198 Schritte

Hallo zusammen, lasst mich euch mitnehmen auf jeden Schritt meines Arbeitsweges von etwa 2 Metern Luftlinie und 198 Schritten (ja, ich habe gezählt). Glaubt mir es ist spannender, als es sich anhört… 

Willkommen zurück in Kimara Korogwe 

Nachdem ich mir jeden Morgen in Eile eine Tasse Kaffee reinkippe, eine Angewohnheit, die ich wohl leider nicht in Deutschland lassen konnte, verlasse ich unser Zimmer. Aufgewacht bin ich durch den Lärm, der aus den Klassenräume kommt, die gegenüber unseres Balkons, in etwa 2 Metern Entfernung liegen. (Die Versuchung eine Brücke rüber zu bauen, um meinen Arbeitsweg noch weiter zu verkürzen, ist durchaus da…)


Ich verlasse also das Zimmer, an dessen Tür „Karibu, Karo&Cora“ steht, damit die Jungs sich endlich mal unsere Namen merken und komme an ihren Zimmern vorbei, während ich über den Flur unseres Stockwerks laufe. Hier leben wir, wie bereits im letzten Blockbeitrag erwähnt, zusammen mit etwa 60 Jungs, welche die Secondary Schule besuchen. Da seit dem Beginn des neuen Schuljahres im Januar viele neue Jungs dazugekommen sind, haben wir ein paar Abende auf dem Sofa vor unserer Tür gebrauch, um sie kennenzulernen (langsam läuft es mit den Namen). So laut und testosterongeladen es auch manchmal mit ihnen ist, wir haben sie in dem einen Monat Ferien dann doch vermisst und ich bin sehr froh sagen zu können, das einige von ihnen zu engen Freunden geworden sind. 

Unsere Zimmertür

Gerade laufe ich also an ihren Zimmern vorbei zu unserem neuen, noch nicht ganz fertig gebauten Treppenhaus. Ich treffe John, einen Bauarbeiter, der hier seit Monaten an den niemals endenden Projekten unseres Pfarrers mitbaut und mit dem ich schon viele spannende Gespräche hatte. Unten nach der Treppe, muss ich eine kleine Brück überqueren und befinde mich dann auf dem Vorplatz der Kirche. Heute an einem Montagmorgen ist er leer. Gestern Abend standen hier etwa 100 Stühle, die Gemeinde hatte einen Filmabend veranstaltet. Zusammen mit ein paar Freunden und vielen anderen Gemeindemitgliedern habe ich „God’s not dead“ geschaut und mich darüber gefreut, dass sich der Film überraschend kritisch mit dem Thema Glaube beschäftigt. Ein paar Stunden davor standen hier mehrere tausend Stühle. So wie jeden Sonntag haben ungefähr 5000 Menschen den Gottesdienst besucht und hier über 5 Stunden gesungen und der Predigt zugehört. Ja… fünfstündige Gottesdienste sind tatsächlich gewöhnungsbedürftig gerade, wenn man wie ich eher wenig von der stundenlangen Predigt auf Swahili versteht. Aber mit Freunden und den ganzen Kindern der Kirche, lässt es sich mittlerweile ganz gut aushalten. 

Ich gehe nun über den leeren Kirchenhof und komme an dem kleinen Supermarkt der Gemeinde vorbei, treffe Gemeindemitglieder, Handwerker oder Busfahrer, von denen einige auch schon zu Freunden geworden sind, weil sie wir wir den ganzen Tag auf dem Gelände unterwegs sind. Dann begegne ich Lehrkräften, die wie ich auf dem Weg zur Schule sind und schon rennen auch die ersten Schulkinder auf mich zu. Da nun mittlerweile fast 1500 Kinder die Jerusalem Pre- and Primaryschool besuchen und fast alle Klassen Deutschunterricht haben, kann ich nicht immer alle Kinder zuordnen aber es ist mit der Zeit auf jeden Fall auch schon einfacher geworden. Zusaummen mit den Kindern, komme ich am Eingang zum Jerusalem home vorbei. Hierher werde ich später zurückkehren, wenn die Schule für die Vorschüler nach dem Mittagessen vorbei ist. 

Dann stehe ich vor der Schule, die in den letzten Wochen so schnell um ein Stockwerk gewachsen ist, dass sie mir immer noch zu hoch vorkommt. Hinter mir, unten auf einer etwas matschigen freien Fläche sind gerade alle Schüler der Secondary Schule versammelt, die vor ihrem Gebäude eine Morgenrunde haben. Ich winke ihnen kurz und drehe mich wieder um. Dienstags bis Donnerstags unterrichte ich vor Schulbeginn in der Halle, die wir nun durchqueren die ca. 50 Newcomer aus allen Klassen, die an ihren alten Schulen kein Deutschunterricht hatten und nun nachholen müssen, was ihre Klassenkameraden bereits gelernt haben. Da heute aber Montag ist, laufe ich durch die Halle zum Lehrerzimmer, setzte mich auf meinen Platz und fange an die Hefte zu korrigieren, die ich letzte Woche nicht geschafft habe. Nun beginnt mein Vormittag, den ich entweder hier mit Korrigieren oder Vorbereiten von Unterricht oder in den Klassen mit Mister Denis, dem Deutschlehrer verbringe. 

So viel also zu meinem Arbeitsweg, den ich heute wahrscheinlich noch 10 mal gehen werde, weil er eben auch Teil meines neuen Zuhause ist. 🙂

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