Obwohl ich keine genaue Vorstellung von dem Freiwilligendienst hatte, lief es doch alles anders als man erwartet hatte und natürlich bringt das seine Herausforderungen mit sich. Es hat auch seine schönen Seiten, da man viele Dinge auch nicht beeinflussen kann und man einfach offen sein muss, für das was kommt.
Eine Lektion, die ich gelernt habe ist, dass man nichts machen muss, nur weil es so geplant war. Das bezieht sich im genaueren auf meinen Einsatzstellenwechsel. Man kann versuchen, seine Situation mit etwas Eigeninitiative zu verbessern, letztlich kommt es aber auch auf das Umfeld an, ob sich etwas ändert. Wenn es nicht passt, dann passt es nicht, das ist okay. Man muss nichts erzwingen und muss für sich selbst erkennen, wann man einen anderen Weg einschlägt. Wäre es mir in meiner neuen Einsatzstelle nicht gut ergangen, beständ immer noch die Möglichkeit abzubrechen. Das was mich in der Entscheidungszeit verunsichert hat, war die Unsicherheit und ohne Entscheidung in der Luft zu hängen. Egal, wie man sich entscheidet, man hat immer, überall Personen, die einen unterstützen.
Dass der Wechsel eine Herausforderung an sich ist, ist auch klar. Durch die Umstellung der ganzen Situation war ich auch mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Meine Mitfreiwillige und ich verstehen uns sehr gut. Dies war aber nicht von Anfang an der Fall. Dadurch dass wir beide einen Einsatzstellenwechsel hinter uns hatten und die Zeit in Richtung Weihnachten ging, ging es uns beiden nicht optimal. Es fehlte an Energie und Zuversicht, miteinander in engeren Kontakt zu kommen und gemeinsam etwas zu unternehmen. Nach mehr Eingewöhnung, unserem Urlaub, hat sich unser Verhältnis stark verbessert.
Aus der Tatsache das meine Mitfreiwillige und ich grundverschieden sind, ist es häufig so gewesen, dass ich gerne Dinge mit ihr unternommen hätte, die sie aber nicht interessierten. Allein loszugehen fand ich am Anfang etwas befremdlich, zumal die Stadt, in der ich zuvor war, aus gerade mal einer Hauptstraße bestand. Zu Beginn steht man etwas unter Spannung, wenn man allein in der Großstadt unterwegs ist, in der man sich nicht auskennt, aber das legt sich zunehmend mit der Zeit. Mir ist es schwer gefallen, etwas zu unternehmen, an Orten, an denen ich wusste, dass ich Hilfe benötigen würde. (Klettern, Academia) Jedoch habe ich mich letztlich getraut und es macht einen Stolz und unabhängiger. Es ist vielleicht auch etwas ungewohnt, bestimmte Aktivitäten alleine zu unternehmen, aber gerade wenn man es wirklich gerne möchte und niemanden kennt, mit dem man es gemeinsam machen könnte, lohnt es sich wirklich. Ich gehe hier zum Tanzen und bereue es nicht, noch früher damit angefangen zu haben.



Zu Beginn in Curitiba habe ich mich viel allein gefühlt, im Laufe der Zeit kamen dann einige Einladungen. Das war sehr schön und aufmerksam, teilweise konnte man jedoch schlecht abschätzen, wie ernst es tatsächlich gemeint war. Außerdem war es auch ungewohnt für mich, von deutlich älteren Menschen eingeladen zu werden. Dann habe ich gemerkt, dass es wirklich nett gemeint ist und sie ein ehrliches Interesse an einem haben, das Alter spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Auch da denke ich im Nachhinein, dass ich auf noch mehr Einladungen hätte eingehen können.
In Bezug auf meine Arbeit habe ich vieles mitnehmen können. Unter anderem, dass es ganz klar Geduld braucht, um sich an die Einsatzstelle, die Arbeit und Mitarbeiterinnen zu gewöhnen. Es ist deutlich ungenauer als in Deutschland, worin genau deine Aufgaben bestehen als Freiwillige und man muss manchmal auch darum bitten. Es gibt Zeiten, da ist viel auf einmal zu tun und andere, in denen man gar nichts zu tun hat. Generell etablieren sich aber mit der Zeit Aufgabenbereich in die man eingeplant wird. Wenn man sich mehr einbringen möchte, dann muss man häufig wiederholen, was man machen möchte und muss sich um Planung und vor allen Dingen der tatsächlichen Umsetzung mit sehr viel Engagement einsetzen.

Die Arbeit ist fordernd und anstrengend, aber auch sehr erfüllend. Die Kinder lernen einen zu schätzen, sind viel an einem und Deutschland interessiert und möchten ihre Aufmerksamkeit. Man vergisst nie, wie es den Kindern teilweise zu Hause geht und merkt es auch vielfältig in ihrem Verhalten, jedoch unterschätzt man es trotzdem manchmal, bis man es bildlich vor Augen hat. Einem werden Privilegien, die man sowohl hier als auch besonders in Deutschland genießt, überdeutlich bewusst. Seitdem ich in Dorcas arbeite, werde ich deutlich seltener über “kleine Dinge” verärgert. Ich nehme meine Emotionen wahr, bin vielleicht genervt, aber damit hat es sich dann auch. Ich verstehe einfach viel mehr, dass es nicht Wert ist und eine eigentlich bedeutend geringe Bedeutung hat, gerade wenn ich mir die Schwierigkeiten der Kinder und Jugendlichen vor Augen halte.
Die Kultur ist ganz anders als in Deutschland, inwiefern finde ich es immer ganz schwer in Worte zu fassen, weil die Summe an Erfahrungen, die ich gemacht habe, mir erst einen Eindruck von ihr gibt. Was ich jedoch spezifisch benennen kann, ist der Unterschied in der Kommunikation, wenn es um Kritik geht oder auch um die Frage, wie es einem geht. Die Frage: “Tudo bem?” ist mehr eine Floskel, als eine wirkliche Frage nach deinem Wohlbefinden. Das macht es etwas schwer, darüber zu reden, wie es einem wirklich geht, gerade wenn es einem nicht gut geht. Man ist mit der Kritik deutlich indirekter und vorsichtiger, als ich es gewohnt bin und muss es manchmal auch in einem Nebensatz herausfiltern.
Die Entwicklung der Sprache braucht wie vieles andere Zeit und Geduld. Es ist mit Sicherheit am Anfang nicht leicht, eine Konversation aufrechtzuerhalten. Nur mit dem Sprechen, inklusive Fehlern und Fettnäpfchen, kommt man mit der Entwicklung weiter.