Advent, Advent…

Ich sitze hier gerade mit Spekulatius und süßem Chai. Dazu klingen leise meine Lieblings-Weihnachtslieder aus meiner Box. Bis dahin alles ganz normal für den dritten Advent. Erst wenn ich erwähne, dass ich hier mit kurzer Hose sitze, die Sonne in mein Zimmer strahlt und es draußen knackige 25 Grad sind, wird es verrückt. Und damit herzlich Willkommen zu meinem Blogeintrag über meine ganz besondere Weihnachtszeit hier in Kenia.

Weihnachtszeit bedeutet für mich, wie für wahrscheinlich die allermeisten, das Beisammensein und eine besinnliche Zeit mit seinen Liebsten im engsten Kreise der Familie. Doch lebt man ein Jahr im Ausland, muss man darauf wohl oder übel verzichten. Allerdings ist man durch unsere digitalen Möglichkeiten irgendwie doch immer dabei und kriegt beispielsweise Bilder vom Dekorieren, dem ersten Plätzchen backen oder Ähnlichem zugeschickt. Und natürlich ist man auch telefonisch regelmäßig im Kontakt und wird auch an Heilig Abend quatschen. Auch wenn das sehr schön ist, alle zu sehen, und ich froh bin, dass es heutzutage diese technischen Möglichkeiten gibt, ersetzt das trotzdem nicht das physische Dabeisein: den Geruch von Omas Weihnachtsessen, meine Mama in den Arm zu nehmen, zusammen zu musizieren und so weiter.
Dahingehend blicke ich noch mit Respekt auf die vor uns liegenden Feiertage. Trotzdem versuche ich mir immer wieder in den Sinn zu rufen, dass ich bis jetzt immer Weihnachten mit meiner Familie gefeiert habe und auch in Zukunft wieder bei ihnen sein werde. Während die Erfahrung, ein Jahr im Ausland zu leben und somit auch Weihnachten am anderen Ende der Welt zu verbringen, etwas ganz besonders ist. Von daher möchte ich nicht traurig sein, sondern dankbar. Dankbar für meine Freiheit, dankbar für meine Selbstbestimmung, dankbar für meine Privilegien und auch dankbar, dass ich überhaupt so tolle Menschen zuhause habe, die mir besonders in diesen Tagen einen Grund zum Vermissen geben.

Meine Mitfreiwillige Lena und ich haben uns Gedanken über das Thema Weihnachtstraditionen gemacht und gemerkt, dass viele davon nicht an Deutschland gebunden sind und wir diese hier weiterführen können. So haben wir beispielsweise einen Adventskranz gebastelt und diesen statt mit Tannenzweigen mit getrockneten Orangen und Salz verziert. Wir haben vier Kerzen auf ein Tablett gestellt und rund um die Kerzen Salz platziert. Diese weiße, nicht ganz Ebene Fläche wirkt fast wie Schnee, wodurch wir auch diesen, wenn man ein Auge zudrückt, nach Kenia geholt haben. Auch einen Adventskalender haben wir uns gegenseitig geschenkt.

Insgesamt haben wir es uns bei uns zuhause weihnachtlich gemacht. Jeden Abend, sobald es dunkel wird, machen wir unsere Lichterkette und Kerzen an. Tagsüber ist es sommerlich, hell und warm, was ich als Sommermensch sehr genieße. Doch abends wird es früh dunkel und dann kommt ein Hauch von Weihnachtsstimmung auf. Dann hören wir noch bekannte Weihnachtslieder und gucken Weihnachtsfilme. Im Grunde zelebriere ich hier Weihnachten viel mehr als in Deutschland. Doch trotz allem fühlt es sich weniger nach Weihnachten an als je zuvor. Jeden Tag, sobald man wieder unsere dekorierte Wohnung verlässt und einem die Sonne ins Gesicht strahlt, wird man wieder in den Sommer zurückgeworfen und vergisst, dass in ein paar Tagen Weihnachten ist. Das ist ein total komisches Gefühl und ich glaube, vor allem an den Feiertagen wird es sich nicht real anfühlen. Ich bin gleichzeitig aber auch total gespannt auf die Erfahrung bei 25 Grad an Heiligabend im Krippenspiel zu sitzen.

Weihnachtszeit bedeutet für die Kinder hier in Kenia, wie auch überall sonst auf der Welt, Ferien. Aber die Ferien hier dauern nicht zwei Wochen, sondern zwei Monate. So sind schon seit Anfang November Weihnachtsferien. Da ich vor den Ferien in der Grundschule gearbeitet habe, hatten die Ferien somit auch Konsequenzen auf meine Arbeit. In den Ferien bin ich für die Betreuung der Kinder und das Ferienprogramm zuständig. Dieses beinhaltet viele unterschiedliche Aktivitäten von Malen, Singen und Tanzen über Schauspiel bis hin zu Spaziergängen. Das meiste davon findet in den Häusern der Mädchen hier auf dem Campus statt, welche direkt mit unserem Wohnhaus benachbart sind. Deshalb habe ich wohl, besonders jetzt in den Ferien, den kürzesten Arbeitsweg von, wenn es hochkommt, 30 Sekunden.
Wir hatten in den letzten Wochen starke Regenfälle aufgrund der Regenzeit und ich war teilweise auch nach dieser kurzen Strecke schon pitschnass. Die Regenzeit wurde in diesem Jahr von dem Wetterphänomen El Nino verstärkt. Doch ich möchte mich keinesfalls über das Wetter beschweren. Schließlich wohnen wir hier super sicher und zum Glück hat es unseren Ort nicht so doll getroffen. Doch leider kann man über viele Regionen in Kenia nicht sagen. Die Regenfälle führten zu vielen Überschwemmungen, bei denen leider auch Menschen umgekommen sind. Von daher war ich besonders in dieser Ausnahmesituation umso dankbarer für unsere Sicherheit, unsere Wohnsituation und dass wir keinen weiten Weg zur Arbeit auf uns nehmen müssen.

Doch zum Glück hat sich die Lage wieder entspannt und wir können wieder nach Nairobi reinfahren. Somit konnten wir auch den Weihnachtsmarkt in der Deutschen Kirchengemeinde in Nairobi besuchen. Schon beim Fertigmachen hat sich das super komisch angefühlt, ein luftiges Kleid anzuziehen, Sonnencreme aufzutragen, sowie Cap und Sonnenbrille einzupacken. Und auch vor Ort waren das super viele Sinneseindrücke, die im ersten Moment nicht zusammengepasst haben. Es tönte „Let it snow! Let it snow! Let it snow!“ aus den Lautsprechern, während die Sonne nur so auf die Zelte und Stände runterschien und man so gut es ging versucht hat, sich im Schatten aufzuhalten. Es gab Waffeln und Punsch, aber auch Eis und erfrischende Getränke. Alles in Einem war es ein super schöner Tag und eine einmalige Erfahrung einmal bei 27 Grad auf den Weihnachtsmarkt zu gehen.

Ein weiterer Ort, der in der Weihnachtszeit einen besonderen Glanz bekommen hat, ist die Galleria Shopping Mall in unserer Nähe. Jetzt zur Weihnachtszeit ist dort alles geschmückt und auch dort ertönen Weihnachtslieder, allerdings werden diese oft von Live-Bands performt. Vor allem abends, wenn es dunkel wird und die Weihnachtsbeleuchtung am ganzen Gebäude angemacht wird, ist es sehr magisch.

Was auch sehr magisch war, war die Weihnachtsfeier im Pangani Lutheran Children Centre, also in unserer Einrichtung. Weil viele Mädchen des PLCCs über Weihnachten bei ihren Familien zuhause sind, gab es zum Abschied, bevor die Mädchen gefahren sind, eine große Feier. Schon am Vortag waren alle aufgeregt und es gab viel vorzubereiten, wie zum Beispiel die Hall zu schmücken oder die Auftritte zu proben. Der Tag der Feier begann mit einem Gottesdienst mit Lesung der Weihnachtsgeschichte, Taufen und Konfirmationen. Anschließend gab es ein großes Festmahl, die Mädchen und Mitarbeiter haben Tänze präsentiert und auch wir Volunteers haben uns mit Kuchen für Alle beteiligt und das Lied „Stille Nacht“ vorgesungen. Insgesamt war es einer der schönsten Tage, die ich hier erleben durfte.

Allgemein bin gerade sehr glücklich und genieße die Zeit hier sehr. Ich fühle mich frei und selbst bestimmt. So traue ich mich immer mehr ausprobieren und aus der eigenen Komfort Zone zu treten. Ich probiere immer mehr Essen von Staßenständen aus, Lena und ich haben uns Braids machen lassen und und und. Also kurzgefasst: Ich fühle mich unfassbar wohl hier und bin mittlerweile so richtig angekommen. Ich freue mich auf die nächsten Monate und bin gespannt, was ich dann so zu berichten habe.

Frohe Weihnachten aus Kenia und bis zum nächsten Mal!

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