles zusammen ist zwar ganz anders als jede deutsche Kleinstadt, aber gibt mir dennoch das Gefühl, nicht in einer riesen City verloren zu sein.
In den fünf Tagen, die Ronja und ich hier bis jetzt verbracht haben, erhielten wir bereits einen guten Vorgeschmack dazu was es heißt, in Indien zu leben (Achtung, es folgt die Erfüllung vieler indischer Klischees!). Es gibt Kühe auf den Straßen, scharfes Essen, schwüles Wetter, ein paar Stromausfälle und niemanden um uns herum, der auch blonde Haare hat. Das alles hätte mich eigentlich nicht überraschen sollen, da ich vorher oft genug davon gehört habe, aber es dann überall um mich herum zu erleben ist doch noch mal etwas ganz anderes.
Ein paar überwältigende Tage des Ankommens liegen hinter mir, aber sie sind auch von viel Freude geprägt. Freude darüber, welche netten und unsagbar warmherzigen Menschen ich bereits kennenlernen durfte. Über viele von ihnen werdet ihr an späterer Stelle vielleicht noch mehr erfahren. Doch jetzt sei schon mal gesagt, dass wir uns hier auf jeden Fall nicht darum sorgen müssen mit Leuten über interessante Themen ins Gespräch zu kommen.
Bis dahin sende ich Grüße zurück nach Deutschland und in jeden anderen Winkel der Welt und melde mich bald wieder.
Eure Svenja