Rundreise in Brasilien – Weihnachten bei 35°C im Schatten

Wie im letzten Blogeintrag bereits angekündigt standen auch in Brasilien die Weihnachtsfeiertage vor der Tür und damit auch die Sommerferien. Da sowohl mein Projekt als auch das von Moritz in den Ferien geschlossen sind, entschieden wir uns nach Weihnachten frei zu nehmen und ein bisschen zu reisen. 

Der Plan für unsere Reise war einfach: Über Weihnachten in den Süden, um Joni und Julia zu besuchen. Von da aus wollen wir einfach immer weiter in den Norden reisen und dabei so viel vom Land zu sehen bekommen wie möglich. Ich beriet mich also mit Moritz und wir entschieden uns den Plan genauso in die Tat umzusetzen. Um flexibel zu bleiben verzichteten wir darauf, Hotels oder Busse im Voraus zu buchen. Spontane Entscheidungen sind meistens immer noch die Besten (oder zumindest häufig).
Phase 1 des Planes, pünktlich vor Weihnachten in Padilha anzukommen, funktionierte wunderbar und wir kamen sogar noch rechtzeitig genug an, um vor Weihnachten noch ein paar Dinge zu erleben. So gingen wir beispielsweise mit den Jugendlichen aus dem Projekt Lar Padilha (dem Arbeitsplatz von Joni und Julia) im Fluss baden und machten auch eine kurze Bergwanderung in der Hoffnung, einen schönen Sonnenuntergang erleben zu können. Und einen Tag vor Weihnachten stand noch ein weiteres Ereignis an – ein Friseurtermin! Tatsächlich mein erster Haarschnitt hier in Brasilien.
Ich hatte anfangs den Plan meine Haare einfach wachsen zu lassen, um zu gucken, wo das hinführt, allerdings musste ich nach einiger Zeit feststellen, dass ich meine Frisur niemandem mehr zumuten konnte, und so wurde es Zeit für eine kleine Veränderung.

Neue Frisuren

Nachdem wir also alle einen frischen Haarschnitt hatten, waren wir auch final bereit für den großen Tag. Mein erstes Weihnachtsfest ohne Familie. Kein Kartoffelsalat mit Würstchen und auch kein Glühwein. Dafür gab es kühle Getränke und Thunfischpizza. Klingt etwas ungewöhnlich, könnte ich mich aber durchaus dran gewöhnen. Bescherung gab es natürlich auch, aber selbstverständlich erst nach dem Gottesdienst. Der Gottesdienst hat mir persönlich auch sehr gut gefallen. Es war einfach eine sehr lebendige Atmosphäre, es wurde eine Lotterie veranstaltet und wir haben einen Klappstuhl gewonnen. Am Ende kam sogar noch der Weihnachtsmann zu Besuch. Doch nach einigen sehr schönen Tagen mussten Moritz und ich uns wieder auf den Weg machen. Phase 2 unseres „Planes“ sah nämlich vor, dass wir bis Ende des Jahres in Florianópolis ankommen wollen.

Es folgten also ein emotionaler Abschied von Julia und Joni.
Danach folgten mehrere Stunden Busfahrt, ein kurzer Aufenthalt in Porto Alegre (aufmerksame Leser werden sich an diese Stadt erinnern) und schlussendlich die langersehnte Ankunft in Florianópolis.  
Mein Freund Alex, den ich in Curitiba kennengelernt habe, ist in Florianópolis aufgewachsen und bot an, uns seine Heimatstadt zu zeigen. Wir trafen uns also noch am ersten Abend mit ihm und einem seiner Freunde und fuhren alle zusammen nach Balneário Camboriú.
Vorgestellt wurde uns die Stadt als das Dubai Brasiliens und in gewisser Hinsicht war das auch ein passender Vergleich. Mit beeindruckenden Hochhäusern (das zweit-, dritt- und vierthöchste Gebäude Lateinamerikas sind dort zu finden), einem Riesenrad direkt am Strand und einem pulsierenden Nachtleben war die Stadt eine Überraschung, denn weder Moritz noch ich hatten vorher von dieser Stadt gehört.
Florianópolis wurde seinem guten Ruf gerecht. Oder zumindest teilweise, denn die wunderschönen Strände ließen sich bei Regen nur halb genießen. Auch der Silvester Abend wurde leider vom Regen überschattet. Wir mussten deshalb etwas improvisieren, haben am Ende jedoch trotzdem noch ein Feuerwerk zu sehen bekommen und sind dann relativ zeitig ins Bett. Wir haben den Jahreswechsel fern der Heimat in unserem Gastland als etwas Besonderes erlebt, das uns lange in Erinnerung bleiben wird.

Florianópolis

Kurz nach Neujahr ging es dann weiter in die größte Stadt Amerikas – Sao Paulo – und meine Erwartungen an diese Stadt wurden übertroffen. Wolkenkratzer, soweit das Auge reicht. Volle Straßen zu jeder Tag- und Nachtzeit und völlig überlaufene Einkaufsstraßen am Wochenende. Was hier erstmal gar nicht so positiv klingt, war definitiv eines meiner Highlights auf unserer kleinen Rundreise. Besonders im Kopf geblieben sind mir die Catedral da Sé, das Kloster Sao Bento und der Campos Park mitten in der Innenstadt. Alle diese Orte bestechen mit einer angenehmen Ruhe inmitten dieser häufig lauten und manchmal etwas anstrengenden Mega-City.  Doch wer sich mitten ins Getümmel stürzen möchte, kommt natürlich auch voll auf seine Kosten. Der Mercado Municipal wirkt zwar mittlerweile eher wie ein Touristenmagnet als ein ernstgemeinter Einkaufsmarkt, ein Besuch lohnt sich dennoch allemal. Neben allen erdenklichen kulinarischen Angeboten reihen sich auch dort Fleisch-, Fisch und Käsetheken aneinander, bei denen einem entweder das Wasser im Mund zusammenläuft oder man manchmal auch ganz schnell wieder wegschauen möchte. Es ist also für jeden etwas dabei. Auch die Einkaufsstraßen um den Markt herum haben einiges zu bieten. In engen Seitenstraßen tummelten sich hunderte Menschen zwischen Verkaufsständen und kleinen Läden, während immer noch Leute versuchten mit ihren Autos irgendwie durchzukommen. Ein heilloses Chaos mit einer ganz eigenen Dynamik und für mich ganz bestimmt ein unvergessliches Erlebnis.

Von Sao Paulo aus ging es dann weiter in die Cidade Maravilhosa (wunderschöne Stadt), besser bekannt unter dem Namen Rio de Janeiro.  Moritz und ich kamen gegen Abend in der Stadt an und sind zunächst mit der Straßenbahn zur nächsten U-Bahn-Station gefahren, nur um dort festzustellen, dass wir keine Ahnung haben, wie man in Rio an Bahntickets kommt. Denn anders als in Sao Paulo saßen in der U-Bahn-Station keine Mitarbeiter, die uns welche hätten verkaufen können. Als wir zum dritten Mal vergeblich versucht hatten ein Ticket an einem Automaten zu ziehen, kam uns zum Glück eine nette Dame zur Hilfe. Sie erklärte uns, dass wir anstatt ein Ticket zu kaufen auch direkt an den Drehkreuzen mit unserer Kreditkarte bezahlen können. Mit diesem Tipp hat uns die Frau wohl einiges an verschwendeter Zeit an den Ticketautomaten erspart. Ohne weitere Probleme sind wir dann also nach Copacabana zu unserer Airbnb-Unterkunft gefahren. Dort angekommen ließen wir nur fix unsere Sachen fallen und machten uns auf den Weg zum Strand. Das Wasser war angenehm warm, die Lichter der Hochhäuser spiegelten sich im Wasser, es war leichter Wellengang und in der Ferne thronte die Christusstaue über allem. Dieser Moment war bis dahin das absolute Highlight meiner Reise. Ich kann also aus meiner Erfahrung guten Gewissens sagen, dass Rio dem Hype gerecht wird. Auch die Tage danach haben wir viele schöne Orte in Rio besucht wie eines der sieben Weltwunder der Neuzeit, die bereits benannte Christusstatue. Aus der Nähe noch beeindruckender und mit einer unglaublichen Aussicht über die Stadt. Allerdings muss ich sagen, dass es sehr voll war, dort oben, was jedoch die wenigsten überraschen dürfte.
Doch auch deutsche Fußballgeschichte wurde in Rio geschrieben. Die meisten können sich wahrscheinlich noch gut an das WM-Finale 2014 erinnern und den Moment, in welchem uns Mario Götze in der 113 Minute zum Weltmeister geschossen hat. Dieses Spiel fand im Maracana Stadion in Rio statt und natürlich mussten wir uns das anschauen.

Ipanema

Doch auch das Stadion des legendären Halbfinales der WM 2014 Deutschland gegen Brasilien (7:1) wollten wir uns genauer anschauen und so ging es weiter in den Norden nach Belo Horizonte. Neben dem Stadion hatte Belo Horizonte noch ein schönes Stadtzentrum und ein Markt zu bieten, auf dem man von A bis Z wirklich alles kaufen konnte. Außerdem gibt es in Belo Horizonte das einzige Hofbräuhaus Südamerikas. Wir wollten uns die Chance natürlich nicht entgehen lassen zu schauen, wie deutsches Essen in Brasilien so schmeckt, allerdings standen wir leider vor verschlossenen Türen.

Belo Horizonte

Da sich unser Urlaub zu diesem Zeitpunkt auch schon dem Ende zuneigte konnten wir jedoch nicht allzu lange in Belo Horizonte bleiben, denn wir hatten noch einen weiteren Stopp auf unserer Liste: Ouro Preto. Eine Stadt, die im Goldrausch entstanden und sehr schnell zu einigem Reichtum gekommen ist, welchen man der beeindruckenden Altstadt bis heute ansieht. Die gesamte Altstadt ist sehr gut erhalten und wenn man so durch die Straßen schlendert, fühlt es sich fast ein bisschen an, als sei man in der Zeit zurückgereist.

Ouro Preto

Nach drei Tagen in Ouro Preto wurden wir jedoch wieder von der Gegenwart eingeholt und es trennte sich Moritz‘ und mein Weg in Ouro Preto.
Allerdings nicht für allzu lange Zeit, denn beim Karneval in Rio sollten wir uns wieder begegnen. Dazu jedoch mehr beim nächsten Mal.

Vielen Dank fürs Lesen und liebe Grüße nach Deutschland

Euer Jonathan

Feliz Natal statt Frohe Wiehnacht

Es ist mal wieder so weit. Mittlerweile sind vier Monate vergangen und ich sitze wieder vor dem Laptop und versuche die vergangene Zeit zu Papier zu bringen. Was mir als erstes einfällt, wenn ich die letzten Wochen nochmal im Kopf durchgehe, sind die Wetterextreme, welche sich, nachdem ich mein letztes Update-Schreiben beendet habe, nur noch verschlimmert haben. Besonders der Regen ist häufiger und langanhaltender geworden. Die Konsequenzen waren in der ganzen Stadt zu spüren. Vor allem Seen und Flüsse sind über die Ufer getreten und haben Parks und Straßen teilweise unter Wasser gesetzt. Doch nicht nur einzelne Parks und Straßen waren betroffen, sondern auch ganze Wohnsiedlungen sind nicht verschont geblieben. Das Viertel Bonfim der Stadt Almirante Tamandare, aus welchen die meisten Kinder und Jugendlichen meines Projektes kommen, wurde ebenfalls in weiten Teilen überflutet und über Nacht wurde das Projeto Dorcas von einem Ort des Lernens zu einem Wohnort für diejenigen umfunktioniert, die erstmal nicht in ihre Häuser zurückkehren konnten. Gleichzeitig wurde ein Spendenaufruf gestartet für alles, was vom Wasser mitgenommen oder zerstört wurde. Kleidung, Matratzen und Essen wurden gesammelt und auch eine Versorgung mit Reinigungsmitteln und Hygieneartikeln konnte zeitnah erfolgen. In Zusammenarbeit mit anderen Hilfsorganisationen konnten die Menschen, die in den Räumlichkeiten des Projektes wohnen mussten, in weniger provisorische Unterkünfte umziehen. So gelang es uns nach wenigen, aber Nerven aufreibenden Tagen den Normalbetrieb wieder aufzunehmen.

Spenden sortieren im Projekt

Auch ich konnte danach wieder zu meinen üblichen Aufgaben zurückkehren. Inzwischen ist zu meinen bisherigen Aufgaben noch eine weitere dazugekommen: Ich habe angefangen, Deutsch zu unterrichten. Immer mittwochs und freitags versuche ich also drei Brasilianern eine Sprache beizubringen, mit der sie vorher noch nie in Berührung gekommen sind und die selbst für Muttersprachler nur selten logisch zu sein scheint. Und was soll ich sagen, es läuft soweit ganz gut. Natürlich stehen wir noch sehr am Anfang und es scheint mit der Zeit nur komplizierter als einfacher zu werden. Doch noch haben die Jungs Lust und gehen die Sache motiviert und humorvoll an.
Ab nächstem Jahr soll es ein Austauschprogramm von Brasilien aus dem Projeto Dorcas nach Deutschland geben und meine drei Schüler sind die ersten, die entsendet werden. Es ist also auch ein persönliches Anliegen für mich sie gut vorzubereiten, denn ich weiß selbst nur zu gut, wie schwierig es ist, in einem fremden Land anzukommen und die Sprache erst noch lernen zu müssen. Ich bin schon gespannt, welche Fortschritte wir zusammen machen werden und was sie in Deutschland erleben werden.

Doch eine Sache ändert sich auch auf dieser Seite der Welt nicht: Plötzlich steht Weihnachten einfach so vor der Tür. Während mir aus Deutschland von den ersten Schneefällen berichtet wird, sitze ich in T-Shirt und kurzer Hose im Aufenthaltsraum der Theologischen Fakultät in Curitiba (meinem Zuhause in Brasilien).  Der Kontrast zu einer mir bekannten Vorweihnachtszeit könnte nicht größer sein. Es ist nicht kalt, ich bin nicht umgeben von Freunden und Familie und der übliche Klausurenstress, der einem sonst immer diese Zeit ein bisschen vermieste, gehört auch der Vergangenheit an. Allerdings ist für die Kinder und Lehrer im Projekt noch nicht die Zeit sich zurückzulehnen. Denn dieses Jahr haben viele Sponsoren des Projektes die Vorweihnachtszeit zum Anlass genommen, die Kinder einzuladen um bei ihnen Konzerte zu geben. Beispielsweise hat VW als Großsponsor in eine seiner Fabriken eingeladen. Neben dem Konzert und netten Worten gab es zusätzlich noch eine Führung durch die Produktionshallen und einen interessanten Einblick hinter die Kulissen.

Bei Volkswagen

Doch für die Lehrer und Mitarbeiter des Projektes bedeuteten nicht nur die Konzerte Hektik in der Vorweihnachtszeit, auch eine Geschenkaktion für die Kinder musste geplant und vorbereitet werden. Der Wunsch war es alle Kinder nach dem letzten Konzert mit einem neuen Paar Schuhen zu überraschen. Also wurde über‘s Internet erneut ein Spendenaufruf verbreitet und kurze Zeit danach wurden wieder Spenden gesammelt, verpackt und vor neugierigen Augen versteckt. Nach dem letzten Konzert bekam jedes Kind als erstes Weihnachtsgeschenk die neuen Schuhe und damit ging auch der offizielle Teil des Projeto Dorcas zusammen mit dem Schuljahr 2023 zu Ende.

Bescherung

Nur meine Chefin Darclê konnte sich noch nicht entspannt zurücklehnen, denn sie hatte uns alle zu einer Weihnachtsfeier zu sich nach Hause eingeladen. Ich war also zu meiner ersten Arbeits-Weihnachtsfeier eingeladen und damit vermutlich auch direkt auf die, die mir am längsten in Erinnerung bleiben wird. Wie bereits erwähnt hat Weihnachten hier nicht viel mit dem zu tun, was man in Deutschland gewohnt ist. Es gibt kühles Bier statt Glühwein, man sitzt nicht im Haus um den Weihnachtsbaum, sondern draußen im Schatten der aufblühenden Bäume und statt Schneefall gibt es manchmal einen angenehmen Sommerregen und ab und zu Gewitter. Glücklicherweise sind wir bei der Weihnachtsfeier von schlechtem Wetter verschont geblieben und konnten so unser Churrasco (eine Art brasilianisches BBQ) bei 30 Grad Celsius in vollen Zügen genießen. Zum Abschluss wurde noch ein bisschen Bingo gespielt und für die Gewinner gab es natürlich auch Geschenke. Nebenbei habe ich versucht, ein bisschen Lübecker Kultur mit einzubringen, indem ich Marzipan mitgebracht habe und bin damit auf starke positive Resonanz gestoßen. Anders als das letzte Mal, als ich deutsche Süßigkeiten mitgebracht habe: Fairerweise muss ich zugeben, dass vermutlich auch in Deutschland mehr Menschen Marzipan mögen als Salzlakritz ;).

Für mich geht es jetzt erstmal über Weihnachten nach Padilha. Dort wollte ich mich mit den anderen drei Brasilien-Freiwilligen treffen (Joni, Julia und Moritz). Wenn man Weihnachten schon nicht mit der Familie feiern kann, dann doch wenigstens mit Freunden. Gerade weil die gesamte Weihnachtszeit sehr ungewöhnlich ist, freue ich mich schon auf das Fest und bin froh diese Erfahrungen machen zu können.

Mit herzlichen Grüßen und den besten Wünschen für das neue Jahr

Jonathan Carstens  

Viajar no Brasil

Im Januar und Februar sind in Espirito Santo Schulferien und da mein Projekt in dieser Zeit geschlossen ist, hatte ich Zeit, um Brasilien zu bereisen. In diesem Blogbeitrag soll es um meine Erlebnisse auf meiner Reise durch Brasilien gehen.

Meine Reise durch Brasilien begann am 21.12. am sehr kleinen Busbahnhof von Afonso Claudio. Man würde nicht erwarten, dass von diesem kleinen Bahnsteig ein Bus bis nach São Paulo fährt, doch nach 18 Stunden und einer Nacht, in der ich nur mittelgut schlafen konnte, haben wir tatsächlich die größte Stadt Amerikas erreicht und nach weiteren 7 Stunden bin ich dann bei meinem Mitfreiwilligen Jonathan in Curitiba angekommen. Die Busfahrten hier sind immer ein kleines Abenteuer, und die Busse sind ideal, um die spektakuläre Natur Brasiliens zu bestaunen. Für mich ging es von enge Passstraßen in den Bergen von Espirito Santo, über die Ponte Presidente Costa e Silva, von der aus man die gesamte Bucht von Rio überblicken kann, bis hin zu den riesigen Regenwäldern des Mata Atlantica, wo man stundenlang kein einziges Haus sieht und sich LKW und Busse über steile Serpentinen quälen. Trotzdem lassen sich die Busfahrten recht gut aushalten, da die Busse hier deutlich bequemer sind, als in Deutschland und man auch immer in einer “Lanchonetta” Pause macht, in der es dann brasilianische Spezialitäten wie Coxinhas, Pastell oder natürlich ein Churrasco Buffet gibt.

Der „Itapemirim“ von Afonso Cláudio nach São Paulo
Die Sitze sind deutlich bequemer als sie aussehen und in anderen Bus auf befahreneren Strecken gibt es dann auch deutlich größere Busse mit verschiedenen Klassen und sogar richtigen Betten

Am nächsten Tag hat mir Jonathan dann Curitiba gezeigt. In der Stadt herrschte eine für mich ungewöhnliche Stimmung, da es gleichzeitig sommerlich und weihnachtlich war und wir bei  25 Grad auch einen Weihnachtsmarkt unter Palmen besucht haben. Für uns ging es dann am Abend weiter mit dem Nachtbus nach Porto Alegre, wobei auch diese Fahrt etwas abenteuerlich begann. Unser Bus hatte Verspätung, was aber nirgendwo erwähnt wurde und wir wussten daher nicht, ob unser Bus vielleicht ausfällt, oder wir am falschen Bahnsteig standen und er ohne uns abgefahren ist. Aber nach einer Stunde ist er dann doch noch gekommen und wir konnten uns auf den Weg nach Rio Grande do Sul machen. Von Porto Alegre ging es dann wieder per Bus und Uber nach Padilha, wo wir Joni und Julia besucht haben. Dort haben wir uns zuerst ihr Projekt angeschaut, bevor wir dann gemeinsam Weihnachten gefeiert haben. Es war auf jeden Fall ungewohnt, so weit von Zuhause und meiner Familie entfernt Weihnachten zu feiern), aber trotzdem hatten wir ein schönes Fest, bei dem natürlich auch ein Besuch in der Kirche nicht fehlen durfte. Im Gottesdienst haben besonders die Kinder eine große Rolle gespielt. Es wurden verschiedene Weihnachtslieder, wie zum Beispiel “Stille Nacht“ gespielt und am Ende kam dann auch noch der Weihnachtsmann vorbei. Es waren auf jeden Fall sehr schöne andere Feiertage und es war schön, die anderen Freiwilligen mal wieder zu sehen. 


Nach 5 Tagen in Padilha ging es dann für mich und Jonathan nach eine kurzen Zwischenstopp weiter nach Florianópolis in Santa Catharina. Die Stadt, die meistens nur Floripa genannt wird, liegt auf einer Insel und ist über zwei Brücken mit dem Festland verbunden. Dort haben wir auch Neujahr verbracht, wobei wir eigentlich am Strand feiern wollten, was aber wegen Regen im wahrsten Sinne des Wortes ins Wasser gefallen ist. Dafür haben wir in der Innenstadt das große Feuerwerk gesehen und konnten unser erstes Silvester weit weg von Europa dennoch genießen. Uns hat es so gut gefallen, dass wir noch eine Nacht länger bei einem Freund von Jonathan übernachtet haben und er hat uns auch noch seinen Lieblingsstrand gezeigt. Floripa ist definitiv eine Reise wert, allerdings ist die Stadt zumindest in Südamerika kein Geheimtipp und generell fahren sehr viel Touristen, besonders aus Paraguay und Argentinien im Sommer an die Küste von Santa Catharina, weshalb diese Region eine der reichsten in ganz Brasilien ist. Das sieht man vor allem in der Stadt Balneário Camboriú, etwa 60 Kilometer nördlich von Floripa. Dort stehen riesige Hochhäuser und im Sommer ist hier jeden Tag Party. Als wir hier am Abend unterwegs waren, hat uns die Szenerie einfach nur beeindruckt und ich kenne keine Stadt in Europa, die damit vergleichbar wäre.

Florida im Regen, aber die Lokals haben uns versichert normalerweise ist das Wetter besser

Als nächstes ging es für uns nach einem kurzen Übernachtungsstop in Curitiba weiter in die größte Stadt Amerikas, São Paulo. Es ist wirklich unglaublich, wie riesig diese Stadt ist und man kann kaum glauben, dass hier mehr Menschen leben als in den meisten Ländern Europas. In so einer riesigen Stadt gibt es natürlich auch viel zu entdecken, wie zum Beispiel die Avenida Paulista, auf der ein Hochhaus neben dem anderen steht oder die Kathedrale, welche zwischen den vielen Hochhäusern schon fast etwas untergeht. Ganz in der Nähe befindet sich das Bankenviertel, welches der wichtigste Handelsplatz in ganz Südamerika ist. Hier sticht besonders das Edifício Altino Arantes, ein 160 Meter hoher Wolkenkratzer im Art Deco Stil, der bereits 1947 eröffnet wurde und bis heute eines der höchsten Gebäude Brasiliens ist, heraus. Was mich aber in São Paulo am meisten beeindruckt hat, war, einfach nur an einem normalen Samstag durch die Stadt zu laufen, da es, egal wo man war, unglaublich voll war. Egal ob in der Großmarkthalle, den Einkaufsstraßen des Centro Historico oder dem japanischen Viertel. Das habe ich bis jetzt nur aus München zum Oktoberfest gekannt und hier schien es so, als wäre das jeden Samstag so. Im Gegensatz dazu stand der Sonntag, an dem fast alle Läden geschlossen haben und es schwierig war, überhaupt etwas zu Essen zu finden. São Paulo ist also definitiv keine Stadt für jemanden, der keine großen Menschenmengen mag, aber wenn man gut mit dem Großstadtdschungel zurecht kommt, ist die Stadt auf jeden Fall eine Reise wert. 

Von der größten Stadt Südamerikas ging es dann in die wohl bekannteste nach Rio de Janeiro. Ich glaube, ich muss hier wahrscheinlich nicht die ganzen Sehenswürdigkeiten aufzählen, aber ich wurde definitiv nicht enttäuscht. (Nur die Christusstatue habe ich mir irgendwie etwas größer vorgestellt) Zwischen engen Gassen und riesigen Boulevards gibt es wirklich immer etwas zu entdecken und man ist immer nur wenige Minuten vom Strand oder von einem Aussichtspunkt entfernt, von dem man über die ganze Bucht von Rio blicken kann. Da wir eine Unterkunft direkt in Copacabana hatten, konnten wir jeden Tag an den Strand gehen, was besonders am Wochenende auch die Lieblingsbeschäftigung der “Cariocas” ist. Dort wird dann Volleyball und Strandfußball gespielt, oder einfach nur das gute Wetter genossen. Was mich besonders überrascht hat, war, dass man in Leme ganz am Ende der Copacabana sogar Meeresschildkröten im Wasser sehen konnte.

Als letzten Bundesstaat ging es dann für uns nach Minas Gerais und dort zuerst in die Hauptstadt Belo Horizonte. Obwohl der Minas Gerais größer als Deutschland ist, wohnen hier nur etwa 25 Millionen Menschen und zwischen den großen Städten gibt es Landstriche, in denen kilometerweit kein einziges Haus steht. Besonders markant sind hier die vielen Eisenerzminen, nach denen der Staat auch benannt ist. Für mich war das größte Highlight in Belo Horizonte das “Mineirão” Stadion, denn hier hat die Nationalmannschaft 2014 Brasilien 7:1 besiegt und daher war ein Besuch des Stadions natürlich Pflicht. Aber neben solchen „Fußball historischen“ Orten gibt es in Minas Gerais auch noch andere Sehenswürdigkeiten, wie zum Beispiel die Altstadt von Ouro Preto. Diese Stadt war der letzte Stopp auf unserer Reise. Im 18.Jahrhundert wurde hier sehr viel Gold (ouro) abgebaut, welches durch Eisenoxid verunreinigt war und deswegen schwarz (preto) gefärbt war. Daher war die Stadt sehr reich und es wurden viele prächtige barocke Kirchen und Häuser gebaut. Das macht die Stadt sehr sehenswert und heute auch zum Weltkulturerbe. Was man aber auf den vielen schönen Bildern aus der Stadt allerdings nicht sieht, ist, dass es dort extrem bergig ist und man eigentlich die ganze Zeit entweder bergauf oder bergab geht. Diese Wege lohnen sich aber trotzdem und es ist wirklich toll diese Stadt zu erkunden. Leider war das auch das Ende unserer Reise, aber nach rund einem Monat auf Reisen war es dann auch ganz schön wieder Zuhause in Serra Pelada anzukommen.


Diese Reise durch Brasilien war für mich auf jeden Fall ein unvergessliches Erlebnis, und mir wurde noch einmal bewusst, wie vielfältig dieses Land ist und wie viel es hier zu entdecken gibt. Obwohl wir so weit gereist sind, haben wir eigentlich nur den Süden des Landes kennengelernt und es gibt immer noch viele Orte in Brasilien, die ich noch gerne besuchen würde, aber vielleicht habe ich ja nochmal die Möglichkeit auch den Norden des Landes zu besuchen. Auf jeden Fall gibt es hier immer vieles, über das ich auch weiterhin berichten könnte. Als nächstes geht es für mich zum Karneval nach Rio, was auf jeden Fall noch einmal ein besonderes Erlebnis wird.

Reise durch Brasilien


Mittlerweile sind es schon sechs Monate, die ich hier in Brasilien bin und ich bin frisch aus dem Urlaub zurückgekommen. Ein bisschen mehr als zwei Wochen waren Julia und ich unterwegs. Von Padilha, dort wo unsere Arbeitsstelle ist ging es mit einem Kombi nach Taquara und von dort mit dem Bus nach Porto Alegre, damit wir zu dem ersten Reiseziel fliegen können: Natal. 

Anfängliche Probleme

Bevor ich darüber schreibe, möchte ich gerne ein bisschen in unsere Vorbereitung eintauchen. Die gewählten Reiseziele liegen relativ weit voneinander entfernt, weswegen sich oftmals das Preis-/ Leistungsverhältnis, sowie das Zeit-/ Leistungsverhältnis mehr lohnte, mit dem Flugzeug zu reisen, als dass mit dem Bus zu tun. Den Abend vor der Abreise, wollte ich Online einchecken und Sitzplätze für uns reservieren. Eine leichte Angelegenheit, die allerdings nicht so leicht war, weil ich auf der Internetseite, anscheinend um meinen Check- in auszuführen, 300R$, umgerechnet etwa 60 Euro zu zahlen hatte.

Ich hatte viel versucht, nichts hat geholfen und habe mich sehr gestresst, weil nicht alles klappte, so wie ich es mir vorstellte. 

Vier Stunden früher am Flughafen, damit sich alles hoffentlich regeln wird. Um es kurz zusammenzufassen, wir haben nicht mal eine Viertelstunde gebraucht, um den Check- in vor Ort zu erledigen. Das erleichterte mich sehr.

Wir mussten zweimal umsteigen, in Curitiba und in Sao Paulo, und danach kamen wir an. In Sao Paulo hatten wir knapp 5 Stunden Wartezeit, weshalb wir in die Stadt gegangen sind, um etwas zu essen.

Vor Beginn der Reise haben mir unsere Mitarbeiter erzählt, dass wir sehr gut aufpassen sollten. Selbst unser Chef meinte, dass er nicht mal in den Norden reisen würde, da er so viel Angst vor der Kriminalität vor Ort hätte. Diese Worte haben mich geprägt und ich bin mit sehr viel Respekt und Obhut in den Urlaub gegangen und oftmals war ich schon früher zu Hause, weil die Paraneuer teils auf mich einwirkten.

In Sao Paulo angekommen, bekam ich diese Paraneuer zu spüren. Ich habe gemerkt, wie ich mich auf der Straße, in einer fremden Stadt, nur um etwas kleines Essen zu gehen, unwohl fühlte. Letztendlich ist uns auf der ganzen Reise nichts gravierendes passiert. 

Natal

Um zwei Uhr nachts kamen wir an und sind direkt zu unserer Unterkunft gefahren um ausgeschlafen den morgigen Tag zu starten. In Natal haben wir den Tag, in einem Nationalpark verbracht und danach sind wir zum Strand gegangen, um zu entspannen. Für mich der erste seit acht Monaten und es war so schön.

In Natal gibt es viele Dünen, was mich an Dänemark erinnert, nur in etwas größer, wärmer und gefährlicher. Im Nationalpark wurde uns erzählt, dass es in den Lagunen Krokodile gibt, Giftige Spinnen und Schlangen, Adler, sowie Schnabeltiere.Wir hatten das Glück zu sehen, wie ein Krokodil nach etwas geschnappt hat in unmittelbarer Nähe. Am nächsten Tag haben wir uns einen alten Fort angeguckt, der gebaut wurde um die Holländer und Portugiesen von deren Invasion abzuhalten. Ausgestattet mit Aussichtspunkten, Kanonen und Platz für rund 50 Mann, direkt am Wasser. Später ging es wieder zum Strand. Auffällig war, dass das Wasser wärmer gewesen ist, als die Außentemperatur. Nach Natal ging es mit dem Bus nach Recife.

Recife

Mehr als vier Stunden sind wir gefahren und von der Stadt bin ich etwas enttäuscht worden. Recife stinkt sehr nach Fäkalien, zudem liegt viel Müll auf den Straßen und ich sah sehr viel Armut. Das fand ich schade, weil ich mehr erwartet hatte. Jedoch haben wir uns in Recife mit anderen Freiwilligen getroffen und haben somit die Zeit gut genutzt. Zum Beispiel haben wir einen Tagesausflug nach Olinda gemacht, haben eine Freiwillige besucht, waren in einem botanischen Garten, einem Buchladen und vieles mehr. Am Tag des Abfluges sind wir lustigerweise auf weitere Freiwillige in unserer Unterkunft gestoßen, die dort einchecken wollten. Danach haben wir die Zeit am Strand verbracht und danach ging es unmittelbar zum Flughafen und weiter nach Rio de Janeiro.

Der Flug war relativ günstig, weswegen wir jedoch eine Nacht am Flughafen schlafen mussten, um den Anschlussflug zu bekommen. Schlafen bedeutet, dass ich die ganze Nacht wach geblieben bin und Julia geschlafen hat.

Rio de Janeiro

Rio de Janeiro ist meiner Ansicht nach eine sehr schöne Stadt mit sehr vielen unterschiedlichen Ecken, aber auch vielen Touristen. Ich habe mich mit am sichersten dort gefühlt, weil die Sprache für mich kein Problem ist und wir unter den vielen Touristen kaum aufgefallen sind. Christus der Erlöser, der Zuckerhut, die Copacabana und der Karneval waren Must Do’s für uns. 

Die Aussicht vom Zuckerhut, als auch vom Christus der Erlöser sind atemberaubend. Atemberaubend ist auch, wie viele Touristen sich die Attraktionen anschauen. Im Endeffekt hat es jeweils länger gedauert, um hoch – und runterzukommen, als überhaupt dort Zeit zu verbringen. Das hat mich sehr gestört. 

Die Copacabana ist einer der besten Strände, an denen ich jemals war. Die Wellen sind riesig und es hat mir sehr viel Spaß gemacht, in die Wellen reinzuspringen. 

In Brasilien und spezifisch an der Copacabana versuchen euch die Leute gerne abzuziehen. Ich habe gelernt, den erstgenannten Preis immer abzulehnen, weil die Preise sonst echt unmenschlich sind. Oftmals haben uns Verkäufer im gebrochenen Englisch angesprochen und versucht ihre Produkte teurer zu verkaufen. Ich habe gelernt, dass man bei seiner Meinung bleiben muss und außerdem zu feilschen und oder wegzugehen, damit die schnell nachgeben.

Julia und ich haben uns mit Moritz und Jonathan getroffen und haben den letzten Tag zusammen in Rio verbracht. Wir haben zusammen am Strand entspannt und uns zum Abschluss den Sonnenuntergang angeguckt. 

Die Reise durch Brasilien hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich denke jetzt schon an die Zeit zurück und kann es kaum erwarten nochmal zu reisen. Die Erlebnisse werden so schnell nicht in Vergessenheit geraten.

Fast Weihnachten in Brasilien

Sommer, Sonne, Sonnenschein. Das ist mein Motto hier in Brasilien. Es ist der Beginn der Sommerzeit und die Hitze ist kaum auszuhalten. Währenddessen schneit bzw. hat es in Deutschland geschneit, was für ein Kontrast. Jedoch scheint nicht nur die Sonne.

Über ein Wochenende hat es gestürmt, so immens, dass die Menschen, die hier vor Ort leben nicht das Dorf verlassen konnten, da die Straßen gesperrt wurden. Der hat Fluss sich sogar auf den Straßen ausgebreitet. Der Strom ist ausgefallen, manche Häuser standen unter Wasser und viele weitere schwerwiegende Vorfälle. Währenddessen bin ich glücklicherweise in Porto Alegre gewesen und habe nichts von dem am eigenen Leib abkriegen müssen.

Ich habe Mitfreiwillige, die ich erst auf dem Seminar, in Brasilien kennengelernt habe getroffen. Ich wollte den Ort einmal verlassen und gucken, wie das mit den Bussen funktioniert. Zudem brauchte ich eine neue SIM-Karte und wollte meine Haare schneiden. Der Plan war, dass ich eine Nacht bei denen übernachte und dann am Samstag wieder zurückfahre, da sonntags kein Bus zurückfährt. Durch den Sturm sind jedoch die Busse ausgefallen und ich konnte nicht zurück nach Hause fahren. 

Das bedeutete für mich, dass ich noch einmal nach Porto Alegre musste. Netterweise durfte ich bei meinen Mitfreiwilligen für zwei weitere Nächte übernachten, bis die Straßen wieder frei geräumt wurden. Zum Glück ist kein Wasser bei uns ins Haus eingedrungen. Das Einzige was fehlte, waren die Flip-Flops von Julia und mir, aber alles andere ist noch intakt und dort gewesen. 

Urlaubsplanung

Wir haben unseren Urlaub geplant und ich freue mich schon mega. Weil Brasilien ein so großes Land ist und es so viele schöne und interessante Orte gibt und, werden wir Brasilien nicht verlassen. Wir werden Ende Januar verreisen. Es geht in den Norden Richtung Rio de Janeiro und Recife. Wir werden über Karneval in Rio sein, was definitiv eine tolle Erfahrung sein wird. Ich freue mich auf die Strände, auf „Christus der Erlöser“, auf den Zuckerhut und weitere schöne Orte. Ich bin schon richtig gespannt, wie die Reise verlaufen wird und hoffe, dass ich alles gut hinbekommen werde.

4 Monate bin ich mittlerweile in Brasilien, Weihnachten naht, ein neues Jahr voller neuen Erfahrungen, die Zeit rennt wortwörtlich. Die Weihnachtsstimmung ist auch hier bereits angekommen. Manche Kinder dürfen sich darauf freuen Weihnachten mit der Familie zu verbringen, andere bekommen Besuche von deren Familien und manche sind mit dem Glück gesegnet das Projekt für immer zu verlassen und bei ihren Eltern wieder zu leben. Zudem ist das Schuljahr jetzt um, dass bedeutet Ferien und Geschenke für die Kinder, die erfolgreich das Schuljahr bewältigt haben. 

Das ist nicht das Einzige, was am letzten Wochenende geschehen ist. Ich habe mich beim Futsal verabschiedet und wir haben zusammen als Mannschaft ein letztes Mal miteinander gespielt und gegessen. Dadurch, dass sich viele jetzt Urlaub nehmen und Zeit mit der Familie verbringen wird erst im nächsten Jahr mit Futsal wieder begonnen. Der Abschied fiel schwer, da mir die Menschen dort richtig ans Herz gewachsen sind und die gemeinsamen Abende jetzt erstmal ausfallen.

Die Noitada

Außerdem sind uns unsere Freunde aus Porto Alegre über das Wochenende besuchen gekommen. Wir hatten sie zu uns eingeladen, da am Wochenende das größte Event des Jahres in unserem Projekt stattgefunden hat: Die Noitada. Die Noitada könnt ihr euch insofern vorstellen, dass das ganze Projekt und auch Menschen von außerhalb zum Projekt kommen, um sich die Vorstellungen anzuschauen. Die Hauptakteure, natürlich die Kinder. Von jung bis alt und von klein bis groß, jeder wollte und durfte teilnehmen.

Die Kinder aus der Krippe hatten eine Stuntvorstellung vorgestellt, sowie die Jugendlichen. Es wurden Theaterstücke und Zirkusvorstellungen vorgeführt. Darüber hinaus wurde eine Break-Dance-Gruppe eingeladen, die ihr Können unter Beweis stellen durfte. 

Außerdem gab es einen Michael Jackson Imitator, der vor dem Auftritt mit Stolz angegeben hatte, wie gut er den Moonwalk kann und dann während des Auftrittes sah man nichts von dem ganzem. Für mich war das eine kleine Enttäuschung, da es meiner Meinung nach kein Michael Jackson ohne den Moonwalk gibt und andersherum. Julia und ich durften bei einer Vorstellung helfen, den Tanz der Stöcke („dança das taquaras“).

Im Hintergrund wurde eine Musik abgespielt und einige Kinder sind gegenüber im Kreis in die freien Quadrate gesprungen. Ich musste die Stöcker auf den Takt öffnen und wieder schließen. 

Wenn das noch nicht genügt hätte, hat an dem Abend eine Band aus dem Projekt gespielt. Dog John, so heißt die Band und sie hat bei der Noitada Lieder vorgetragen und ich hätte nicht erwartet, dass sie so gut spielen können. Am Ende sind alle Mitarbeitenden noch auf die Bühne gekommen und der Chef hat sich bei uns und für dieses tolle und erfolgreiche Jahr bedankt. Unseren Mitfreiwilligen hat es auch sehr gefallen und sie meinten es sei im Vergleich zu deren Feier echt gut gewesen.

Die Noitada
Die Band Dog John

Am Sonntag gab es dann die Abschiedsfeier, nur mit den Kollegen bei der Xácara. Dort gibt es einen Pool und viel Platz zum Feiern und Spaß haben. Dadurch, dass es gefühlte 38°C waren, war der Pool die perfekte Abkühlung. Zudem wurde der Grill angeschmissen und der Zapfhahn angeschlossen. 

Nächste Woche ist es dann schon soweit. Das erste Mal wird Weihnachten nicht mit der Familie gefeiert, sondern mit meinen Mitfreiwilligen Julia, Moritz und Jonathan.  Moritz und Jonathan kommen uns für eine Woche besuchen, worauf ich mich persönlich freue. Bei denen schließt das Projekt, weshalb sie jetzt Urlaub haben und uns über Weihnachten besuchen kommen können. Wir machen Weihnachtswichteln zusammen, was eine gute Idee ist, Freude zu bereiten und wir werden denen unser Projekt zeigen. Moritz habe ich auch Bescheid gegeben, dass er seine Sportsachen einpacken kann, damit wir Sport machen können.

Ich bin gespannt wie dieses Jahr Weihnachten wird und ich freue mich, auch ohne Familie auf die gemeinsame Zeit mit meinen Freunden. 

Höchste Zeit, reisen zu gehen!

Endlich war es soweit, wir hatten Urlaub. Nach 5 Monaten Arbeit ohne Urlaub ging es endlich los. Diese freie Zeit und die neuen Eindrücke habe ich sehr gebraucht. Ich habe mich lange nicht mehr so auf eine Reise gefreut. Der Januar war besonders hart, da in diesem Monat die meisten anderen Freiwilligen schon frei hatten und tolle Urlaubsbilder geschickt haben. Dadurch, dass unser Projekt ein Heim ist, schließt es nicht über einen gewissen Zeitraum, da die Kinder natürlich nicht einfach gehen können. So mussten wir noch länger arbeiten. Doch unsere Geduld hat sich gelohnt. Wir hatten eine wunderschöne Reisezeit. Los ging es in Natal, von dort sind wir die Küste runter nach Rio de Janeiro gereist.

Natal liegt im Nordosten Brasiliens. Die Stadt ist bekannt für ihre beeindruckenden Sanddünen, von denen wir auch nicht enttäuscht wurden. Direkt am ersten Tag waren wir in einem Nationalpark, der von Dünen umgeben ist. Leider ist der Park nicht so stark besucht, was mich sehr wundert, da man zum einen nur 2 Reais (40 Cent) pro Person Eintritt zahlen muss und dazu die Natur dort einfach wunderschön ist. Als wir ankamen waren wir die einzigen Besucher. Wir waren leider nur etwas spät dort, wodurch wir die eigentliche Wanderung nicht machen konnten, die sonst angeboten wird. Trotzdem wurden wir noch von einer sehr netten Führerin zu den Seen geführt. Der Park hat viele wildlebende Tiere, wodurch wir sogar das Glück hatten, ein Krokodil zu sehen (leider habe ich kein Bild). Zudem haben wir uns eine Festung angeschaut, die am Wasser liegt und im 16. Jahrhundert erbaut wurde. Von der hatte man einen sehr schönen Blick auf den Atlantic aber auch auf die Stadt. Wir wurden auch hier nicht von den Stränden enttäuscht, die einfach nur atemberaubend aussehen. 

Welcher Strand aber noch viel schöner ist, ist der in Maragogi. Maragogi liegt in der Nähe von der Großstadt Recife. Das Wasser war so klar, dass man durch das Wasser die Fische gesehen hat. Die Temperaturen waren perfekt. Dort konnte man einfach nur dankbar sein, dass es solche Orte gibt.

Die ersten Dekorationen

Nach Maragogi waren wir in Recife. Die Stadt ist ca. 5 Stunden südlicher von Natal. Recife gilt auf Grund der ganzen Flüsse und Brücken als das „Venedig von Brasilien“. Von Recife wurden wir jedoch etwas enttäuscht. Die Stadt ist nicht sonderlich schön, hat ein großes Problem mit Müll und riecht nicht sehr gut an vielen Ecken. Das Schöne aber an Recife war, dass wir andere Freiwillige aus Brasilien getroffen haben und mit ihnen Recife erkunden konnten. Sie haben Recife etwas schöner gemacht. Wir waren auch zusammen in einem wilden botanischen Garten, der sehr schöne Pflanzen hat und wo ich meinen ersten Affen in der freien Natur gesehen habe. Wir konnten uns mache Sehenswürdigkeiten nicht ganz so gut anschauen, da auch hier – wie in Natal – schon Vorbereitungen getroffen wurden für den Karneval. Es wurden große Bühnen aufgebaut, historische Gebäude wurden mit Holzplatten geschützt, sodass ein Teil des Gebäudes nicht zu sehen war und manche Dinge hatten sogar komplett geschlossen auf Grund des Karnevals.

Zum Schluss waren wir in Rio De Janeiro. In Rio gibt es eine hohe Kriminalität, wodurch manche Brasilianer noch nicht in Rio waren, weil sie Angst davor haben. Uns wurde auch von vielen unserer Kollegen gesagt, dass wir gut auf unsere Sachen aufpassen sollen. Dadurch, dass es uns so viele Menschen gesagt hatten, habe ich selber etwas Respekt bekommen. Im Nachhinein kann ich sagen, dass wir gut aufgepasst haben und uns nichts passiert ist und ich es unglaublich cool dort fand. Ich wollte schon immer mal nach Rio, da ich früher den Film „Rio“ geliebt habe und die Stadt im Film so schön aussah. Früher hätte ich nicht gedacht, dass ich wirklich nach Rio komme. Zudem wollte ich den Karneval dort unbedingt miterleben. Diese Träume sind in Erfüllung gegangen. Anfangs hatte ich etwas Angst davor, dass ich enttäuscht werde von meinen Erwartungen, aber es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Ich kann es immer noch nicht glauben, dass ich dort war.

Am ersten Tag in Rio haben wir uns die Innenstadt angeschaut: die bunten gefliesten Treppen, auch „Escadaria Selarón“ genannt, sind sehr beeindruckend. Spannend war eine Kathedrale, die relativ hässlich ist, aber eine sehr interessante Form. Eigentlich wollten wir uns das Theater von Rio anschauen, weil dieses eine sehr schöne Innarchitektur haben soll, jedoch war es auf Grund des Karnevals geschlossen. Zumindest wurden wir nicht von der Außenarchitektur enttäuscht. Zum Glück hatte der portugiesische, königliche Leseraum nicht geschlossen, den wir uns noch angeschaut haben. Ich glaube, dass war die schönste Bibliothek, die ich bisher in meinem Leben gesehen habe. 

Was natürlich am nächsten Tag nicht fehlen durfte, war die Copacabana. Die Copacabana ist einfach ein sehr schöner Strand, weswegen wir danach noch weitere 2 Male dort waren. Die Wellen sind dort richtig hoch. Gleich beim ersten Mal wurde ich mit voller Wucht von einer Welle umgehauen. Irgendwann hat man den Dreh so ungefähr raus. Wobei ich beim letzten Mal wieder unter eine Welle geraten, da es an dem Tag sehr windig war, wodurch die Wellen noch mehr an Höhe gewonnen haben. Ich kann euch auch sagen, wenn man mal unter so eine Welle gerät, bekommt man kurz Panik. Als ich wieder aufgetaucht bin, habe ich einfach nur das Lachen von einem fremden Mann gehört. Wenn man auch schon an der Copacabana war, muss man auch nach Ipanema gehen. Zum Sonnenuntergang ging es mit der Gondel auf den Zuckerhut. Ich bin der Meinung, dass das der perfekteste Zeitpunkt ist, um auf den Zuckerhut zu fahren. Die Sicht und das Licht dazu waren einfach unbeschreiblich schön. Für diesen Ausblick hat sich das lange Warten gelohnt. 

Wenn man in Rio ist, darf natürlich auch nicht die Christus-Statue fehlen, bei der wir leider nur noch noch länger warten mussten, da wir mit der Bahn hochgefahren sind, die sehr beliebt ist, wodurch es einen großen Andrang gibt. Oben beim Christus hat man auch eine wunderbare Sicht auf die Stadt. Der Platz ist sehr beliebt für Heiratsanträge, von denen wir gleich zwei gesehen haben. Wenn ich mich jedoch entscheiden müsste, wo ich lieber nochmal hoch möchte zum Zuckerhut oder zum Christus, würde ich mich für den Zuckerhut entscheiden, da man von dort die bessere Sicht hat und den Christus sehr gut sehen kann. 

Kommen wir nun zum Karneval. Ich habe mir den Karneval tatsächlich etwas anders vorgestellt, da ich dachte, dass es nur eine einzige lange Parade gibt. Jedoch gibt es an die 7 unterschiedliche Paraden, die jeweils aus 3-5 Wagen bestehen. Nach einer Parade ist dann auch immer eine Pause von ca. 20 min bis die nächste Parade kommt. Wodurch die Veranstaltung relativ lang geht von 21-3 Uhr. Nichtsdestotrotz fand ich es beeindruckend, da die Wagen sehr schön aussahen. Sie passten zu meinen Vorstellungen. Zudem haben wir an einen Tag noch Moritz und Jonathan getroffen, mit denen wir einen tollen Tag verbracht haben.

Was mir allgemein beim Reisen aufgefallen ist, ist das Brasilien zum einen ein sehr großes Land ist. Zum anderen passt Deutschland 23x in Brasilien rein, wobei das Verhältnis der Größe zur Bewohneranzahl nicht so groß ist. Dazu haben die meisten Städte einen Namen, der eine Bedeutung hat, z.B. Porto Alegre = Glücklicher Hafen, Rio de Janeiro = Fluss des Januars, Recife = Riff, Natal = Weihnachten oder Städte haben ein São vor ihren Namen wie São Paulo = Sankt Paulus. Ich finde es sehr interessant, insbesondere weil auch manche Städte nach deutschen Städten benannt werden wie Novo Hamburgo = Neues Hamburg. Zudem ist die Infrastruktur nicht ausgebaut. Meiner Meinung nach ist die Straßenführung nicht so gut, weil wenn man sich einmal verfährt, kann man nicht so leicht, den Fehler wieder beheben, da es viele Einbahnstraßen gibt, die es nicht hergeben zu wenden. Außerdem gibt es hauptsächlich nur Busse in den Städten. Selbst in Rio de Janeiro gibt es nur zwei Bahnlinien. Was aber das Schlimmste ist, ist die Armut. Es gibt so viele Menschen, die auf der Straße wohnen. Das Erschreckende ist, dass manche Menschen, die Sachen auf der Straße verkaufen, mehr verdienen als manche Menschen, die einen festen Job haben. Zum Beispiel gibt es viele Personen, die einfach Decken auf den Boden legen und auf diesen ihre Sachen verkaufen oder es gibt welche, die am Strand herumgehen und versuchen, etwas zu verkaufen. Am Strand kannst du leider nicht einfach nur sitzen und entspannen, weil du alle zwei Minuten angesprochen wirst und gefragt wirst, ob du etwas kaufen möchtest. An sich finde ich Brasilien trotzdem ein wunderschönes Land mit netten Menschen und einer wunderschönen Natur. Ich kann es als Reiseland nur empfehlen!

Ich freue mich schon sehr auf die nächste Reise, mit der ich Brasilien noch weiter kennenlernen kann.

Schon Weihnachten?!

Es ist verrückt. Die Zeit geht einfach zu schnell vorbei. Wir sind schon 4 Monate hier und haben schon bald die Hälfte unseres Freiwilligendienstes hinter uns. Es ist einfach Dezember und in einer Woche ist Weihnachten.

Unser improvisierter Adventskalender

Es war super komisch, als der Dezember angefangen hat und bei uns die Temperaturen gestiegen sind und währenddessen hat es in Deutschland angefangen zu schneien. Einmal dachte ich, genau in dem Jahr, in dem ich nicht da bin, gibt es so viel Schnee, und außerdem ist die Vorstellung für mich falsch, warme Weihnachten zu haben. Ich musste mich fast zwingen, Weihnachtsmusik zu hören, da es sich einfach falsch angefühlt hat. Jedoch als ich angefangen habe, kam ich immer mehr ins Weihnachtsfeeling rein. Ich finde es ein wenig traurig, dass ich nicht mit meiner Familie die Musik hören konnte, da es bei uns sehr üblich ist, dass wir laut Weihnachtsmusik hören, dazu wild und verrückt tanzen und ganz laut mitsingen. Trotzdem hat es mich nicht davon angehalten, dass einfach alleine zu machen. Für mich gibt es auch zwei Muss-Weihnachtsfilme, der eine ist „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ und der andere ist „Der kleine Lord“. Wenn ich diese Filme in der Weihnachtszeit nicht geguckt habe, ist etwas ganz schief gelaufen. Wie man vielleicht merkt, halte ich gerne meine Traditionen, auch wenn es dieses Mal in einem anderen Land, mit anderen Personen und anderen Wetterbedingungen gar nicht so einfach ist.  Worauf ich mich jetzt sehr freue ist, dass die anderen zwei Freiwilligen Jonathan und Moritz über Weihnachten bei uns sind. Ich glaube, dann ist es nicht ganz so schlimm, ohne die eigene Familie zu feiern. 

Als ich gerade vom warmen Wetter gesprochen habe, habe ich ein wenig untertrieben. Es ist tatsächlich gerade eine echte Herausforderung für mich. Es ist einfach nur heiß. Ich dachte, es wird nicht ganz so schlimm oder dass ich es schon ein wenig kenne, weil es in Stuttgart, wo ich häufiger meine Großfamilie besuchen gehe, auch sehr warm werden kann. Aber das kommt nicht an Brasilien dran. Ich glaube, ich habe noch nie so viel geschwitzt beim Nichtstun wie hier. Insbesondere die letzten Tage waren es 37 °C, aber die WetterApp meinte: „Gefühlte 43°C“. Zudem liegt der UV-Index häufiger bei 12. Worüber ich mich aber sehr freue, ist dass ich schon brauner geworden bin und man sogar schon eine Tanline von meinen Flipflops und meine T-shirt sieht. Mag sich vielleicht schwachsinnig anhören für manche, aber ich bin eigentlich keine Person, die schnell braun wird und allgemein sehr weiß ist. 

Zudem haben die Kinder auch herausgefunden, dass ich Tattoos malen kann. Seitdem ist häufig die erste Frage, die ich gestellt bekomme: „Heyy Julia, kannst du mir ein Tattoo machen?“. Mittlerweile erkenne ich sehr gut, wann diese Frage kommt und kann somit ihnen vorweg schon die Antwort geben. Ich habe aber auch gemerkt, dass ich es nicht schaffe, den ganzen Tag zu malen. Zum Einen, weil ich nicht den ganzen Tag so sitzen kann, wie ich sitzen muss, wenn ich die Tattoos mache und zum anderen nehme ich mir so irgendwann die Freude am Zeichnen, weil ich keine Lust mehr habe. Worüber ich mich immer freue ist, wie glücklich die Kinder und Jugendlichen darüber sind, wenn sie ein fertiges Tattoo vorzeigen können. Das Tattoozeichnen hat mir auch dabei geholfen, den älteren Mädchen näherzukommen. Ich werde jetzt immer beim Essen von mehreren Mädchen gefragt, ob ich an deren Tisch sitzen kann. 

Allgemein kann ich meine Zeichen- und Schreibkünste ganz gut im Projekt einbringen. Z.B. hatten wir Noitada und ich sollte dafür ein große Leinwand beschreiben. Die Noitada findet jedes Jahr statt. Dabei führen die Kinder Musikstücke, Tänze oder ein Theater vor. Ich finde, es ist eine gute Möglichkeit, für die Kinder aus ihren Alltagsstrukturen rauszukommen und sich in ihren Talenten weiterzuentwickeln. Zudem bekommen sie die volle Aufmerksamkeit, was auch mal ganz gut tut. Sie konnten zeigen, was sie können. Dieses Jahr hat die Band von „Lar Padilha“ gespielt. Die Häuser der Kleineren haben jeweils etwas vorgestellt. Von außerhalb kam eine echt gute Tanzgruppe und es wurden noch viele Sachen gezeigt. Insgesamt ging die Vorstellung ungefähr 3 1/2 Stunden. Hört sich vielleicht erstmal etwas viel an und es war auch ganz schön lang. Aber jeder muss auch die Möglichkeit haben, sein Talent zu zeigen. 

Am Tag danach hatten wir eine Poolparty, bei der wir auch eigentlich die ganze Zeit im Wasser waren, weil es so heiß ist. Ich habe die Feier sehr genossen, weil es eine entspannte Stimmung war und es leckeres Essen gab. Das brasilianische Fleisch ist wirklich einfach nur lecker. Zudem war es sehr schön, weil über das Wochenende andere Freiwilligen da waren und wir so eine schöne Zeit zusammen hatten.

Unsere tollen Kollegen

Wie ich in meinem letzten Blogbeitrag erzählt habe, hatten wir schonmal eine Überschwemmung. Aber Mitte November gab es eine richtige Überschwemmung. Wir waren nicht in Padilha, da wir von Freitag auf Samstag in Porto Alegre andere Freiwillige besucht hatten. Am Samstag mussten wir dann leider feststellen, dass wir nicht nach Hause kommen konnten, da Padilha selbst überschwemmt war und alle Straßen, die hinführen, nicht passierbar waren. Es war ein großes Hin und Her, da wir schon nach Taquara gefahren waren und dort feststellen mussten, dass der Bus nicht fahren würde. Wir wollten zunächst einfach eine Nacht in Taquara in einem Hotel schlafen, aber leider hatte keins spontan frei, da irgendein Event in Taquara stattgefunden hatte. Für uns hieß es dann, zurück nach Porto Alegre zu fahren, wo wir dann netterweise wieder bei den anderen Freiwilligen unterkommen durften. Somit sind wir also bis Montag in Porto Alegre geblieben, da es keine Busse am Sonntag nach Padilha gibt. Letztendlich hatten wir es am Montag dann endlich nach Hause geschafft und konnten mit Glück feststellen, dass kein Wasser in unser Häuschen reingekommen war und nur unsere Flipflops weggespült wurden, die vor der Tür gestanden hatten.

Was ich in letzter Zeit schwierig finde, ist, dass sehr viele Kinder gehen. Es hat damit begonnen, dass ein sehr kleiner Junge das Projekt verlassen hat, den ich echt sehr gerne mochte. Er kam immer auf mich zugerannt, wenn er mich gesehen hatte und wenn ich gegangen bin, musste er immer weinen. Allein das war schon schlimm für mich. Ihn da so sitzen zu lassen. Auch Kollegen haben ihn „teu filho” (dein Sohn) genannt. Zum Glück war ich nicht dabei, als er abgefahren ist, weil ich sonst den Tränen sehr nah gekommen wäre. Ich vermisse ihn schon ein bisschen, aber gleichzeitig freue ich mich für ihn, weil ich mir ziemlich sicher bin, dass er zurück zu seinen Eltern gekommen ist. Danach ging es weiter, dass einer der größeren Jungs gegangen ist. Er hat jedoch noch 5 jüngere Geschwister hier, die sehr geweint haben, als sie sich vorerst voneinander verabschieden mussten. Es hat mir schon ein wenig das Herz gebrochen, wie sie da saßen im Arm einer anderen Erzieherin. Es sind im Laufe der letzten Woche weitere 6 Kinder, jeweils immer 3 Geschwisterkinder, gegangen. Bei dem Abschied der einen Geschwisterkinder war ich dabei und ich mochte die eine Schwester sehr gerne. Als sie kurz vor dem Gehen waren, hatte ich sie kurz noch auf meinem Arm. Man unterschätzt, wie nah die Kinder einem doch stehen.  Natürlich freue ich mich für sie, wenn sie zurück zu ihren Familien können, aber wenn sie in ein anderes Heim müssen, fällt es mir schon etwas schwerer, sie gehen zu lassen, wie eben bei dem kleinen Mädchen. Ich will erst gar nicht wissen, wie es sein wird, wenn ich wieder gehen muss. Zum Glück muss ich mir darüber noch nicht ganz so viele Gedanken machen, auch wenn die Zeit sehr schnell verfliegt.

„Meu Filho“

Ich kann euch auch mit Stolz erzählen, dass sich mein Sprachproblem langsam löst. Ich rede immer mehr; insbesondere mit den Kindern und Jugendlichen. Mittlerweile führe ich richtige Gespräche mit ihnen. Mit den Mitarbeitern fällt es mir häufig noch schwerer, aber zumindest läuft es mit den Jüngeren besser. Man muss das schätzen, was man schon erreicht hat. 

Was bei uns bald ansteht, ist eine Tour durch Brasilien, weil wenn man schon mal hier ist, kann man das mal ausnutzen. Wir starten im Norden von Brasilien und enden in Rio zum Karneval. Ich will aber auch nicht zu viel verraten, weil ihr im nächstem Eintrag erfahren werdet, wie es war und wir euch dann tolle Bilder zeigen werden. Was ich noch verraten kann ist, dass wir auf jeden Fall sehr viele schöne Strände sehen werden…  

Zu Gast in Capixaba

Als ich am 18.8. zum letzten Mal für dieses Jahr in München in die Straßenbahn
eingestiegen bin, war ich gleichermaßen voller Vorfreude wie angespannt. Wie wird dieses
Jahr in Brasilien sein? Wie werde ich das erste Mal allein so weit entfernt von Zuhause
zurechtkommen? Kann ich mich dort überhaupt verständigen?
Zweieinhalb Monate später kann ich diese Fragen mit „sehr, sehr schön“, „irgendwie schon“
und „mal mehr, mal weniger“ beantworten. In diesen zwei Monaten habe ich sehr viele tolle
Momente erlebt, habe unheimlich viele neue Dinge gelernt und ganz viele nette, offene und
herzliche Menschen kennengelernt.

Meine Zeit in Brasilien begann erst einmal turbulent am Flughafen von São Paulo, aber trotz eines verpassten Anschlussflugs sind wir dank Jonis Portugiesischkenntnissen in Porto
Alegre angekommen. Dort hatten wir zunächst ein einwöchiges Vorbereitungsseminar
inklusive Sprachkurs und konnten einen ersten Eindruck von unserem Gastland gewinnen. Nach acht Seminartagen ging es dann für alle weiter zu ihrer Einsatzstelle. Nach weiteren
drei Stunden Flug bin ich in Vitória im Bundesstaat Espírito Santo angekommen. Vom
Flughafen ging es dann noch einmal drei Stunden über kurvige Bergstraßen in das kleine
Dorf Serra Pelada, wo meine Einsatzstelle liegt.

Die Hauptstraße von Serra Pelada

Meine Einsatzstelle

Das ADL (associação diacônica luterana) ist ein Internat der lutherischen Kirche in Brasilien,
in dem Jugendliche im Alter von 14-18 Jahren leben und lernen. Die Schüler*innen besuchen am Vormittag Kurse, z.B. Musiktheorie oder Theater, die im ADL angeboten werden, und am Nachmittag die staatliche Schule hier im Dorf. Hier im ADL geht es vor allem immer viel um Musik. Es gibt einen Chor, der besonders zur Weihnachtszeit Auftritte in ganz Espirito Santo hat und alle Schülerinnen hier spielen auch mindestens ein Instrument. Außerdem finden hier im ADL auch noch viele andere Veranstaltungen wie Tanzkurse, Konfirmandentreffen oder andere Seminare statt und es gibt eine Nachmittagsbetreuung für die jüngeren Schüler aus dem Dorf, die am Vormittag Schule haben. Das ist auch der Bereich, in dem ich bisher am meisten helfe. Meistens spiele ich mit den Kindern Fußball, was hier immer ein guter „Eisbrecher“ ist und ganz ohne Sprache funktioniert, aber häufig fragen mich die Kinder auch zu allen möglichen Sachen in Deutschland aus. Viele Kinder wollen zum Beispiel wissen, ob es ihre Familiennamen auch in Deutschland gibt, ob diese Früchte oder Tiere auch in Deutschland wachsen bzw. leben oder ob ich Messi oder Ronaldo besser finde (natürlich Messi). Die größte Freude kann ich den Kindern aber machen, wenn ich ihre Namen ausspreche, da ich für brasilianische Ohren anscheinend
sehr komisch spreche und das “muito engraçado” (sehr lustig) ist.

Der Eingang zum ADL

In meiner Einsatzstelle gab es jetzt schon seit mehreren Jahren keine Freiwilligen aus
Deutschland mehr und deswegen freuen sich die Leute hier im Dorf und in meiner
Einsatzstelle sehr, einen “Gringo” zu treffen. In meiner Gegend verirren sich nur selten
Ausländer, besonders Europäer. Trotzdem ist den meisten Menschen hier die deutsche
Kultur nicht fremd, denn in Espirito Santo haben viele Menschen deutsche Vorfahren, die als
Auswanderer Ende des 19. Jahrhunderts vor allem aus dem damaligen Pommern kamen.
Deren Traditionen werden hier immer noch aktiv gelebt und es gibt hier deutsche Tanzgruppen, das “Wurstfest” bei dem deutsche Kulinarik zelebriert wird und sogar einen eigenen Dialekt, der ein bisschen wie Plattdeutsch klingt. Dieses „Pomerano“ hat mir am Anfang häufig geholfen, da ich teilweise Dinge nicht auf portugiesisch, aber auf “Pomerano” verstanden habe. Was mich anfangs auch sehr verwirrte: hier werden alle Schüler*innen mit blonden Haaren immer als „Alemão“, also Deutsche/r bezeichnet und ich habe mich immer angesprochen gefühlt :). Eine weitere Tradition hier am Ort sind die „Pommerschen Hochzeiten“, riesige Hochzeitsfeiern, zu denen jeder kommen kann, der Eintritt bezahlt und welche eigentlich mehr Dorffeste sind. Gleich zu Beginn meiner Zeit hier fanden diese fünfmal auf dem Gelände des ADL statt und dauerten auch immer gleich zwei Tage lang, was mich sehr beeindruckt hat.

Mein Alltag in Brasilien

Da ich in meiner Einsatzstelle wohne, verbringe ich die meiste Zeit auf dem Gelände des
ADL. Der Tag beginnt um 6:55 Uhr mit einem gemeinsamen Frühstück, wobei ich schon ein
bisschen eine Semmel wie zu Hause vermisse. Hier gibt es meistens nur Brot und sehr viel
Kaffee.Danach beginnt der Unterricht in den Kursen, an denen ich teilnehmen oder
anderweitig im ADL helfen kann. Ab 10:30 Uhr gibt es hier eine Stunde, in der alles
gemeinsam von allen geputzt wird und danach gibt es schon Mittagessen. Es gibt immer
Bohnen und Reis und dazu Salat und sehr viel Fleisch. Am Nachmittag kommen dann die
jüngeren Kinder aus der Schule und es wird viel musiziert und natürlich Fußball gespielt. Am
Abend erledigen dann die meisten Schüler*innen ihre Hausaufgaben und ab 21:30 Uhr sind
dann alle in ihren Zimmern und es beginnt die Nachtruhe.

Der „Quadra“ von Serra Pelada

Ich habe auch schon eine kleine Gruppe Deutsch-Schüler*innen, denen ich am
Montagabend ein bisschen Deutschunterricht gebe. Am Mittwoch gehen alle zusammen
zum Fußballspielen. Dort habe ich auch die andern Jugendlichen aus dem Dorf
kennengelernt und inzwischen kann ich, glaube ich, sagen, dass ich die meisten Einwohner
hier in Serra Pelada kenne.

Obwohl Serra Pelada ein sehr kleines Dorf ist (ca. 500 Einwohner), gibt es hier sehr viele
Läden und alles, was man zum Leben braucht. Es gibt zwei Supermärkte, zwei Bäckereien,
einen Friseur, einen Burgerladen (hier Lanches genannt), einen Açai-Laden (Eis aus der
Açai-Beere, welches mit verschiedene Topings gegessen wird), eine Schule und sogar ein
Gym. Die nächste Kleinstadt ist etwa 15 Minuten mit dem Bus entfernt. Allerdings fährt
dieser nur dreimal am Tag und um 15 Uhr fährt schon der letzte Bus zurück nach Serra
Pelada.

Espírito Santo ist eine sehr bergige Region und es gibt sehr viele schöne Täler mit kleinen
Bächen, Wasserfällen und sehr vielen Bananen- und Kaffeeplantagen. Es ist eine richtige
Bilderbuch-Tropenlandschaft für mich. Das Wahrzeichen von Serra Pelada sind die Três
Pontões, eine markante Felsformation am südlichen Dorfrand, welche man am besten vom
Fußballplatz aus sieht. Der Dorfverein SC Lagoense ist der ganze Stolz der Dorfbewohner
und an den Spieltagen trägt das ganze Dorf Trikots des Vereins.

Der Bundesstaat Espírito Santo gehört zu den kleinsten in Brasilien und liegt im Südosten an
der Küste. Die Menschen hier werden „capixabas“ gennant, was der Name der Ureinwohner für diese Region ist. Besonders in den Sommerferien im Januar kommen sehr viele Touristen an die vielen Strände, um das gute Wetter zu genießen. Hier herrscht tropisches Klima und es ist das ganze Jahr sehr warm (mind. 25 Grad). Ich war auch schon mit den anderen Mitarbeiter*innen des ADLs an einem der vielen Strände und konnte die brasilianische Badekultur kennenlernen. Es gab immer sehr viel Essen am Strand, welches an kleinen Ständen verkauft wurde und obwohl viele Menschen hier nicht schwimmen können, gehen alle in das ziemlich kalte Wasser.

Die Hauptstadt von Espírito Santo Vitória

So könnte ich noch ewig von zum Beispiel den brasilianischen Weihnachtstraditionen weitererzählen, aber es fehlt noch jemand zum Fußballspielen und da kann ich die anderen nicht warten lassen. Darüber werde ich dann also im nächsten Blog schreiben.

Abraços aus Brasilien

Moritz

Eine Überschwemmung an Eindrücken

Der Flughafen in Zürich

Ein bisschen mehr als zwei Monate sind schon vergangen. Ich hatte damit gerechnet, dass die Zeit schnell vorbei gehen wird, aber dass sie so rast, überrascht mich doch sehr. Ich kann jetzt schon sagen, ich wurde überflutet von neuen Eindrücken, Menschen, Essen und natürlich von der Sprache.

Fangen wir beim Abschied nehmen und dem Flug an. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, aber es war ganz anders. Ich dachte, ich werde in Tränen ausbrechen am Flughafen, wenn ich mich von meiner Familie verabschieden muss, aber ich habe tatsächlich keine einzige Träne vergossen. Ich glaube, es war das Gefühlgemisch, das in mir brodelte. Es war Aufregung, Vorfreude, Angst, dass alles klappt und die Abschiedsgefühle. Das alles war sehr viel und ließ mich nach außen einfach nur lächeln. Ich bin aber sehr dankbar, dass der Abschied mir nicht so schwerfiel, weil mich die Emotionen sonst 19 Stunden Reisezeit überflutet und gefangen genommen hätten.

Man merkt von Anfang an, wie wichtig die Sprache ist. Gleich auf dem Hinflug haben wir zum Beispiel unseren Anschlussflug in São Paulo nicht bekommen. Zum einen, weil die Schlangen so lang waren und weil wir unser Gepäck holen mussten und damit durch den Zoll gehen und dann wieder einchecken mussten. Es war so schwierig, das richtige Gate zu finden, weil dieser Flughafen wirklich ein Labyrinth ist und dazu die meisten Leute kein Englisch können. Zum Glück konnte Joni etwas weiterhelfen, weil er schon ganz gut Portugiesisch spricht. Wir sind jedoch trotzdem, auch wenn etwas später, in Porto Alegre gut angekommen. Am Flughafen in Porto Alegre wurden wir erstmal von der lieben Simone abgeholt, die mit uns das Seminar dort gemacht hat. Unsere Unterkunft war sehr gut. Wir wurden reichlich über die Seminarwoche von den Schwestern in der christlichen Unterkunft bekümmert. Das Essen hier ist echt sehr lecker, wobei ich sagen muss, ich vermisse jetzt schon das Grüne im Essen.

Die anderen Freiwilligen, die ich bei dem Seminar kennenlernen durfte, waren alle super nett und ich habe mich mit ihnen gut verstanden. Insbesondere zu den Jungs ist eine voll gute Freundschaft entstanden. Wir haben häufig abends noch zusammen gespielt und haben viel zusammen gelacht. Dadurch, dass wir uns so gut verstanden haben, fiel mir das Ankommen und der Start hier viel leichter. Zudem war es sehr schön, dass wir als eine größere Gruppe, inklusive anderer Freiwilliger, häufiger Laufen gewesen, was die Gemeinschaft meiner Meinung nach nochmal um einiges gestärkt hat. Auf dem Seminar hatten wir auch einen Sprachkurs. Dort habe ich einiges Neues gelernt, wobei ich auch sagen muss, dass ich auch vieles schon wusste durch „Doulingo“. Sonst haben wir viel in Porto Alegre angeschaut und die Stadt etwas erkundet. Wir waren in einem Gottesdienst und haben zwei Einsatzstellen gezeigt bekommen (in die Zwei andere gegangen sind). Es war alles sehr beeindruckend und das Seminar ging schnell vorbei. Nach dem Seminar ging es dann endlich in die Projekte.

Wir wurden gleich willkommen geheißen von den Kollegen und von den Kindern in Lar Padilha. Es war und ist auch immer noch ein echt schönes Gefühl hier zu sein. Die Menschen in Brasilien sind viel offener als in Deutschland. Insbesondere mit den Kleinen habe ich mich gleich gut verstanden, wahrscheinlich weil da auch von deren Seite kein Schamgefühl vorhanden ist. Joni hatte gleich schon einen guten Zugang zu den größeren Jungs. Die Mädchen sind bei mir noch zurückhaltender, wobei es immer besser wird und auch nicht alle Mädchen sind distanzierter. Nach zwei „Schnupper-Wochen“ haben wir auch direkt einen festen Wochenplan bekommen, der unseren Einsatz strukturiert. Mit Joni gebe ich zusammen den Größeren Englisch- und unseren Kollegen Deutschunterricht. Zudem helfen wir noch bei dem Workshop „Bem-Viver“ mit, bei dem die Kinder über die Umwelt und Natur neue Sachen lernen und ihn diese auch bewusst gemacht werden, wie man z.B. Gemüse anpflanzt wird. Oder man geht in der Natur spazieren und sammelt währenddessen Müll. Ich unterstütze noch bei einem Bastel-Workshop. Eigentlich sollte ich auch einen Zeichenkurs anbieten mit einem Kollegen, der mir bei der Übersetzung geholfen hätte, aber leider arbeitet er nicht mehr in der Einsatzstelle und jetzt muss ich noch ein bisschen warten, bis ich etwas besser Portugiesisch sprechen kann. Der Kollege hatte mir am Anfang sehr geholfen mit seiner Übersetzung Englisch – Portugiesisch und Brücken ermöglicht. Zudem war auch eine ehemalige Freiwillige zu Besuch. Sie hat mich auch sehr unterstützt und mir den Ort gezeigt.

Mein größtes Problem bisher ist tatsächlich die Sprache, wobei ich erwähnen muss, dass ich bis ich die Zusage für Brasilien bekommen hatte, nicht dachte, dass ich noch eine neue Sprache lernen werde. Das erste Problem ist, dass ich die Sprache noch nicht komplett beherrsche, wobei ich immer mehr verstehe. Das andere Problem ist, dass ich mich noch nicht traue, viel zu sprechen, was echt ein Verhängnis ist. Mir ist bewusst, dass ich sprechen muss, um auch die Sprache besser zu lernen, aber es ist einfach nicht so leicht für mich. In kleinen Schritten bessert es sich. Z.B. Gehe ich mit einer Kollegin manchmal spazieren und da muss ich sprechen, was ein gutes Training ist. Aber es gibt mal solche und solche Tage. An manchen Tagen habe ich das Gefühl, ich verstehe voll viel und an anderen Tagen verstehe ich kaum etwas. Man braucht viel Geduld mit sich, was mir häufiger nicht sehr leicht fällt, weil ich gerne zu hohe Erwartungen an mich selber habe, da ich auch manchmal dazu tendiere, mich mit anderen zu vergleichen z.B. mit Vorfreiwilligen oder mit Joni. Das ist offensichtlich nicht sehr hilfreich. Allgemein muss ich auch sagen, dass es ganz schön anstrengend ist, eine neue Sprache zu lernen. Ich merke jeden Tag, wenn ich in der Einsatzstelle dem Portugiesischen ausgesetzt war, dass ich am Abend super erschöpft bin und einfach nur noch schlafen möchte. Es spielen für mich mehrere Faktoren eine Rolle beim Sprechen und Verstehen des Portugiesischen. Zum Einen fällt es mir leichter, etwas zu verstehen, wenn ich einem Gespräch zuhören muss, als wenn eine Person mich anspricht, weil ich dann gefühlt alle Wörter vergesse und nichts mehr verstehe. Über das Sprechen müssen wir erst gar nicht reden, da ist einfach nur reines Chaos in meinem Kopf. Außerdem habe ich gemerkt, dass wenn ich müde bin, ich fast gar nichts mehr verstehe.
Es ist tatsächlich aber sehr interessant, da sehr viele hier in Rio Grande de Sul deutsche Vorfahren haben und dadurch einen sehr deutschen Nachnamen haben und zum Teil sprechen sie auch Deutsch, was aber dann nicht so leicht zu verstehen ist. Z.B. waren wir das eine Mal netter Weise auf einem Geburtstag eingeladen und die Oma konnte Deutsch, aber ich konnte trotzdem nicht sehr viel verstehen. Danach habe ich mich ein bisschen schlecht gefühlt, dass ich jetzt auch noch nicht mal meine Muttersprache verstehe.

Ruhe in Padilha bekommt man ganz gut. Hier fahren nicht so viele Autos wie in der Stadt, auch wenn manchmal dann doch ein Motorrad die Straße entlang brettert. Ich mag auch die Menschen sehr gerne im Dorf, da die jeden immer nett grüßen und manche auch gerne mit anderen Personen ins Gespräch kommen. Z.B. hat uns eine ältere Dame stolz ihre Pendeluhr gezeigt.

Man kommt auch nicht zu kurz, was die Natur angeht. Wir leben hier in einer grünen Wüste. In die nächste Stadt braucht man ungefähr mit dem Auto eine halbe Stunde und davon fährt man 20 Minuten keine befestigte Straße. Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir zumindest einen Arzt im Dorf haben, von dem ich auch schon Gebrauch machen musste. Das war auf jeden Fall eine Erfahrung wert, da ich gefragt wurde, ob ich eine Spritze bekommen möchte oder über sieben Tage Tabletten nehmen möchte. Und wenn ich mich richtig erinnere, bekommt man in Deutschland nicht so schnell Spritzen. Kurz zur Erklärung: Ich hatte eine Woche lang Fieber und hatte dazu noch eine Halsentzündung bekommen. Die Spritze hat auf jeden Fall gewirkt.
Das ist das einzige Nervige, dass man hier nicht so leicht weg kommt. Der Bus fährt nur zweimal pro Tag in die Stadt und er fährt nicht, wenn es zu stark regnet und das tut es gerade echt viel. Den einen Tag konnte ich auch nicht in meiner Mittagspause nach Hause, weil die Straße überschwemmt war, da der Fluss übergelaufen ist. Ich hatte daraufhin mal gefragt, ob es immer so sei, dass es so stark regnet und es wurde gesagt, dass es erst seit 2-3 Jahren Probleme mit dem Regen gibt und es höchstwahrscheinlich auf den Klimawandel zurückzuführen ist. Ich finde es beängstigend, wenn man das selber mal so erlebt.

Das Haus der 6-11 Jährigen

Nun zum Projekt: „Lar Padilha“ ist in vier Gruppen unterteilt. Es gibt ein Mädchen- und ein Jungenhaus, ein Haus für alle 6-11 jährige und eine Krippe. Die Kinder gehen in einer Vormittags- und in einer Nachmittagsgruppe zur Schule, währenddessen werden über den Tag die Workshops angeboten. Auch unsere Mitarbeiter sind sehr freundlich und offen. Viele von ihnen wohnen auch hier in Padilha.

In der Zeit hier hatte ich bereits schon Geburtstag. Anfangs dachte ich, dass ich an dem Tag nur zu Hause vermissen werde und alleine nur mit Joni feiern werde, aber es ist genau das Gegenteil passiert. Es war total schön, als ich in die Einsatzstelle kam, habe ich erstmal super viele Glückwünsche bekommen und dann haben alle auch noch vor dem Mittagessen für mich gesungen. Dazu waren wir abends dann mit Kollegen etwas Essen und Trinken, wo wir viel Billard gespielt, ein bisschen getanzt haben und viel Spaß hatten. Es war ein echt toller Abend und letztendlich habe ich mein zu Hause nicht wirklich vermisst. Ich habe von allen ein Grémio-Trikot bekommen (einer der Hauptfußballmannschaften hier). Den Tag davor waren wir tatsächlich auch bei einem Spiel von der Mannschaft. Es was super interessant, da ich vorher noch nie in einem Stadion gewesen bin. Das merkte man auch schnell daran, dass ich eine Trinkflasche dabei hatte, die mir gleich am Eingang abgenommen wurde, weil man keine Wasserflaschen mit hineinnehmen durfte. Zudem musste ich dann auch noch mein Deo und meine kleine Mini-Haarbürste abgeben, wo ich nicht mehr ganz so viel Verständnis für hatte. Das Spiel an sich war voll gut, da auch Grémio gewonnen hat.

Ich bin gespannt wie die nächsten Monate hier werden und wie sich mein Portugiesisch entwickeln wird. Ich halte euch auf jeden Fall auf dem Laufenden 🙂

Sommer, Sonne, Sonnenschein

Das ist vermutlich die erste Assoziation der meisten Menschen mit Brasilien. Dazu kommen noch traumhafte Strände und Megacitys und der Mythos ist komplett. Ich möchte gar nicht behaupten, dass es dieses Brasilien nicht gibt, allerdings waren meine ersten Eindrücke in diesem Land etwas anders.  Es schien mir schon fast so, als wolle dieses Land zunächst mit allen Klischees aufräumen, bevor ich mich hier richtig einleben kann.

Aber bevor ich erkläre, was ich damit meine, müssen wir einen kleinen Schritt zurück an den Anfang machen.

Wir schreiben den 18. August 2023. Knapp einen Monat vorher habe ich noch mein letztes Zeugnis in die Hand gedrückt bekommen und heute stehe ich mit meinen beiden Mitfreiwilligen Julia und Jonathan in Terminal 2 im Hamburger Flughafen und verabschiede mich von meinen Eltern. Was es tatsächlich bedeutet in ein fremdes Land zu reisen, mit der Intention dort auch fast ein Jahr zu bleiben, ist mir zu dem Zeitpunkt natürlich noch nicht klar. Hinter der Sicherheitskontrolle geht es dann zu dritt weiter. Nach einem letzten Kaffee in Deutschland sitzen wir auch schon im Flugzeug. Noch ein letzter Zwischenstopp in Zürich, dabei einen weiteren Brasilienfreiwilligen vom ZMÖ (Moritz) eingesammelt und ein paar Stunden später hetzen wir schon durch den Flughafen von Sao Paulo.  Trotz aller Anstrengungen und drei Stunden Umsteigezeit schaffen wir es nicht rechtzeitig zu unserem Anschlussflug. Nach weiteren fünf Stunden gelingt es uns dann unseren Flug umzubuchen und wir steigen erneut ins Flugzeug. Mit ein paar Stunden Verspätung im Gepäck und ein bisschen erschöpft von der Reise kommen wir dann in Porto Alegre an. Wir werden freundlich von Simone empfangen, unserer Ansprechpartnerin vor Ort, und bekommen in der Unterkunft der ersten Woche, zunächst etwas zu Essen. Selbstverständlich gibt es Reis mit Bohnen.

Jonathan(rechts), Julia(links) und Ich am Hamburger Flughafen

Das Programm beginnt morgens mit Portugiesisch-Unterricht und nachmittags werden verschiedene Themen in weiteren Seminaren behandelt. Neben Besonderheiten wie dem Essen und empfehlenswerten Urlaubszielen muss jedoch auch erneut über das Thema Gewalt und Kriminalität gesprochen werden. Vieles davon haben wir auch auf den Seminaren in Deutschland schon gehört und auch die Tipps bleiben weitestgehend die gleichen. Bleibt wachsam, hört auf euer Bauchgefühl und macht erst recht nichts, was ihr in Deutschland auch nicht machen würdet. Nach nun fast zwei Monaten kann ich auch behaupten noch keine Probleme bekommen zu haben und das, obwohl ich in der Anfangszeit viel alleine in der Stadt unterwegs war.   

Doch nach einer Woche in Porto Alegre geht es dann los. Sehr früh morgens mache ich mich erneut auf den Weg zum Flughafen. Nur wenig später komme ich in Curitiba an, hole mein Gepäck ab und verlasse das Flughafengebäude. Kurz darauf stelle ich dann auch fest, warum ich der Einzige bin, der lediglich einen dünnen Pullover und keine dicke Jacke trägt. Ich bin zwar gewarnt worden, dass es in Curitiba etwas kälter sein kann, aber 8° C kommen mir dann doch ein bisschen sehr wenig vor. Ich ziehe mir also ebenfalls eine Jacke an und warte auf Darcle. Sie leitet das „Projeto Dorcas“  und ist somit auch meine Ansprechpartnerin in der Einsatzstelle. Wir verstehen uns auf Anhieb, was vermutlich nicht zuletzt daran liegt, dass sie gut deutsch spricht. Wir laden mein Gepäck im Studentenwohnheim der FATEV  – meinem neuen Zuhause – ab, meinem neuen Zuhause. Zu meinem Bedauern ich muss feststellen, dass es im Haus nicht viel wärmer ist als draußen. Ich werde also zunächst mit mehreren Decken ausgestattet. Danach gehen wir uns -ebenfalls gemeinsam- im nahegelegenen Supermarkt aufwärmen und kaufen nebenbei noch alles Nötige für die ersten Tage ein. Nachdem wir alles Nötige besorgt haben, geht es für mich zurück in die Unterkunft und plötzlich bin ich das erste Mal allein. Freunde und Familie sind am anderen Ende der Welt und auch meine Mitfreiwilligen sind hunderte Kilometer entfernt im ganzen Land verstreut. Doch ich fühle mich nicht einsam. Vielmehr freue ich mich darauf, diesen Ort zu meiner neuen Heimat zu machen und neue Leute kennenzulernen. Also gehe ich eher mit einem Gefühl von Vorfreude ins Bett.

Straße in Porto Alegre

Am nächsten Tag geht es dann auch schon ins Projekt. Darcle nimmt mich morgens mit und nach einer kurzen Autofahrt sind wir dann auch schon da. Freundlich werde ich von meinen neuen Kollegen empfangen und auch die Kinder scheinen meine Ankunft bereits erwartet zu haben. Bei der morgendlichen Andacht darf ich mich dann auch offiziell vorstellen. Ich gebe also meine neu erworbenen Sprachfähigkeiten zum Besten und werde mit einem gemeinschaftlichem „Bom Dia!“  von den Kindern willkommen geheißen. In den ersten paar Tagen darf ich danach vor allem die Frage beantworten, ob ich Pelle (meinen Vorfreiwilligen) kenne und ob ich sein Bruder bin. Außerdem schaue ich mir in der ersten Woche vor allem die Abläufe an. Dienstags und donnerstags steht vor allem Lesen, Schreiben und Mathe auf dem Plan. Dabei werden die Inhalte meistens mit spielerischen oder kreativen Elementen verbunden. Mittwochs und freitags ist der Schwerpunkt dann vor allem auf Musik gelegt. Neben Trompeten- und Posaunenunterricht wird auch noch Flöte unterrichtet und es gibt einen Chor, sowie eine Band. Als besondere Highlights stehen zudem Robotik und Capoeira auf dem Stundenplan. Samstags treffen sich die Pfadfinder und machen neben dem üblichen Knotenlernen und Teamübungen auch regelmäßig Ausflüge in die Berge oder veranstalten Lager. Es ist cool zu sehen, mit wie viel Freude die Kinder all diese Aktivitäten angehen und sich einbringen.  In den Pausen wird sich die Zeit mit Fußball, Tischkicker, Tischtennis oder Volleyball vertrieben. Nach der ersten Woche bin ich fest in den Ablauf integriert worden und helfe, wo ich kann. Trotzdem die Sprachbarrieren immer kleiner werden, stellt mich die Verständigung immer wieder vor Herausforderungen, doch die Kommunikation mit Händen und Füßen oder einem Englisch-Portugiesisch-Mix lässt einen ganz gut durch den Alltag kommen.

Lehrer Celso mit der ARCO ÍRIS (Regenbogen) Gruppe

Nach der Arbeit oder am Wochenende habe ich mir zunächst mit Kollegen und später auch allein die Stadt angeschaut. Beispielsweise wurde ich relativ schnell von Kollegen in die Oper eingeladen, da sie ein Ticket übrig hatten. Außerdem wurde ich gefragt, ob ich am Wochenende mit in eine Karaoke Bar kommen wolle. Doch auch grüne Flecken hat Curitiba (bei 1,96 Millionen Einwohnern) zu bieten. Von meinem neuen Zuhause aus sind mehrere Parks gut zu Fuß erreichbar und so ein kleiner Ausflug ins Grüne ist doch immer wieder eine willkommene Abwechslung von der Großstadt.

Parque Tanguá in Curitiba

Aber nun zur Überschrift. Wie ich bereits geschildert habe, war von Sonne und Sonnenschein in meiner Anfangsphase hier in Brasilien nicht viel zu sehen. Nachdem ich die erste Woche in Curitiba also frieren musste, entschied sich das Wetter in der zweiten Woche jedoch mehrfach die 30°C Marke zu knacken. Auf die Frage ob solche extremen Schwankungen normal seien, bekam ich eine eher weniger überraschende Antwort: Nein. Es sollte zu dieser Jahreszeit wohl weder so warm noch so kalt sein. Die letzten Wochen haben sich die Temperaturen dann bei 20 bis 25° C eingependelt. Dafür regnet es jetzt, und zwar viel, also sehr viel. Und mit Regen ist auch häufig Gewitter verbunden. So viel Regen ist zu dieser Jahreszeit wohl auch eher unüblich. Man sagt hier oft, an einem Tag in Curitiba erlebt man alle Jahreszeiten einmal. Falls ihr euch jetzt fragt, wie man sich dann morgens richtig für den Tag anzieht, dann habe ich absolut keine Antwort für euch. Morgens habe ich das Gefühl ich hätte doch lieber zwei Pullover anziehen sollen und mittags ist ein einfaches T-Shirt gefühlt schon zu viel.

Beschreibt das Wetter ganz gut

Das Wetter hier hält also, entgegen dem was man normalerweise so erwartet allerhand Überraschungen bereit. Doch eine Sache, die ich im Voraus sehr häufig gehört habe, könnte zutreffender nicht sein: Die Leute hier sind einfach nett. Ob es mein Uber-Fahrer ist, der mich in ein Gespräch auf Englisch verwickelt, die Dame an der Kasse im Supermarkt, die mir erzählt, dass sie ebenfalls Verwandte in Deutschland hat oder meine Kollegen, die mich von Anfang an freundlich empfangen und zu allem mit eingeladen haben. Ich bin diesen Menschen sehr dankbar. Sie alle haben den Anfang hier sehr viel einfacher für mich gemacht, als ich es erwartet hatte.

Ich freue mich sehr auf die Zeit, die noch vor mir liegt und halte euch selbstverständlich regelmäßig auf dem Laufenden.

Soweit von mir… euch alles Gute und bis zum nächsten Mal

Euer Jonathan